Die "Südwestpresse" aus Ulm - im südwestdeutschen Volksmund auch "Wildwestpresse" genannt, publizierte am vorletzten Samstag (6.5. 2006) eine ganze Seite über die Frankfurter Ausstellung "Geld oder Leben". Der Beitrag von Henning Petershagen (»Schwäbisch für Besserwisser«), der in Ulm für die Volkskunde zuständig ist, wurde nicht online gestellt.
Unter dem Titel "Ein Herz für Bankräuber. Der Schadenfreude folgt Romantisierung. Geschichte einer verstohlenen Sympathie" lesen wir wohlbekanntes, verkürztes bis falsches:
"Der Geldraub im großen Stil ist vermutlich das einzige Verbrechen, das sich einer oft unverhohlenen öffentlichen Sympathie erfreut, immer vorausgesetzt, des kommt niemand dabei zu schaden. Seit es Kino gibt, wird er dort verherrlicht, und zuvor waren es Bänkelsänger und Literaten, die den Räuber priesen, der die Reichen beraubte."
Während die Feststellung in Sachen Sympathie im ersten Satzteil zutreffend ist, ist die Behauptung über die Gewalt schlicht falsch. Das beste Beispiel sind Bonnie & Clyde, die ein ziemliches Pack gewesen sein müssen - und eine nicht unerhebliche Blutspur (12 Tote) hinterlassen haben, was die Populärkultur einen Teufel schert - vgl. Va Banque, S. 46. f. (Eine grundsätzliche Anmerkung zum Thema "Romantisierung" findet sich am Schluss dieses Eintrags).
Und selbstverständlich trägt auch Petershagen zur weiteren Romantisierung bei. Sein Artikel zieren Photos der Gebrüder Sass und die Playmobil-Tresorknacker,
die nun wiederum nicht anders, denn romantisierend angelegt sind. Wenn etwa für die Gebrüder Sass der Titel "Virtuosen des Schneidbrenners" vergeben wird: dito. Sie waren die ersten, die dieses Gerät benutzten und von Virtuosität kann da keine Rede sein. Pioniere wäre treffender gewesen. Auch der Postraub von England wird unfreiwillig romantisiert, wenn er als "unblutig" dargestellt wird.
Überhaupt wird hier einmal mehr das Phänomen Bankraub vor allem aus der Perspektive der spektakulären Einzelfälle dargestellt. Da betreibt man unfreiwillig (? - No one is innocent oder verdächtig ist jeder) weiter "Romantisierung". Und schließlich folgt ein Medienreflex, den wir ansonsten vor allem aus der Boulevard-Presse kennen. Dem genialen Bankräuber werden die "dummen Bankräuber" gegenübergestellt:
"Mit dem kriminellen Alltag hat dieses vom Fernsehen hochstilisierte Idealbild des intelligenten, strategisch denkenden und fast gewaltenfreien Edelverbrechens nichts zu tun. Die meisten Bankräuber sind dumm und brutal."
Wie Journalisten halt auch.
Das ist der größte anzunehmende Unfug, der mal wieder irgendwo abgeschrieben wurde. Dabei ist das Bedürfnis der Medien "dumme Verbrecher" zu inszenieren bloss die Kehrseite "geniale Verbrecher" zu präsentieren( Vgl. dazu Va Banque, S. 49 ff.). Aber hier als Beispiel die erste Geiselnahme von München anno 1971 zu nehmen, ist dann doch etwas zu viel. Immerhin hat die damals völlig überforderte Münchner Polizei das Blutbad angerichtet, weil begonnnen (und wahrscheinlich auch die Geisel erschossen, die ums Leben kam, aber solche Details sind natürlich unerheblich - Vgl. Va Banque, S. 92 ff.).
Eine Überschrift wie "Die Tage der Gentlemen sind gezählt" reproduziert darüber hinaus jene Romantisierung, von der man sich ansonsten kritisch absetzen möchte. Die "Gentlemen" waren in den vergangenen 50 Jahren nicht wirklich zahlreich, sondern ab den 60er Jahren kann die Mehrzahl meisten Bankräuber als "Anfänger" angesehen werden, die mehr oder weniger erfolgreich waren (was die Höhe der Beute und ihre Flucht anbelangt).
Kommen wir zum Schluss: Der Artikel bringt keine neuen Aspekte, den die zahlreichen Berichte über die Frankfurter Ausstellung nicht schon erwähnt hätten. Im Prinzip reproduziert Petershagen die zentralen Verkürzungen und Mystifkikationen der Medienindustrie. Er ahnt nicht einmal, dass er selbst Teil des Problems ist (was die Frankfurter Ausstellungsmacher immerhin reflektiert haben - ihnen aber auch nichts hilft - bzw. wohl einkalkuliert ist), so dass er die Mystifizierung kräftig fortschreiben hilft. Quod erat demonstrandum.
Unter dem Titel "Ein Herz für Bankräuber. Der Schadenfreude folgt Romantisierung. Geschichte einer verstohlenen Sympathie" lesen wir wohlbekanntes, verkürztes bis falsches:
"Der Geldraub im großen Stil ist vermutlich das einzige Verbrechen, das sich einer oft unverhohlenen öffentlichen Sympathie erfreut, immer vorausgesetzt, des kommt niemand dabei zu schaden. Seit es Kino gibt, wird er dort verherrlicht, und zuvor waren es Bänkelsänger und Literaten, die den Räuber priesen, der die Reichen beraubte."
Während die Feststellung in Sachen Sympathie im ersten Satzteil zutreffend ist, ist die Behauptung über die Gewalt schlicht falsch. Das beste Beispiel sind Bonnie & Clyde, die ein ziemliches Pack gewesen sein müssen - und eine nicht unerhebliche Blutspur (12 Tote) hinterlassen haben, was die Populärkultur einen Teufel schert - vgl. Va Banque, S. 46. f. (Eine grundsätzliche Anmerkung zum Thema "Romantisierung" findet sich am Schluss dieses Eintrags).
Und selbstverständlich trägt auch Petershagen zur weiteren Romantisierung bei. Sein Artikel zieren Photos der Gebrüder Sass und die Playmobil-Tresorknacker,
die nun wiederum nicht anders, denn romantisierend angelegt sind. Wenn etwa für die Gebrüder Sass der Titel "Virtuosen des Schneidbrenners" vergeben wird: dito. Sie waren die ersten, die dieses Gerät benutzten und von Virtuosität kann da keine Rede sein. Pioniere wäre treffender gewesen. Auch der Postraub von England wird unfreiwillig romantisiert, wenn er als "unblutig" dargestellt wird.
Überhaupt wird hier einmal mehr das Phänomen Bankraub vor allem aus der Perspektive der spektakulären Einzelfälle dargestellt. Da betreibt man unfreiwillig (? - No one is innocent oder verdächtig ist jeder) weiter "Romantisierung". Und schließlich folgt ein Medienreflex, den wir ansonsten vor allem aus der Boulevard-Presse kennen. Dem genialen Bankräuber werden die "dummen Bankräuber" gegenübergestellt:
"Mit dem kriminellen Alltag hat dieses vom Fernsehen hochstilisierte Idealbild des intelligenten, strategisch denkenden und fast gewaltenfreien Edelverbrechens nichts zu tun. Die meisten Bankräuber sind dumm und brutal."
Wie Journalisten halt auch.
Das ist der größte anzunehmende Unfug, der mal wieder irgendwo abgeschrieben wurde. Dabei ist das Bedürfnis der Medien "dumme Verbrecher" zu inszenieren bloss die Kehrseite "geniale Verbrecher" zu präsentieren( Vgl. dazu Va Banque, S. 49 ff.). Aber hier als Beispiel die erste Geiselnahme von München anno 1971 zu nehmen, ist dann doch etwas zu viel. Immerhin hat die damals völlig überforderte Münchner Polizei das Blutbad angerichtet, weil begonnnen (und wahrscheinlich auch die Geisel erschossen, die ums Leben kam, aber solche Details sind natürlich unerheblich - Vgl. Va Banque, S. 92 ff.).
Eine Überschrift wie "Die Tage der Gentlemen sind gezählt" reproduziert darüber hinaus jene Romantisierung, von der man sich ansonsten kritisch absetzen möchte. Die "Gentlemen" waren in den vergangenen 50 Jahren nicht wirklich zahlreich, sondern ab den 60er Jahren kann die Mehrzahl meisten Bankräuber als "Anfänger" angesehen werden, die mehr oder weniger erfolgreich waren (was die Höhe der Beute und ihre Flucht anbelangt).
Kommen wir zum Schluss: Der Artikel bringt keine neuen Aspekte, den die zahlreichen Berichte über die Frankfurter Ausstellung nicht schon erwähnt hätten. Im Prinzip reproduziert Petershagen die zentralen Verkürzungen und Mystifkikationen der Medienindustrie. Er ahnt nicht einmal, dass er selbst Teil des Problems ist (was die Frankfurter Ausstellungsmacher immerhin reflektiert haben - ihnen aber auch nichts hilft - bzw. wohl einkalkuliert ist), so dass er die Mystifizierung kräftig fortschreiben hilft. Quod erat demonstrandum.
vabanque - am Montag, 15. Mai 2006, 09:27 - Rubrik: AusstellungenMuseum