"Für die Toten ist nur die Hisbollah verantwortlich"
heißt es am Samstag im Kommentar von Alan M. Dershowitz in der Süddeutschen Zeitung (29.7.2006):
Der Tenor des Kommentars lautet, dass es "keine klare Trennlinie zwischen Kämpfern und Zivilisten mehr" gebe: "Israel hat das Recht, das Leben seiner eigenen Bürger über das Leben der Bürger im Gebiet des Aggressors zu stellen."
Für die toten Zivilisten macht der amerikanische Strafverteidiger die Hisbollah verantwortlich und bemüht dafür die Logik des us-amerikanischen Strafrechtes:
"Kriegsrecht und moralische Bewertung militärischer Einsätze müssen sich diesen neuen Realitäten anpassen. Schuld und Verantwortung für zivile Opfer sollte direkt den Terroristen zugewiesen werden, die alles in ihrer Macht Stehende tun, diese Opferzahl zu maximieren. Hier mag ein Vergleich mit dem US-Strafrecht aufschlussreich sein: Nimmt ein Bankräuber einen Kassierer als Geisel und bedient er sich seiner als Schutzschild, während er auf die Polizei schießt, so ist er des Mordes schuldig, falls die Polizei daraufhin versehentlich die unschuldige Geisel tötet.
Dasselbe sollte auch für Terroristen gelten, die Zivilisten als Schilde benutzen, hinter denen sie ihre Raketen abfeuern. Israel muss es erlaubt sein, den Kampf zu beenden, den Hamas und Hisbollah angefangen haben – selbst wenn dies zivile Opfer in Gaza und im Libanon bedeutet. Eine Demokratie hat das Recht, das Leben ihrer eigenen unschuldigen Zivilisten über das Leben der Zivilisten eines Aggressors zu stellen, besonders dann, wenn sich unter jenen Zivilisten zahlreiche Komplizen der Terroristen befinden."
Es ist diese Logik des Staates, die die Verantwortung für eigenes Handeln auf Dritte abschiebt. Wenn man nämlich nicht mehr selbst für sein Handeln verantwortlich ist, dass heißt die Verantwortung für die Folgen des eigenen Handelns jemand anderem zuschreiben kann (z.B. Geiselbefreiung ohne Rücksicht auf die Folgen für die Geiseln), dann ist das nicht nur ein moralischer Dammbruch. Sondern es bedeutet konkret, dass sich das staatliche Handeln über das seiner Bürger erhebt. Aus Sicht der Geiseln hat eine solche Argumenation fatale Folgen. Wenn der Staat bzw. seine Exekutive die moralische Schuld für den "Kolleratalschaden" seiner Handlungen jemandem anderen moralisch wie rechtlich zuschieben kann, dürfte das eine Enthemmung seiner Aktionen begünstigen. Und ob nun der Bankräuber schuld war oder nicht, ist für die tote Geisel ziemlich unerheblich. Ein solche Rechtsauffassung begünstigt staatliches Handeln, dass das Leben der Geiseln zur Disposition zu stellen bereit ist.
Und was Israel angeht, lässt sich bei Moshe Zimmermann in der Süddeutschen Zeitung (24.7. 2006: "Bomben der Souveränität") nachlesen, was diese Rechtsauffassung konkret bedeutet, wenn - wie es der Fall ist -, die Hisbollah im Libanon im Zuge des libanesischen politischen Kräfteverhältnisses für eine Anomalität angesehen wird:
"Doch wo es nicht um souveräne Staaten geht, gibt es keine klaren Regeln mehr. Deswegen meint Israel (wie auch die USA) für beide Ausnahmefälle könnten nahezu selbstverständlich besondere Regeln geltend gemacht werden. Und fügt der Libanon sich den gesetzten Reglen nicht, so wird er für die Ereingnisse auf libanesischem Territorium verantwortlich gemacht. Nach israelischer Logik wird durch das Bombardement nicht nur Israel, sondern auch der Libano als souveräner Staat gestärkt, da dadurch die Hisbollah-Autonomie mitsamt ihrer militärischen Infrastruktur vernichtet werden soll."
Die Konsequenz dieser Logik muss spätestens seit diesem Wochenende zur Kenntnis genommen werden.
heißt es am Samstag im Kommentar von Alan M. Dershowitz in der Süddeutschen Zeitung (29.7.2006):
Der Tenor des Kommentars lautet, dass es "keine klare Trennlinie zwischen Kämpfern und Zivilisten mehr" gebe: "Israel hat das Recht, das Leben seiner eigenen Bürger über das Leben der Bürger im Gebiet des Aggressors zu stellen."
Für die toten Zivilisten macht der amerikanische Strafverteidiger die Hisbollah verantwortlich und bemüht dafür die Logik des us-amerikanischen Strafrechtes:
"Kriegsrecht und moralische Bewertung militärischer Einsätze müssen sich diesen neuen Realitäten anpassen. Schuld und Verantwortung für zivile Opfer sollte direkt den Terroristen zugewiesen werden, die alles in ihrer Macht Stehende tun, diese Opferzahl zu maximieren. Hier mag ein Vergleich mit dem US-Strafrecht aufschlussreich sein: Nimmt ein Bankräuber einen Kassierer als Geisel und bedient er sich seiner als Schutzschild, während er auf die Polizei schießt, so ist er des Mordes schuldig, falls die Polizei daraufhin versehentlich die unschuldige Geisel tötet.
Dasselbe sollte auch für Terroristen gelten, die Zivilisten als Schilde benutzen, hinter denen sie ihre Raketen abfeuern. Israel muss es erlaubt sein, den Kampf zu beenden, den Hamas und Hisbollah angefangen haben – selbst wenn dies zivile Opfer in Gaza und im Libanon bedeutet. Eine Demokratie hat das Recht, das Leben ihrer eigenen unschuldigen Zivilisten über das Leben der Zivilisten eines Aggressors zu stellen, besonders dann, wenn sich unter jenen Zivilisten zahlreiche Komplizen der Terroristen befinden."
Es ist diese Logik des Staates, die die Verantwortung für eigenes Handeln auf Dritte abschiebt. Wenn man nämlich nicht mehr selbst für sein Handeln verantwortlich ist, dass heißt die Verantwortung für die Folgen des eigenen Handelns jemand anderem zuschreiben kann (z.B. Geiselbefreiung ohne Rücksicht auf die Folgen für die Geiseln), dann ist das nicht nur ein moralischer Dammbruch. Sondern es bedeutet konkret, dass sich das staatliche Handeln über das seiner Bürger erhebt. Aus Sicht der Geiseln hat eine solche Argumenation fatale Folgen. Wenn der Staat bzw. seine Exekutive die moralische Schuld für den "Kolleratalschaden" seiner Handlungen jemandem anderen moralisch wie rechtlich zuschieben kann, dürfte das eine Enthemmung seiner Aktionen begünstigen. Und ob nun der Bankräuber schuld war oder nicht, ist für die tote Geisel ziemlich unerheblich. Ein solche Rechtsauffassung begünstigt staatliches Handeln, dass das Leben der Geiseln zur Disposition zu stellen bereit ist.
Und was Israel angeht, lässt sich bei Moshe Zimmermann in der Süddeutschen Zeitung (24.7. 2006: "Bomben der Souveränität") nachlesen, was diese Rechtsauffassung konkret bedeutet, wenn - wie es der Fall ist -, die Hisbollah im Libanon im Zuge des libanesischen politischen Kräfteverhältnisses für eine Anomalität angesehen wird:
"Doch wo es nicht um souveräne Staaten geht, gibt es keine klaren Regeln mehr. Deswegen meint Israel (wie auch die USA) für beide Ausnahmefälle könnten nahezu selbstverständlich besondere Regeln geltend gemacht werden. Und fügt der Libanon sich den gesetzten Reglen nicht, so wird er für die Ereingnisse auf libanesischem Territorium verantwortlich gemacht. Nach israelischer Logik wird durch das Bombardement nicht nur Israel, sondern auch der Libano als souveräner Staat gestärkt, da dadurch die Hisbollah-Autonomie mitsamt ihrer militärischen Infrastruktur vernichtet werden soll."
Die Konsequenz dieser Logik muss spätestens seit diesem Wochenende zur Kenntnis genommen werden.
contributor - am Montag, 31. Juli 2006, 16:04 - Rubrik: Buergerliches Recht