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Das Weblog zur Volkskunde des Bankraubs

 
Tv-Kritik (Die Presse, 11.1.2004):
Der Mythos des gestohlenen Geldes
VON BERNHARD BAUMGARTNER

So jede Zeitung sucht halt ihre orginelle Perspektive für die jeweilige Klientel (Die Presse gibt sich recht(s)-schaffend) :

"Was ist ein Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank?", heißt es bei Brecht in der Dreigroschenoper. Diesen Leitsatz stellte der Kultursender Arte seiner Dokumentation "Ein Ding drehen" am Sonntagabend voran. Ein Satz, dem die Macher durchaus Sympathie abgewinnen konnten, so scheint es. Denn der bemerkenswerte Film erzählte das "Phänomen Bankraub" eher aus der Sicht der Täter.

Vor allem anhand historischer Fälle aus den sechziger Jahren wurde dem "Mythos Bankraub" nachgespürt. Mythos deshalb, da der klassische Bankraub in Zeiten des bargeldlosen Zahlungsverkehr "vom Aussterben bedroht ist", wie die Macher meinten. Und so erzählte etwa Dimitri Todorov über seinen Überfall 1971, der mit Toten endete. Hochinteressant, wie nach vielen Jahren noch immer die Stimme bricht, wenn es um die Todesschüsse geht - die übrigens nicht von ihm, sondern von der Polizei (auf den Komplizen) abgegeben wurden. Lockerer sah da schon Margit Czenki im Interview ihren Überfall aus politischen Motiven - man brauchte Geld für den politischen Kampf. Dass sie dabei Menschen in Todesangst versetzen musste, habe sie vorher nicht bedacht, meinte sie. Und erklärte, schockiert über deren panische Reaktion gewesen zu sein.

Opfer der Bankräuber oder Stimmen aus der Polizei, waren im Film eher unterrepräsentiert. Das hätte schon interessiert, wie sich jene gefühlt haben, auf die die Pistole gerichtet war. Aber sie sind vermutlich eher schwer ausfindig zu machen und wenn, dann reden sie nicht gerne darüber. Dass sich manche Bankräuber, wie etwa der britische Posträuber Biggs, als Volksheld fühlen, ist dabei nur schwer nachzuvollziehen. Auch das eine Frage, die man bei Arte ruhig hätte stellen können."


Es kann einem ja stinken, dass das Publikum diese Form von Eigentumsübertretung toll findet. Und die Opfer sind manchmal hier eben nicht das Thema und das war auch gut so, weil es zu ergründen galt, wieso Bankraub die Phantasien so beflügelt.

Das ist hier die Frage. Der Millionencoup von Belfast hat ernsthafte Auswirkungen auf die politische Entwicklung in Nordirland. Interessierte protestantische Kreise versuchen der IRA die Sache in die Schuhe zu schieben, um damit den Friedensprozess aufzuhalten. In einer ausführlichen Erörterung des Londoner Korrespondenten der Frankfurter Rundschau (11.1. 2005) wird das Für und Wider abgewogen:

Das Rätsel des Millionencoups
Der Bankraub in Belfast soll auf das Konto der IRA gehen, weil sie Geld für die "Rentenkasse" braucht - nun stockt der Friedensprozess
VON PETER NONNENMACHER (LONDON)

Vor Weihnachten war es nur ein Banküberfall, wiewohl von erstaunlichen Proportionen: 26,5 Millionen Pfund (38 Millionen Euro) entwendeten nordirische Gangster in einem frechen Coup aus den Tresoren der Northern Bank in Belfast. Inzwischen ist der Raub zu einem Politikum ersten Ranges in Großbritannien und in Irland geworden - eine Aktion, die den Fortgang des nordirischen Friedensprozesses bedroht. Der Banküberfall nämlich, einer der größten der britischen Geschichte, wird der Irisch-Republikanischen Armee, der IRA, zur Last gelegt. Da die aufs engste mit der Republikaner-Partei Sinn Fein verknüpft ist, die zur Neubelebung einer Regierungskoalition mit Ulsters (protestantischen) Unionisten noch im Dezember die völlige IRA-Stilllegung anbot, sehen die Unionisten nun guten Grund, sich jeder Zusammenarbeit mit Sinn Fein auf absehbare Zeit zu verweigern.

(...)

Ein Rätsel blieb beiden Regierungschefs freilich, warum die Republikaner ein derartiges Risiko hätten eingehen sollen - angesichts ihres eigenen Interesses an einer neuen politischen Vereinbarung. Einige Kommentatoren kamen zu dem Schluss, dass möglicherweise eine Renegaten-Einheit der IRA den Überfall ausgeführt habe, um die Autorität der Führung zu untergraben. Andere spekulierten, Adams und McGuinness hätten der unzufriedenen Basis womöglich mit einem Millionenbeitrag für die "Pensionskasse" der IRA die geplante Auflösung des legendären Kampfverbandes erleichtern wollen. Ernstere Vermutungen zielten darauf, dass Sinn Fein sich Geld für Wahlkämpfe und politische Aktivitäten im Norden wie im Süden der Insel habe besorgen wollen. Und dass der IRA Gelegenheit gegeben werden sollte, auf "nicht-terroristische" Weise noch einmal ihre spezifischen Fähigkeiten unter Beweis zu stellen.

In der Tat herrschte zum Jahreswechsel in einigen republikanischen Ecken Irlands unverhohlene Bewunderung für den gelungen Millionen-Coup: Was den Polizeichef zu der Bemerkung veranlasst: "Das war keine Robin-Hood-Episode." Im Übrigen hätten sich die Bankräuber leider ganz umsonst in dieses Abenteuer gestürzt: Ihre Großtat werde wohl als "größter Diebstahl von Altpapier" in die Geschichte eingehen. Die Seriennummern der geraubten Scheine nämlich sind den Provinz-Behörden bekannt, und die Northern Bank hat angekündigt, dass alle nordirischen Banknoten umgehend in neuen Farben aufgelegt werden, was das gestohlene Geld vollends wertlos macht."

 

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