Kriminalitaetsgeschichte allgemein
Werkstatt Geschichte 15 (2006), 42
------------------------------------------------------------------------
Editorial
Während der so genannten Chaostage im August 1995 hatten sich Teilnehmer und Teilnehmerinnen in einem Hannoveraner Supermarkt mit Lebensmitteln versorgt, ohne den Gegenwert der Ware im Geschäft zu hinterlegen. Sie – und delikaterweise auch einige Anwohner, die die Gunst der Stunde nutzten – machten sich dadurch juristisch gesehen des Diebstahls schuldig. Ein Foto des geplünderten Supermarktes mit der Bildunterschrift „bargeldlos einkaufen“ fand in der Folgezeit Verwendung auf verschiedenen Plakaten, die zur Teilnahme an unterschiedlichen linken Veranstaltungen aufriefen. Dieser Slogan warb ursprünglich für
die verstärkte Nutzung von ec- und Kreditkarten. Seine Herauslösung aus dem ehemaligen Bedeutungszusammenhang und seine hier beschriebene Verwendung illustrieren auf ironisch-provokative Weise die Tatsache, dass „Diebstahl“ ebenso wie „Erwerb“ und „Eigentum“ Konzepte sind, die in jeder Gesellschaft verhandelt und definiert werden müssen. Die
gegenwärtigen Auseinandersetzungen um geistiges oder genetisches Eigentum führen ebenfalls vor Augen, dass allgemein gesetzten und gesellschaftlich mehr oder weniger akzeptierten Definitionen Aushandlungsprozesse vorausgehen. Jede Gesellschaft kreiert und kanonisiert nicht nur bestimmte Werte, sondern auch deren Gegenstück, das als deviant angesehene Verhalten.
Verkürzt gesagt, definiert sich eine Gesellschaft daher also auch
darüber, wen sie als Dieb betrachtet und behandelt. Die
gesellschaftliche Konstruktion von Diebstahl ist Gegenstand ständiger sozialer Aushandlungsprozesse. Sie unterliegt einerseits historischem Wandel. Andererseits können aber auch miteinander konkurrierende Konzepte zeitgleich nebeneinander existieren, wie es das eingangs erwähnte Beispiel zum Ausdruck bringt. Die Untersuchung eines zu einem bestimmten Zeitpunkt von einer spezifischen Gesellschaft als deviant definierten Verhaltens kann daher Einblicke in diese Gesellschaft gewähren, konkurrierende Ordnungsentwürfe erkennbar machen und ggf. Konfliktlinien und Veränderungen aufzeigen.
Mit eben dieser Thematik befassen sich die in diesem Heft
zusammengestellten Beiträge. Sie setzen sich mit der sozialen Praxis von Diebstahl auseinander, in der sich Konstruktion und Selbstdeutung der Akteure begegnen. Dabei wird u. a. gefragt, welches Bild von „Dieben“ hergestellt und tradiert wurde. Wie ging man mit ihnen um? Oder anders herum gefragt: Wer waren die Diebe eigentlich? Was und warum stahlen sie? Welchen Einfluss hatten drohende und verhängte Strafmaßnahmen auf ihr Verhalten? Und welchen Einfluss hatten die Diebstähle auf Veränderungen in der Gesetzgebung und damit auf das Rechtsverständnis, das sich die Gesellschaft geben wollte?
Andrea Griesebner untersucht Diebstahlsprozesse, die im Laufe des 18. Jahrhunderts vor dem im heutigen Niederösterreich gelegenen Landgericht Perchtoldsdorf verhandelt wurden. Als Ausgangspunkt ihrer quellennahen Rekonstruktion von Strafnorm und Gerichtspraxis wählt sie die Frage nach den Kontexten des Diebstahls: Wie kamen die Diebstahlsfälle vor Gericht,
was haben die Männer, Frauen und Kinder gestohlen und wie wurde die landgerichtliche Verurteilung durch die Mitglieder des Gerichts
legitimiert? Als eines der wichtigsten Ergebnisse zeigt sich hier, dass die ortsfremden Diebe und Diebinnen mit größerer Wahrscheinlichkeit und mit härteren Strafen verurteilt wurden als die einheimischen.
Auch Rebekka Habermas widmet sich den kleinen und alltäglichen
Diebstahlsdelikten. Sie verknüpft die gerichtliche Verhandlung des
Diebstahls mit der Entstehung des modernen Rechtsstaates und macht damit die Verschränkung von Kriminalitäts- und Rechts-, Erfahrungs- und Diskursgeschichte deutlich. Am Beispiel des ländlichen Kurhessens stellt sie die im 19. Jahrhundert in großem Umfang aktenkundig gewordenen Eigentumsdelikte zum einen mit der Entstehung einer neuen Eigentumsordnung, zum anderen mit sich verändernden Ehrvorstellungen in Zusammenhang.
Den Sprung ins 20. Jahrhundert vollzieht Paul Lerner. Mit dem Zeitalter des Massenkonsums und dem Aufkommen moderner Warenhäuser entsteht auch eine neue Form des Diebstahls: die Kleptomanie. Hier sind es nicht die Unterschichten, die sich fremdes Eigentum aneignen, sondern Angehörige der Oberschicht, die durch das Stehlen mehr oder weniger bedeutsamer
Dinge die Gesellschaft irritieren. Die zeitgenössische Medizin sah in
erster Linie Frauen von der Kleptomanie bedroht. Während bislang eher geschlechtergeschichtliche Fragen im Vordergrund standen, wagt Paul Lerner eine neue Verknüpfung von Diebstahl mit Massenkonsum, Psychologie und Antisemitismus. Sein Hauptaugenmerk legt er auf die Zeit des Kaiserreichs und der Weimarer Republik.
Eine Zeit des Umbruchs und der Ungewissheit nimmt Stefan Mörchen in den Blick. Am Beispiel Bremens untersucht er die komplexen Vorgänge in der Zeit des Schwarzmarkt-Handels in den Jahren nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Obgleich sich die bürgerlichen Eigentumsvorstellungen in breiten Bevölkerungsschichten auflösten, wurde das Problem des Diebstahls weiterhin bestimmten sozialen Gruppen zugeschrieben und so aus der Mitte der Gesellschaft herausgedrängt. Mörchen beobachtet aber nicht nur die Kontinuität von stereotypen Zuschreibungen in der Bevölkerung, sondern weist diese auch in der kriminalistischen Theorie jener Jahre nach.
(....)
Silvan Niedermeier berichtet schließlich über die Ergebnisse der
Hamburger Tagung „Gewalt, Ordnung und Staatlichkeit“ (März 2006), die eine interdisziplinäre Annäherung an das sich wandelnde Verhältnis von Gewalt und Staatlichkeit anstrebte. Thematisiert wurden die Anwendung innerstaatlicher Gewalt und die unterschiedlichen Gewalthandlungen Krieg führender Akteure, aber auch aktuelle Fragen nach den Rechtfertigungen von Folter und Todesstrafe. Ein zentrales Interesse der Tagung war die stärkere Berücksichtigung des Rückwirkens von Gewalt auf die staatliche
Ordnung.
(...)
Die Redaktion
Editorial S. 3
Thementeil
Andrea Griesebner: S. 5
Verbannung statt Todesstrafe? Diebstahlsprozesse aus dem Erzherzogtum Österreich unter der Enns im 18. Jahrhundert
Rebekka Habermas: S. 25
Eigentum vor Gericht. Die Entstehung des modernen Rechtsstaates aus dem Diebstahl?
Paul Lerner: S. 45
Consuming Pathologies: Kleptomania, Magazinitis, and the Problem of Female Consumption in Wilhelmine and Weimar Germany
Stefan Mörchen: S. 57
„Echte Kriminelle“ und „zeitbedingte Rechtsbrecher“: Schwarzer Markt und Konstruktionen des Kriminellen in der Nachkriegszeit
Werkstatt
Sandra Maß: S. 77
„Eine Art sublimierter Tarzan“ – Deutsche Entwicklungshilfe als
Menschentechnik in den 1960er Jahren
Bericht
Silvan Niedermeier: S. 91
Gewalt, Ordnung und Staatlichkeit. Eine Tagung im Hamburger Warburghaus
(30.3.-1.4.2006)
Expokritik
Joachim Baur: S. 97
Ein Migrationsmuseum der anderen Art. Das Deutsche Auswandererhaus in Bremerhaven
Rezensionen S. 105
Annotationen S. 121
Abstracts S. 123
AutorInnen S. 126
------------------------------------------------------------------------
WerkstattGeschichte. Essen: Klartext Verlag. ISBN 3-89861-669-X; ISSN 0933-5706, 0942-704X
WerkstattGeschichte
c/o Klartext Verlag
Heßlerstraße 37
45329 Essen
Tel. 0201 86 206 13
Fax 0201 86 206 66
Homepage im Klartext-Verlag
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Editorial
Während der so genannten Chaostage im August 1995 hatten sich Teilnehmer und Teilnehmerinnen in einem Hannoveraner Supermarkt mit Lebensmitteln versorgt, ohne den Gegenwert der Ware im Geschäft zu hinterlegen. Sie – und delikaterweise auch einige Anwohner, die die Gunst der Stunde nutzten – machten sich dadurch juristisch gesehen des Diebstahls schuldig. Ein Foto des geplünderten Supermarktes mit der Bildunterschrift „bargeldlos einkaufen“ fand in der Folgezeit Verwendung auf verschiedenen Plakaten, die zur Teilnahme an unterschiedlichen linken Veranstaltungen aufriefen. Dieser Slogan warb ursprünglich für
die verstärkte Nutzung von ec- und Kreditkarten. Seine Herauslösung aus dem ehemaligen Bedeutungszusammenhang und seine hier beschriebene Verwendung illustrieren auf ironisch-provokative Weise die Tatsache, dass „Diebstahl“ ebenso wie „Erwerb“ und „Eigentum“ Konzepte sind, die in jeder Gesellschaft verhandelt und definiert werden müssen. Die
gegenwärtigen Auseinandersetzungen um geistiges oder genetisches Eigentum führen ebenfalls vor Augen, dass allgemein gesetzten und gesellschaftlich mehr oder weniger akzeptierten Definitionen Aushandlungsprozesse vorausgehen. Jede Gesellschaft kreiert und kanonisiert nicht nur bestimmte Werte, sondern auch deren Gegenstück, das als deviant angesehene Verhalten.
Verkürzt gesagt, definiert sich eine Gesellschaft daher also auch
darüber, wen sie als Dieb betrachtet und behandelt. Die
gesellschaftliche Konstruktion von Diebstahl ist Gegenstand ständiger sozialer Aushandlungsprozesse. Sie unterliegt einerseits historischem Wandel. Andererseits können aber auch miteinander konkurrierende Konzepte zeitgleich nebeneinander existieren, wie es das eingangs erwähnte Beispiel zum Ausdruck bringt. Die Untersuchung eines zu einem bestimmten Zeitpunkt von einer spezifischen Gesellschaft als deviant definierten Verhaltens kann daher Einblicke in diese Gesellschaft gewähren, konkurrierende Ordnungsentwürfe erkennbar machen und ggf. Konfliktlinien und Veränderungen aufzeigen.
Mit eben dieser Thematik befassen sich die in diesem Heft
zusammengestellten Beiträge. Sie setzen sich mit der sozialen Praxis von Diebstahl auseinander, in der sich Konstruktion und Selbstdeutung der Akteure begegnen. Dabei wird u. a. gefragt, welches Bild von „Dieben“ hergestellt und tradiert wurde. Wie ging man mit ihnen um? Oder anders herum gefragt: Wer waren die Diebe eigentlich? Was und warum stahlen sie? Welchen Einfluss hatten drohende und verhängte Strafmaßnahmen auf ihr Verhalten? Und welchen Einfluss hatten die Diebstähle auf Veränderungen in der Gesetzgebung und damit auf das Rechtsverständnis, das sich die Gesellschaft geben wollte?
Andrea Griesebner untersucht Diebstahlsprozesse, die im Laufe des 18. Jahrhunderts vor dem im heutigen Niederösterreich gelegenen Landgericht Perchtoldsdorf verhandelt wurden. Als Ausgangspunkt ihrer quellennahen Rekonstruktion von Strafnorm und Gerichtspraxis wählt sie die Frage nach den Kontexten des Diebstahls: Wie kamen die Diebstahlsfälle vor Gericht,
was haben die Männer, Frauen und Kinder gestohlen und wie wurde die landgerichtliche Verurteilung durch die Mitglieder des Gerichts
legitimiert? Als eines der wichtigsten Ergebnisse zeigt sich hier, dass die ortsfremden Diebe und Diebinnen mit größerer Wahrscheinlichkeit und mit härteren Strafen verurteilt wurden als die einheimischen.
Auch Rebekka Habermas widmet sich den kleinen und alltäglichen
Diebstahlsdelikten. Sie verknüpft die gerichtliche Verhandlung des
Diebstahls mit der Entstehung des modernen Rechtsstaates und macht damit die Verschränkung von Kriminalitäts- und Rechts-, Erfahrungs- und Diskursgeschichte deutlich. Am Beispiel des ländlichen Kurhessens stellt sie die im 19. Jahrhundert in großem Umfang aktenkundig gewordenen Eigentumsdelikte zum einen mit der Entstehung einer neuen Eigentumsordnung, zum anderen mit sich verändernden Ehrvorstellungen in Zusammenhang.
Den Sprung ins 20. Jahrhundert vollzieht Paul Lerner. Mit dem Zeitalter des Massenkonsums und dem Aufkommen moderner Warenhäuser entsteht auch eine neue Form des Diebstahls: die Kleptomanie. Hier sind es nicht die Unterschichten, die sich fremdes Eigentum aneignen, sondern Angehörige der Oberschicht, die durch das Stehlen mehr oder weniger bedeutsamer
Dinge die Gesellschaft irritieren. Die zeitgenössische Medizin sah in
erster Linie Frauen von der Kleptomanie bedroht. Während bislang eher geschlechtergeschichtliche Fragen im Vordergrund standen, wagt Paul Lerner eine neue Verknüpfung von Diebstahl mit Massenkonsum, Psychologie und Antisemitismus. Sein Hauptaugenmerk legt er auf die Zeit des Kaiserreichs und der Weimarer Republik.
Eine Zeit des Umbruchs und der Ungewissheit nimmt Stefan Mörchen in den Blick. Am Beispiel Bremens untersucht er die komplexen Vorgänge in der Zeit des Schwarzmarkt-Handels in den Jahren nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Obgleich sich die bürgerlichen Eigentumsvorstellungen in breiten Bevölkerungsschichten auflösten, wurde das Problem des Diebstahls weiterhin bestimmten sozialen Gruppen zugeschrieben und so aus der Mitte der Gesellschaft herausgedrängt. Mörchen beobachtet aber nicht nur die Kontinuität von stereotypen Zuschreibungen in der Bevölkerung, sondern weist diese auch in der kriminalistischen Theorie jener Jahre nach.
(....)
Silvan Niedermeier berichtet schließlich über die Ergebnisse der
Hamburger Tagung „Gewalt, Ordnung und Staatlichkeit“ (März 2006), die eine interdisziplinäre Annäherung an das sich wandelnde Verhältnis von Gewalt und Staatlichkeit anstrebte. Thematisiert wurden die Anwendung innerstaatlicher Gewalt und die unterschiedlichen Gewalthandlungen Krieg führender Akteure, aber auch aktuelle Fragen nach den Rechtfertigungen von Folter und Todesstrafe. Ein zentrales Interesse der Tagung war die stärkere Berücksichtigung des Rückwirkens von Gewalt auf die staatliche
Ordnung.
(...)
Die Redaktion
Editorial S. 3
Thementeil
Andrea Griesebner: S. 5
Verbannung statt Todesstrafe? Diebstahlsprozesse aus dem Erzherzogtum Österreich unter der Enns im 18. Jahrhundert
Rebekka Habermas: S. 25
Eigentum vor Gericht. Die Entstehung des modernen Rechtsstaates aus dem Diebstahl?
Paul Lerner: S. 45
Consuming Pathologies: Kleptomania, Magazinitis, and the Problem of Female Consumption in Wilhelmine and Weimar Germany
Stefan Mörchen: S. 57
„Echte Kriminelle“ und „zeitbedingte Rechtsbrecher“: Schwarzer Markt und Konstruktionen des Kriminellen in der Nachkriegszeit
Werkstatt
Sandra Maß: S. 77
„Eine Art sublimierter Tarzan“ – Deutsche Entwicklungshilfe als
Menschentechnik in den 1960er Jahren
Bericht
Silvan Niedermeier: S. 91
Gewalt, Ordnung und Staatlichkeit. Eine Tagung im Hamburger Warburghaus
(30.3.-1.4.2006)
Expokritik
Joachim Baur: S. 97
Ein Migrationsmuseum der anderen Art. Das Deutsche Auswandererhaus in Bremerhaven
Rezensionen S. 105
Annotationen S. 121
Abstracts S. 123
AutorInnen S. 126
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WerkstattGeschichte. Essen: Klartext Verlag. ISBN 3-89861-669-X; ISSN 0933-5706, 0942-704X
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vabanque - am Mittwoch, 13. September 2006, 09:05 - Rubrik: Kriminalitaetsgeschichte allgemein
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Konf: Kriminalitätsgeschichte im Wandel. Interdisziplinäre
Perspektiven von der Frühneuzeit zur Moderne - Göttingen
02.11.2006-04.11.2006, Eden-Hotel, Rheinhäuser Landstraße 22a
Organisation: Prof. Dr. Rebekka Habermas/Prof. Dr. Gerd Schwerhoff, Göttingen
Kriminalitätsgeschichte hat Konjunktur. Angeregt durch französische und angelsächsische Forschungen zur Kriminalitätsgeschichte kam es auch in der bundesrepublikanischen Ge-schichtswissenschaft ab den 1980er Jahren zu einem verstärkten Interesse an kriminalitätsgeschichtlichen Fragestellungen, welche sich gegenüber der Rechtsgeschichte durch eine dezidiert sozial- und kulturgeschichtliche Perspektive auszeichneten. Inzwischen hat sich die Kriminalitätsgeschichte als eigenes Forschungsfeld arrondiert, wobei dieses zunächst als klas-sische Domäne der Frühneuzeitforschung galt. Erst in jüngster Zeit nimmt die Zahl einschlägiger Arbeiten zum 19. und frühen 20. Jahrhundert sprunghaft zu. Dieses Ungleichgewicht zugunsten der frühneuzeitlichen Kriminalitätsgeschichte geht einher mit unterschiedlichen Schwerpunkten in Fragestellung, Methoden und genutzten Quellen.
Ausgehend von diesem Hintergrund möchte die Tagung die frühneuzeitliche mit der Kriminalitätsgeschichtsforschung des 19. Jahrhunderts erstmals zusammenbinden, um zum einen die impliziten Grundannahmen, die über die jeweils andere Epoche bestehen, explizit zu machen und zu überprüfen.
Zum anderen soll es darum gehen, die Dialogfähigkeit zu erweitern, d.h. Optionen zum gegenseitigen Lernen, insbesondere hinsichtlich
theoretischer und methodischer Prämissen, zu eröffnen. Bis dato werden nämlich beide Epochen strikt getrennt betrach-tet, was nicht nur zur unüberprüften Fortschreibung etwa Foucaultscher Perspektiven führt, sondern auch die Vorstellungen der klassischen Rechtsgeschichte über die Entstehung des modernen Rechtsstaats unhinterfragt lässt.
Eine weitere Ungleichzeitigkeit der Forschungsgeschichte (und ein
zweiter Ausgangspunkt der Tagung) wurzelt in der unterschiedlichkeit der jeweiligen Disziplinen. So sind es nicht nur die Geschichtswissenschaft, nicht nur die Rechtsgeschichte, die sich mit Kriminalität be-schäftigen, sondern auch, um nur einige zu nennen, die Literaturwissenschaft, die Kriminologie, die Kunst-, bzw. spezieller, Fotogeschichte wie auch die Kultur- und Sozialanthropologie. Diese auf der Tagung zusammenzuführen und für eine historische Analyse von Kriminalität fruchtbar zu machen bzw. die dabei neu entstehenden Fragen und Probleme zu diskutieren, markiert ein zweites wichtiges Ziel der Tagung.
Tagungsbeitrag: 10 EUR
Gefördert durch: Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und Land
Niedersachsen
------------------------------------------------------------------------
Donnerstag, 2. November 2006
14.00 Prof. Dr. Rebekka Habermas (Göttingen)
Prof. Dr. Gerd Schwerhoff (Dresden):
Eröffnung
I. Interdisziplinäre Perspektiven der Kriminalitätsgeschichte
Moderation: Prof. Dr. Gerd Schwerhoff (Dresden)
Prof. Dr. Rebekka Habermas (Göttingen)
14.30 PD Dr. Holger Dainat (Magdeburg):
Literatur und Kriminalität
15.30 Prof. Dr. Monika Frommel (Kiel): Kriminalität als
Problem der strafrechtlichen, historischen und
kriminalpolitischen Analyse
16.30 Kaffeepause
17.00 Prof. Dr. Peter Becker (Linz/Florenz): Kriminalität als
interdisziplinärer Begegnungsraum von Geschichte,
Anthropologie, Recht und Medizin
20.30 Sabine Rückert (DIE ZEIT): Aus dem Leben einer
Gerichtsreporterin
Freitag, 3. November 2006
Moderation: Prof. Dr. Gerd Schwerhoff (Dresden)
Prof. Dr. Rebekka Habermas (Göttingen)
9.00 Prof. Dr. Achim Landwehr (Düsseldorf):
Recht und Kriminalität jenseits von Praktiken und
Diskurs
10.00 Kaffeepause
II. Interepochale Perspektiven der Kriminalitätsgeschichte
Moderation: Prof. Dr. Norbert Fintzsch (Köln)
10.30 Prof. Dr. Rebekka Habermas (Göttingen):
Kriminalität in der Frühen Neuzeit – revisited
11.30 Prof. Dr. Joachim Eibach (Bern): Streit und Gewalt –
Ein konzeptioneller Blick über den Sattel in das
fremde 19. Jahrhundert
Moderation: Prof. Dr. Jürgen Martschukat (Erfurt)
14.00 Prof. Dr. Karl Härter (Frankfurt a. M.):
Rittlings auf der Sattelzeit – Entwicklungen von
Kriminalisierung und Strafrecht vom Übergang des
Ancien Régime zur Moderne
15.00 Dr. des. Falk Bretschneider (Paris): Strafen durch
Einsperrung – ein langes 18. Jahrhundert?
16.00 Kaffeepause
16.30 Dr. Peter Wettmann-Jungblut (Saarbrücken):
„Modern times, modern crimes?“ Kriminalität in
Baden zwischen Ancien Regime und 19. Jahrhundert
III. Repräsentationen und Medien
Moderation: Dr. Philipp Müller (London)
17.30 Prof. Dr. Gerd Schwerhoff (Dresden): Kriminalität im
frühneuzeitlichen Medienverbund (16./17. Jh.)
Samstag, 4. November 2006
Moderation: Dr. Philipp Müller (London)
9.00 Prof. Dr. Joy Wiltenburg (New Jersey):
Kriminalität als Medien-Sensation
10.00 Prof. Dr. Susanne Regener (Siegen):
Fotographien des Kriminellen
11.00 Kaffeepause
11.30 PD Dr. Miloš Vec (Frankfurt a. M.):
Indizien des Kriminellen. Zum
Verhältnis von Kriminologie und Kriminalistik im 19.
Jahrhundert
12.30 Dr. Thomas Weitin (Münster):
Literaturen des Kriminellen
IV. Vor Gericht
Moderation: Prof. Dr. Peter Oestmann (Münster)
15.00 Dr. Claudia Töngi (Basel): Zu Gericht gehen auf dem
Land
16.00 Dr. Benjamin Carter Hett (New York): Berlin sitzt zu
Gericht
17.00 Kaffeepause
17.30 Dr. Lars Behrisch (Bielefeld): Kriminalität in der Stadt –
das Beispiel Görlitz
20.00 Abschlussdiskussion: Kriminalität- und
Rechtsgeschichte – neue Perspektiven?
Dr. Herbert Reinke (Berlin) – Dr. Richard Wetzell
(Washington) - Prof. Dr. Susanna Burghartz (Basel) –
Dr. Ulinka Rublack (Cambridge)
Homepage Rebekka Habermas, Rubrik: Aktuelles
Perspektiven von der Frühneuzeit zur Moderne - Göttingen
02.11.2006-04.11.2006, Eden-Hotel, Rheinhäuser Landstraße 22a
Organisation: Prof. Dr. Rebekka Habermas/Prof. Dr. Gerd Schwerhoff, Göttingen
Kriminalitätsgeschichte hat Konjunktur. Angeregt durch französische und angelsächsische Forschungen zur Kriminalitätsgeschichte kam es auch in der bundesrepublikanischen Ge-schichtswissenschaft ab den 1980er Jahren zu einem verstärkten Interesse an kriminalitätsgeschichtlichen Fragestellungen, welche sich gegenüber der Rechtsgeschichte durch eine dezidiert sozial- und kulturgeschichtliche Perspektive auszeichneten. Inzwischen hat sich die Kriminalitätsgeschichte als eigenes Forschungsfeld arrondiert, wobei dieses zunächst als klas-sische Domäne der Frühneuzeitforschung galt. Erst in jüngster Zeit nimmt die Zahl einschlägiger Arbeiten zum 19. und frühen 20. Jahrhundert sprunghaft zu. Dieses Ungleichgewicht zugunsten der frühneuzeitlichen Kriminalitätsgeschichte geht einher mit unterschiedlichen Schwerpunkten in Fragestellung, Methoden und genutzten Quellen.
Ausgehend von diesem Hintergrund möchte die Tagung die frühneuzeitliche mit der Kriminalitätsgeschichtsforschung des 19. Jahrhunderts erstmals zusammenbinden, um zum einen die impliziten Grundannahmen, die über die jeweils andere Epoche bestehen, explizit zu machen und zu überprüfen.
Zum anderen soll es darum gehen, die Dialogfähigkeit zu erweitern, d.h. Optionen zum gegenseitigen Lernen, insbesondere hinsichtlich
theoretischer und methodischer Prämissen, zu eröffnen. Bis dato werden nämlich beide Epochen strikt getrennt betrach-tet, was nicht nur zur unüberprüften Fortschreibung etwa Foucaultscher Perspektiven führt, sondern auch die Vorstellungen der klassischen Rechtsgeschichte über die Entstehung des modernen Rechtsstaats unhinterfragt lässt.
Eine weitere Ungleichzeitigkeit der Forschungsgeschichte (und ein
zweiter Ausgangspunkt der Tagung) wurzelt in der unterschiedlichkeit der jeweiligen Disziplinen. So sind es nicht nur die Geschichtswissenschaft, nicht nur die Rechtsgeschichte, die sich mit Kriminalität be-schäftigen, sondern auch, um nur einige zu nennen, die Literaturwissenschaft, die Kriminologie, die Kunst-, bzw. spezieller, Fotogeschichte wie auch die Kultur- und Sozialanthropologie. Diese auf der Tagung zusammenzuführen und für eine historische Analyse von Kriminalität fruchtbar zu machen bzw. die dabei neu entstehenden Fragen und Probleme zu diskutieren, markiert ein zweites wichtiges Ziel der Tagung.
Tagungsbeitrag: 10 EUR
Gefördert durch: Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und Land
Niedersachsen
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Donnerstag, 2. November 2006
14.00 Prof. Dr. Rebekka Habermas (Göttingen)
Prof. Dr. Gerd Schwerhoff (Dresden):
Eröffnung
I. Interdisziplinäre Perspektiven der Kriminalitätsgeschichte
Moderation: Prof. Dr. Gerd Schwerhoff (Dresden)
Prof. Dr. Rebekka Habermas (Göttingen)
14.30 PD Dr. Holger Dainat (Magdeburg):
Literatur und Kriminalität
15.30 Prof. Dr. Monika Frommel (Kiel): Kriminalität als
Problem der strafrechtlichen, historischen und
kriminalpolitischen Analyse
16.30 Kaffeepause
17.00 Prof. Dr. Peter Becker (Linz/Florenz): Kriminalität als
interdisziplinärer Begegnungsraum von Geschichte,
Anthropologie, Recht und Medizin
20.30 Sabine Rückert (DIE ZEIT): Aus dem Leben einer
Gerichtsreporterin
Freitag, 3. November 2006
Moderation: Prof. Dr. Gerd Schwerhoff (Dresden)
Prof. Dr. Rebekka Habermas (Göttingen)
9.00 Prof. Dr. Achim Landwehr (Düsseldorf):
Recht und Kriminalität jenseits von Praktiken und
Diskurs
10.00 Kaffeepause
II. Interepochale Perspektiven der Kriminalitätsgeschichte
Moderation: Prof. Dr. Norbert Fintzsch (Köln)
10.30 Prof. Dr. Rebekka Habermas (Göttingen):
Kriminalität in der Frühen Neuzeit – revisited
11.30 Prof. Dr. Joachim Eibach (Bern): Streit und Gewalt –
Ein konzeptioneller Blick über den Sattel in das
fremde 19. Jahrhundert
Moderation: Prof. Dr. Jürgen Martschukat (Erfurt)
14.00 Prof. Dr. Karl Härter (Frankfurt a. M.):
Rittlings auf der Sattelzeit – Entwicklungen von
Kriminalisierung und Strafrecht vom Übergang des
Ancien Régime zur Moderne
15.00 Dr. des. Falk Bretschneider (Paris): Strafen durch
Einsperrung – ein langes 18. Jahrhundert?
16.00 Kaffeepause
16.30 Dr. Peter Wettmann-Jungblut (Saarbrücken):
„Modern times, modern crimes?“ Kriminalität in
Baden zwischen Ancien Regime und 19. Jahrhundert
III. Repräsentationen und Medien
Moderation: Dr. Philipp Müller (London)
17.30 Prof. Dr. Gerd Schwerhoff (Dresden): Kriminalität im
frühneuzeitlichen Medienverbund (16./17. Jh.)
Samstag, 4. November 2006
Moderation: Dr. Philipp Müller (London)
9.00 Prof. Dr. Joy Wiltenburg (New Jersey):
Kriminalität als Medien-Sensation
10.00 Prof. Dr. Susanne Regener (Siegen):
Fotographien des Kriminellen
11.00 Kaffeepause
11.30 PD Dr. Miloš Vec (Frankfurt a. M.):
Indizien des Kriminellen. Zum
Verhältnis von Kriminologie und Kriminalistik im 19.
Jahrhundert
12.30 Dr. Thomas Weitin (Münster):
Literaturen des Kriminellen
IV. Vor Gericht
Moderation: Prof. Dr. Peter Oestmann (Münster)
15.00 Dr. Claudia Töngi (Basel): Zu Gericht gehen auf dem
Land
16.00 Dr. Benjamin Carter Hett (New York): Berlin sitzt zu
Gericht
17.00 Kaffeepause
17.30 Dr. Lars Behrisch (Bielefeld): Kriminalität in der Stadt –
das Beispiel Görlitz
20.00 Abschlussdiskussion: Kriminalität- und
Rechtsgeschichte – neue Perspektiven?
Dr. Herbert Reinke (Berlin) – Dr. Richard Wetzell
(Washington) - Prof. Dr. Susanna Burghartz (Basel) –
Dr. Ulinka Rublack (Cambridge)
Homepage Rebekka Habermas, Rubrik: Aktuelles
vabanque - am Montag, 11. September 2006, 18:17 - Rubrik: Kriminalitaetsgeschichte allgemein
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dpa (SWP, 2.9. 2006 - Rubrik "Blick in die Welt") verbreitete den Bericht über ein etwas ungewöhnliches "Klassentreffen" auf der Gefangenen-Insel Alcatraz: "USA / Ex-Häftlinge und Wärter kehren noch einmal auf ihren "Felsen" zurück".:
Wärter und mehr noch die Häftlinge dürften froh gewesen sein, die Insel wieder verlassen zu können. Jetzt sind viele noch einmal zur berühmt-berüchtigten Gefangenen-Insel Alcatraz in der Bucht von San Francisco zurückgekehrt - freiwillig zu einer Art Klassentreffen.
Viele Jahre dachte er an nichts anderes, als von der Gefängnis-Insel Alcatraz zu entkommen. Doch inzwischen kehrt Darwin Coon, Ex-Häftling Nr. 1422, freiwillig auf "The Rock", den berüchtigten Felsen in der Bucht von San Francisco zurück. "Jetzt werden wir wie Prominente hofiert", grinst der ergraute 73-Jährige. Für das ungewöhnliche "Klassentreffen" hat er sich in einen Anzug geworfen und Goldringe angesteckt. 1959 wurde der hartgesottene Bankräuber und Ausbrecherkönig auf das Eiland verbannt, das von 1934 bis zur Schließung 1963 als das sicherste Zuchthaus Amerikas galt. Nun schäkert er mit früheren Wärtern, tauscht alte Geschichten aus und verteilt Autogramme an Touristen. Zum ersten Mal trafen sich frühere Alcatraz-"Bewohner" 1984, um den 50. Jahrestag der Gefängnisgründung zu begehen. In diesem Jahr reiste der 83-jährige John Banner eigens aus Arizona an, um seine alte Zelle zu inspizieren. Nach mehreren Banküberfällen war er 1954 als Häftling Nr. 1133 in dem Hochsicherheitsknast gelandet. Er zeigt auf eine verrostete Gittertür in der zweiten Etage des monotonen Zellenblocks. "Das war meine Zelle, mit Blick auf die Stadt." 16 Stunden habe er jeden Tag auf der harten Pritsche gelegen und sei dabei fast durchgedreht, erzählt er heute gelassen. Nach vier Jahren wurde er in ein anderes Gefängnis verlegt. "29 Tage im Block D, in einer bitterkalten Zelle ohne einen Lichtstrahl", sind Coons schlimmste Erinnerung. Er war mit einem Messer erwischt worden, dass er sich zur Selbstverteidigung besorgt hatte, packt er bereitwillig vor einer Gruppe neugieriger Besucher aus, die mit leichtem Schauder zuhören. Berüchtigte Mitbewohner Frank Heaney kennt die alten Storys. Der heute 79-Jährige schob mit 21 Jahren als jüngster Wärter auf der Insel-Festung seinen Dienst. Damals hielt er die Männer mit einem Maschinengewehr in Schach, heute verteilt er freundliche Klapse. "Sie haben ihre Strafe verbüßt und ihr Leben in Ordnung gebracht. Sie sind jetzt meine Freunde", versichert der pensionierte Aufpasser. Banner und Coon waren Schwerverbrecher, aber keine Mörder, wie ihre berüchtigten Mitbewohner Al Capone oder Robert Stroud, der legendäre Vogelmann von Alcatraz. "Ich war voller Ehrfurcht, als ich mit 17 vor der Zelle vom Vogelmann stand", erinnert sich Phil Dollison, der als Sohn des stellvertretenden Gefängnisleiters zehn Jahre auf der Insel lebte. Kindern war der Zugang zu den Zellen strikt untersagt, aber der Vater hatte eine Ausnahme gemacht. 60 Familien wohnten auf der schroffen Insel. Der 69-jährige Dollison erinnert sich noch an die "aufregende Suche" nach drei geflohenen Häftlingen, die 1962 durch die Wände ihrer Zellen einen Tunnel gruben und in einem selbst gebauten Schlauchboot entkamen. Da die Ausbrecher an Land keinerlei Spuren hinterlassen hatten, wurde angenommen, dass sie den gefährlichen Strömungen zum Opfer gefallen waren. Alcatraz lebt heute von seinem Mythos, berühmt durch Gangstergeschichten und Abenteuerkrimis mit Filmstars wie Clint Eastwood und Burt Lancaster. Mit über einer Million Besuchern im Jahr zählt "The Rock" zu den beliebtesten Touristenattraktionen in Kalifornien.
Wärter und mehr noch die Häftlinge dürften froh gewesen sein, die Insel wieder verlassen zu können. Jetzt sind viele noch einmal zur berühmt-berüchtigten Gefangenen-Insel Alcatraz in der Bucht von San Francisco zurückgekehrt - freiwillig zu einer Art Klassentreffen.
Viele Jahre dachte er an nichts anderes, als von der Gefängnis-Insel Alcatraz zu entkommen. Doch inzwischen kehrt Darwin Coon, Ex-Häftling Nr. 1422, freiwillig auf "The Rock", den berüchtigten Felsen in der Bucht von San Francisco zurück. "Jetzt werden wir wie Prominente hofiert", grinst der ergraute 73-Jährige. Für das ungewöhnliche "Klassentreffen" hat er sich in einen Anzug geworfen und Goldringe angesteckt. 1959 wurde der hartgesottene Bankräuber und Ausbrecherkönig auf das Eiland verbannt, das von 1934 bis zur Schließung 1963 als das sicherste Zuchthaus Amerikas galt. Nun schäkert er mit früheren Wärtern, tauscht alte Geschichten aus und verteilt Autogramme an Touristen. Zum ersten Mal trafen sich frühere Alcatraz-"Bewohner" 1984, um den 50. Jahrestag der Gefängnisgründung zu begehen. In diesem Jahr reiste der 83-jährige John Banner eigens aus Arizona an, um seine alte Zelle zu inspizieren. Nach mehreren Banküberfällen war er 1954 als Häftling Nr. 1133 in dem Hochsicherheitsknast gelandet. Er zeigt auf eine verrostete Gittertür in der zweiten Etage des monotonen Zellenblocks. "Das war meine Zelle, mit Blick auf die Stadt." 16 Stunden habe er jeden Tag auf der harten Pritsche gelegen und sei dabei fast durchgedreht, erzählt er heute gelassen. Nach vier Jahren wurde er in ein anderes Gefängnis verlegt. "29 Tage im Block D, in einer bitterkalten Zelle ohne einen Lichtstrahl", sind Coons schlimmste Erinnerung. Er war mit einem Messer erwischt worden, dass er sich zur Selbstverteidigung besorgt hatte, packt er bereitwillig vor einer Gruppe neugieriger Besucher aus, die mit leichtem Schauder zuhören. Berüchtigte Mitbewohner Frank Heaney kennt die alten Storys. Der heute 79-Jährige schob mit 21 Jahren als jüngster Wärter auf der Insel-Festung seinen Dienst. Damals hielt er die Männer mit einem Maschinengewehr in Schach, heute verteilt er freundliche Klapse. "Sie haben ihre Strafe verbüßt und ihr Leben in Ordnung gebracht. Sie sind jetzt meine Freunde", versichert der pensionierte Aufpasser. Banner und Coon waren Schwerverbrecher, aber keine Mörder, wie ihre berüchtigten Mitbewohner Al Capone oder Robert Stroud, der legendäre Vogelmann von Alcatraz. "Ich war voller Ehrfurcht, als ich mit 17 vor der Zelle vom Vogelmann stand", erinnert sich Phil Dollison, der als Sohn des stellvertretenden Gefängnisleiters zehn Jahre auf der Insel lebte. Kindern war der Zugang zu den Zellen strikt untersagt, aber der Vater hatte eine Ausnahme gemacht. 60 Familien wohnten auf der schroffen Insel. Der 69-jährige Dollison erinnert sich noch an die "aufregende Suche" nach drei geflohenen Häftlingen, die 1962 durch die Wände ihrer Zellen einen Tunnel gruben und in einem selbst gebauten Schlauchboot entkamen. Da die Ausbrecher an Land keinerlei Spuren hinterlassen hatten, wurde angenommen, dass sie den gefährlichen Strömungen zum Opfer gefallen waren. Alcatraz lebt heute von seinem Mythos, berühmt durch Gangstergeschichten und Abenteuerkrimis mit Filmstars wie Clint Eastwood und Burt Lancaster. Mit über einer Million Besuchern im Jahr zählt "The Rock" zu den beliebtesten Touristenattraktionen in Kalifornien.
sparkassenkunde - am Montag, 4. September 2006, 23:34 - Rubrik: Kriminalitaetsgeschichte allgemein
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"Die einen schauten unter dem Bett nach Einbrechern, die anderen hinter dem Vorhang. Manche sperrten die Haustür zweimal ab, viele junge Frauen trauten sich nicht mehr, abends allein auszugehen. Schuld war die erste Reality-Schau des Fernsehens: Eduard Zimmermanns "Aktenzeichen XY ungelöst"."
Die Oberösterreichischen Nachrichten (15.01.2005) besprechen einen Sammelband, der sich Ede Zimmermann und seine Doku-Soap vorgenommen hat:
"Bis zu 30 Millionen Menschen saßen in den Glanzzeiten der Sendung vor dem Fernseher, auch in Österreich war oft die Hälfte der Bevölkerung dabei, um bei der Aufklärung von Verbrechen zu helfen - oder sich ganz einfach am morbiden Schauder der gezeigten Fälle satt zu sehen.
Im Romaeus-Verlag ist jetzt die erste umfassende Dokumentation über 37 Jahre Ganovenjagd im Fernsehen (370 Sendungen!) erschienen. Das Buch des Journalisten Stefan Ummenhofer und des Politikwissenschafters Michael Thaidigsmann beleuchtet das Phänomen "Aktenzeichen XY" in allen Facetten."
(...)
Eduard Zimmermann selbst erzeugte mittels seines Auftretens eine "Wohnzimmeratmosphäre". Er sprach das Publikum direkt an, die Distanz zwischen der konstruierten Realität des Fernsehstudios und der häuslichen Realität schwand.
Wirkungsvoller Stil
Den entscheidenden Beitrag zu diesem Phänomen leistete laut Schneider aber die Einspielung der Filmfälle, deren Ästhetik sich weniger an den Gepflogenheiten professioneller Fernsehproduktionen als an den Ergebnissen ambitionierter Hobbyfilmer zu orientieren schien.
Das bewirkte die holzschnittartige, amateurhafte Schauspielerführung, vor allem aber die Kameraarbeit mit langen, statischen Einstellungen statt schneller Schnittfolgen sowie häufigen Zooms statt Kamerafahrten. Diese vordergründige Verletzung der Krimi-Konventionen entpuppte sich als wirkungsvolles Stilmittel und machte das Dargestellte schockierend authentisch.
Stefan Ummenhofer & Michael Thaidigsmann: "Aktenzeichen XY ungelöst. Kriminalität, Kontroverse, Kult." Romaeus Verlag, 296 Seiten, 66 Abbildungen, 25,60 Euro.
Die Oberösterreichischen Nachrichten (15.01.2005) besprechen einen Sammelband, der sich Ede Zimmermann und seine Doku-Soap vorgenommen hat:
"Bis zu 30 Millionen Menschen saßen in den Glanzzeiten der Sendung vor dem Fernseher, auch in Österreich war oft die Hälfte der Bevölkerung dabei, um bei der Aufklärung von Verbrechen zu helfen - oder sich ganz einfach am morbiden Schauder der gezeigten Fälle satt zu sehen.
Im Romaeus-Verlag ist jetzt die erste umfassende Dokumentation über 37 Jahre Ganovenjagd im Fernsehen (370 Sendungen!) erschienen. Das Buch des Journalisten Stefan Ummenhofer und des Politikwissenschafters Michael Thaidigsmann beleuchtet das Phänomen "Aktenzeichen XY" in allen Facetten."
(...)
Eduard Zimmermann selbst erzeugte mittels seines Auftretens eine "Wohnzimmeratmosphäre". Er sprach das Publikum direkt an, die Distanz zwischen der konstruierten Realität des Fernsehstudios und der häuslichen Realität schwand.
Wirkungsvoller Stil
Den entscheidenden Beitrag zu diesem Phänomen leistete laut Schneider aber die Einspielung der Filmfälle, deren Ästhetik sich weniger an den Gepflogenheiten professioneller Fernsehproduktionen als an den Ergebnissen ambitionierter Hobbyfilmer zu orientieren schien.
Das bewirkte die holzschnittartige, amateurhafte Schauspielerführung, vor allem aber die Kameraarbeit mit langen, statischen Einstellungen statt schneller Schnittfolgen sowie häufigen Zooms statt Kamerafahrten. Diese vordergründige Verletzung der Krimi-Konventionen entpuppte sich als wirkungsvolles Stilmittel und machte das Dargestellte schockierend authentisch.
Stefan Ummenhofer & Michael Thaidigsmann: "Aktenzeichen XY ungelöst. Kriminalität, Kontroverse, Kult." Romaeus Verlag, 296 Seiten, 66 Abbildungen, 25,60 Euro.
contributor - am Dienstag, 8. Februar 2005, 11:07 - Rubrik: Kriminalitaetsgeschichte allgemein
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Westfälische Forschungen 54 (2004)
------------------------------------------------------------------------
Themenschwerpunkt (hg. von Barbara Krug-Richter und Herbert Reinke):
Von rechten und unrechten Taten. Zur Kriminalitätsgeschichte Westfalens von der Frühen Neuzeit bis zum 20. Jahrhundert
Die Historische Kriminalitätsforschung zählt seit den neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts zu den boomenden Themenbereichen der sozial- und kulturhistorischen Forschung in Deutschland. Historische Kriminalitätsforschung untersucht abweichendes Verhalten im Spannungsfeld von Normen, Instanzen und Medien sozialer Kontrolle. Im Unterschied zu älteren rechtsgeschichtlichen Forschungen rücken in der modernen historischen Kriminalitätsforschung auch die gesellschaftlichen Konstruktionsprozesse von Devianz und Kriminalität in ihren historischen und kulturellen Bezügen ins Blickfeld. Kriminalitätsgeschichte fungiert somit zugleich als Sonde, die es erlaubt, gesellschaftliche und politische Verhältnisse zu analysieren. Der von Barbara Krug-Richter und Herbert Reinke betreute Themenschwerpunkt setzt sich zum Ziel, die Geschichte der Kriminalität in Westfalen von der Frühen Neuzeit bis in die 1970er Jahre - auch - als Geschichte der gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse zu deuten. Neben Beiträgen zur Delinquenz einzelner gesellschaftlicher Gruppen (u.a. Studenten, Adel, Bauern und
ländliche Unterschichten, Rocker) stehen solche, die bestimmte Delikte in den Blick nehmen (Gewalt, Diebstahl, Sexualdelikte, Schmuggel etc.).
Barbara Krug-Richter:
Von rechten und unrechten Taten: Eine Einführung, S. 1-17
Erika Münster-Schröer:
„Vort sullen wir roiff ind brandt ... weren mit unser gantzer macht“ - Brand und Mordbrand: Regionale Befunde und Überlegungen zur Deutung, S. 19-37
Margarete Wittke:
Vollzug und Androhung von Geldstrafen - Die pekuniäre Strafpraxis in der Stadt Warendorf und im Kirchspiel Füchtorf um 1600, S. 39-55
Arnold Beuke:
Diebe im Münsterland. Pferdediebstahl und andere
Beschaffungskriminalität vor und während des Dreißigjährigen Krieges, S. 57-98
Christine Schmidt:
„Sind Christ und Jude eher Christ und Jude, als Mensch?“ - Jüdische
Delinquenz im Fürstbistum Münster während der Frühen Neuzeit, S. 99-120
Barbara Krug-Richter:
„Mordsache“ Canstein 1677 - Formen und Kontexte adliger Konfliktkultur im frühneuzeitlichen Westfalen, S. 121-143
Marian Füssel:
Devianz als Norm? Studentische Gewalt und akademische Freiheit in Köln im 17. und 18. Jahrhundert, S. 145-166
Jutta Nowosadtko:
Der Militärdienst als Räuberschule? Anmerkungen zu einer verbreiteten Argumentationsfigur der historischen Kriminalitätsforschung, S. 167-175
Urte Evert:
Fußspuren, Blut und Samenflecken. Polizeiliche Ermittlungsarbeit am
Beispiel eines Sexualmordes im Münsterland des späten 19. Jahrhunderts, S. 177-207
Uwe Fraunholz:
Verkehrssünder, Attentäter und Denunzianten. Anti-automobile Gewalt und polizeiliche Aufsicht über den Straßenverkehr in Westfalen während des Kaiserreichs, S. 209-226
Gerburg Harenbrock:
„... vielleicht etwas illegal, aber eigentlich machten das alle“:
Kriminalität in Münster nach 1945, S. 227-263
Klaus Weinhauer:
Jugendsubkulturen und Polizei in Ostwestfalen in den 1960/70er Jahren, S. 265-277
------------------------------------------------------------------------
Westfälische Forschungen. Münster: Aschendorffsche Verlagsbuchhandlung. ISBN 3-402-09233-6; ISSN 3-402
Geschäftsführende Redaktion:
Thomas Küster
Dr. Thomas Küster
Westfälisches Institut für Regionalgeschichte
Warendorfer Str. 14
D-48145 Münster
Tel. 0251-591 5703
Fax 0251-591 3282
Homepage <http://www.wir-muenster.de>
Weitere Informationen zu dieser Zeitschrift
<http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/zeitschriften/id=200>
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Themenschwerpunkt (hg. von Barbara Krug-Richter und Herbert Reinke):
Von rechten und unrechten Taten. Zur Kriminalitätsgeschichte Westfalens von der Frühen Neuzeit bis zum 20. Jahrhundert
Die Historische Kriminalitätsforschung zählt seit den neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts zu den boomenden Themenbereichen der sozial- und kulturhistorischen Forschung in Deutschland. Historische Kriminalitätsforschung untersucht abweichendes Verhalten im Spannungsfeld von Normen, Instanzen und Medien sozialer Kontrolle. Im Unterschied zu älteren rechtsgeschichtlichen Forschungen rücken in der modernen historischen Kriminalitätsforschung auch die gesellschaftlichen Konstruktionsprozesse von Devianz und Kriminalität in ihren historischen und kulturellen Bezügen ins Blickfeld. Kriminalitätsgeschichte fungiert somit zugleich als Sonde, die es erlaubt, gesellschaftliche und politische Verhältnisse zu analysieren. Der von Barbara Krug-Richter und Herbert Reinke betreute Themenschwerpunkt setzt sich zum Ziel, die Geschichte der Kriminalität in Westfalen von der Frühen Neuzeit bis in die 1970er Jahre - auch - als Geschichte der gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse zu deuten. Neben Beiträgen zur Delinquenz einzelner gesellschaftlicher Gruppen (u.a. Studenten, Adel, Bauern und
ländliche Unterschichten, Rocker) stehen solche, die bestimmte Delikte in den Blick nehmen (Gewalt, Diebstahl, Sexualdelikte, Schmuggel etc.).
Barbara Krug-Richter:
Von rechten und unrechten Taten: Eine Einführung, S. 1-17
Erika Münster-Schröer:
„Vort sullen wir roiff ind brandt ... weren mit unser gantzer macht“ - Brand und Mordbrand: Regionale Befunde und Überlegungen zur Deutung, S. 19-37
Margarete Wittke:
Vollzug und Androhung von Geldstrafen - Die pekuniäre Strafpraxis in der Stadt Warendorf und im Kirchspiel Füchtorf um 1600, S. 39-55
Arnold Beuke:
Diebe im Münsterland. Pferdediebstahl und andere
Beschaffungskriminalität vor und während des Dreißigjährigen Krieges, S. 57-98
Christine Schmidt:
„Sind Christ und Jude eher Christ und Jude, als Mensch?“ - Jüdische
Delinquenz im Fürstbistum Münster während der Frühen Neuzeit, S. 99-120
Barbara Krug-Richter:
„Mordsache“ Canstein 1677 - Formen und Kontexte adliger Konfliktkultur im frühneuzeitlichen Westfalen, S. 121-143
Marian Füssel:
Devianz als Norm? Studentische Gewalt und akademische Freiheit in Köln im 17. und 18. Jahrhundert, S. 145-166
Jutta Nowosadtko:
Der Militärdienst als Räuberschule? Anmerkungen zu einer verbreiteten Argumentationsfigur der historischen Kriminalitätsforschung, S. 167-175
Urte Evert:
Fußspuren, Blut und Samenflecken. Polizeiliche Ermittlungsarbeit am
Beispiel eines Sexualmordes im Münsterland des späten 19. Jahrhunderts, S. 177-207
Uwe Fraunholz:
Verkehrssünder, Attentäter und Denunzianten. Anti-automobile Gewalt und polizeiliche Aufsicht über den Straßenverkehr in Westfalen während des Kaiserreichs, S. 209-226
Gerburg Harenbrock:
„... vielleicht etwas illegal, aber eigentlich machten das alle“:
Kriminalität in Münster nach 1945, S. 227-263
Klaus Weinhauer:
Jugendsubkulturen und Polizei in Ostwestfalen in den 1960/70er Jahren, S. 265-277
------------------------------------------------------------------------
Westfälische Forschungen. Münster: Aschendorffsche Verlagsbuchhandlung. ISBN 3-402-09233-6; ISSN 3-402
Geschäftsführende Redaktion:
Thomas Küster
Dr. Thomas Küster
Westfälisches Institut für Regionalgeschichte
Warendorfer Str. 14
D-48145 Münster
Tel. 0251-591 5703
Fax 0251-591 3282
Homepage <http://www.wir-muenster.de>
Weitere Informationen zu dieser Zeitschrift
<http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/zeitschriften/id=200>
vabanque - am Montag, 29. November 2004, 10:04 - Rubrik: Kriminalitaetsgeschichte allgemein
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"Frankfurter Kriminalmuseum erzählt von Mördern und Tresorknackern / Ein Jahr Wartezeit"
"Nichts für schwache Nerven" sei der Besuch des Frankfurter Kriminalmuseums laut dem Wiesbadener "Online-Kurier" (26.8. 2004) bzw. einem dpa-Bericht:
"FRANKFURT (dpa) Das Frankfurter Kriminalmuseum im neuen Polizeipräsidium erfreut sich immer größerer Beliebtheit. Allerdings ist die Warteliste für Besuchergruppen so lang, dass vor September 2005 keine Termine mehr frei sind.
"Zur Nitribitt kommen wir später", sagt Dieter Wachsmundt gleich am Eingang des kleinen Kriminalmuseums im Keller des Präsidiums. Der 57 Jahre alte Polizeihauptkommissar weiß genau, was seine Besucher erwarten und will ihre Aufmerksamkeit erst einmal von der ermordeten Prostituierten auf zwei Geldschränke lenken. Der eine ist aufgeschweißt, der andere mit einer Art Riesen-Dosenöffner namens "Knabber" aufgebrochen worden. Unter den Ganoven in der Bankenstadt habe es früher eine richtige Berufsgruppe der "Schränker" gegeben, erzählt Wachsmundt, um gleich bedauernd hinzu zu fügen: "Heute wird ja nur noch gesprengt oder der Tresor gleich als Ganzes mitgenommen."
Mehrere hundert Zeugnisse aus der bewegten Kriminalgeschichte der größten hessischen Stadt haben Wachsmundt und seine Vorgänger zusammengetragen, ursprünglich als Lehrmittelsammlung für angehende Polizisten. Mit dem Umzug ins neue Präsidium wuchs aber der Wunsch, die Öffentlichkeit an den teils skurrilen, aber immer interessanten Stücken teilhaben zu lassen. "Wir haben die Sammlung ein bisschen entschärft", berichtet der Museumschef.
(...)
Über mangelnden Andrang kann er sich trotzdem nicht beklagen: Bis September 2005 ist er nahezu ausgebucht, immer mit vorangemeldeten Gruppen zwischen 10 und 25 Leuten. Bei der Premiere zur Frankfurter Museumsnacht kamen fast 8000 Neugierige in das etwas abseits gelegene Präsidium.
(...)
der vom ersten Bankraub nach Kriegsende auf die Deutsche Effecten- und Wechselbank im Stadtteil Bockenheim, bei dem die Bankräuber nicht nur zwei Bedienstete erschossen, sondern auch ihren eigenen Komplizen schwer verletzten und die Beute liegen ließen."
"Nichts für schwache Nerven" sei der Besuch des Frankfurter Kriminalmuseums laut dem Wiesbadener "Online-Kurier" (26.8. 2004) bzw. einem dpa-Bericht:
"FRANKFURT (dpa) Das Frankfurter Kriminalmuseum im neuen Polizeipräsidium erfreut sich immer größerer Beliebtheit. Allerdings ist die Warteliste für Besuchergruppen so lang, dass vor September 2005 keine Termine mehr frei sind.
"Zur Nitribitt kommen wir später", sagt Dieter Wachsmundt gleich am Eingang des kleinen Kriminalmuseums im Keller des Präsidiums. Der 57 Jahre alte Polizeihauptkommissar weiß genau, was seine Besucher erwarten und will ihre Aufmerksamkeit erst einmal von der ermordeten Prostituierten auf zwei Geldschränke lenken. Der eine ist aufgeschweißt, der andere mit einer Art Riesen-Dosenöffner namens "Knabber" aufgebrochen worden. Unter den Ganoven in der Bankenstadt habe es früher eine richtige Berufsgruppe der "Schränker" gegeben, erzählt Wachsmundt, um gleich bedauernd hinzu zu fügen: "Heute wird ja nur noch gesprengt oder der Tresor gleich als Ganzes mitgenommen."
Mehrere hundert Zeugnisse aus der bewegten Kriminalgeschichte der größten hessischen Stadt haben Wachsmundt und seine Vorgänger zusammengetragen, ursprünglich als Lehrmittelsammlung für angehende Polizisten. Mit dem Umzug ins neue Präsidium wuchs aber der Wunsch, die Öffentlichkeit an den teils skurrilen, aber immer interessanten Stücken teilhaben zu lassen. "Wir haben die Sammlung ein bisschen entschärft", berichtet der Museumschef.
(...)
Über mangelnden Andrang kann er sich trotzdem nicht beklagen: Bis September 2005 ist er nahezu ausgebucht, immer mit vorangemeldeten Gruppen zwischen 10 und 25 Leuten. Bei der Premiere zur Frankfurter Museumsnacht kamen fast 8000 Neugierige in das etwas abseits gelegene Präsidium.
(...)
der vom ersten Bankraub nach Kriegsende auf die Deutsche Effecten- und Wechselbank im Stadtteil Bockenheim, bei dem die Bankräuber nicht nur zwei Bedienstete erschossen, sondern auch ihren eigenen Komplizen schwer verletzten und die Beute liegen ließen."
vabanque - am Donnerstag, 26. August 2004, 13:59 - Rubrik: Kriminalitaetsgeschichte allgemein
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Ein Rundgang zu Orten des Verbrechens und zur Geschichte des Strafens in Zürich
Treffpunkt: Grossmünster
Sa 19. Juni, 7. August und 4. September, 10 Uhr
Geführt von: Nicola Behren
kostete schlappe 20 Schweizer Fränkli.
Naheliegend bei diesem Thema:
Haftung:
Stattreisen Zürich übernimmt keine Haftung für Unfälle oder Diebstahl während eines Rundgangs."
Ob sie auch bei der Frauneumünster-Post gebührende Station gemacht haben?
Treffpunkt: Grossmünster
Sa 19. Juni, 7. August und 4. September, 10 Uhr
Geführt von: Nicola Behren
kostete schlappe 20 Schweizer Fränkli.
Naheliegend bei diesem Thema:
Haftung:
Stattreisen Zürich übernimmt keine Haftung für Unfälle oder Diebstahl während eines Rundgangs."
Ob sie auch bei der Frauneumünster-Post gebührende Station gemacht haben?
contributor - am Samstag, 24. Juli 2004, 18:23 - Rubrik: Kriminalitaetsgeschichte allgemein
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dpa (30.6.2004) Freiburg - Sie sind Krimifan, lieben Verbrechen und ihre Aufklärung? Dann sind Sie im Freiburger Kriminalmuseum richtig. In Baden-Württembergs einzigem Museum dieser Art, das in der Akademie der Polizei untergebracht ist, führen aber nicht nur echte Kriminalbeamte in die Geheimnisse ihres Fachs ein. Auch alle Ausstellungsstücke stammen aus echten Straftaten. So gibt es zu jedem der Exponate ein Stück wirkliche Kriminalgeschichte zu hören.
Es beginnt mit relativ alltäglichen Themen wie Einbruch, Diebstahl oder Banküberfall. Werner Dreser vom Fachbereich Kriminalitätsbekämpfung der Akademie der Polizei zeigt beispielsweise das Werkzeug einer berühmt-berüchtigten Bankräuberbande. "Diese nur aus Damen bestehende Gruppe hatte sich in den 60er Jahren im Freiburger Raum auf Raubdelikte spezialisiert", erzählt der Fachmann. Und dabei immerhin umgerechnet rund 60.000 Euro erbeutet.
(...)
Ursprünglich war das Museum 1953 als Lehrmittelsammlung für angehende Polizeibeamte gegründet worden. Seit 1993 ist es für die Öffentlichkeit zugänglich. Jährlich kommen 2000 bis 3000 Besucher. Einzige Voraussetzung ist das Mindestalter von 18 Jahren. Denn zu sehen sind auch ein original Sexkabinett aus dem Rotlichtbezirk, in dem Damen aus Konstanz Schweizer Geschäftsleute um ihr Geld brachten, sowie eine Abteilung mit verschiedenen Drogen.
Kriminalmuseum, Müllheimer Str. 7, 79115 Freiburg, Führungen nach Voranmeldung unter Tel. 07 61/4906-1020, Mindestalter 18 Jahre.
Über dieses Museum und das "Prinzip der Beute" schreibt Elisabeth Timm (Maskentreiben - Eine kleine Trachtenkunde des Bankraubs. In: Schönberger, K. (Hg.): Vabanque), S. 265:
"Dieses Museum präsentiert die Stücke als Ergebnis eines wahllosen Raubzugs gegen Verbrechen und Vergehen aller Art: Durchaus liebevoll auf eigens geschreinerten Podestchen präsentiert werden verschiedenste Einbruchwerkzeuge, manipulierte Glücksspielautomaten und Rauschmittel in allen Varianten; die auffällig große Anzahl Fotos von sexuellen Leichenschändungen und ein abgeteiltes Kabinett mit Rotlicht und Mobiliar aus SM-Studios bedienen Lust und Abscheu gleichermaßen; eine Diaserie mit SelbstmörderInnen in Nah- und Ganzkörperaufnahme und verschiedenste Abtreibungswerkzeuge einschließlich Bilder der bei ihrem Gebrauch getöteten Frauen zeigt, daß die Polizei beim hier inszenierten Triumph über den Gesetzesbruch wirklich vor nichts zurückschreckt. Die Beschriftung der Exponate ist sparsam und doch dort, wo es dem Kurator angezeigt erscheint, unmißverständlich rassistisch (»Diebesschürzen von Zigeunerinnen«). In diese Präsentation, in diesen Modus der Beute fügt sich auch die Maskierung von drei Bankräuberinnen: Aufgezogen auf drei Styroporköpfe könnten die »Perücken und Motorradunterziehhaube eines weiblichen Bankräubertrios« (so das erläuternde Schild) auch in der Auslage eines Zweiradfachgeschäfts stehen oder das Schaufenster eines Friseursalons schmücken, das Drumherum jedoch macht aus den Stücken Skalpe, die die Polizei ihren Gegnerinnen abgezogen hat und nun als Siegeszeichen zur Schau stellt. Hier wurde die Demaskierung der Täterinnen unbeabsichtigt Teil einer aufschlußreichen Selbstentlarvung der polizeilichen Sach(ver)waltung."
Es beginnt mit relativ alltäglichen Themen wie Einbruch, Diebstahl oder Banküberfall. Werner Dreser vom Fachbereich Kriminalitätsbekämpfung der Akademie der Polizei zeigt beispielsweise das Werkzeug einer berühmt-berüchtigten Bankräuberbande. "Diese nur aus Damen bestehende Gruppe hatte sich in den 60er Jahren im Freiburger Raum auf Raubdelikte spezialisiert", erzählt der Fachmann. Und dabei immerhin umgerechnet rund 60.000 Euro erbeutet.
(...)
Ursprünglich war das Museum 1953 als Lehrmittelsammlung für angehende Polizeibeamte gegründet worden. Seit 1993 ist es für die Öffentlichkeit zugänglich. Jährlich kommen 2000 bis 3000 Besucher. Einzige Voraussetzung ist das Mindestalter von 18 Jahren. Denn zu sehen sind auch ein original Sexkabinett aus dem Rotlichtbezirk, in dem Damen aus Konstanz Schweizer Geschäftsleute um ihr Geld brachten, sowie eine Abteilung mit verschiedenen Drogen.
Kriminalmuseum, Müllheimer Str. 7, 79115 Freiburg, Führungen nach Voranmeldung unter Tel. 07 61/4906-1020, Mindestalter 18 Jahre.
Über dieses Museum und das "Prinzip der Beute" schreibt Elisabeth Timm (Maskentreiben - Eine kleine Trachtenkunde des Bankraubs. In: Schönberger, K. (Hg.): Vabanque), S. 265:
"Dieses Museum präsentiert die Stücke als Ergebnis eines wahllosen Raubzugs gegen Verbrechen und Vergehen aller Art: Durchaus liebevoll auf eigens geschreinerten Podestchen präsentiert werden verschiedenste Einbruchwerkzeuge, manipulierte Glücksspielautomaten und Rauschmittel in allen Varianten; die auffällig große Anzahl Fotos von sexuellen Leichenschändungen und ein abgeteiltes Kabinett mit Rotlicht und Mobiliar aus SM-Studios bedienen Lust und Abscheu gleichermaßen; eine Diaserie mit SelbstmörderInnen in Nah- und Ganzkörperaufnahme und verschiedenste Abtreibungswerkzeuge einschließlich Bilder der bei ihrem Gebrauch getöteten Frauen zeigt, daß die Polizei beim hier inszenierten Triumph über den Gesetzesbruch wirklich vor nichts zurückschreckt. Die Beschriftung der Exponate ist sparsam und doch dort, wo es dem Kurator angezeigt erscheint, unmißverständlich rassistisch (»Diebesschürzen von Zigeunerinnen«). In diese Präsentation, in diesen Modus der Beute fügt sich auch die Maskierung von drei Bankräuberinnen: Aufgezogen auf drei Styroporköpfe könnten die »Perücken und Motorradunterziehhaube eines weiblichen Bankräubertrios« (so das erläuternde Schild) auch in der Auslage eines Zweiradfachgeschäfts stehen oder das Schaufenster eines Friseursalons schmücken, das Drumherum jedoch macht aus den Stücken Skalpe, die die Polizei ihren Gegnerinnen abgezogen hat und nun als Siegeszeichen zur Schau stellt. Hier wurde die Demaskierung der Täterinnen unbeabsichtigt Teil einer aufschlußreichen Selbstentlarvung der polizeilichen Sach(ver)waltung."
vabanque - am Mittwoch, 30. Juni 2004, 14:34 - Rubrik: Kriminalitaetsgeschichte allgemein
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Ein dpa-Bericht vom 19.4. 2004 über die medial geschürte Kriminalitätsfurcht.
Das ist typisch Pfeiffer, der die Medien auch für die Gewalt in der Gesellschaft verantwortlich macht. Der Punkt ist aber zu erklären, warum die Medienberichterstattung greift, bei wem und bei wem nicht. Erst hier würde es eine Analyse werden. Es gibt eben generelle gesellschaftlich bedingte Ängste und Dominanzansprüche, die erst erklären würden, wo eine solche Medienberichterstattung andocken kann. Kriminologie à la Pfeiffer ist eben nicht kritisch, sondern nur sozialdemokratisch.
"Kriminalität wächst? Gar nicht wahr!
Hannover - Die Angst der Menschen vor zunehmender Kriminalität ist unbegründet. Das hat das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen (KFN) in einer Studie herausgefunden. "Die Bürger nehmen nicht zur Kenntnis, dass die Risiken in zentralen Bereichen abgenommen haben", sagte KFN-Leiter Christian Pfeiffer.
2000 Menschen wurden die Zahlen der registrierten Straftaten 1993 vorgelegt. Danach sollten sie schätzen, wie viele Taten es 2003 gewesen sind. "Die Menschen verschätzen sich so krass wie nie zuvor in der Beurteilung der Kriminalitätslage", sagte Pfeiffer. "Sie glauben, dass Kriminalität insgesamt, aber vor allem bei schlimmen und bedrohlichen Delikten wie Bankraub, Mord und Sexualmord, drastisch zugenommen habe - obwohl die Statistik das Gegenteil ausweist."
Ein Erklärungsansatz dafür sei der Medienkonsum: "Der Sendeanteil, der dem Thema Kriminalität gewidmet wird, hat drastisch zugenommen." Zudem gebe es eine "extreme Verrohung der Kriminalfilme". Pfeiffer: "Wer das regelmäßig sieht, der wird in seiner Weltsicht stark beeinflusst."
Das ist typisch Pfeiffer, der die Medien auch für die Gewalt in der Gesellschaft verantwortlich macht. Der Punkt ist aber zu erklären, warum die Medienberichterstattung greift, bei wem und bei wem nicht. Erst hier würde es eine Analyse werden. Es gibt eben generelle gesellschaftlich bedingte Ängste und Dominanzansprüche, die erst erklären würden, wo eine solche Medienberichterstattung andocken kann. Kriminologie à la Pfeiffer ist eben nicht kritisch, sondern nur sozialdemokratisch.
"Kriminalität wächst? Gar nicht wahr!
Hannover - Die Angst der Menschen vor zunehmender Kriminalität ist unbegründet. Das hat das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen (KFN) in einer Studie herausgefunden. "Die Bürger nehmen nicht zur Kenntnis, dass die Risiken in zentralen Bereichen abgenommen haben", sagte KFN-Leiter Christian Pfeiffer.
2000 Menschen wurden die Zahlen der registrierten Straftaten 1993 vorgelegt. Danach sollten sie schätzen, wie viele Taten es 2003 gewesen sind. "Die Menschen verschätzen sich so krass wie nie zuvor in der Beurteilung der Kriminalitätslage", sagte Pfeiffer. "Sie glauben, dass Kriminalität insgesamt, aber vor allem bei schlimmen und bedrohlichen Delikten wie Bankraub, Mord und Sexualmord, drastisch zugenommen habe - obwohl die Statistik das Gegenteil ausweist."
Ein Erklärungsansatz dafür sei der Medienkonsum: "Der Sendeanteil, der dem Thema Kriminalität gewidmet wird, hat drastisch zugenommen." Zudem gebe es eine "extreme Verrohung der Kriminalfilme". Pfeiffer: "Wer das regelmäßig sieht, der wird in seiner Weltsicht stark beeinflusst."
vabanque - am Montag, 26. April 2004, 09:24 - Rubrik: Kriminalitaetsgeschichte allgemein
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Aus dem Archiv des Bankraubs geschöpft (2):
"Eine kriminalitätsfreie Gesellschaft gibt es nicht. Jemand muß gegen die Regeln verstoßen, damit klar wird, welche Regeln überhaupt gelten."
(Marcel A. Niggli, in: Weltwoche, 23.10. 1997)
"Wir brauchen die Kriminellen, denn sie sind nicht wir. Verbrechen sind Verstöße, die nicht von `normalen` Menschen begangen werden, sondern von denen, die wir als außerhalb der Norm brandmarken."
(Sandra S. Philipps, zit. n. Taz, 9.6. 1998)
"Eine kriminalitätsfreie Gesellschaft gibt es nicht. Jemand muß gegen die Regeln verstoßen, damit klar wird, welche Regeln überhaupt gelten."
(Marcel A. Niggli, in: Weltwoche, 23.10. 1997)
"Wir brauchen die Kriminellen, denn sie sind nicht wir. Verbrechen sind Verstöße, die nicht von `normalen` Menschen begangen werden, sondern von denen, die wir als außerhalb der Norm brandmarken."
(Sandra S. Philipps, zit. n. Taz, 9.6. 1998)
contributor - am Freitag, 9. April 2004, 13:37 - Rubrik: Kriminalitaetsgeschichte allgemein
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