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Das Weblog zur Volkskunde des Bankraubs

 
Das Traunsteiner Tagblatt (30.4. 2008) hält uns über den Prozess gegen den "sanften Rosenheimer" auf dem Laufenden, aber der Gestus der Berichterstattung ist schon ziemlich abfällig. Das riecht nach Vorverurteilung:

Siegfried N. beklagt unterschlagenen Laptop

Erstmals ergriff der 64-jährige als Bankräuber verurteilte und neuer Taten verdächtige Siegfried N. gestern vor der Sechsten Strafkammer am Landgericht Traunstein mit Vorsitzendem Richter Werner Gruben das Wort. Allerdings lieferte er überwiegend einen Rückblick auf sein schillerndes Leben. Er beklagte die seit seiner Haftentlassung 1984 angeblich ungerechtfertigte Verfolgung und verdächtigte die Staatsanwaltschaft, seinen Laptop mit entlastenden Unterlagen unterschlagen zu haben. Nur selten streifte er die aktuellen Vorwürfe – fünf Banküberfälle in Südostbayern und Niedersachsen mit einer Beute von 430 000 Euro sowie eine versuchte Tat. Der Prozess wird am 8. Mai fortgesetzt.

Zu seiner ersten Verurteilung im August 1984 erklärte er, mit zwei anderen Männern habe er sieben Banken, vor allem im Raum Rosenheim, heimgesucht und zusammen rund 600 000 Euro erbeutet. »Ich habe ein Geständnis abgelegt, reinen Tisch gemacht.« Er wies aber zurück, jemals Körperverletzungen begangen zu haben. Das seien immer die Mittäter gewesen. Außerdem habe er damals an Asthma gelitten, was eigentlich zu »erheblich verminderter Schuldfähigkeit« hätte führen müssen: »Ich bin vier bis fünf Jahre zu lang im Gefängnis gesessen.« Seine Verteidiger Dr. Ahmed Adam und Jürgen Langer aus München würden deshalb ein Wiederaufnahmeverfahren anstrengen. »Ich möchte darlegen, wie ungerecht ich von Anfang an behandelt wurde. Was gegen mich gelaufen ist, war eine reine Hetzkampagne.«

Aus dem Vorspann seines Romans »Der Räuber mit der sanften Hand« verlas er seine Lebensgeschichte. Demnach wuchs er in Rosenheim in gutbürgerlichen Verhältnissen auf. Aus dem jungen Mann aus gutem Elternhaus sei dann »ein Schwerverbrecher geworden«. Die Unwägbarkeiten prägten das Leben. Er sei das beste Beispiel dafür. Besonders über einen Traunsteiner Kripobeamten schimpfte er gestern. Fünf Mal hatte der den Angeklagten in der erneuten Untersuchungshaft vernommen. Einmal habe er von einer Kassette mit mindestens 20 000 Euro in Münzen gesprochen, vergraben entdeckt 2005 auf einem der Anwesen des Angeklagten. Er empörte sich: »Ich hätte nach dem Gefängnis 15 Jahre Zeit gehabt, den Schatz zu bergen.« An anderer Stelle meinte er: »Staatsanwaltschaft und Kripo holen die alten Sachen raus, um mich irgendwie damit zu diskriminieren.«

Doktorarbeiten für andere geschrieben

Von 17 ungeklärten Banküberfällen sei die Rede gewesen. Aber er könne doch nichts gestehen, was er nicht begangen habe. Zu seinen Einkommensverhältnissen berief er sich auf Einkünfte aus neun Dissertationen, die er für andere Leute nach seiner Entlassung 1993 aus der Haft geschrieben habe. Die Doktorarbeiten seien auf seinem 1999 gekauften, seit seiner Verhaftung im Mai 2007 verschollenen Laptop zu finden – ebenso wie seine Romane und Drehbücher, alle Geldbewegungen und Unterlagen zu einem Konto auf den Cayman-Islands. Der Angeklagte, der sich selbst als »Schriftsteller, Drehbuchautor und Regisseur« bezeichnete, betonte: »Es gibt Menschen, die interessieren sich für Literatur und Film. Viele Leute haben mich finanziell unterstützt. Alle Mäzene sind auf dem Laptop drauf.« Mit zwei Schreiben seines Steuerberaters versuchte er, die Einkünfte zu belegen: »Ich habe diese Einkünfte, etwa 30 000 Euro, versteuert, obwohl ich es nicht gemusst hätte. Ich wollte keinen Ärger mit dem Finanzamt haben.«

Namen von Auftraggebern geheim

Auf Fragen nach den angeblichen Dissertationen in fremdem Auftrag antwortete er: »Meine Themen waren die Verarbeitung von Literatur im Film. Im Schreiben war ich immer gut in der Schule. Ich habe an der Fernuniversität Hagen Literaturwissenschaften studiert.« Er habe zwischen 1995 und 1998 seine eigene Doktorarbeit verfasst, die aber mangels Abiturs nicht akzeptiert worden sei: »Ich war zutiefst enttäuscht.« Über eine Holländerin habe er Kontakt zu einem Mann bekommen, »der mit seiner Dissertation nicht weiterkam«. Gegen Bezahlung habe er die Arbeit weiter geschrieben. »Vereinbart war, dass nichts nach draußen dringt.« Auf Frage nach dem Namen des Auftraggebers erwiderte er, das könne man nicht von ihm erwarten. »Ich weiß den Namen nicht mehr. Wenn ich ihn wüsste, würde ich ihn nicht sagen. Das ist bei den anderen acht Dissertationen zwischen 2000 und 2006 genauso.« Unter dem Strich habe er trotz eines Stückpreises von etwa 40 000 Euro sowieso nichts daran verdient, wenn er den Arbeitsaufwand rechne: »Das geht Plus-Minus-Null auf.«

Staatsanwalt Andreas Miller legte der Anklage das Tatmotiv »finanzielle Not« zu Grunde. Der Angeklagte gab gestern an, er habe den Kauf seines Hauses in Prutting und seines Bauernhofs im Niederbayerischen aus den Doktorarbeiten finanziert. Das Bauernhaus habe er inzwischen verkaufen müssen. Das Anwesen in Prutting werde zwangsversteigert. Von der Beute der früheren Banküberfälle fehlt bis heute jede Spur.»Ich werde in jeder Fernsehsendung gefragt, wo die Beute ist. Dazu möchte ich mich nicht äußern. Das ist 25 Jahre her.«

 

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