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Das Weblog zur Volkskunde des Bankraubs

 
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Werkstatt Geschichte 15 (2006), 42
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Editorial

Während der so genannten Chaostage im August 1995 hatten sich Teilnehmer und Teilnehmerinnen in einem Hannoveraner Supermarkt mit Lebensmitteln versorgt, ohne den Gegenwert der Ware im Geschäft zu hinterlegen. Sie – und delikaterweise auch einige Anwohner, die die Gunst der Stunde nutzten – machten sich dadurch juristisch gesehen des Diebstahls schuldig. Ein Foto des geplünderten Supermarktes mit der Bildunterschrift „bargeldlos einkaufen“ fand in der Folgezeit Verwendung auf verschiedenen Plakaten, die zur Teilnahme an unterschiedlichen linken Veranstaltungen aufriefen. Dieser Slogan warb ursprünglich für
die verstärkte Nutzung von ec- und Kreditkarten. Seine Herauslösung aus dem ehemaligen Bedeutungszusammenhang und seine hier beschriebene Verwendung illustrieren auf ironisch-provokative Weise die Tatsache, dass „Diebstahl“ ebenso wie „Erwerb“ und „Eigentum“ Konzepte sind, die in jeder Gesellschaft verhandelt und definiert werden müssen. Die
gegenwärtigen Auseinandersetzungen um geistiges oder genetisches Eigentum führen ebenfalls vor Augen, dass allgemein gesetzten und gesellschaftlich mehr oder weniger akzeptierten Definitionen Aushandlungsprozesse vorausgehen. Jede Gesellschaft kreiert und kanonisiert nicht nur bestimmte Werte, sondern auch deren Gegenstück, das als deviant angesehene Verhalten.

Verkürzt gesagt, definiert sich eine Gesellschaft daher also auch
darüber, wen sie als Dieb betrachtet und behandelt. Die
gesellschaftliche Konstruktion von Diebstahl ist Gegenstand ständiger sozialer Aushandlungsprozesse. Sie unterliegt einerseits historischem Wandel. Andererseits können aber auch miteinander konkurrierende Konzepte zeitgleich nebeneinander existieren, wie es das eingangs erwähnte Beispiel zum Ausdruck bringt. Die Untersuchung eines zu einem bestimmten Zeitpunkt von einer spezifischen Gesellschaft als deviant definierten Verhaltens kann daher Einblicke in diese Gesellschaft gewähren, konkurrierende Ordnungsentwürfe erkennbar machen und ggf. Konfliktlinien und Veränderungen aufzeigen.

Mit eben dieser Thematik befassen sich die in diesem Heft
zusammengestellten Beiträge. Sie setzen sich mit der sozialen Praxis von Diebstahl auseinander, in der sich Konstruktion und Selbstdeutung der Akteure begegnen. Dabei wird u. a. gefragt, welches Bild von „Dieben“ hergestellt und tradiert wurde. Wie ging man mit ihnen um? Oder anders herum gefragt: Wer waren die Diebe eigentlich? Was und warum stahlen sie? Welchen Einfluss hatten drohende und verhängte Strafmaßnahmen auf ihr Verhalten? Und welchen Einfluss hatten die Diebstähle auf Veränderungen in der Gesetzgebung und damit auf das Rechtsverständnis, das sich die Gesellschaft geben wollte?

Andrea Griesebner untersucht Diebstahlsprozesse, die im Laufe des 18. Jahrhunderts vor dem im heutigen Niederösterreich gelegenen Landgericht Perchtoldsdorf verhandelt wurden. Als Ausgangspunkt ihrer quellennahen Rekonstruktion von Strafnorm und Gerichtspraxis wählt sie die Frage nach den Kontexten des Diebstahls: Wie kamen die Diebstahlsfälle vor Gericht,
was haben die Männer, Frauen und Kinder gestohlen und wie wurde die landgerichtliche Verurteilung durch die Mitglieder des Gerichts
legitimiert? Als eines der wichtigsten Ergebnisse zeigt sich hier, dass die ortsfremden Diebe und Diebinnen mit größerer Wahrscheinlichkeit und mit härteren Strafen verurteilt wurden als die einheimischen.

Auch Rebekka Habermas widmet sich den kleinen und alltäglichen
Diebstahlsdelikten. Sie verknüpft die gerichtliche Verhandlung des
Diebstahls mit der Entstehung des modernen Rechtsstaates und macht damit die Verschränkung von Kriminalitäts- und Rechts-, Erfahrungs- und Diskursgeschichte deutlich. Am Beispiel des ländlichen Kurhessens stellt sie die im 19. Jahrhundert in großem Umfang aktenkundig gewordenen Eigentumsdelikte zum einen mit der Entstehung einer neuen Eigentumsordnung, zum anderen mit sich verändernden Ehrvorstellungen in Zusammenhang.

Den Sprung ins 20. Jahrhundert vollzieht Paul Lerner. Mit dem Zeitalter des Massenkonsums und dem Aufkommen moderner Warenhäuser entsteht auch eine neue Form des Diebstahls: die Kleptomanie. Hier sind es nicht die Unterschichten, die sich fremdes Eigentum aneignen, sondern Angehörige der Oberschicht, die durch das Stehlen mehr oder weniger bedeutsamer
Dinge die Gesellschaft irritieren. Die zeitgenössische Medizin sah in
erster Linie Frauen von der Kleptomanie bedroht. Während bislang eher geschlechtergeschichtliche Fragen im Vordergrund standen, wagt Paul Lerner eine neue Verknüpfung von Diebstahl mit Massenkonsum, Psychologie und Antisemitismus. Sein Hauptaugenmerk legt er auf die Zeit des Kaiserreichs und der Weimarer Republik.

Eine Zeit des Umbruchs und der Ungewissheit nimmt Stefan Mörchen in den Blick. Am Beispiel Bremens untersucht er die komplexen Vorgänge in der Zeit des Schwarzmarkt-Handels in den Jahren nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Obgleich sich die bürgerlichen Eigentumsvorstellungen in breiten Bevölkerungsschichten auflösten, wurde das Problem des Diebstahls weiterhin bestimmten sozialen Gruppen zugeschrieben und so aus der Mitte der Gesellschaft herausgedrängt. Mörchen beobachtet aber nicht nur die Kontinuität von stereotypen Zuschreibungen in der Bevölkerung, sondern weist diese auch in der kriminalistischen Theorie jener Jahre nach.

(....)
Silvan Niedermeier berichtet schließlich über die Ergebnisse der
Hamburger Tagung „Gewalt, Ordnung und Staatlichkeit“ (März 2006), die eine interdisziplinäre Annäherung an das sich wandelnde Verhältnis von Gewalt und Staatlichkeit anstrebte. Thematisiert wurden die Anwendung innerstaatlicher Gewalt und die unterschiedlichen Gewalthandlungen Krieg führender Akteure, aber auch aktuelle Fragen nach den Rechtfertigungen von Folter und Todesstrafe. Ein zentrales Interesse der Tagung war die stärkere Berücksichtigung des Rückwirkens von Gewalt auf die staatliche
Ordnung.

(...)
Die Redaktion


Editorial S. 3

Thementeil

Andrea Griesebner: S. 5
Verbannung statt Todesstrafe? Diebstahlsprozesse aus dem Erzherzogtum Österreich unter der Enns im 18. Jahrhundert

Rebekka Habermas: S. 25
Eigentum vor Gericht. Die Entstehung des modernen Rechtsstaates aus dem Diebstahl?

Paul Lerner: S. 45
Consuming Pathologies: Kleptomania, Magazinitis, and the Problem of Female Consumption in Wilhelmine and Weimar Germany

Stefan Mörchen: S. 57
„Echte Kriminelle“ und „zeitbedingte Rechtsbrecher“: Schwarzer Markt und Konstruktionen des Kriminellen in der Nachkriegszeit


Werkstatt
Sandra Maß: S. 77
„Eine Art sublimierter Tarzan“ – Deutsche Entwicklungshilfe als
Menschentechnik in den 1960er Jahren


Bericht
Silvan Niedermeier: S. 91
Gewalt, Ordnung und Staatlichkeit. Eine Tagung im Hamburger Warburghaus
(30.3.-1.4.2006)


Expokritik
Joachim Baur: S. 97
Ein Migrationsmuseum der anderen Art. Das Deutsche Auswandererhaus in Bremerhaven

Rezensionen S. 105
Annotationen S. 121
Abstracts S. 123
AutorInnen S. 126

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WerkstattGeschichte. Essen: Klartext Verlag. ISBN 3-89861-669-X; ISSN 0933-5706, 0942-704X

WerkstattGeschichte
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Tel. 0201 ­ 86 206 13
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Homepage im Klartext-Verlag

Tja, manchmal sind Fiktion und Wirklichkeit nicht wirklich gut auseinanderzuhalten.

Die ARD (30.8. 2006) berichtet - mal wieder unter Berufung auf den ollen Brechtspruch:

"Virtuelles Verbrechen zahlt sich aus"

"Was ist schon das Ausrauben einer Bank gegen das Gründen einer Bank? Diese Frage von Bertolt Brecht hat sich ein Online-Spieler namens Cally wohl zu Herzen genommen - und gleich beides gemacht::

Frankfurt - Berlin - Im Rollenspiel Eve eröffnete Cally die Intergalaktische Bank. Dort konnten seine Mitspieler Konten für die spielinterne Währung ISK (Interstellare Kredite) eröffnen und Zinsen verdienen, so zumindest die Werbung.

Doch als nun Spieler ihre Gewinne abheben wollten, mussten sie feststellen, dass das intergalaktische Kreditinstitut über Nacht verschwunden war - und mit ihm rund 790 Milliarden hart verdiente ISKs.

Bankraub verstößt nicht gegen Lizenz
Die Geschädigten überlegen nun, wie sie ihr Geld zurückholen können. Ihre Chancen stehen jedoch schlecht: Eine intergalaktische Bankenaufsicht gibt es auch bei Eve nicht, das einzig gültige Gesetzwerk der Online-Welt, die Lizenzbestimmungen des Spiels, sind in Bezug auf Bankraub nicht sehr spezifisch.

Das weiss auch Cally. Und so streift der dreiste Bankräuber weiterhin schamlos in der virtuellen Welt von Eve und genießt seinen zu Unrecht erworbenen Wohlstand. Doch nicht nur das: In einem eigens produzierten Video verspottete er die Opfer seines Betrugs noch. Immerhin war er realistisch genug, einen Teil seiner Beute in ein Waffenarsenal anzulegen, um sich im Cyberspace gegen Angreifer verteidigen zu können.

Vielleicht gibt es aber doch noch einen Weg Cally beizukommen. ISKs werden in der wirklichen Welt auch gegen reales Geld eingetauscht.

790 Milliarden ISK sind beim Online-Auktionshaus Ebay und auf Börsen für virtuelle Währungen - ja, die gibt es - durchaus schon eine sechsstellige Euro-Summe in Euro wert. Vielleicht interessiert sich ja Callys reales Finanzamt für dessen neuerworbenen Reichtum.

Laut Donaukurier (04.09.2006) ist in Neuburg eine Debatte um eine Stadttheater-Inszenierung entbrannt, die das Psychogramm des hier bereits bekannten "Al Capone aus dem Donaumoos" zeichnen soll. Die Premiere ist für den 27. Oktober vorgesehen:


Berger
"Die Freiheit der Kunst"
"Bruchstücke" schon im Vorfeld der Aufführung umstritten
Donaukurier
Neuburg (DK) Noch sind die Vorhänge im Stadttheater geschlossen, schon wird heftig über das Theaterstück um Theo Berger debattiert. Im Stadtrat fand die geplante Aufführung des Psychogramms "Bruchstücke" des im November 2003 verstorbenen Al Capone aus dem Donaumoos keineswegs ungeteilte Zustimmung. Oberbürgermeister Bernhard Gmehling war gegen die Realisierung des Projekts, weil er den konkreten Inhalt nicht kannte und in Sorge war, die Gefühle noch lebender Angehöriger Bergers könnten verletzt werden. Die Tochter des Ausbrecherkönigs wurde jedoch von Hauptdarsteller Winfried Frey informiert und zeigte sich mit der Inszenierung einverstanden. Gmehling ist zwar sicher, dass das Stück gut beim Publikum ankommen wird, hofft aber auch, dass es nicht zu glorifizierend wird. Einige Stadträte stellten sich im Kulturausschuss auf die Seite des OB. Insgesamt wird die Inszenierung mit Spannung erwartet. Das Publikumsinteresse dürfte groß sein, zumal viele Zeitgenossen aus dem Landkreis Neuburg-Schrobenhausen Theo Berger persönlich begegnet sind und sich Legenden und Erzählungen um den gebürtigen Ludwigsmooser ranken.

Liebe ist kein Zufall
Oberbürgermeister Bernhard Gmehling war gegen die Realisierung des Projekts, weil er den konkreten Inhalt nicht kannte und in Sorge war, die Gefühle noch lebender Angehöriger Bergers könnten verletzt werden. Die Tochter des Ausbrecherkönigs wurde jedoch von Hauptdarsteller Winfried Frey informiert und zeigte sich mit der Inszenierung einverstanden. Gmehling ist zwar sicher, dass das Stück gut beim Publikum ankommen wird, hofft aber auch, dass es nicht zu glorifizierend wird. Einige Stadträte stellten sich im Kulturausschuss auf die Seite des OB. Insgesamt wird die Inszenierung mit Spannung erwartet. Das Publikumsinteresse dürfte groß sein, zumal viele Zeitgenossen aus dem Landkreis Neuburg-Schrobenhausen Theo Berger persönlich begegnet sind und sich Legenden und Erzählungen um den gebürtigen Ludwigsmooser ranken.

Bürgermeister Heinz Enghuber hält nichts von übertriebener Skepsis: "Ich glaube, dass wir es uns zutrauen können, so ein Stück aus jüngerer Zeit aufzuarbeiten. Man sollte positiv damit umgehen." Stadtrat Klaus Eisenhofer, eines der Überfallopfer Theo Bergers, mochte zu der ganzen Thematik nichts sagen, spricht sich aber grundsätzlich gegen das Stück aus, "weil der Mann damit verherrlicht wird".

Eine Heroisierung Bergers befürchtet auch der CSU-Fraktionsvorsitzende Fritz Goschenhofer . "Ich habe meine Probleme damit und bin dagegen. Gerade jungen Leuten wird signalisiert, dass man kriminell sein kann und dann wird einem noch ein Theaterstück gewidmet." Kritik von Goschenhofer gibt es auch an Kulturreferent Walter Friemel . Der hätte seiner Ansicht nach den Stadtrat früher von der geplanten Inszenierung informieren sollen. Das war nach Friemels Worten nicht möglich, nachdem er nur gewusst habe, dass ein solches Stück in Arbeit ist. Darüber hinaus ist der Kulturreferent aber der Überzeugung, "dass sich unsere Gesellschaft solchen Themen stellen und damit fertig werden muss". Die kontroverse Diskussion im Vorfeld em-pfindet Friemel als durchaus positiv. Nicht zuletzt dürfte sie für ein volles Haus an den neun Spieltagen im Oktober und November sorgen.

Gelassen betrachtet SPD-Fraktionsvorsitzender Horst Betscher die Sache. "Ich will der Verherrlichung der Person Berger und ihres Tuns nicht das Wort reden, aber für mich ist die Freiheit der Kunst ein ganz hohes und wertvolles Gut. Man kann eine Theateraufführung nicht schon vorher geißeln."

" Hundertprozentig glücklich bin ich nicht. Aber ich bin gespannt, was da rauskommt", sagt Klaus Babel , Vorsitzender der Freie-Wähler-Fraktion. Er rechnet damit, dass die Aufführung wegen des Loakalkolorits auf großes Interesse beim Publikum stoßen wird.

Wenn Theo Berger, wie von Kulturamtsleiter Dieter Distl versichert, nicht heroisiert wird, hat Theo Walter (Grüne) nichts gegen die Darstellung. Er sieht darin eine Dokumentation von Zeitgeschichte., Auch Theo Walter ist von den Umtrieben der ehemaligen Bergerbande betroffen. Als zehnjähriger Knabe musste der Rechtsanwalt miterleben, wie ein Kumpan Bergers seinen Vater anschoss. Es war kein versuchter Mord, vielmehr wollte der Täter dem Beamten auf der Münchener Straße aus reinem Übermut den Hut vom Kopf schießen. Das lederne Hutband fing einen Teil der Energie auf, dennoch blieb die Kugel im Kopf des Angeschossenen stecken und verletzte Walter sen. schwer.


Insgesamt sind neun Aufführungen vorgesehen.

Die Debatte ist inzwischen voll entbrannt.

Konf: Kriminalitätsgeschichte im Wandel. Interdisziplinäre
Perspektiven von der Frühneuzeit zur Moderne - Göttingen


02.11.2006-04.11.2006, Eden-Hotel, Rheinhäuser Landstraße 22a

Organisation: Prof. Dr. Rebekka Habermas/Prof. Dr. Gerd Schwerhoff, Göttingen

Kriminalitätsgeschichte hat Konjunktur. Angeregt durch französische und angelsächsische Forschungen zur Kriminalitätsgeschichte kam es auch in der bundesrepublikanischen Ge-schichtswissenschaft ab den 1980er Jahren zu einem verstärkten Interesse an kriminalitätsgeschichtlichen Fragestellungen, welche sich gegenüber der Rechtsgeschichte durch eine dezidiert sozial- und kulturgeschichtliche Perspektive auszeichneten. Inzwischen hat sich die Kriminalitätsgeschichte als eigenes Forschungsfeld arrondiert, wobei dieses zunächst als klas-sische Domäne der Frühneuzeitforschung galt. Erst in jüngster Zeit nimmt die Zahl einschlägiger Arbeiten zum 19. und frühen 20. Jahrhundert sprunghaft zu. Dieses Ungleichgewicht zugunsten der frühneuzeitlichen Kriminalitätsgeschichte geht einher mit unterschiedlichen Schwerpunkten in Fragestellung, Methoden und genutzten Quellen.

Ausgehend von diesem Hintergrund möchte die Tagung die frühneuzeitliche mit der Kriminalitätsgeschichtsforschung des 19. Jahrhunderts erstmals zusammenbinden, um zum einen die impliziten Grundannahmen, die über die jeweils andere Epoche bestehen, explizit zu machen und zu überprüfen.
Zum anderen soll es darum gehen, die Dialogfähigkeit zu erweitern, d.h. Optionen zum gegenseitigen Lernen, insbesondere hinsichtlich
theoretischer und methodischer Prämissen, zu eröffnen. Bis dato werden nämlich beide Epochen strikt getrennt betrach-tet, was nicht nur zur unüberprüften Fortschreibung etwa Foucaultscher Perspektiven führt, sondern auch die Vorstellungen der klassischen Rechtsgeschichte über die Entstehung des modernen Rechtsstaats unhinterfragt lässt.

Eine weitere Ungleichzeitigkeit der Forschungsgeschichte (und ein
zweiter Ausgangspunkt der Tagung) wurzelt in der unterschiedlichkeit der jeweiligen Disziplinen. So sind es nicht nur die Geschichtswissenschaft, nicht nur die Rechtsgeschichte, die sich mit Kriminalität be-schäftigen, sondern auch, um nur einige zu nennen, die Literaturwissenschaft, die Kriminologie, die Kunst-, bzw. spezieller, Fotogeschichte wie auch die Kultur- und Sozialanthropologie. Diese auf der Tagung zusammenzuführen und für eine historische Analyse von Kriminalität fruchtbar zu machen bzw. die dabei neu entstehenden Fragen und Probleme zu diskutieren, markiert ein zweites wichtiges Ziel der Tagung.

Tagungsbeitrag: 10 EUR

Gefördert durch: Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und Land
Niedersachsen


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Donnerstag, 2. November 2006

14.00 Prof. Dr. Rebekka Habermas (Göttingen)
Prof. Dr. Gerd Schwerhoff (Dresden):
Eröffnung

I. Interdisziplinäre Perspektiven der Kriminalitätsgeschichte

Moderation: Prof. Dr. Gerd Schwerhoff (Dresden)
Prof. Dr. Rebekka Habermas (Göttingen)

14.30 PD Dr. Holger Dainat (Magdeburg):
Literatur und Kriminalität

15.30 Prof. Dr. Monika Frommel (Kiel): Kriminalität als
Problem der strafrechtlichen, historischen und
kriminalpolitischen Analyse

16.30 Kaffeepause
17.00 Prof. Dr. Peter Becker (Linz/Florenz): Kriminalität als
interdisziplinärer Begegnungsraum von Geschichte,
Anthropologie, Recht und Medizin

20.30 Sabine Rückert (DIE ZEIT): Aus dem Leben einer
Gerichtsreporterin



Freitag, 3. November 2006

Moderation: Prof. Dr. Gerd Schwerhoff (Dresden)
Prof. Dr. Rebekka Habermas (Göttingen)

9.00 Prof. Dr. Achim Landwehr (Düsseldorf):
Recht und Kriminalität jenseits von Praktiken und
Diskurs

10.00 Kaffeepause


II. Interepochale Perspektiven der Kriminalitätsgeschichte

Moderation: Prof. Dr. Norbert Fintzsch (Köln)

10.30 Prof. Dr. Rebekka Habermas (Göttingen):
Kriminalität in der Frühen Neuzeit – revisited

11.30 Prof. Dr. Joachim Eibach (Bern): Streit und Gewalt –
Ein konzeptioneller Blick über den Sattel in das
fremde 19. Jahrhundert

Moderation: Prof. Dr. Jürgen Martschukat (Erfurt)

14.00 Prof. Dr. Karl Härter (Frankfurt a. M.):
Rittlings auf der Sattelzeit – Entwicklungen von
Kriminalisierung und Strafrecht vom Übergang des
Ancien Régime zur Moderne

15.00 Dr. des. Falk Bretschneider (Paris): Strafen durch
Einsperrung – ein langes 18. Jahrhundert?

16.00 Kaffeepause

16.30 Dr. Peter Wettmann-Jungblut (Saarbrücken):
„Modern times, modern crimes?“ Kriminalität in
Baden zwischen Ancien Regime und 19. Jahrhundert

III. Repräsentationen und Medien

Moderation: Dr. Philipp Müller (London)

17.30 Prof. Dr. Gerd Schwerhoff (Dresden): Kriminalität im
frühneuzeitlichen Medienverbund (16./17. Jh.)


Samstag, 4. November 2006

Moderation: Dr. Philipp Müller (London)

9.00 Prof. Dr. Joy Wiltenburg (New Jersey):
Kriminalität als Medien-Sensation

10.00 Prof. Dr. Susanne Regener (Siegen):
Fotographien des Kriminellen

11.00 Kaffeepause

11.30 PD Dr. Miloš Vec (Frankfurt a. M.):
Indizien des Kriminellen. Zum
Verhältnis von Kriminologie und Kriminalistik im 19.
Jahrhundert
12.30 Dr. Thomas Weitin (Münster):
Literaturen des Kriminellen



IV. Vor Gericht

Moderation: Prof. Dr. Peter Oestmann (Münster)

15.00 Dr. Claudia Töngi (Basel): Zu Gericht gehen auf dem
Land

16.00 Dr. Benjamin Carter Hett (New York): Berlin sitzt zu
Gericht

17.00 Kaffeepause
17.30 Dr. Lars Behrisch (Bielefeld): Kriminalität in der Stadt –
das Beispiel Görlitz


20.00 Abschlussdiskussion: Kriminalität- und
Rechtsgeschichte – neue Perspektiven?

Dr. Herbert Reinke (Berlin) – Dr. Richard Wetzell
(Washington) - Prof. Dr. Susanna Burghartz (Basel) –
Dr. Ulinka Rublack (Cambridge)

Homepage Rebekka Habermas, Rubrik: Aktuelles

Beim Brecht-Fest des Berliner Ensembles wird die Entpolitisierung des Dramatikers beklagt. Der Kölner Stadtanzeiger (04.09.06) berichtete:

Eine Brecht-Andacht wird zelebriert. Drei Wochen lang hatte das Brecht-Fest am Berliner Ensemble dokumentiert, dass der vor 50 Jahren gestorbene und seither oft totgesagte Dramatiker noch ziemlich lebendig ist - vor allen Dingen auch außerhalb des eigenen Sprachbereichs.
(...)
Deutlich wurde, dass Theaterleute (Manfred Karge, Peter Sodann, Hermann Beil) besser Brecht-Texte rezitieren können als Politiker (Jürgen Trittin, Gregor Gysi, Hermann Scheer, Ottmar Schreiner, Gesine Lötzsch). Schwer haben es Grenzgänger wie der Barde („Lerryn“) und Bundestagsabgeordnete Dieter Dehm, der in keiner der beiden Welten so recht daheim zu sein scheint. Einig war man sich bei den Vertretern der roten, grünen und der ganz roten Fraktionen, dass Brecht-Gedanken und Zitate immer noch eine wichtige Rolle im politischen Alltag spielen. Beklagt wurde freilich, dass Brecht zunehmend zum Liebeslyriker entpolitisiert und zum kulinarischen Bühnenautor reduziert werde. Die anklagenden Finger wiesen dabei auf die andere Seite der Spree, wo im Admiralspalast die „Dreigroschenoper“ als Event gefeiert wird, dem auch die Deutsche Bank (als Sponsor) und deren Chef Ackermann zustimmend applaudierten - selbst an jener berüchtigten Stelle, wo davon die Rede ist, dass ein Banküberfall nur eine lässliche Sünde sei im Vergleich zur Gründung einer Bank.

dpa (4.9. 2006) informiert uns über einen
Spektakuläre(n) Banküberfall mit Bagger

Chania - Unbekannte haben in der Nacht zum Montag mit einem Bagger eine Bank auf der griechischen Insel Kreta überfallen. Einer der Täter durchbrach mit dem Fahrzeug den Eingang der Filiale im Dorf Kalyvia. Anschließend erbeuteten die Räuber rund 200.000 Euro aus den Kassen.

Außerdem zerstörten sie mit dem Bagger den Geldautomaten und nahmen weitere 130.000 Euro mit. Wie der staatliche griechische Rundfunk (NET) berichtete, kam es nach dem Banküberfall zu einer Schießerei mit der Polizei. Verletzt wurde dabei niemand. Die Gangster konnten entkommen. Die Polizei leitete eine umfangreiche Suchaktion auf Kreta ein.

Ob es sich nur um eine weitere Spirale des Angriffs auf ArbeitnehmerInnen-Rechte, sprich Klassenkampf handelt, soll zunächst mal dahingestellt bleiben. In jedem Fall artikuliert sich im Angestelltenkontext (Infoweek, 4.9. 2006) eine vielleicht nicht mehr ganz so neue Konfrontation (Name des Verfassers: Marcel Wüthrich, sic!), die mit Blick auf den Vergleichsrahmen Bankraub interessanterweise aber jenen Aspekt beim Bankraub unerwähnt lässt, der genau auf der gleichen Linie liegt: den Tipgeber aus dem Innern der Bank - und von den leitenden Angestellten mal ganz abgesehen ...

Sicherheits-Risiko Mitarbeiter

von erschienen am 4. September 2006

Spam, Spyware und Viren halten Sicherheits-Verantwortliche zwar nach wie vor auf Trab. Doch die eigentliche Gefahr lauert heute innerhalb des Unternehmens selbst, warnen Security-Experten.

Heinz Johner, Information Security Consultant bei IBM Schweiz, zeichnet ein beängstigendes Bild der aktuellen IT-Sicherheitslage. Einen modernen Angriff auf die IT-Sicherheit – so Johner – könne man sich heute nicht mehr wie einen Banküberfall vorstellen, der, noch bevor die Sicherheitsmassnahmen greifen, möglichst schnell zum Ziel führen soll. Vielmehr erinnern die Ausführungen des IBM-Manns an einen High-Tech-Thriller. «Der moderne Angreifer lässt sich Zeit, sehr viel Zeit. Ein Angriff dauert nicht mehr ein paar Minuten, sondern Monate. Der Angreifer hält sich im Verborgenen, er lauscht, überwacht, befragt unauffällig und geschickt andere Mitarbeiter, und er führt den Angriff in vielen kleinen Schritten aus. Er lernt vielleicht zufällig ein wichtiges System-Passwort, nutzt es aber nicht sofort für einen Angriff, sondern installiert sich nur ein kleines Stück Software, das ihm erst später hilfreich sein wird. So schleicht er sich mit kleinen, unscheinbaren und schwer erkennbaren Schritten zielsicher in ein System ein», erzählt Johner.
(...)

Johner von IBM spricht von zwei Strategien, um die IT-Sicherheit künftig gewährleisten zu können: Die Bewusstseinsschulung der Mitarbeiter und der Einsatz neuer technischer Hilfsmittel. «Die Bewusstseinsschulung muss sehr feinfühlig geschehen, ist aber mindestens so erfolgsversprechend wie reine technische Massnahmen und in der Regel kosteneffizienter.» Jedoch müsse darauf geachtet werden, dass kein Klima des Misstrauens und der Überwachung entsteht. Technische Abwehrmassnahmen wiederum würden dadurch raffinierter, dass sie gesammelte Informationen über einen längeren Zeitraum speichern und analysieren. So lassen sich neue Verhaltensmuster auch dann erkennen, wenn eine Attacke schleichend erfolgt."

Das St. Gallener Tagblatt (4.9. 2006) bzw. Carl Goerdeler informiert uns über das Scheitern eines neuen brasilianischen Millionen- und Tunnelcoups:

Brasiliens Polizei knackt Panzerknacker

Porto Alegre. Der brasilianischen Polizei ist ein dicker Fang geglückt: Sie verhaftete 26 Ganoven in einem Tunnel unter der City.

Die Bande hatte den Tunnel mitten in der City, fünf Meter unter der Hauptgeschäftsstrasse in Richtung zweier Banken vorgetrieben. Deren Tresore wollte sie in wenigen Tagen knacken. Weitere zwölf Kriminelle wurden gleichzeitig an anderen Orten festgenommen. Sie gehören vermutlich alle zur gleichen Bande, die vor einem Jahr die Dépendance der Zentralbank in Fortaleza unterirdisch angebohrt und aus deren Tresor die Rekordsumme von 164,8 Millionen Real (rund 70 Millionen Euro) geraubt hatte.
«Aktion Maulwurf»

Der durch die polizeiliche «Aktion Maulwurf» verhinderte Bankraub in Porto Alegre sollte nach dem exakt gleichen Muster ablaufen: Die Panzerknacker hatten ein leer stehendes Gebäude in der Nachbarschaft erworben und trieben von dort aus einen Stollen in bergmännischer Bauweise bis zum unterirdischen Banktresor vor. In Fortaleza gelang ihnen das unbemerkt – und aus der Millionenbeute sind bislang erst 18 Millionen Real – (rund 11 Prozent der Summe) wieder aufgetaucht; elf mutmassliche Mittäter von damals hat man bislang festgenommen, fünf von ihnen sind von unbekannt gekidnappt, einer erschossen worden – vermutlich wegen Streit über die Beute.

Generalstabsmässig geplant

Die Bundespolizei hatte eine Hundertschaft eingesetzt, die kriminellen Maulwürfe in flagranti zu erwischen. Darunter sind auch zwei, drei «dicke Fische», die als Drahtzieher weiterer Schwerverbrechen gelten. Die Vermutung geht sogar dahin, dass die Chefs der Bande hinter dem organisierten Mob stehen, der im Mai in Sao Paulo und weiteren Städten offenen Terror gegen Polizeiwachen, Behörden und Buslinien ausübte, wobei 162 Menschen starben.

Wie in Fortaleza und in Sao Paulo und jetzt auch in Porto Alegre beweisen Bewaffnung, Aufwand und Logistik, dass die Verbrechen von langer Hand geplant und geradezu generalstabsmässig in die Wege geleitet wurden. Ein ganzes Verbrechersyndikat muss dahinter stecken, sicher auch mit Beteiligung von Informanten aus den Banken, Logistik-Experten, Ingenieuren, Fälschern und Waffenhändlern. Umso deprimierender ist, dass die Polizei immer noch im Dunkeln tappt, wer hinter diesen Kapitalverbrechen steht.


Insofern wir Fortaleza 2 vorerst nicht in den Kinos reeussieren können. Zu Fortaleza 1

dpa (SWP, 2.9. 2006 - Rubrik "Blick in die Welt") verbreitete den Bericht über ein etwas ungewöhnliches "Klassentreffen" auf der Gefangenen-Insel Alcatraz: "USA / Ex-Häftlinge und Wärter kehren noch einmal auf ihren "Felsen" zurück".:

Wärter und mehr noch die Häftlinge dürften froh gewesen sein, die Insel wieder verlassen zu können. Jetzt sind viele noch einmal zur berühmt-berüchtigten Gefangenen-Insel Alcatraz in der Bucht von San Francisco zurückgekehrt - freiwillig zu einer Art Klassentreffen.
Viele Jahre dachte er an nichts anderes, als von der Gefängnis-Insel Alcatraz zu entkommen. Doch inzwischen kehrt Darwin Coon, Ex-Häftling Nr. 1422, freiwillig auf "The Rock", den berüchtigten Felsen in der Bucht von San Francisco zurück. "Jetzt werden wir wie Prominente hofiert", grinst der ergraute 73-Jährige. Für das ungewöhnliche "Klassentreffen" hat er sich in einen Anzug geworfen und Goldringe angesteckt. 1959 wurde der hartgesottene Bankräuber und Ausbrecherkönig auf das Eiland verbannt, das von 1934 bis zur Schließung 1963 als das sicherste Zuchthaus Amerikas galt. Nun schäkert er mit früheren Wärtern, tauscht alte Geschichten aus und verteilt Autogramme an Touristen. Zum ersten Mal trafen sich frühere Alcatraz-"Bewohner" 1984, um den 50. Jahrestag der Gefängnisgründung zu begehen. In diesem Jahr reiste der 83-jährige John Banner eigens aus Arizona an, um seine alte Zelle zu inspizieren. Nach mehreren Banküberfällen war er 1954 als Häftling Nr. 1133 in dem Hochsicherheitsknast gelandet. Er zeigt auf eine verrostete Gittertür in der zweiten Etage des monotonen Zellenblocks. "Das war meine Zelle, mit Blick auf die Stadt." 16 Stunden habe er jeden Tag auf der harten Pritsche gelegen und sei dabei fast durchgedreht, erzählt er heute gelassen. Nach vier Jahren wurde er in ein anderes Gefängnis verlegt. "29 Tage im Block D, in einer bitterkalten Zelle ohne einen Lichtstrahl", sind Coons schlimmste Erinnerung. Er war mit einem Messer erwischt worden, dass er sich zur Selbstverteidigung besorgt hatte, packt er bereitwillig vor einer Gruppe neugieriger Besucher aus, die mit leichtem Schauder zuhören. Berüchtigte Mitbewohner Frank Heaney kennt die alten Storys. Der heute 79-Jährige schob mit 21 Jahren als jüngster Wärter auf der Insel-Festung seinen Dienst. Damals hielt er die Männer mit einem Maschinengewehr in Schach, heute verteilt er freundliche Klapse. "Sie haben ihre Strafe verbüßt und ihr Leben in Ordnung gebracht. Sie sind jetzt meine Freunde", versichert der pensionierte Aufpasser. Banner und Coon waren Schwerverbrecher, aber keine Mörder, wie ihre berüchtigten Mitbewohner Al Capone oder Robert Stroud, der legendäre Vogelmann von Alcatraz. "Ich war voller Ehrfurcht, als ich mit 17 vor der Zelle vom Vogelmann stand", erinnert sich Phil Dollison, der als Sohn des stellvertretenden Gefängnisleiters zehn Jahre auf der Insel lebte. Kindern war der Zugang zu den Zellen strikt untersagt, aber der Vater hatte eine Ausnahme gemacht. 60 Familien wohnten auf der schroffen Insel. Der 69-jährige Dollison erinnert sich noch an die "aufregende Suche" nach drei geflohenen Häftlingen, die 1962 durch die Wände ihrer Zellen einen Tunnel gruben und in einem selbst gebauten Schlauchboot entkamen. Da die Ausbrecher an Land keinerlei Spuren hinterlassen hatten, wurde angenommen, dass sie den gefährlichen Strömungen zum Opfer gefallen waren. Alcatraz lebt heute von seinem Mythos, berühmt durch Gangstergeschichten und Abenteuerkrimis mit Filmstars wie Clint Eastwood und Burt Lancaster. Mit über einer Million Besuchern im Jahr zählt "The Rock" zu den beliebtesten Touristenattraktionen in Kalifornien.

Die FAZ (31.8. 2006) berichtete vorgestern auf Seite 7 ("Deutschland und die Welt") über ein Tresorbauunternehmen aus Hessisch Lichtenau: Die Firma Format Tresorbau. Eingangs lässt sich der Verfasser, Claus Peter Müller, über die Sinnlichkeit von Tresoren und die Fasziniation des Tresorknackens aus:

„Le Tresor“, zu deutsch der Schatz, birgt das Geld und das Käufliche. Nicht allein für Dagobert Duck ist der Panzerschrank der wahre Ort des Sinnlichen und allen Glücks. Geld und Gold machen die Besitzenden weder schön noch edel, aber sie wecken Begehrlichkeit. Sie ziehen auch jene an, die daran nicht teilhaben sollen.

Deutsche Bank ehrt Räuberbrüder

„Le Tresor”, zu deutsch der Schatz: Geld und Gold wecken Begehrlichkeit

Immer schon flößten die Techniken, mit denen die Kriminellen an die Habe anderer kamen, den Zeitgenossen Angst ein. Und vielfach nötigten die Gauner der aus vermeintlich sicherer Distanz schaulustigen Öffentlichkeit Respekt ab. Sogar die Deutsche Bank ehrt die Berliner Räuberbrüder Sass in einer jüngeren Publikation mit einem Kapitel „Aus Keller und Tresor“.


Schließlich lässt kolportiert er das Verhältnis zwischen Deutscher Bank und den Gebrüdern Sass:

"Die Brüder hatten sich von einem Nachbarhaus aus einen Tunnel zum Keller der Zweigstelle der Disconto-Gesellschaft, eines Vorgänger-Instituts der Deutschen Bank, am Wittenberger Platz in Berlin gegraben. Im Januar 1929 brachen sie 179 Schließfächer auf. Die Bank bemerkte den Schaden erst Tage später.

„Berlin hat die Sensation eines Bankraubs“

Die Frankfurter Zeitung schrieb damals: „Berlins Ehrgeiz, eine Weltstadt amerikanischen Tempos zu werden, ist zu einem Teil erfüllt. Berlin hat seit einigen Tagen die Sensation eines Bankraubs, eines raffiniert ausgeführten Einbruchs in eine Tresoranlage.“

Die Deutsche Bank beugte vor. In ihrer Publikation zitiert sie aus dem Magazin „Wahre Detektiv-Geschichten“ vom 18. Oktober 1930: „Die Bank hat ihre Verbrecherkartothek und ein gewaltiges Bilder-Archiv mit den Photographien der Fachverbrecherwelt. Eine neue Errungenschaft sind die elektrischen Ohren.“ Das waren Mikrofone an den Decken der Tresoranlagen."


Erst nach dieser länglichen Einleitung sind wir schließlich bei der portraitierten Firma gelandet, wobei nun aber auch erst noch Dönekens zum Besten gegeben werden. Sozusagen, ein bisschen Schränker-Latein. Schließlich geht es viel um Technik und Materialkunde (Sollen sich die Betroffenen) damit vergnügen. Bis dann wirklich ein interessanter Aspekt noch angeführt wird: Die sogenannten "Hartz-IV-Tresore" bzw. "Volkstresore:

„Jeden Schrank können sie aufbrechen“

Die Fabrik ähnelt einer Manufaktur, und die Baupläne werden vielfach in Abstimmung mit den Bedürfnissen des Kunden entwickelt. Denn was Tresore angeht, liefern sich Erbauer und Einbrecher einen Wettkampf. Apfel verspricht nicht die totale Sicherheit: „Jeden Schrank können Sie aufbrechen. Das ist nur eine Frage der Zeit.“

Doch um genau die geht es, denn auch hier gilt: Zeit ist Geld. Für die Blechbehälter aus dem Supermarkt hat Apfel nicht einmal ein Schulterzucken übrig. Die Leute wollen es eben. Die Tresorspezialisten nennen die Billigartikel, die meist aus China zugeliefert werden, Volkstresor.

Doch seit die vorige Bundesregierung Deutschland reformieren wollte, wurde auch für die kleinen Wertboxen der Personalvorstand der Volkswagen AG zum Namenspatron. „Hartz-IV-Tresore“ heißen sie nun, denn die Angst der Transferempfänger vor der Überprüfung ihrer Vermögensverhältnisse rief eine rege Nachfrage hervor. Reichtümer, die auf der Bank lagerten, wurden nun im Kleiderschrank versteckt.

„Am härtesten testen die Deutschen und Franzosen“

In die Sicherheitskategorien der Tresorbauer fügen sich die einfachen Schließkästen freilich nicht. Unter der Vielzahl der Normen sind die VDS- und ECBS-Klassen der deutschen Versicherer für die heimischen Hersteller die wichtigsten.

Ein Tresor, der dieser Prüfung standhalte, könne unter Umständen in Osteuropa eine oder mehrere Stufen höher bewertet werden, heißt es bei Format, denn Kompetenz und Technik der dortigen Gauner entsprechen eben nicht dem deutschen Niveau.

Auch Schränke nach amerikanischer Norm ließen sich für Europäer leicht öffnen. „Am härtesten testen die deutschen und französischen Institute“, sagt Apfel, „und die Franzosen und die Spanier testen unsere deutschen Schränke wiederum besonders hart.“


Insgesamt sehr informativ. So wünschen wir uns die FAZ

Schornsteinfeger als Bankräuber?

Die österreichische Nachrichtenagentur apa berichtet am 22.8. 2006 über einen Verdacht, den wiederum der Kurier kolportierte:
München - Verbrecher statt Glücksbote: Ein Rauchfangkehrer ist im deutschen Landkreis Günzburg in Bayern für einen Bankräuber gehalten worden. Wie die Polizeidirektion Krumbach am Dienstag mitteilte, hatte ein Zeuge beobachtet, wie ein verdächtiger Mann in schwarzem Gewand in einem Auto vor einer Bankfiliale in Ebershausen sich offenbar eine weiße Maske aufsetzte.

Die per Mobiltelefon alarmierte Polizei schickte sofort einen Streifenwagen an den vermeintlichen Tatort: Die Beamten konnten jedoch schnell Entwarnung geben: "Bei der verdächtigen Person handelte es sich um einen Rauchfangkehrer, der sich soeben entstaubte", erklärte eine Polizeisprecherin.

Il Manifesto (22.8. 2006) - die tägliche undogmatische "Quotidiano communista"
schrieb jüngst eine kurze Geschichte der als Hochsicherheitsgefängnis genutzten und im Nordwesten Sardiniens gelegenen Insel L'Asinara von Antonello Catacchio: "Breve storia di un'isola sempre segnata dalla pena", die wir der Einfachheit halber ganz wiedergeben. Unten geht es um die neuere Geschichte der Strafinsel


L'Asinara, l'antica isola d'Ercole, piazzata lassù, estrema punta nordoccidentale della Sardegna è davvero terra di pena. Relitti di navi, le più antiche di epoca romana, approdo di pirati, postazione d'avvistamento, nel Seicento gli spagnoli fanno edificare tre torri, con relativi soldati. Pochi, per la verità. Come pochi sono stati gli abitanti, incrocio di famiglie di pastori locali e pescatori genovesi. Più volte obiettivo prescelto per un lazzaretto dove inviare i passeggeri e le navi in quarantena. Obiettivo abbandonato e ripreso. La svolta (quasi) definitiva è del 1885, quando viene promulgata una legge per la creazione di una colonia agricola penale e di una stazione di sanità sull'isola dell'Asinara. Per far questo le poche centinaia di abitanti sono espropriate e deportate sulla terraferma. Già alla fine del 1888 si contano sull'isola 254 detenuti che lavorano come allevatori e agricoltori. Buoni i risultati rieducativi, ma ancora insufficienti quelli economici. Il momento più drammatico dell'isola arriva con la prima guerra mondiale.
Tra il 7 e l'8 agosto del 1915 approda, primo di tanti, il piroscafo Tolemaide con 1259 prigionieri austriaci, di cui cinque malati, con il sospetto che si tratti di malattia infettiva che richiede quarantena. Nel volgere di pochi mesi l'isola si trasforma in un campo di concentramento. Immense tendopoli di disperati, laceri, affamati, che dormono accanto ai cadaveri dei compagni. Alla fine sono 24mila gli austriaci transitati per l'Asinara e 5.700 sono ancora lì, nell'ossario del cimitero, morti di colera e di stenti. Anche se, dopo un primo anno infernale, quelli successivi (grazie al dirottamento dei prigionieri verso altri luoghi e al superamento dell'epidemia) segnano invece una situazione molto più civile. Al punto che molti austriaci, al momento di essere liberati, ringraziano con la convinzione di essere stati salvati da quella prigionia. Anche nel 1937 arrivano prigionieri malati dall'Abissinia (si dice addirittura che tra loro ci fosse la figlia di Haile Sellassie). Durante la seconda guerra mondiale non ci furono problemi particolari, salvo dopo il 1943, determinato dai liberandi che non potevano rientrare a casa perché le loro città erano occupate.
L'altra svolta per l'isola avviene nel 1971 quando sono inviati in soggiorno coatto cinque sospetti mafiosi, proprio mentre molti vorrebbero che, dopo la sostanziale dismissione del lazzaretto, venisse archiviata anche la colonia penale per lanciare l'Asinara turisticamente. Invece è solo l'inizio, perché di lì a poco verrà realizzato il supercarcere dove verranno reclusi molti esponenti delle Brigate rosse e i mafiosi più pericolosi. Vi transitano infatti Renato Curcio e Alberto Franceschini, Mario Brusca e Totò Riina, Sante Notarnicola e Horst Fantazzini. Solo un'evasione riuscita, quella di Matteo Boe con la complicità di una donna. Curiosamente finisce in carcere anche il direttore dello stesso carcere, Luigi Cardullo, cinque anni per peculato e truffa. Poi, a fine 1997 si chiudono tutti i carceri e l'isola diventa parco naturale.

Zum Aufstand von 1978 und den Haftbedingungen in Asinara vgl. auch dieses Interview mit Renato Curcio

Der Wikipedia-Eintrag über die Insel in deutscher Sprache ist eher "mittel", denn wirklich informativ.

 

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