Ein gegenüber dem anekdotischen Artikel über "Che und das Geld" substantielles Interview findet sich im Neuen Deutschland (27.11.2004) mit Burkhard Schröder über „Die Ränder – ein Symptom für die Mitte“, indem der Journalist, der seit Jahren die Neonazi-Szene beobachtet, sich über jenen Diskurs auslässt, der nirgends geführt wird. Nämlich dass eigentlich nicht die Nazis das Problem sind, sondern jene politische Mitte, die im hegemonialen politischen Diskurs das Gute repräsentiert. Dabei gelingt ihm in wenigen Sätzen und unter Rekurs auf den hier schon häufiger verhandelten Brechtspruch zum Bankeinbruch eine erhellende Analyse gesellschaftlicher Diskursverhältnisse.
„Die Ränder sind ein Symptom der Mitte, und man sollte sich nicht über den Spiegel aufregen, der einem etwas Hässliches zeigt, sondern über sich selbst. Deshalb sage ich auch: Zum Glück haben wir die NPD, die uns zeigt, wie die Mitte ist. Der demokratische Konsens der Mitte ist brüchig, die Ränder bröckeln ab. Der diskursive Mainstream der Gesellschaft weigert sich, die eigentlichen Probleme anzusprechen. Das sind nicht die wirtschaftlichen Probleme, nicht Hartz IV! Die Kernfrage ist: Wie gehen wir mit Einwanderern um? Wie verändern die unsere Gesellschaft, und wer ist Teil der deutschen Nation? Und wenn ich – boshaft wie ich bin – mit Schönbohm darüber redete und das Kleingedruckt bei ihm zu Vorschein käme, dann ist der Unterschied zur NPD nur noch marginal.“
In diesem Zusammenhang äußert er sich auch über den Gewaltdiskurs im Hinblick auf linke Gegenkulturen, wonach im Osten die Pfaffen die Diskussion dominieren. Dabei äußert er sich im wesentlichen positiv über das „Räuber- und Gendarm-Antifa“-Spiel; sieht es aber im wesentlichen als politischen Initiationsritus und damit kann man übereinstimmen. Bloss sollte das jemand den Kids auch ab und an sagen. Dann kommt aber jene Argumentation, die ihn als jemanden ausweist, der im Gegensatz zu diesem vorherschenden Betroffenheitsgestus wirklich zu denken in der Lage ist, wenn er den Gewaltdiskurs im Habitus der Mittelklasse verortet (und wir erlauben uns dabei ganz im Sinne von Burks Schröder auch auf Bourdieu zu verweisen, der im Zusammenhang mit Fußballfans darauf hingewiesen hat, in welcher Weise die angebliche Abscheu vor Gewalt einem Klassenhabitus entspricht, der im übrigen ganz ähnlich argumentiert):
Und dann sind wir auch bei dem Thema angelangt, warum das Interview in diesem Blog verhandelt wird:
„Der Gewaltdiskurs ist typisch für die Mittelschichten. Sie haben den sozialen Aufstieg erreicht, weil sie die Regeln und Konventionen der Gesellschaft verinnerlicht haben. Die botschaft der sozialen Aufsteiger an die Herrschenden war immer: Bitte haltet Euch an die Regeln, die uns unsere kleinen Privilegien sichern. Und denen, die von unten drängeln. Akzeptiert die Regeln, sonstn könnten wir absteigen. Wer wirklich Macht hat, interessiert sich für den 'Keine Gewalt'-Diskurs überhaupt nicht. Da zitiere ich Bertolt Brecht: Was ist der Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank? Und wenn die Bundeswehr am Hindukuswch die Demokratie verteidigt, dann muss ich fragen, was hat das jetzt mit 'keine Gewalt' zu tun?. Es geht immer darum, dass ich definieren darf, wer die Bösen sind und dann schlage ich drauf.“
Insofern zeigt auch diese Verwendung des Brechtspruchs, in welcher Weise die Definition von kriminellem Handeln und Devianz von Macht und Hegemonie abhängig ist.
Etwas zweites ist dann allerdings, inwiefern sich diese Militanzrituale gerade im Kontext dieses ideologischen und habituellen Gemengelages auf dem politischen Feld nicht tatsächlich ein Faktor des hegemonialen Diskurses darstellt, der den Initiationsritus zwar nicht entwertet, in realiter aber dennoch kontraproduktiv erscheinen lässt. Wobei es nicht darum geht, dass linke Subkulturen – gerade im Osten - sich nicht wehren dürfen oder müssen, sondern nur darum immer wieder darauf einzuwirken, dass erkannt werden kann, dass das Notwehr ist und kein Selbstzweck und auch keine politische Strategie sein kann.
Glückwunsch zu diesem Interview, Burks!
„Die Ränder sind ein Symptom der Mitte, und man sollte sich nicht über den Spiegel aufregen, der einem etwas Hässliches zeigt, sondern über sich selbst. Deshalb sage ich auch: Zum Glück haben wir die NPD, die uns zeigt, wie die Mitte ist. Der demokratische Konsens der Mitte ist brüchig, die Ränder bröckeln ab. Der diskursive Mainstream der Gesellschaft weigert sich, die eigentlichen Probleme anzusprechen. Das sind nicht die wirtschaftlichen Probleme, nicht Hartz IV! Die Kernfrage ist: Wie gehen wir mit Einwanderern um? Wie verändern die unsere Gesellschaft, und wer ist Teil der deutschen Nation? Und wenn ich – boshaft wie ich bin – mit Schönbohm darüber redete und das Kleingedruckt bei ihm zu Vorschein käme, dann ist der Unterschied zur NPD nur noch marginal.“
In diesem Zusammenhang äußert er sich auch über den Gewaltdiskurs im Hinblick auf linke Gegenkulturen, wonach im Osten die Pfaffen die Diskussion dominieren. Dabei äußert er sich im wesentlichen positiv über das „Räuber- und Gendarm-Antifa“-Spiel; sieht es aber im wesentlichen als politischen Initiationsritus und damit kann man übereinstimmen. Bloss sollte das jemand den Kids auch ab und an sagen. Dann kommt aber jene Argumentation, die ihn als jemanden ausweist, der im Gegensatz zu diesem vorherschenden Betroffenheitsgestus wirklich zu denken in der Lage ist, wenn er den Gewaltdiskurs im Habitus der Mittelklasse verortet (und wir erlauben uns dabei ganz im Sinne von Burks Schröder auch auf Bourdieu zu verweisen, der im Zusammenhang mit Fußballfans darauf hingewiesen hat, in welcher Weise die angebliche Abscheu vor Gewalt einem Klassenhabitus entspricht, der im übrigen ganz ähnlich argumentiert):
Und dann sind wir auch bei dem Thema angelangt, warum das Interview in diesem Blog verhandelt wird:
„Der Gewaltdiskurs ist typisch für die Mittelschichten. Sie haben den sozialen Aufstieg erreicht, weil sie die Regeln und Konventionen der Gesellschaft verinnerlicht haben. Die botschaft der sozialen Aufsteiger an die Herrschenden war immer: Bitte haltet Euch an die Regeln, die uns unsere kleinen Privilegien sichern. Und denen, die von unten drängeln. Akzeptiert die Regeln, sonstn könnten wir absteigen. Wer wirklich Macht hat, interessiert sich für den 'Keine Gewalt'-Diskurs überhaupt nicht. Da zitiere ich Bertolt Brecht: Was ist der Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank? Und wenn die Bundeswehr am Hindukuswch die Demokratie verteidigt, dann muss ich fragen, was hat das jetzt mit 'keine Gewalt' zu tun?. Es geht immer darum, dass ich definieren darf, wer die Bösen sind und dann schlage ich drauf.“
Insofern zeigt auch diese Verwendung des Brechtspruchs, in welcher Weise die Definition von kriminellem Handeln und Devianz von Macht und Hegemonie abhängig ist.
Etwas zweites ist dann allerdings, inwiefern sich diese Militanzrituale gerade im Kontext dieses ideologischen und habituellen Gemengelages auf dem politischen Feld nicht tatsächlich ein Faktor des hegemonialen Diskurses darstellt, der den Initiationsritus zwar nicht entwertet, in realiter aber dennoch kontraproduktiv erscheinen lässt. Wobei es nicht darum geht, dass linke Subkulturen – gerade im Osten - sich nicht wehren dürfen oder müssen, sondern nur darum immer wieder darauf einzuwirken, dass erkannt werden kann, dass das Notwehr ist und kein Selbstzweck und auch keine politische Strategie sein kann.
Glückwunsch zu diesem Interview, Burks!
sparkassenkunde - am Montag, 29. November 2004, 01:46 - Rubrik: Brecht-Zitat