AusstellungenMuseum
BankerInnen und PolizistInnen
Bankraub in Film und Fernsehen
Bankraub-Dokus - Themenabende usw.
Bankraub-Schriftsteller
Bankraub-Trends
Bibliographie der Volkskunde des Bankraubs
Biographien des Bankraubs
Blog-Review
Brecht-Zitat
Brutalisierung des Bankraubs
Buergerliches Recht
Edle Raeuber - Robin Hoods
Fluchttechniken
Geiz ist geil
GenderMainStreaming
... weitere
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren
icon
Das Weblog zur Volkskunde des Bankraubs

 
Die FR (15.2. 2006) titelt "Panzerknacker Superstar - Von Räubern und Pistolen: Die Ausstellung 'Geld oder Leben'"

(...)
Die seltsame Stimmung zwischen Abscheu und Neugier versucht nun die neue Ausstellung "Geld oder Leben" im Frankfurter Museum für Kommunikation nachzustellen: Um das echte Fallbeil zu betrachten, das damals in 18 Minuten die zwanzig Räuber köpfte, muss sich der Besucher an mannshohen Schattenrissen vorbei drängen. Als Kulisse dient ein zeitgenössischer Kupferstich der historischen Horrorshow, aus Boxen tönen Trommelwirbel und Fallbeilkrachen.

Die Faszination am Raub, am brutalen Weg zum schnellen Geld, ist der rote Faden durch die seit langem erste Eigenproduktion des Museums. Dabei schlägt die Ausstellung, die gestern öffnete und später auch in Hamburg, Berlin und Nürnberg gastiert, den Bogen "vom Postkutschenüberfall zum virtuellen Datenraub" - so der Untertitel."


Offensichtlich zeichnet Klaus Beyrer, für den eher "historischen" Teil der Ausstellung verantwortlich und Gaby Sonnabend für den "moderneren":

Ideengeber Klaus Beyrer, Vizedirektor des Hauses, das die Reichspost-Sammlung weiterführt, fand reichlich Stoff im Archiv: Auf düsteren Gemälden des 18. Jahrhunderts flehen gutbetuchte Postkutschenreisende um ihr Leben, Broschüren für Postillione empfehlen doppelläufige Pistolen (auf dass man zwei statt einem Schuss frei habe), die Waffen selbst liegen in Vitrinen aus. Aus einer echten Postkutsche baumeln Puppen als Raubopfer, ein dänisches Kutschenmodell von 1850 zeugt vom ewigen Wettlauf mit den Räubern: Ein Kugelwagen sollte das Aufspringen erschweren.

Die Kriminalistik wurde dagegen erst später perfektioniert. Die gezeigten Hilfsmittel vom Anfang des 20. Jahrhunderts wirken bisweilen skurril: Vermessungshandbücher zur Erfassung der Täterstatur, Phantombild-Puzzles, Kästen mit 130 Glasaugen zur akribischen Farbbestimmung. Fingerabdrücke setzen sich als Beweis erst ab 1914 durch.

Doch auch die Delinquenten rüsteten immer wieder auf: "Sie mussten sich den technischen Neuerungen anpassen", so Beyrer. Die Ausstellung zeigt ein Berufsbild im Wandel: Marodierenden Soldaten des 17. und Familienbanden des 18. Jahrhunderts folgten in der Zwischenkriegszeit professionelle Panzerknacker. "Technisch versiert und bestens organisiert, verstanden sie das als Beruf", erzählt Gaby Sonnabend, die den modernen Teil der Schau betreut. "Die besten Tresorknacker wurden richtig prominent."


Das hört sich sehr Vabanque-inspiriert an.

Nichts Neues: Erstausgaben, historische Drucke, Manuskripte, sogar Brettspiele zu Räuberpistolen in Film und Literatur - von Schillers Räubern bis zur Punkrock-LP des entkommenen britischen Posträubers von 1963, Ronald Biggs - zeigen: "Romantisierung und Realität überlagern sich seit jeher" (Beyrer). Die Superstars unter den Panzerknackern der Goldenen Zwanziger trifft der Besucher lebensgroß: Erich und Franz Sass, zwei aparte Knaben in Anzügen mit Schlips und Weste, erbeuteten mehrere Millionen Reichsmark und wurden erst 1929 von der dänischen Polizei geschnappt.


Nicht 1929, sondern 1934 werden sie in Dänemark verhaftet. 1929 war der legendäre Tunnelcoup, werte Frankfurter Rundschau.

"Die Ära der glamourösen Safeknacker beendeten immer bessere Tresore und Überwachungstricks; die Bankräuber der Bonner Republik trugen Strumpfmasken und kamen durch den Vordereingang. Sie kämpften nun gegen neue Kommunikationstechnik: Per Telefon war die Polizei flugs gerufen (was das Phänomen der Geiselnahme hervorbrachte), per TV kamen ihre Gesichter live ins Wohnzimmer. Heute wendet sich das Blatt erneut: Nun dringen Diebe per Internet in die gute Stube ein oder klauen per Laptop PIN-Nummern. Ihr künftiger Gegner steht am Ende des Rundgangs: Der von der Fachhochschule Friedberg erstellte Prototyp eines biometrischen Bankautomaten verlangt nur noch Fingerabdrücke."
Zur Problematik des obigen Vergleichs

Dass bislang jedoch selbst Dilettanten der Postraub der alten Schule gelingen kann, bewies 1997 der "Zürcher Jahrhundertraub" - in Frankfurt würdig vertreten durch den vom Kommunikationsmuseum Bern geliehenen Original-Fluchtwagen. Pech für die Diebe: In den Fiat-Minitransporter passten nicht alle erbeuteten Geldkisten. 17 von 72 Millionen Franken mussten sie zurücklassen. Der Spott folgte umgehend. Drei Tage später schrieb Mazda in eine Werbeanzeige für seinen Kleinbus: "Liebe Posträuber, im Mazda E2000 hätten sogar 70 Millionen Franken Platz gehabt."
Tja, dass sich dieser Spott zunächst aber gegen die Schweizer Post richtete und dass die Post diese Anzeige gar nicht witzig fand und die Verträge mit eben dieser Werbeagentur kündigte, die nicht nur für Mazda, sondern auch für sie arbeitete, das liest man am besten nach in "Vabanque. Bankraub. Theorie. Praxis. Geschichte" (hrsg. von Klaus Schönberger), insbesondere S. 49 ff.

"Geld oder Leben" läuft bis 17. September, Museum für Kommunikation Frankfurt, Schaumainkai 53, Di.-Fr. 9-18, Sa./So. 11-19 Uhr. Katalog: 14,80 Euro (Museum), 34,80 (Buchhandel). Zum Programm gehören Kinofilme im Filmmuseum und Vorträge.

Museum für Kommunikation Frankfurt
Telefon +49 (0)69 60 60 0
E-Mail mk.frankfurt@mspt.de
www.museumsstiftung.de

Begleitend zur Ausstellung läuft zwischen Juni und September eine Filmreihe im Kino des Deutschen Filmmuseums.

Sie umfasst ca. 15 bis 20 Filme, darunter etwa Titel wie
Schinderhannes (Helmut Käutner, 1958),
Bonnie and Clyde (Arthur Penn, 1967),
Der plötzliche Reichtum der armen Leute von Kombach (Volker Schlöndorff, 1971)
Al Capone von der Pfalz (Peter Fleischmann, 1985).

Genaue Informationen finden Sie ab Juni in den monatlichen Programmheften des Deutschen Filmmuseums und unter www.deutsches-filmmuseum.de.

Donnerstag, 18.5., 19 Uhr
Zeit der Postkutschenüberfälle
Vortrag von Dr. Klaus Beyrer
(Museum für Kommunikation Frankfurt)

Hunderte von Postkutschen wurden im 18. Jahrhundert überfallen. Organisierte Banden hatten sich auf diese älteste Form des Postraubs regelrecht spezialisiert. Namen wie Schinderhannes
oder Hölzerlips waren damals nicht nur in Kreisen der Gauner und Vaganten ein Begriff. Lichtbilder ergänzen den Überblick über die Zeit der alten Bandenkriminalität.

Der dpa-Bericht (15.2. 2006) zur Ausstellung im Frankfurter Museum für Kommunikation „Geld oder Leben! Vom Postkutschenüberfall zum virtuellen Datenraub“ zur heutigen Eröffnung ist nun online verfügbar:

Ausstellung zeigt Geschichte des Bankraubs

(...) Das gruselige Exponat zeigt die ernste Seite der am Mittwoch in Frankfurt eröffneten Ausstellung «Geld oder Leben», in der die Geschichte des Post- und Bankraubs erzählt wird. Neben der nicht nur heimlichen Verehrung für die Verbrecher in der Öffentlichkeit kommt auch das Leid der Opfer zur Sprache.

«Der rote Faden ist natürlich das Geld», sagt der Projektleiter Klaus Beyrer. Im 18. und 19. Jahrhundert seien die Räuberbanden häufig «so eine Art Familienunternehmen» gewesen, die es im Wald und auf den Feldern vor allem auf Postkutschen abgesehen hatten. Der Schinderhannes war einer der wenigen, die es wagten, damals eine Poststation zu überfallen, 1801 in Würges. Rund um Frankfurt machte eine Bande um den Krämer Anton Lautner die Handelswege unsicher und erbeutete über die Jahre mehr als 30 000 Gulden - eine beachtliche Summe in einer Zeit, als 100 Gulden genügten, um eine Familie ein ganzes Jahr durchzubringen.

Der moderne Bankraub sei erst nach dem Ersten Weltkrieg von den USA nach Europa gekommen, berichtet die wissenschaftliche Mitarbeiterin Gaby Sonnabend. Die geachteten Herren der Zunft waren die so genannten Schränker, die Tresorknacker, deren Objekte der Begierde ebenfalls im Museum für Kommunikation ausgestellt sind. In einem der dickwandigen Geldschränke flimmern Kriminalfilme aus den 20er Jahren.

Die kulturelle Verarbeitung und das Bild vom edlen Räuber gehen nach Meinung der Ausstellungsmacher auf noch ältere Wurzeln zurück. Über den Schinderhannes kursierten schon vor dessen öffentlich inszenierter Hinrichtung Sagen und Legenden, Schiller glorifizierte seine «Räuber» als die wahren Gerechten. Viel bewunderte und in Filmen glorifizierte Beispiele aus der Moderne sind das US-Pärchen Bonnie und Clyde sowie die britischen «Gentleman»-Posträuber, aus deren zweiter Reihe sich Ronald Biggs unter anderem mit einem gemeinsamen Auftritt mit der Punkband «Sex Pistols» in den Vordergrund spielte.

Die Wissenschaftlerin Sonnabend ist nach eigener Einschätzung selbst nicht frei von der Bewunderung für die schweren Jungs. «Wenn beispielsweise die Berliner Schränker Sass einen neuartigen Schneidbrenner entwickeln, dann muss man doch einfach auch die technische Leistung bewundern.»

An die Geschichten der Täter, sagt Sonnabend, komme man leicht heran, denn oft hätten die Medien umfangreich berichtet. Die Kehrseite: «Über die Opfer weiß man so gut wie gar nichts.» Diese Lücken versuchen die Ausstellungsmacher mit Interviews von Überfallopfern und im Begleitprogramm zu füllen, in dem etwa der Kölner Traumatologe Christian Lüdke zu Wort kommt. «Für die Opfer ist die Waffe immer echt», betont Sonnabend.

Der dpa-Fotograf Werner Baum hat in der Ausstellung sogar ein déjà vu. «Da war ich doch ganz nah dran» sagt der 60-Jährige beim Betrachten von schwarz-weißen Polizeifotos von einem blutig beendeten Banküberfall aus dem Jahr 1974 in Hamburg. «Ich hab erst im Labor angefangen zu zittern», erinnert er sich an den Tag, als ihm am Steindamm die Kugeln buchstäblich um die Ohren flogen. Baums spektakuläre Fotoserie wurde später mit dem World Press Photo Award ausgezeichnet.

Die Zukunft des Bankraubs liegt eindeutig in der Elektronik; der einsame Mann mit Wollmaske und Revolver in der Hand hat ausgedient. Die Ausstellung zeigt neben den Fortschritten der Kriminal- und Sicherungstechnik auch die aktuellen Trends der kriminellen Branche, die sich vor allem auf den Datenklau ausrichtet. So kann der Besucher etwa in einem PC-Spiel raten, welche Homepages von Kreditinstituten gefälscht und welche echt sind.


Letzteres möchte ich zunächst stark bezweifeln. Denn der Datenklau via Hacking richtet sich nicht mehr gegen eine anonyme Institution wie die Bank oder die Post AG, sondern gegen konkrete Bankkonten von Individuen und dürfte es daher schwer haben, vergleichbare Symphatien hervorzurufen. Aber warten wir es ab, vielleicht entwickelt sich das auch anders und diese Art von Einbruch macht nur Sinn, wenn Konten von großen Firmen mit entsprechenden Volumina angerührt werden.

 

twoday.net AGB

xml version of this page

xml version of this page (summary)

powered by Antville powered by Helma

Creative Commons License
This work is licensed under a Creative Commons Attribution-NonCommercial-NoDerivs 2.0 Germany License.