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Das Weblog zur Volkskunde des Bankraubs

 

Brecht-Zitat

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Die Neue Osnabrücker Zeitung berichte aus dem Kreis Emsland (11.01.2007)

Ímmerhin ist in Osnabrück Bert Brecht noch "ein provokanter Bühnendramatiker":

Was ist eine Bank - ein Haus voller Geld?

Lingen. Bereits der provokante Bühnendramatiker und Schriftsteller Bertolt Brecht bemerkte: "Bankraub ist eine Unternehmung von Dilettanten. Wahre Profis gründen eine Bank."

Für reichlich jungen Nachwuchs in der hohen Finanzwelt sorgt nun der KinderCampus Lingen: Gemeinsam mit Professor Gunther Meeh schauen die großen kleinen Studierenden zwischen zehn und zwölf Jahren hinter die Kulissen der großen Bankhäuser und erfahren vielleicht auch den einen oder anderen wertvollen Börsentipp.

An letzterem dürften insbesondere die Eltern und Lehrer interessiert sein, die die Vorlesung des KinderCampus im Nebenraum des IT-Zentrums in Lingen per Leinwandübertragung mit verfolgen dürfen.

Grundlage der Vorlesung von Professor Meeh, (...) ist eine einfache Beobachtung: Alle Menschen haben - mehr oder weniger häufig - mit Banken zu tun. Sie haben Sparbücher, bezahlen ihre Rechnungen und heben mit ihrer Kredit- oder der EC-Karte am Automaten Geld ab. Da mag sich so manches Kind schnell fragen: "Was ist eigentlich eine Bank - ein Haus voller Geld?" Noch sind einige der 200 heiß begehrten KinderCampus-Plätze im IT-Zentrum Lingen frei.

Oder wie es heißt es mitunter so schön:
Die Sparer von heute, sind die Bankräuber von morgen ...

weiss man um die Herkunft des Brecht-Zitats:

"Was ist schon ein Bankraub
gegen die Gründung einer Bank? War das nicht ein Spruch von Bert Brecht?
Spike Lee hat ihn verfilmt. Absolut sehenswert: Inside Man

[update] Wir haben festgestellt, dass unser Zitat aus der Dreigroschenoper stammt."

Beim Brecht-Fest des Berliner Ensembles wird die Entpolitisierung des Dramatikers beklagt. Der Kölner Stadtanzeiger (04.09.06) berichtete:

Eine Brecht-Andacht wird zelebriert. Drei Wochen lang hatte das Brecht-Fest am Berliner Ensemble dokumentiert, dass der vor 50 Jahren gestorbene und seither oft totgesagte Dramatiker noch ziemlich lebendig ist - vor allen Dingen auch außerhalb des eigenen Sprachbereichs.
(...)
Deutlich wurde, dass Theaterleute (Manfred Karge, Peter Sodann, Hermann Beil) besser Brecht-Texte rezitieren können als Politiker (Jürgen Trittin, Gregor Gysi, Hermann Scheer, Ottmar Schreiner, Gesine Lötzsch). Schwer haben es Grenzgänger wie der Barde („Lerryn“) und Bundestagsabgeordnete Dieter Dehm, der in keiner der beiden Welten so recht daheim zu sein scheint. Einig war man sich bei den Vertretern der roten, grünen und der ganz roten Fraktionen, dass Brecht-Gedanken und Zitate immer noch eine wichtige Rolle im politischen Alltag spielen. Beklagt wurde freilich, dass Brecht zunehmend zum Liebeslyriker entpolitisiert und zum kulinarischen Bühnenautor reduziert werde. Die anklagenden Finger wiesen dabei auf die andere Seite der Spree, wo im Admiralspalast die „Dreigroschenoper“ als Event gefeiert wird, dem auch die Deutsche Bank (als Sponsor) und deren Chef Ackermann zustimmend applaudierten - selbst an jener berüchtigten Stelle, wo davon die Rede ist, dass ein Banküberfall nur eine lässliche Sünde sei im Vergleich zur Gründung einer Bank.

Der Chef des Jüdischen Weltkongresses, Israel Singer, erläuterte in in einem Interview des Berliner Tagesspiegels (2.7. 2006) im Zusammenhang mit Fragen "über Patriotismus, Pelé und den Dialog mit Muslimen". Dabei zitiert er Willie "The Actor" Sutton, den Namensgeber dieses Blogs, der für die us-amerikanische Variante des Brechtspruchs "Was ist ein Einbruch ... " verantwortlich zeichnet:

Spielt Berlin da eine Rolle? Warum haben Sie gerade diese Stadt für die erste Zusammenkunft des neu gegründeten politischen Rates des Jüdischen Weltkongresses gewählt?

Es gab einen berühmten amerikanischen Bankräuber in den 20er Jahren. Die Leute haben ihn gefragt: Warum haben Sie eine Bank überfallen? Er antwortet: Weil da das Geld ist. Wir sind nach Berlin gekommen, weil hier die politischen Entscheidungen getroffen werden. Zumindest, was unsere Themen angeht: Iran, Wiedergutmachung für Holocaust-Opfer, Antisemitismus.



Zur Herkunft des Zitats

By the way: Es gibt noch vernünftige Menschen in Zeiten des deutschen Nationalrausches. Israel Singer im gleichen Interview über Patriotismus:


"Sind Sie Patriot?

Nein, ich bin stolz auf Amerika, aber ich bin kein Patriot. Das ist ein großer Unterschied. Ich bin stolz, denn Amerika ist kritikfähig. Patriotismus ist ein europäisches Konzept, das die Amerikaner immer in Zeiten des Krieges kopiert haben. Patriotismus, Nationalismus, Chauvinismus, das ist doch alles das Gleiche. Es reicht, ein loyaler Bürger zu sein. Alles andere ist übertrieben."


Nicht nur übertrieben, sondern es schadet auch. Was gegenwärtig politisch durchgezogen werden kann, wäre nicht so einfach und widerstandslos möglich, wenn diese Deppen mit ihren Fahnen und dem Deutschland-Deutschland-Geschrei sich nicht dauernd die Hucke voll saufen würden: Nation, Familie, alles der gleiche Dreck! Werde ihre Abschaffung organisieren!
Jetzt zahlt mal schön höhere Krankenkassenbeiträge ...

meint jedenfalls Walter Rothensteiner, RZB-Generaldirektor, über die Probleme in der österreichischen Bawag in den Oberösterreichischen Nachrichten (28.6. 2006), als er in einem Interview in Abwandlung des Brechtspruchs nach dem Unterschied zwischen Bankgeschäft und Bankraub angesicht des BAWAG-Skandals gefragt wurde:

"OÖN: Was ist der Unterschied zwischen einem Bankraub und dem, was bei der Bawag passiert ist?

Rothensteiner: Ein Bankräuber kann aber nur einen Bruchteil dieses Schadens anrichten.

OÖN: Bei gleichem Strafrahmen?"

Rothensteiner: Da bin ich überfragt.


* Zur Person
Walter Rothensteiner ist Generaldirektor der Raiffeisen Zentralbank, Obmann der Sparte Geld in der Wirtschaftskammer und damit Sprecher der Banken in Österreich. Er sitzt in mehreren Aufsichtsräten, darunter der AUA und der Casinos

Es ist mal wieder ein Räsonnieren über den Brechtspruch zu verzeichnen. Nicht zufälligerweise passiert das in den letzten Wochen und Tagen häufiger in Berlin und in Wien in mehr oder weniger intelligenter Form.

Unter dem bezeichnenden Titel "SOS ÖGB" wird uns im Blog "Politbüro.com - Die letzte Instanz" (*) mitgeteilt:

"Ach Genossen, irgendwas habt ihr da beim Brecht lesen gründlich missverstanden: "Bankraub ist eine Unternehmung von Dilettanten. Wahre Profis gründen eine Bank."

Und wie es Politbüros so an sich haben, wird von Zeit zu Zeit die gültige Lesart von Klassikern neu ausgerichtet:

Da gründet also der ÖGB eine Bank und macht quasi einen Bankräuber zum Chef, der gibt seinem Aufsichtsratspräsidenten einen Zettel auf dem steht "Abfertigung her oder sonst!" und schon kriegt er zum fetten Salär noch ordentlich was drauf und 93 Millionen Schilling bar aufs Händchen.

Aber das ist ja ein Klacks gegen das, was jetzt noch rauskam: Die Bawag gehört dem ÖGB, also genau genommen einer Anteilsverwaltung dazwischen, und die Anteilsverwaltung hat bei der Bawag etwa so viel Schulden, wie die Anteile wert sind. Die Schulden des ÖGB: 1,5 Milliarden Euro und dazu nochmal 380 Millionen für den Teil, den man von der Bayrischen Landesbank wieder zurückkaufte, also sagen wir mal salopp 2 Milliarden, es werden sich schon noch da oder dort einpaar liechtensteinische Stiftungen mit weiteren Verlusten zusammenläppern. Reicht wahrscheinlich, um allen Arbeitslosen im Land ein Jahr lang einen Mindestlohn auszuzahlen – oder wieviele Millionen Jahre Mitgliedsbeitrag sind das?

Vielleicht das nächste Mal doch besser dilletieren als soviel Professionalität. Nicht vergessen, wenn's soweit ist: Das Konkursgericht ist nicht mehr in der Riemergasse, sondern in das Justizzentrum Wien Mitte übersiedelt."


Immerhin entspräche dieser "Revisionismus" auch einer anderen Brechtschen Logik: "Das Alte sprach, wie ich bin, bin ich seit eh, das Neue sprach, bist Du nicht gut, dann geh!"


* Politburo.com ist die letzte Instanz zu allen Fragen der Zeit & ihres Geistes. Gegen unser Urteil kann nicht berufen, aber gepostet werden. Über die Veröffentlichung von Postings entscheidet das Zentralkomitee in geschlossener Sitzung. Viel Spaß.

Werner Pirker, ein verdienter Antiimp, beklagt in der "Jungen Welt" (4.5. 2006), dass die "Affäre um das gewerkschaftseigene Geldinstitut BAWAG" erneut dem "Vormarsch der Konservativen in Österreich" nütze. Zunächst bringt er uns auf den Stand der Dinge:

"Der Bundesstaat, die österreichischen Großbanken und zwei Versicherungen haben die Insolvenz der sich im Besitz des Österreichischen Gewerkschaftsbundes (ÖGB) befindlichen Bank für Arbeit und Wirtschaft (BAWAG) vorerst abgewendet. Auf einer Sitzung des Bundeskanzleramtes wurde am Dienstag eine bis 1. Juli 2007 befristete Bundesgarantie über maximal 900 Millionen Euro beschlossen, zudem werden die großen Institute der Kredit- und Versicherungsbranche frisches Kapital von 450 Millionen Euro bereitstellen."


Die Bawag selbst wird inzwischen betrügerischer Machenschaften bezichtigt:

"Geldverschiebung
Bereits vor Wochen hat die ÖGB-Spitze beschlossen, die Bank zu verkaufen. Doch das war leichter gesagt als getan. Der BAWAG stand nämlich eine Sammelklage von Gläubigern des eingebrochenen amerikanischen Brokerhauses Refco, mit dem sie in zweifelhafte Geschäfte verwickelt war, ins Haus. Dabei ging es vor allem um konspirative Beziehungen zwischen der österreichischen Gewerkschaftsbank und dem früheren Refco-Vorsitzenden Philip Bennet, die es letzterem ermöglicht haben sollen, das US-Unternehmen nach allen Regeln der Kunst auszunehmen. Das Wiener Wochenmagazin profil las aus dem dazu erstellten amerikanischen Gerichtsdokument, in dem die BAWAG als »Mitverschwörerin« der kriminellen Refco-Machenschaften bezeichnet wird, heraus, daß »Bennet über fünf Jahre jeweils zum Bilanzstichtag 28. Februar Refco-Verbindlichkeiten ausgebucht und auf seine private Holding RGHI übertragen« haben soll. Weiter heißt es dort: »Die BAWAG gewährte dieser RGHI gleichzeitig Kredite; dieses Geld wurde wiederum dazu benutzt, um Forderungen von Refco gegenüber der BAWAG darzustellen. Dabei wurden jeweils zwischen 200 und 300 Millionen Dollar im Kreis geschickt. Der Effekt: Mit Ende eines jeden Geschäftsjahres hatte das Brokerhaus selbst keine Schulden mehr, sondern vielmehr virtuelle Guthaben bei der BAWAG.«"


Nun erinnert Pirker an die Gründungsgeschichte der einstigen Bank, um schließlich den prinzipiell in einem solchen Fall fälligen Spruch abzulassen:

"Soviel aus dem Innenleben einer Bank, die 1922 als »Arbeiterbank« zur Sicherung der wirtschaftlichen Interessen der lohnabhängigen Massen gegründet worden war. Jedenfalls konnte oder wollte sie die Brechtsche Logik – Was ist ein Bankraub gegen die Gründung einer Bank? – nicht außer Kraft setzen. Mit der konzertierten Aktion wurde die Bilanz 2005 gerettet und die Weiterführung der Bank gesichert. So ist auch ein Vergleich mit den Refco-Gläubigern gewährleistet, womit das größte Hindernis für den Verkauf der Gewerkschaftsbank beseitigt wurde."


Pirker zählt dann noch weitere Aspekte des ÖGB-Bawag-SPÖ-Bankenskandals auf, kommt zu ganz vernünftigen Einschätzungen, um dann am Ende den Artikel durch sein orthodoxes Eiferertum doch noch in den Sand zu setzen:

"Die gegenwärtige Krise der österreichischen Gewerkschaften ist durch den Bankenskandal zwar sichtbar geworden, ihre Ursachen aber liegen viel tiefer. Der ÖGB hatte sein Schicksal auf Gedeih und Verderb mit dem sozialpartnerschaftlichen System verbunden. Das bedeutete, daß sich die eigentlich regierende Koalition in Österreich aus dem Zusammenwirken von Gewerkschaften und Industriellenvereinigung ergab. Mit der Verschärfung des Klassenantagonismus durch die neoliberale Deregulierung ist die staatstragende Funktion des ÖGB obsolet geworden. Das macht eine tiefgreifende Reform und Neubestimmung des Gewerkschaftsbundes tatsächlich notwendig. Doch der nun zur Schau getragene Reformeifer der Gewerkschaftsbürokratie wird sicher anderes im Sinn haben, als sich den Herausforderungen des Klassenkampfes zu stellen."

Klar, dass so einer keineswegs die Selbstorganisation von Prekarisierten, Teilzeitbeschäftigten, MigrantInnen oder Arbeitslosen meint, sondern die leninistisch inspirierte Machtübernahme des Apparates.

Die Stuttgarter Zeitung (2.5.2006) berichtet in einem Bericht "Abenteuerspielplatz Einkaufszentrum" über eine besondere Art des Theatertreffens im Stuttgarter Schauspielhaus, bei dem Regisseure aus ganz Deutschland sich mit einer Beschäftigung namens "Kaufen" auseinandersetzen:

"Punkt 16 Uhr wurde am Sonntag das Schauspielhaus am Eckensee feierlich als Stuttgarts neuester Konsumtempel eröffnet. Die Einweihungsparty hatte alles aufzubieten, was bei solchen Events dazugehört: Luftballons für die Kleinen, eine Fähre über den Eckensee als Sonderaktion, ein Blockflötenensemble von Schülern mit der Erkennungsmelodie, einen gut gelaunten Festredner und einen Knirps, der unter großem Beifall mit der Schere das Eröffnungsband durchschneiden durfte. Dann konnten die Konsumenten das Warenangebot in Augenschein nehmen, bei Easy-Listening-Musik durch die Gänge und Foyers flanieren und sich zu den verschiedenen Bühnen des Hauses führen lassen."

[Lesetip für Karl Marx: die Passagen über die ursprüngliche Akkumalation, MEW 23, S. 741ff.]

Einkaufen, neudeutsch shoppen, gehorche ähnlichen Regeln wie das Theaterspielen - so lautet die Prämisse, das hinter dem Projekt "Kaufen!" steckt, das im Schauspielhaus bis kommenden Samstag die Szene beherrscht. Die Rituale und Inszenierungen der Konsumgesellschaft, denen wir uns jeden Tag bewusstlos unterwerfen, sollen dabei sichtbar gemacht werden. Es gibt im Haus eine Fäustchen genannte eigene Währung; einen Schwarzmarkt für Restposten, die Sie immer schon mal elegant loswerden wollten; eine Lesung von Karl Marx" "Kapitel" als täglichen Fortsetzungsroman; eine Auktion, bei der man eine Aufführung in den eigenen vier Wänden ersteigern kann.

Fehlt nur noch das gute alte Floh-de-Cologne-Lied ("Du musst kaufen, kaufen, kaufen - kotzt dich das nicht an?" aus "Fließbandbabys Beat-Show").

Wenn die Bühne und die Realität nicht mehr so einfach zu unterscheiden sind, dann wird es höchste Zeit Maßnahmen zu ergreifen, die die Verhältnisse klären: Offenbar ebenfalls von Interesse ist hier der "Modus 2" des Einkaufens - das "Einklauen":

(...) Wer sich über die Zunahme der Ladendiebstähle Sorgen macht, ist in Sebastian Martins "Präventionskurs Ladendiebstahl" richtig. So wie einst der selige Eduard Zimmermann in "Aktenzeichen XY-Ungelöst" den Jagdinstinkt der braven Bürger beim Kampf gegen das Verbrechen wecken wollte, sollen hier die "wehrhaften Käufer" zur Selbsthilfe motiviert werden. Es gelte, die dekadente Mentalität des Wegschauens zu überwinden und sich aktiv in die Schar der freiwilligen Kaufhausdetektive einzureihen, fordert einen der Kursleiter mit missionarischem Eifer auf. Das Motto lautet: Jeder ist verdächtig, eine Unschuldsvermutung gibt es nicht. Dabei zeigt sich, dass Dieb und Detektiv nur zwei Seiten derselben Person sind und der Verteidiger des Gesetzes nichts anderes als ein umgepolter Krimineller ist. Wie sagte doch Brecht so schön: Was ist schon ein Bankraub verglichen mit der Gründung einer Bank.

Das ist jetzt aber eine Holterdipolter-Herleitung und ausserdem spricht Brecht von einem Einbruch und nicht von einem Raub. Brecht meint außerdem gerade nicht jeden Ladenbesitzer und auch nicht jeden Büttel. Aber so ist das Bildungsniveau im Feuilleton heute (und da wird immer wieder behauptet, wir brauchen die Redaktionen als Intermediatoren, wg. Qualitätskontrolle). Weil's irgendwie schon passen wird, oh tempora or mores .....

In Österreich bebt es. Sozialdemokratie, Gewerkschaften (ÖGB) und Bawag-Affäre. Letztere führte bereits zu heftigen Erschütterungen im Organisationsgefüge des ÖGB. Der langjährige ÖGB-Vorsitzende musste zurücktreten. Die Österreicher heben das Geld bei der Gewerkschaftsbank ab. Die Bank steht kurz vor dem Aus.

Anläßlich des 1. Mais. veröffentlichte der Standard (29.4. 2006) ein Dossier "Echte Rote", in dem vier Sozialdemokraten Auskunft über ihre Befindlichkeit geben. Darunter auch der
"Der pragmatische Weltverbesserer" Willi Mernyi (Kampagnenreferats-Leiter des ÖGB), der "seinen Traum von der klassenlosen Gesellschaft nie aufgegeben" haben will. Im Zusammenhang mit der Bawag-Affäre lesen wir mal wieder den alten Brecht-Spruch in der üblichen Abwandlung:

"Derzeit ist Mernyi weniger mit Aktion als mit Reaktion beschäftigt: Er telefoniert all denen nach, die wegen der Bawag-Affäre aus der Gewerkschaft austreten. Und findet, als ewiger Optimist, auch daran etwas Positives: "Manche haben eine derart klasse Kapitalismuskritik, da fragt man sich, warum die nicht schon lange bei uns aktiv waren." Vielleicht, weil der ÖGB sich eher dem Kapitalismus als der Kapitalismuskritik widmete? – Darauf antwortet Mernyi mit einem Satz aus seinem reichen Zitatenschatz: "Bert Brecht hatte schon Recht. Es ist das größere Verbrechen, eine Bank zu gründen, als eine Bank auszurauben.""

Dass das mitunter das Gleiche sein kann, hat uns die österreichische Gewerkschaftsbürokratie nunmehr anschaulich vor Augen geführt. Derweil wittern die österreichischen Rechten zurecht ein gefundenes Wahlkampfthema:

-Bawag
Karikatur aus dem Standard (29.04.2006) von Oliver Schopf

"Kommunisten-Online ist eine Homepage von Kommunisten."

Mit Brechtspruch und Brasilienphantasien, da können sogar orthodoxe Kommunisten (eine gruselige Veranstaltung) schwach werden:


Bankraub in Brasilien

„Was ist ein Dietrich gegen eine Aktie? Was ist ein Einbruch in eine Bank gegen eine Gründung einer Bank?"
Bert Brecht

Andere Länder, bessere Kriminalfälle. In der Bundesrepublik gilt es als spektakulär, wenn die untalentierte Schauspielerin Veronika Ferres ein Kosmetikprodukt, für dessen Reklame sie lächerliche Tantiemen bezieht, in einem Fernsehfilmchen so lange in die Höhe hält, bis der normale, also PISA-geschädigte Bundesbürger die Schriftzüge auf der Verpackung verarbeitet hat. Oder wenn ein Infineon-Manager, also einer aus der Branche, die neulich noch New Economy hieß und vor allem eine Abzockfalle für Kleinsparer war, sich wegen trivialer Freizeitvergnügen schmieren läßt. Oder wenn der VW-Betriebsrat mit Bordellbesuchen in Prag und anderswo ruhiggestellt wird etc. Das Land ist so: Schmierig und geldgeil sind die höheren Stände und führen das gern im Fernsehen vor. Kleinkriminelle haben kaum eine Chance, es zu etwas zu bringen.

In Brasilien hat ordentliches Panzerknackerhandwerk noch goldenen Boden. 150 Millionen Real (umgerechnet etwa 52 Millionen Euro) holten Bankräuber aus dem Tresorraum der brasilianischen Zentralbank in Fortaleza, der Hauptstadt des Bundesstaates Ceara. Es war der größte Bankraub in der Geschichte des Landes. Die Summe übertrifft die Beute aus dem Überfall von Ronald Biggs 1963 in England, als er und elf weitere Umverteiler aus einem Postzug von Glasgow nach London nach heutigem Wert rund 53 Millionen Dollar holten. Die Räuber von Fortaleza gingen mit derselben Gelassenheit wie jene damals an die Arbeit. Sie gruben drei Monate lang vier Meter unter der Erde mit High-Tech an einem 80 Meter langen Tunnel, den sie ordnungsgemäß abdichteten und mit elektrischem Licht ausstatteten – zum Wohlfühlen sozusagen. Ausgangspunkt war ein fiktives Gartengeschäft, wo Erdtransporte nicht besonders auffielen. Am vergangenen Wochenende schredderten sich die Profis durch den 1,10 Meter dicken Betonboden des Tresorraums und räumten fünf Container mit 50-Real-Scheinen aus. Was ist ein Einbruch in eine Bank gegen die Gründung von Banken mit Kunden wie Veronika Ferres, Infineonmanagern oder VW-Betriebsräten? (asc)


Ansonsten sind die alten Feindbilder des Marxismus-Leninismus geblieben.

 

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