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Das Weblog zur Volkskunde des Bankraubs

 
"Bankräuber, Einbrecher und andere Kriminelle – kaum ein Ganove kommt heute ohne Automobil aus. Ein Fleisch-Quartett der beliebtesten Fluchtautos."

"Auf der Flucht"

so führt das Wiener Fleischmagazin (an der Rechten Wienzeile beheimatet) im Juni 2005 ein Quartett ein, bei dem es die Kategorien Drogendelikte, Banküberfall, Schiesserei sowie Raub und Einbruch gibt.

Leider lassen sich die Karten hier nur unzureichend abbilden, aber sie sind wirklich sehr nett anzuschauen auf der Webseite der Zeitschrift, die es auch zu kaufen gibt.

Eine Frage an die Macher, in welcher Nummer der Printausgabe findet sich das hier?

Auf der Webseite des Deutschlandradios (Kultur: Fazit) findet sich ein Radiobeitrag zur Eröffnung der Frankfurter Ausstellung. Hier runterladen.

Der Beitrag vom 14.2. 2006 lässt sich aber auch einfach nachlesen. Nämlich hier:


Von Postkutschenräubern zu Internetbetrügern
Ausstellung "Geld oder Leben" zeigt Geschichte von Raub und Diebstahl

Von Gudula Geuther

"Mit einer Fülle von Exponaten zeigt das Frankfurter Museum für Kommunikation die Geschichte von Diebstahl und Räuberunwesen. Während sich die Methoden der Gangster im Lauf der Jahrhunderte änderten, blieb ihr Ziel stets das gleiche: Geld oder Leben. Den Internet-Kriminellen von heute geht es allerdings "nur" um ersteres.

Auf allzu genaue Darstellung martialischer Strafen verzichtet die Ausstellung. Auch das Original-Fallbeil, mit dem der Schinderhannes Johannes Bückler 1803 hingerichtet wurde, kommt ohne die Rekonstruktion einer Guillotine aus. Die Klanginstallation lässt allerdings genug erahnen. Und die Mauer aus Menschen, in schwarzen Umrissen um das Beil gruppiert, zwischen denen der Besucher hindurchgucken muss.

"Es war ein großes Spektakel, eine große Sensation, und um überhaupt zu sehen, was passiert, muss man sich erst mal zu den Pappfiguren stellen, die hier stehen, und muss denen erst mal über die Schulter schauen. Damit wird ein Stück weit dieser Voyeurismus erinnert, wie er damals möglicherweise auch schon vorhanden war. Wir sagen: Wir würden ja heute einer Hinrichtung niemals beiwohnen wollen. Vielleicht war das für die Menschen um 1800 noch ganz anders…"

So der Projektleiter Klaus Beyrer. Geändert haben sich vor allem die Taten selbst. Und so verändern sich auch die Exponate: Von Postkutschen zwischen Baumstämmen hin zu gesprengten Tresoren und ihren professionellen Knackern. Die - oft hochversiert - den Bankraub als Beruf sahen, sagt Gaby Sonnabend, die die Ausstellung mit erarbeitet hat.

"Die Banküberfälle haben sich zuerst in den USA entwickelt, schon Mitte des 19. Jahrhunderts, nach dem Ende des Bürgerkriegs, auch dadurch, dass Geldscheine immer stärker genutzt wurden. Also, man musste jetzt nicht mehr schwere Münzen rumschleppen, sondern es war auch einfach viel einfacher geworden, Banken zu überfallen und das Geld abzuschleppen. In Deutschland erst so ab den 20er Jahren richtig, mit der Etablierung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs. Richtig etabliert hat es sich nach dem Ende des Ersten Weltkrieges. Und dann kamen auch die Tresorknacker zum Zuge."

In Deutschland allen voran die Brüder Sass, die den neuen Schneidbrenner mit so viel Erfolg einsetzten, dass sie 1929 aus der Stahlkammer der Berliner Disconto-Gesellschaft wahrscheinlich über zwei Millionen Reichsmark mitgehen ließen. Eine Tat, die ihnen lange nicht nachgewiesen werden konnte.

Mit welchen Mitteln die Polizei versuchte, Tätern auf die Spur zu kommen, zeigt ein nachgestelltes Atelier, in dem das standardisierte Verbrecherfoto entstehen sollte. Die Anleitung, wie die Körper von Tätern vermessen werden sollten, in der oft falschen Hoffnung, so jede Person klar identifizieren zu können - kurz bevor sich der Fingerabdruck durchsetzte. Oder ein Bausatz für Phantombilder, der lange Zeit keine weiblichen Gesichtszüge kannte.

Frankfurt
"Eine Museumsmitarbeiterin hält eine alte Polizeiregistrierungsnummer hoch vor einem Foto einer fotografischen Registrierung."

"Die Frau als Täter ist schon mal gar nicht mit eingeplant gewesen. Diese Kartei, die stammt aus den 60er Jahren. Und man legt ein Männer-Phantombild, soweit das eben überhaupt möglich ist, und dann legt man 'ne Folie rüber. Und dann wird das mit weißem Stift ein bißchen retouchiert, dann werden noch Frauenhaare hingemalt und dann hat man schon die Täterin."

Tatsächlich begehen diese schweren Delikte wie Raubüberfälle selten Frauen.

"In den Banden des 18. Jahrhunderts war der Frauenanteil recht hoch - bis zu 40 Prozent. Wobei man dann auch unterscheiden muss: Waren das dann wirklich die Köpfe der Bande oder waren das halt die Frauen. Es gab wohl beides."

Umso häufiger sind Frauen unter den Opfern, als Kassiererinnen. Die Sicht der Bankangestellten bekommt der Besucher über Kopfhörer vermittelt. Anonym schildert eine Frau ihre Todesangst, ihren ersten Zusammenbruch und die Folgen fürs Leben.

"Ich bin erst mal noch bis Ende des Jahres ganz normal arbeiten gegangen, hab aber gemerkt, dass ich überhaupt nicht schlafen kann. Konnte auch nicht mehr in dem gemeinsamen Schlafzimmer mit meinem Partner schlafen. Ich hab immer im Wohnzimmer, auf der Couch - bis heute - geschlafen. Das war mir alles zu eng. Und da konnt ich halt auch nicht kontrollieren - diese Fenster. Vom Kopf her weiß ich, dass das Quatsch ist, aber ich hatte halt das Gefühl, der will mir was antun."

Ein Kontrast zur Verklärung von Raub und Räubern. Dargestellt durch Filme, wie die verschiedenen Schinderhannes-Varianten. Oder der Straßenfeger von 1966 "Die Gentlemen bitten zur Kasse" über den englischen Postzug-Raub. Exponate wie der erste nicht mehr anonyme Druck von Schillers "Räubern". "Bonnie und Clyde"-Plakate, Spielfiguren für den kindlichen Banküberfall zum Selbst-Nachspielen. Umso wichtiger ist Klaus Beyrer die Stimme der Opfer.

"Die Ausstellung kann sich einer gewissen Romantisierung der Räuber und Räuberbanden nicht entziehen. Und wenn man in der Ausstellung Filme zu sehen bekommt, wie beispielsweise 'Die Gentlemen bitten zur Kasse', dann entwickelt sich eine gewisse Sympathie für die Täter. Und dazu soll es ein deutliches Gegengewicht geben."

Profis sind Bankräuber heute kaum noch. Zu risikoreich sei das Geschäft, zu ausgeklügelt die Sicherungssysteme der Banken. Die Profis sitzen heute am Computer. Am Bildschirm lernt der Ausstellungsbesucher, welche E-Mails verdächtig sind, oder woran er gefälschte Internetauftritte seiner Bank erkennt.

Und er kann am Geldautomaten der Zukunft spielen. Entwickelt an der Fachhochschule Gießen unter Leitung von Michael Behrens.

"Wir denken, dass die Geldautomaten der Zukunft uns eben nicht mehr zwingen werden, den PIN-Code auswendig zu lernen. Neben dem Fingerabdruck könnte das zum Beispiel auch über eine Gesichtserkennung, über eine Kamera laufen, oder über eine Iris-Erkennung, das ist dieser farbige Teil rund um die Pupille."

Das Ende des Automatenbetruges - oder der Beginn eines neuen Wettlaufes.

"Die Geschichte zeigt: Sobald es eine neue Sicherungstechnik gibt, dann denken sich diejenigen, die ans Geld wollen, ja auch immer wieder was Neues aus. Also es ist ein ewiger Wettlauf und ich denk, das wird nicht der Schlußstein sein, der Geldautomat.""



Ad Romantisierung:
Immer wieder wird im Kontext der Beschäftigung mit dem Thema Raub und Bankraub betont, dass man sich gegen die Romantisierung von Bankraub wenden wollen. Sozusagen ein volkspädagogisches Programm. Dieses Anliegen formuliert auch Klaus Beyrer, Vizedirektor des Museum für Kommunikation. Ein hehres Ziel, aber von der Idee her schon zum Scheitern verurteilt. Charmant wäre eine Haltung, die das reflektiert. Auch die Frankfurter Ausstellung wird dazu beitragen, was immer auch ihr erklärtes Ziel ist. Abgesehen von der Frage, warum eigentlich, gibt es gute Gründe für die Menschen dem Raub als solchem, aber insbesondere dem Bankraub im Besonderen, eine gewisse romantisierende Haltung entgegenzubringen.

Ad Frauen:
Vielleicht einfach auch nochmals bei Vabanque nachlesen, wo das Thema ja erstmals aufgegriffen wurde. Wir sind gespannt, in welcher Weise der Beitrag über die "Bankladies - Wenn Frauen zu sehr rauben" von Franziska Roller "Berücksichtigung" in der Darstellung gefunden hat.

Geld oder Leben!: Das Museum für Kommunikation erzählt die Geschichte des Raubs von der Postkutschenzeit bis heute

Die Online-Version des Darmstädter Echos (15.2. 2006) bespricht die Ausstellung im Frankfurter Museum für Kommunikation:

FRANKFURT. „Money, money, money“ singt es auf der Treppe nach oben: Die weltbekannte Musical-Hymne vom Geld, das alles bewegt auf der Welt, bringt noch vor dem ersten Ausstellungsobjekt auf den Punkt, was der Grund für jeden Raub ist. Die Räuber wollen haben, was ihnen nicht gehört. Vor Jahrhunderten haben sie den Postkutschen-Reisenden im dunklen Wald aufgelauert, vor hundert Jahren Panzerschränke geknackt, heute gehen sie mit Pistole und Maske zum Raubzug in die Bank, oder sie verschaffen sich am Geldautomaten die EC-Karte argloser Bankkunden, um deren Konto zu leeren. Wer sich als Krimineller auf seinen PC versteht, kann seine Opfer sogar via Web bestehlen.

Die Methoden der illegalen Bereicherung wechseln, doch das Motiv ist geblieben. „Geld oder Leben!“ heißt drum die neue Ausstellung im Frankfurter Museum für die Kommunikation, die eine Geschichte von Raub und Räuberunwesen seit der Postkutschenzeit aus verschiedenen Blickwinkeln erzählt. Die Schau zeigt – auch mit vielen, vielen Dokumenten – , was Raub wirklich ist und wie anders die Öffentlichkeit es spätestens seit Schillers „Räubern“ vom Ende des 18. Jahrhunderts gerne wahrnimmt.

Da sind die Täter mit ihren wirklichen Taten, und da sind die Mythen. Romantisiert wurde schon immer der 1803 in Mainz öffentlich hingerichtete Schinderhannes, und bis unsere Tage setzt man ihm Denkmäler in Filmen (Käutners Epos mit Maria Schell und Curd Jürgens ist auszugsweise zu sehen), Literatur (wie beispielsweise Carl Zuckmayers Drama) oder Hunsrück-Weinmarken. Eigentümlicher Heldenruhm rankt sich aber auch um moderne Verbrecher wie den „Gentleman“-Räuber Ronald Biggs, der 1963 mit seinen Kumpanen beim Überfall auf den englischen Postzug Glasgow – London 2,6 Millionen Pfund erbeutete. Die ehrenwerten Bürger haben eben über solche kriminelle Persönlichkeiten immer wieder gestaunt – und sie auch ein wenig bewundert. Denn als gewitzt und sehr anpassungsfähig haben diese sich von jeher gezeigt. Den Postkutschenraub mit Mord und Totschlag, mit dem in Frankfurt alles beginnt, gab es schon seit dem 17. Jahrhundert. Doch erst im 18. Jahrhundert organisierten sich Banden von 30 bis 50 Personen (mit einem Frauenanteil von 40 Prozent!) und nutzten die Schutzlosigkeit ihrer Opfer abseits der Siedlungen. Sie holten die Kisten aus den Kutschen. In Frankfurt setzt drum einer der berühmten gelben Wagen mit mehreren Puppen, die mal schon tot, mal noch lebendig sein sollen, diesen Schrecken in eine gestellte Szene, während nebenbei in den Vitrinen die Bücher liegen, in denen beschrieben stand, wie es vielleicht doch möglich wäre, sich mit der ebenfalls gezeigten einläufigen Pistolen zu verteidigen.

Was den Bösen geschah, wenn man sie denn verhaftete, folgt gleich in der nächsten Abteilung. Dort hängen die Gerichtsurteile, da steht das Fallbeil, mit dem der Schinderhannes guillotiniert wurde, und man sieht auch das Rad zum Rädern anderer zum Tode Verurteilter. Schaurig, aber gerecht? Wegen der Raubzüge des frühen 20. Jahrhunderts kamen jedenfalls meist nur noch die Beraubten zu Tode. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten sich sowohl die Schauplätze des Verbrechens geändert als auch die Ermittlungsmethoden. Man sieht: Schon um 1900 nahm man das Geld nicht mehr mit auf Reisen, sondern man gab es der Bank zur Verwahrung – die große Zeit der „Schränker“ brach an, und auch in dieser Zeit gab es wieder bewunderte Könner unter den Kriminellen wie die Brüder Sass.

Diese gruben lange Tunnel unter der Erde, um zum Safe zu gelangen, den sie dann mit modernem Gerät aufschweißten, das man genauso zeigt wie die verschiedenen Tresortypen, die derlei Handwerk wohl alle nicht standhalten konnten. Um der Räuber habhaft zu werden, setzte die Polizei ebenfalls seit etwa 1900 ihre neuen Möglichkeiten ein. Telefon und Telegraf machten die zur Fahndung nötige Kommunikation schneller und effektiver, und der Fingerabdruck erlaubte die eindeutige Identifikation der Täter. Ein besonders schönes Ausstellungsstück ist der Fotografiersteg mit Kamera und drehbarem Stuhl, auf den man die Räuber setzte, um sie für die Verbrecherkartei von vorne und von der Seite abzulichten. Diese Techniken revolutionierten die Kriminalistik – Fahndungsfoto, Phantombild und Fluchtauto, die man auch zeigt, wirken dagegen nur wie Fortentwicklungen.

Der Kreis von „Geld oder Leben!“ schließt sich deshalb gut mit dem Leid, das modernen Bankangestellten bei Raubüberfällen angetan wird, und mit den aktuellen Trickbetrügereien. Über Kopfhörer ist zu erfahren, wie die Opfer die Überfälle erlebt haben und wie es ihr Leben wegen bleibender Ängste auch in Folge dramatisch veränderte. Und an einem kleinen Bildschirm ist zu sehen, wie zwei Täter gemeinsame Sache machen, um einem Mann am Automaten seine EC-Card abzuluchsen.

Die Raubzüge sind somit wieder moderner geworden, zu verhindern sind sie nicht. Deshalb mag man als Ausstellungsbesucher auch nicht glauben, dass der elektronische Fingerabdruck unser Geld sicherer machen kann – auch wenn ein Geldautomat mit diesem „Karten“-Zugang am Schluss der Schau zum Spielen einlädt.

Die Ausstellung wird heute (15.) um 19 Uhr eröffnet. Sie ist bis 17. September dienstags bis freitags von 9 bis 18 Uhr, samstags und sonntags von 11 bis 19 Uhr zu sehen. Der Katalog kostet in der Schau 14,80 Euro, im Buchhandel 34,80 Euro.


Die Frage ist, die sich immer mehr stellt. Lässt sich das alles in eine historische Line stellen? Werden da nicht sehr verschiedene Dinge verhandelt. Ist Raub = Raub und Einbruch = Raub? Das wäre zu diskutieren. Die Medien interessiert das nicht. Das Thema ist sexy und verkauft sich.

 

twoday.net AGB

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