"Schreiben, um vergessen zu werden" heisst es im Tagesspiegel (6.1. 2009) im angeblich letzten Interview mit Donald Westlake. Dabei erfahren wir ein bisschen etwas über US-Kulturgeschichte:
"Welche gesellschaftliche Funktion erfüllt ein Kriminalroman in den USA?
Westlake: Der amerikanische Krimi handelt vom Individuum und seinem Recht zu handeln – im Gegensatz zum englischen, in dem es immer darum geht, einen Bruch in der Gesellschaft zu kitten. Das Individuum löst in den USA nicht die Probleme der Gesellschaft, und die Gesellschaft wird nicht die Probleme des Individuums lösen. Ob man Polizist ist oder Gangster, Verbrechen aufklärt oder Verbrechen begeht – was zählt, ist der Einzelne.
Auch in Zeiten globaler Wirtschaftskrisen?
Westlake: Diese Fixiertheit auf das Individuum war in den USA nicht immer so. In den 30er Jahren, als die US-Gesellschaft viele Probleme hatte und auch politisch stärker an kollektiven Maßnahmen interessiert war, ging der Erfolg von Romanen über Privatdetektive spürbar zurück. Aber als Mitte der 40er Jahre die aus dem Krieg heimgekehrten Soldaten ihr Leben wieder allein auf sich gestellt meistern mussten, erlebte der Privatdetektivroman ein Comeback und alles, was mit dem Individuum zusammenhing."
Und dann erfahren wir auch noch, was gemeint ist, "wie ein Franzose zu schreiben":
"Ein Filmregisseur sagte einmal, Sie schrieben in Ihren Parker-Romanen wie ein Franzose. Was, glauben Sie, hat er damit gemeint?
Wenn ein amerikanischer Autor über einen Bankräuber schreibt, dann braucht der Dieb immer das erbeutete Geld, um einem kleinen Mädchen im Rollstuhl die lang ersehnte Operation bezahlen zu können. Ein französischer Autor schreibt über einen Bankräuber, weil er Banken ausraubt, Punkt. Deshalb habe ich es als Kompliment aufgefasst, dass ich wie ein Franzose schreibe.
Haben Sie die Verbrechen, die Sie in Ihren Romanen schildern, je beunruhigt?
Nein. Ich achte allerdings darauf, nie jemanden als Opfer zu wählen, der zuviel Sympathie auslöst. Wenn Parker eine Bank ausraubt, wird niemand wegen der Bank in Tränen ausbrechen."
Und dann die Sache mit der "Fortbildung":
"Lesen Kriminelle Krimis?
Ja. Richard Stark hat sehr viel Post aus dem Gefängnis bekommen. Die Insassen hatten eigenartigerweise das Gefühl, dass ich ihre Perspektive verstehe. Solche Briefe bekam ich eher auf die Bücher, die ich unter dem Namen Richard Stark denn als Donald Westlake veröffentlichte. Aus dem State Prison von Walhalla im Bundesstaat Washington schrieb mir mal einer, er habe soundso viele Jahre wegen bewaffneten Raubüberfalls aufgebrummt bekommen und sich eine ganze Reihe meiner Parker-Romane mit ins Gefängnis genommen, um sich mal gründlich fortzubilden."
"Welche gesellschaftliche Funktion erfüllt ein Kriminalroman in den USA?
Westlake: Der amerikanische Krimi handelt vom Individuum und seinem Recht zu handeln – im Gegensatz zum englischen, in dem es immer darum geht, einen Bruch in der Gesellschaft zu kitten. Das Individuum löst in den USA nicht die Probleme der Gesellschaft, und die Gesellschaft wird nicht die Probleme des Individuums lösen. Ob man Polizist ist oder Gangster, Verbrechen aufklärt oder Verbrechen begeht – was zählt, ist der Einzelne.
Auch in Zeiten globaler Wirtschaftskrisen?
Westlake: Diese Fixiertheit auf das Individuum war in den USA nicht immer so. In den 30er Jahren, als die US-Gesellschaft viele Probleme hatte und auch politisch stärker an kollektiven Maßnahmen interessiert war, ging der Erfolg von Romanen über Privatdetektive spürbar zurück. Aber als Mitte der 40er Jahre die aus dem Krieg heimgekehrten Soldaten ihr Leben wieder allein auf sich gestellt meistern mussten, erlebte der Privatdetektivroman ein Comeback und alles, was mit dem Individuum zusammenhing."
Und dann erfahren wir auch noch, was gemeint ist, "wie ein Franzose zu schreiben":
"Ein Filmregisseur sagte einmal, Sie schrieben in Ihren Parker-Romanen wie ein Franzose. Was, glauben Sie, hat er damit gemeint?
Wenn ein amerikanischer Autor über einen Bankräuber schreibt, dann braucht der Dieb immer das erbeutete Geld, um einem kleinen Mädchen im Rollstuhl die lang ersehnte Operation bezahlen zu können. Ein französischer Autor schreibt über einen Bankräuber, weil er Banken ausraubt, Punkt. Deshalb habe ich es als Kompliment aufgefasst, dass ich wie ein Franzose schreibe.
Haben Sie die Verbrechen, die Sie in Ihren Romanen schildern, je beunruhigt?
Nein. Ich achte allerdings darauf, nie jemanden als Opfer zu wählen, der zuviel Sympathie auslöst. Wenn Parker eine Bank ausraubt, wird niemand wegen der Bank in Tränen ausbrechen."
Und dann die Sache mit der "Fortbildung":
"Lesen Kriminelle Krimis?
Ja. Richard Stark hat sehr viel Post aus dem Gefängnis bekommen. Die Insassen hatten eigenartigerweise das Gefühl, dass ich ihre Perspektive verstehe. Solche Briefe bekam ich eher auf die Bücher, die ich unter dem Namen Richard Stark denn als Donald Westlake veröffentlichte. Aus dem State Prison von Walhalla im Bundesstaat Washington schrieb mir mal einer, er habe soundso viele Jahre wegen bewaffneten Raubüberfalls aufgebrummt bekommen und sich eine ganze Reihe meiner Parker-Romane mit ins Gefängnis genommen, um sich mal gründlich fortzubilden."
contributor - am Dienstag, 6. Januar 2009, 16:42 - Rubrik: Literatur und Bankraub