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Das Weblog zur Volkskunde des Bankraubs

 
lesen wir auf Telepolis (23.3. 2006) von Rüdiger Suchsland: "Die Bank als Laboratorium der USA", die an den taz-Artikel von Jan Distelmeyer anknüpfen kann und weitere ergänzende Informationen bereit hält:


"Wer hier drinnen, und wer draußen ist, bleibt vorerst unklar - der neue Film von Spike Lee ("Doin' the Right Thing", "Malcolm X", "25th Hour") ist ein Thriller in der ehrwürdigen Tradition des "Heist-Movies"; "Rififi" trifft "A Dog Day Afternoon". Doch der Thriller hat Tiefgang, und am Ende ist alles anders, als es schien. Mit wunderbarem Stil setzt Spike Lee seine Desillusionierungen des amerikanischen Traums fort und bietet scharfe Kritik an Rassismus und sozialen Verhältnissen.InsideMan_1
(...)
Er bleibt seinen Ursprüngen treu, indem er Macht zeigt, indem er uns ganz subtil auf die andere Seite zieht, die jenseits der Macht. Spike Lee bleibt auch hier auf der Straße, bleibt bei den normalen Menschen. Um manches hingegen geht es gar nicht. Um Psychologie etwa. Darum glaubten manche, auch kluge US-Kritiker, man könne dem Film flache Charaktere vorwerfen, oder dass die Gruppenkonstellation im Gegensatz zu Klassikern des Heist-Genres nicht auf ihre inneren Brüche hin dramatisiert sei. Aber Spike Lee will David Mamet keine Konkurrenz machen. Ihn interessieren die Probleme alter Männer nicht. Auch "Whodunnit"-Rätseleien sind ihm egal. Anstelle dessen geht es um das System und um Typisierungen. Repräsentation statt Individualität, Soziologie statt Psychologie.

"I was young and ambitious.": Bush und die Nazis

Auch darum schmiedet der Film am Ende ein klammheimliches Bündnis zwischen Polizeidetektiv und Gangster, die einander viel ähnlicher sind, als sie zunächst glauben (wollen). Sie machen sich keine Illusionen: "When there is blood on the streets, buy property." Denn die wahren Gangster, damit darf man bei diesem Regisseur rechnen, sind nicht die Bankräuber, sondern die Bankbesitzer: "It was 60 years ago, I was young and ambitious. I sold my soul and I try to buy it back ever since." Man sagt Lee gern antisemitische Neigungen nach. Hier beweist er das Gegenteil.

Ein Teil seiner - guten - Gangster entpuppen sich als Juden, die einen alten Nazi-Freund fertigmachen. "I was stealing from a man, who treated us away for a few dollars." Es dürfte keineswegs Zufall sein, dass sich diese verborgene Vergangenheit mit der von Präsidenten-Großvater Prescott Bush deckt, der als Vorstandsmitglied der Privatbank Brown Brothers Harriman von Geschäften mit Nazi-Deutschland vor und während des Zweiten Weltkriegs noch nach US-Kriegseintritt profitierte.

Und auch für einen harmlos-treffenden Joke auf Kosten von Peter Jackson und seinen Tolkinisten ist noch Zeit: - "Follow the ring!" sagt Owen und grinst. Und wir mit ihm. Spannend, dabei immer wieder auch sehr witzig, voll scharfer Dialoge, ist Spike Lee ein glänzender Film gelungen, in dem trotz einer Menge Action kein bisschen Blut fließt - auch mal angenehm unkonventionell -, voll rätselhaftem, verhaltenen Thrill, lässig, rhythmisch, cool und schön. "

Jan Distelmeyer lobt in der taz (23.3. 2005) gleichermaßen Spike Lees "Inside Man" in höchsten Tönen ...

"Nichts ist falsch am Genrefilm
Weil er es kann: Mit seinem neuen Film "Inside Man" bewegt sich Spike Lee virtuos im Genre des Caper-Movies. Seine Bankräuber arbeiten am perfekten Coup, sein Ermittler glänzt durch Schlagfertigkeit, und Jodie Foster ist besser denn je.
(...)
Es hat hier in der Tat Sinn, die Erwartungen ausnahmsweise weniger am (wie auch immer skizzierten) Image des berühmtesten afroamerikanischen Regisseurs als eben am Genre auszurichten. Caper-Movies handeln von der Durchführung spektakulärer Raubzüge. Ihre Perspektive ist von "The Asphalt Jungle" (1950) über "Rififi" (1954) bis zu "Ocean's Twelve" (2004) die der Gangster, und mit ihnen wird das Rein- und wieder Rauskommen zur Kopf- und Herzensangelegenheit. Lagepläne wollen studiert, Abläufe präzise geplant sein. Sicherheitsvorkehrungen müssen überwunden, Safes oder Schlösser geknackt und der Ort des Verbrechens möglichst spurlos wieder verlassen werden.

Wenn man so will, besteht das Wesen der Caper-Movies also in der Studie, den Geheimnissen sowie dem Beherrschen von Räumen, und genau das weiß "Inside Man". Seine Haltung als Genrefilm besteht darin, dieses Wissen nun keineswegs postklassisch doppelbödig auszuspielen, um den Schulterschluss mit allen Kennern zu suchen (und damit die Grenzen des Genres zitaten- und gestenreich zu verlassen), sondern den Rahmen so ernst wie möglich zu nehmen. There's nothing wrong with doing genre films: Für "Inside Man" wird so das Genre selbst ein Raum, in dem er sich bestens auskennt, um sich elegant und souverän darin zu bewegen."


... und wir loben wiederum Jan Distelmeyer für seine anregende Filmkritik.

Er beschreibt in überaus anregender Weise "um was es geht" in "Inside Man". Er weiss die Zusammenhänge herzustellen, den Filmablauf zu erklären und zu interpretieren. Wirklich sehr schön: Filmikritik auf Augenhöhe ...

"Jodie Foster, kalt und selbstsicher wie nie zuvor in ihrer Karriere, trägt ihr elegantes Designerkostüm wie eine Wall-Street-Nahkampfausrüstung, als sie klarstellt: "Hören Sie, Detective, worum es hier geht, das sind Dinge, die ihre Besoldungsstufe überschreiten."

"Worum es hier geht", ist natürlich mehr als ein Banküberfall - in dem Sinne, dass das Gelingen des perfekten Raubzugs schließlich auf "arisiertes" Kapital aus Nazideutschland abzielt. Doch auch jenseits dieser Plotentwicklung offeriert das Debüt von Drehbuchautor Russel Gewirtz Sinnangebote. Neben den direkten Anspielungen auf die momentane Terror-Hysterie und damit verbundenen Stigmatisierungen (eine der freigelassenen Geiseln hat das Pech, als Sikh einen Bart und Turban zu tragen. Die Polizisten drehen durch: "Scheiße, ein Araber!") wird hier der Kniff Dalton Russels interessant, Gangster und Geiseln als identisch erscheinen zu lassen. Die daraus resultierende Panik der Behörden nach der Geiselnahme, jeden der Overallträger unter Verdacht zu stellen, ja stellen zu müssen, lässt sich leicht als Karikatur der gegenwärtigen Verhältnisse lesen. In diesem Sinne wäre die Geiselnahme in der Manhattan Trust Bank tatsächlich, wie Detective Frazier sagt, "kein Banküberfall". Dass überdies die Technik des Urmisstrauens, die konkrete Paranoia von Frazier & Co, am Ende gar nichts bringt, spricht ebenso für sich."



Denn nicht nur der Filmprotagonist Dalton Russel "kann es" (eine Bank ausrauben) sowie Spike Lee (einen Caper-Movie drehen)

"Keine von diesen Deutungen drängt sich auf. Sie haben nichts mit den etwaigen Klagen über "um politische Botschaften bemühte Stoffe" zu tun, sondern ergeben sich wie in etlichen klassischen Genrefilmen von Regisseuren wie Don Siegel oder Sidney Lumet wie nebenbei. Sie sind Teilprodukte, Begleitumstände der Arbeit im Rahmen, auch darin Hollywood-Oldschool. So gibt es, wenn wir am Ende von "Inside Man" in den ominösen Raum zurückkehren, in dem Dalton Russell uns in die Geschichte eingeführt hatte, sogar noch die Chance, nachträglich Spike Lee als Autor im Film zu platzieren. Auf die rhetorische Frage nach seinem Grund für den Bankraub hatte Russell zu Beginn geantwortet: "Weil ich es kann!" Genau das könnten die Freunde der Autorentheorie nun auch als Spike Lees Antwort gelten lassen. Weshalb er sich "einer klassischen Genregeschichte" angenommen habe? Weil ich es kann, spricht aus dem Genre der Inside Man."

... auch Jan Distelmeyer kann uns einen Film schmackhaft machen.
Jetzt aber ab ins Kino ....

 

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