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Das Weblog zur Volkskunde des Bankraubs

 
Am frisch umbenannten Zürcher Institut für populäre Kulturen wurde in der Reihe "Zürcher Beiträge zur Alltagskultur" bereits vor geraumer Zeit eine Publikation zum Thema Schweizer Zahlenlotto veröffentlicht:
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Katrin Kalt: Zettel, Zahl und Zufall. Glück und Glücksspiel am Beispiel des Schweizer Zahlenlottos. Zürich 2004, 195 S., ISBN 3-908784-02-6, CHF 34.–,€ 22.50


Die Verlagsankündigung


"Seit 1970 rollen die Kugeln des Schweizer Zahlenlottos. Zahlreiche LottomillionärInnen wurden bereits gekürt, für die Mehrheit der Teilnehmenden bleibt jedoch ein Sechser im Lotto ein blosser Wunschtraum. Hinter der Schaufassade der öffentlichen Ziehung der Gewinnzahlen im Fernsehen liegt die verborgene Sehnsucht der hunderttausend LottospielerInnen in der Schweiz.
Die ethnographische Untersuchung fragt danach, wie die Menschen mit dem Zufall des Lottoglücks leben. Sie behandelt sowohl die historischen Entstehungsbedingungen, die institutionellen Strukturen und die gegenwärtige Form des Lottospiels als auch seine Bedeutung für die SpielerInnen. Welchen Platz nimmt es in ihrem Alltag ein, welche Vostellungen von Geld, Glück und Zufall werden mit ihm verknüpft, welches sind die Träume vom Riesengewinn? Zahlreiche Gesprächsdokumente geben Einblicke in individuelle Spielpraxis, Sichtweisen und Einstellungen von GlücksspielerInnen. Diese Innensichten zeichnen ein facettenreiches Bild der Alltagszusammenhänge zwischen Spielvarianten, Spannung und Glückserwartung."


Über Katrin Kalt

Die Schweizer Wochenzeitung "Facts" (7.4. 2004) rezensierte das Buch und betonte das Ergebnis, dass nicht nur auf den Lottogewinn abgezielt wird:

"Die Zürcher Kulturwissenschaftlerin Katrin Kalt, 38, hat nun mit einer breiten Untersuchung dem Schweizer Lottospieler erstmals ein Profil geben. Ihr Befund ist überraschend: Natürlich lockt das Geld, selbstverständlich wird geträumt vom Gewinn. Der Hauptanreiz aber ist viel profaner: Schweizer spielen Woche für Woche vor allem deshalb Lotto, um ihrem Alltag eine verlässliche Struktur zu geben. «Das Zahlenlotto wird gleichgesetzt mit dem Zeitungs- oder Bahnabonnement und mit dem Abfuhrwesen», sagt Kalt. «Alles Repräsentanten immer wiederkehrender Dinge, auf die Verlass ist, die deshalb strukturierend auf den individuellen Alltag wirken.»


Der obligatorische Vergleich darf auch bei Katrin Kalt nicht fehlen:

"Die Wahrscheinlichkeit, mit drei Franken Einsatz einen Sechser zu tippen, beträgt jämmerliche 1 zu 8,145 060 Millionen. Allerdings steht für den Schweizer der Lottogewinn gar nicht im Zentrum. Der Sechser im Lotto, sagt Kalt, «ist eine Redewendung, ebenso wie ‹eine Bank ausrauben›». Eine «hypothetische Grösse», «ein Spiel mit der Vorstellung», «ein Eintrittsbillett, den Zufall abzufragen, günstiger als ein Kaffee im Restaurant ». Irrational ist deshalb der Umgang mit dem Spiel. «Auf keinen Fall», würde etwa Therapeutin Erika Z., 53, im Falle eines Gewinns die Arbeitsstelle aufgeben: «Ich wüsste echt nicht, was ich denn sonst den ganzen Tag machen sollte.»"

Im Buch (S. 7f.) selbst heißt es:
"Zahlenlotto ist ein Spiel der Konjunktive. 'Im Lotto gewinnen' ist eine Redewendung geworden ebenso wie 'eine Bank ausrauben'. Beides spielt mit der Vorstellung einmal richtig Geld zur Verfügung zu haben."

Bei Katrin Kalt wird aber auf die doch entgegengesetzten Handlungsimplikationen nicht weiter eingegangen.

Interessant ist der historische Exkurs über die Ant-Lotto-"Pädagogik" (S. 52f.):

"Die Kritik und der Kampf der Lottogegner wandte sich vordergründig gegen ein ihnen abstrus vorkommendes spiel, dessen Sinn sie über die rationale Interpretation der Wirklichkeit im Sinne der Aufklärung nicht nachvollziehen konnten. Ihre Kritik richtete sich aber gleichzeitig gegen die Hoffnungen und Träume von denjenigen, die sich nicht imstande sahen, diese mit den vorgeschriebenen Mitteln der bürgerlichen Vorstellungen realisieren zu können. Edith Sauer spricht deshalb auch von der 'Disziplinierung des Innenlebens, der Sehnsüchte jener (...), die es nötig hatten oder notwendig erachteten, dieses Spiel zu spielen, um ökonomische und soziale Barrieren zu durchbrechen' "
Spätestens hier ergeben sich wiederum Paralellen zum Bankraub, die jedoch nicht thematisiert werden. Für die Analyse der Bankraubphantasien zeigen sich hier aber interessante Anknüpfungspunkte. Denn wenn die Lottogewinn-Phantasien gleichermaßen eher randständige Tagträume darstellen, dann ist es vermutlich nicht so verwunderlich, dass sie mit dem Bankraub in einem Atemzug Erwähnung finden.

 

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