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Das Weblog zur Volkskunde des Bankraubs

 

Bankraub in Film und Fernsehen

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Neulich fragte die Jungle World bei verschiedenen AutorInnen, LeserInnen und linken Promis nach deren Lieblingswitzen und veröffentlichte dann tatsächlich - neben einigen Texten zum Thema "Die Linke und der Humor. Lachen können sie woanders" - 31 Witze von Diedrich Diedrichsen und anderen. "Analyse und Kritik" (17.3. 2006, S. 35 "Aufgeblättert") lobte den Mut, das Thema angepackt zu haben, bemerkte aber auch, dass es gerade die Jungle World sei, die nicht gerade durch die Fähigkeit aufgefallen sei, sich selbst nicht ganz so ernst zu nehmen. Wohl wahr. Zumal man diese Redaktion offenbar auch nicht ernst nehmen kann.

Denn bestimmte redaktionelle Leistungen in dieser Zeitung sind selbst eine Lachnummer beziehungsweise zum Davonlaufen ("Lachen können sie woanders"). Wenn etwa in der Ausgabe Nr. 14 (5.4. 2004) im Feuilleton unter dem Kürzel (AHA) - vermutlich Andreas Hartmann - eine neue Verschwörungstheorie in Sachen Spike Lee ("Inside Man") zum Besten gegeben wird.

Niemand hatte es bisher gesehen. Aber ein Jungleworld-Feuilleton-Redakteur muss wieder eine anti-deutsche Befindlichkeit zum Besten geben (LeserInnen, die mit den Verwerfungen innerhalb der linksradikalen Szene nicht so vertraut sind, können sich bei Gerhard Hanloser (Hg.): „Sie warn die Antideutschesten der deutschen Linken“. Zu Geschichte, Kritik und Zukunft antideutscher Politik. Unrast, Münster 2004 informieren - wobei der Titel eigentlich heißen müsste: "Sie sind die deutschesten der deutschen Linken"). Unter der Überschrift "Die besseren Nazis" wird behauptet, dass der neue Film von Spike Lee, "Inside Man" durch "die dauernde Verwendung plumper antisemitischer Klischees" auffalle.

Was sonst noch keinem aufgefallen, das verkündet die Jungle World (wobei das für solche Leute natürlich kein Gegenargument, sondern die Bestätigung ihrer Wahnvorstellung ist) der gläubigen Gemeinde:

"Der Direktor der überfallenen Bank, so stellt sich schon bald heraus, ist Jude. Banken gehören meist Juden, das kennt man ja."

Könnte es nicht sein, dass AHA hier selbst eigenen antisemitischen Projektionen aufgesessen ist? Aus dem Film geht seine/ihre Behauptung nicht hervor, jedenfalls habe ich das nicht gesehen, gehört und bemerkt, und es wurde auch in keiner Rezension, die mir bisher zugänglich war, festgehalten:

"Aber dieser Bankdirektor hat auch noch ein dunkles Geheimnis, und das hält er in einem Safe in seiner eigenen Bank unter Verschluss. Wie sich bald herausstellt, würden die in dem Safe gelagerte Papiere beweisen, dass der Herr Bankdirektor damals mit den Nazis gemeinsame Sache gemacht hatte, dass sein ganzer unermesslicher Reichtum auf dem Verrat anderer Juden beruht. Ah ja, klar: Die besten Nazis waren also immer noch die Juden selbst, oder wie?"

Das ist immer derselbe Trick in der "Argumentation" oder sagen wir besser "Verleumdung". Die eigenen Schlussfolgerungen werden zur Tatsache erhoben. Die eigene Interpretation, das eigene Begehren wird dabei auf eine Filmhandlung projeziert. Selbst angenommen, es würde sich um einen jüdischen Bankdirektor handeln, dann wird die eigene deutsche Nazi-Geschichte auf den 'Neger' ("Das neue Werk des afroamerikanischen Regisseurs") projeziert. Die Versuche, die nazi-deutsche Geschichte zum omnipräsenten und die Weltgeschichte einzig seligmachenden Ereignis zu verklären, das ist die antideutsche (und vielleicht fieseste) Form der Entsorgung der deutschen Nazi-Geschichte. Das anti-deutsche Ticket (Adorno) vermag so en passant die eigenen Befindlichkeiten und Ressentiments in eine Form von Gutmenschentum umzumünzen, gegen die Walter Jens und der Küng noch sympathische Gestalten sind.

Man könnte außerdem dann daran zweifeln, dass der AHA den Film tatsächlich gesehen hat, wenn man sich anschaut, wie er den filmischen Widerpart des Bankdirektors der Manhattan Trust Bank beschreibt:

"Gegen so einen üblen, habgierigen und unmoralischen Juden wie den Bankdirektor müssen dann sogar der schwarze Supercop (Denzel Washington) und der smarte weiße Bankräuber (Clive Owen) zusammenhalten. Irgendjemand muss schließlich endlich mal für Ordnung sorgen in dieser verjudeten Stadt."

Hier unterschlägt uns der Autor schlicht, dass es gerade jüdische Widersacher sind, die mit dem Bankdirektor - dessen jüdische Herkunft bisher nur er bebemerkt hat - noch ein Hühnchen zu rupfen haben. Der Protagonist wird einfach zum "Weißen" gemacht. Schöne Umschreibung (weil nicht falsch, aber das entscheidende Detail einfach unterschlagen).

Insider aus der Jungle World-Leserschaft wissen natürlich, wie solche Texte dort entstehen. Aber selbst wenn der Autor diese Geschichte nur so aufgeschnappt hat und zugleich in einen beiläufigen Artikel verwurstete, ist es wohl kein Zufall, wie hier die eigene, weil deutsche Nazi-Geschichte instrumentalisiert und entsorgt wird.

Diese Form mit der Nazi-Geschichte die eigenen Befindlichkeiten zu pflegen ist aber keine Lachnummer mehr, sondern irgendwo zwischen Tragik und Farce linker Publizistik in diesem Lande anzusiedeln.

Bonnie & Clyde ist nach langer Zeit mal wieder im Kino zu bewundern und zwar in Wien im Orginal mit Untertiteln. Das GARTENBAUKINO in Wien zeigt ab 7. April 2006

BONNIE & CLYDE
ein Film von Arthur Penn
USA 1967
111min, OmU

"Sie sind jung, verliebt und sie töten Menschen.
Mit "Bonnie and Clyde" begann in Amerika ein Kino der Gegenkultur, der Kompromisslosigkeit. Arthur Penn inszenierte 1967 die zum Mythos gewordene, wahre Geschichte des GangsterpÀrchens Bonnie Parker und Clyde Barrow.

"Bonnie and Clyde" erzählt die historisch belegte Geschichte jener
Barrow-Gang, die in den 20er Jahren - am Höhepunkt der großen
wirtschaftlichen Depression und Massenarbeitslosigkeit - das Land durch eine Serie von Banküberfällen und Raubzügen in Atem gehalten hatte. Bald begann sich unter den Arbeitslosen und Ausgebeuteten eine Art romantischer Mythos und unverhohlene Sympathie für die Gangster zu entwickeln, ein Umstand, auf den die Polizei mit immer ohnmächtigerem Hass und größerer Gewalt reagierte.

Seit vielen Jahren erstmalig wieder im Kino-Einsatz bietet sich jetzt
die Gelegenheit die filmische Legende "Bonnie and Clyde" wiederzusehen. Oder zum ersten Mal zu entdecken."


7. bis 20. April, täglich um 17, 19 und 21 Uhr im GARTENBAUKINO

Nun zu dieser Ankündigung wäre vielleicht anzumerken, dass dieser Film selbst zur weiteren Mystifizierung von Bonnie & Clyde beigetragen hat. Davon zeugen auch zahlreiche Eintragungen in diesem Blog.

Nachdem ich mir nun gestern abend "Inside Man" von Spike Lee selbst gesehen habe, bleibt es dabei: Wirklich empfehlenswert. Und für gewiefte KinogängerInnen lohnt sich bestimmt ein zweiter Besuch, weil nicht alles beim ersten Mal mitzubekommen ist.

Im anschließenden Gespräch mit meinem Kollegen zeigte sich, dass der Film derartig viele Details enthält, die spannend sind und zur Erklärung beitragen, dass man sie kaum alle auf einmal beobachten kann.

Z.B.: Schon eingangs werden wir darauf hingewiesen, dass die überfallene Bank 1948 gegründet wurde. Der Grund hierfür, ergibt sich erst im Laufe des Filmes. Also zu mehreren hingehen und sich hinterher austauschen (Wie überhaupt Kinogehen einfach ein kollektives Ereignis sein muss).

Die Pointe sei hier nicht verraten, aber der Film zeigt auf eleganten Weise, dass mitunter die wahren Verbrecher eben nicht die Bankräuber sind, sondern die, die Bank besitzen. Aber wem muss man das an dieser Stelle noch sagen?

By the way: Das von uns sehr geschätzte "Matts Blog - Film und Sport" bemerkte in seiner Berichterstattung richtigerweise, dass der Film "ein Fest" für dieses Blog darstelle:

"Spike Lees Inside Man ist nicht nur ein Fest für das Weblog zur Volkskunde des Bankraubs - sondern auch für den ganz normalen Kinogänger: Ein kurweilig inszenierter Thriller-Spaß, so ein bisschen eine Mischung aus Oceans Eleven und Ein verrückt genialer Coup. (...)
Daher: Beste Kino-Unterhaltung mit einem winzigen Tick Anspruch garniert. Anschauen!"


Was soll man dazu noch sagen .... ?

Vielleicht noch soviel, dass es schon ein oder zwei Ungereimtheiten in der Logik des Drehbuches gibt. Und das soviel Coolness vielleicht doch eher der Filmwelt entspringt, aber wissen wir das im Grunde genommen nicht bereits? Und wird in diesem Blog nicht andauernd behauptet, dass es gerade beim Bankraub die Welt des Filmes ist, die versucht die Wirklichkeit zu dominieren, bzw. die Kinogänger sich die Wirklichkeit gemäß ihrer aus Filmen gewonnen Phantasien zurechtlegen?

enthüllt die Junge Welt (25.03. 2006) in ihrer ebenfalls ausgiebigen Bezugnahme auf den neuesten Spike-Lee-Film:

"In Spike Lees neuem Film »The Inside Man« wird beim Banküberfall sensationellerweise Albanisch gesprochen.
(...)
Das Branchenblatt Hollywood Reporter sah in »Inside Man« sogar explizit einen Gegenentwurf zum Oscargewinner »L.A. Crash«: »Nicht daß in ›Inside Man‹ nicht auch rassische Spannungen vorkämen oder gelegentlich Vorurteile aufblitzten, letztlich aber vor allem feiert der Film die enorme ethnische und kulturelle Vielfalt von New York und weitergehend von ganz Amerika. Zu einer Schlüsselstelle gehört sogar, daß, sobald auf einer beliebigen Straße Manhattans irgendeine halbwegs unverständliche Sprache über Lautsprecher zu hören ist, man sich darauf verlassen kann, auch jemanden zu finden, der genau diese Sprache versteht.«

Die Sequenz, auf die der Hollywood Reporter hier anspielt, gibt in der Tat einige wichtige Hinweise zum Thema Sprachverwirrung und Vorurteil: Denzel Washington und seine Kollegen bekommen beim Abhören des Funkverkehrs der Geiselnehmer eine Sprache zu hören, die sie nicht verstehen. Zunächst denken sie, es sei Russisch (klar, die Russen-Mafia aus Little Odessa). Ist es aber nicht. Washington weiß, daß es auf den Straßen Manhattans Hunderttausende von Fremdsprachenkundigen geben muß, die meisten davon Taxifahrer. Mit der Lautsprecheranlage des Polizeiwagens überträgt er die Botschaft in der unidentifizierbaren Sprache auf die Straße. Prompt meldet sich auch jemand: Ein Taxifahrer behauptet, die Botschaft sei in Albanisch. Der Typ selbst kann kein Albanisch. Seine Exfrau aber komme aus Albanien, und die rede quasi ununterbrochen, die Sprache sei definitiv Albanisch. Washington läßt beim albanischen Konsulat anrufen, die sollen mal schnell einen Dolmetscher rüberschicken. Das Konsulat antwortet: Nicht mit uns und vor allem nicht ohne Honorar. Also muß die besagte Exfrau ran. Deren Auftritt wird dann als der einer toughen Vorortschlampe stilisiert, der man nichts groß mehr erzählen kann, weil sie selber ununterbrochen zynischen Quatsch redet. Albanisch kann sie tatsächlich. Sie hört die Botschaft und lacht sehr laut: Das ist Enver Hoxha. Wer? Enver Hoxha, Gründer der Partei der Arbeit Albaniens und Landesvater des ausdrücklich ersten offiziell atheistischen Staates der Welt. Jedes Kind in Albanien kenne diese Stimme. Der Mann sei übrigens bereits verstorben. Und was redet der da? Es gehe um den soundsovielten Jahrestag von irgendwas, Albanien ist das fortschrittlichste und beste Land der Welt, die Revolution hat gesiegt etc pp.

Mit der von den Geiselnehmern übermittelten Botschaft der Partei der Arbeit Albaniens dürfte »Inside Man« der erste US-amerikanische Spielfilm sein, in dem eine Rede Enver Hoxhas in der Originalsprache zu hören ist. Ein Zeichen sowohl für die gute Laune der Geiselnehmer als für den Verfremdungshumor von Spike Lee. Er nimmt das Banküberfall-Thema eher auf die leichte Schulter. Ebenso die Verschwörungsgeschichte im Hintergrund des Plots. Die läuft darauf hinaus, daß das Gründungskapital der Bank aus den blutigen Geschäften von Nazikollaborateuren stammt. Das weiß doch sowieso jeder: Sobald's ums Geld geht, kennt die herrschende Klasse keine Verwandten mehr. Ihr Motto: »When there's blood on the streets, buy property« (Sind die Straßen voll Blut, kaufe Grundbestitz)."


Die Junge Welt will sich natürlich ein bisschen absetzen und lässt den Rezensenten dann ein paar "lässige" Urteile schreiben. Und das ist nichts als Stil. Nachvollziehbar sind solche Behauptunten in der Regel sowieso nicht. Das ist Pop, und solche Prosa ist nicht begründungspflichtig, freuen wir uns also an den zahlreichen nützlichn Informatione zum Film:

"Tatsächlich geht es Lee eher darum, Bilder einer anderen (und vor allem aktuell gewichtigeren) Ordnung als der des Genrethrillers in seinen Film zu schmuggeln: Bilder aus einem (fiktiven) Computerspiel, mit dem eine der Geiseln, ein kleiner schwarzer Junge (»Hast du Angst?«; »Quatsch, ich bin aus Brooklyn«) sich die Zeit vertreibt. Das Spiel heißt »Kill that Nigger« und simuliert, in tödlicher Manier affirmativ, schwarze Gewaltkriminalität. Man sieht Videobilder von der Exekution einer Geisel, die sich später als Simulation herausstellt. Die Bilder erinnern fatal an neuere Entwicklungen in der Abteilung des Snuff-Film-Genres, die allgemein als TV-Nachrichten bekannt ist. Und schließlich – als dramaturgischer Trick wiederholt in die Handlung eingeschnitten – Bilder vom nachträglichen Verhör der Geiseln, unter denen man auch die Geiselnehmer vermutet. Die Verhöre arbeiten mit mildem psychologischem Terror und sind dennoch unergiebig. Die Ununterscheidbarkeit zwischen Geiseln und Geiselnehmern (»im Overall sind alle gleich« Berliner Zeitung) ist vielleicht die böseste Wahrheit des Films. Und das nicht nur, weil jedes Verhör zwangsläufig Verdächtige/Schuldige produziert. Man muß in diesem Zusammenhang nur an die jüngsten Debatten um die Nützlichkeit von sogenannter milder Folter zur Terrorprävention denken und es wird einem ziemlich mulmig. Die Hinweise auf Debatten solcher Art gehören jedenfalls zur interessanteren Schmuggelware in Lees ansonsten schon fast zu lässigem Film."

"Noch inniger als die Panzerknacker sehnen sich Filmemacher nach dem perfekten Bankraub" heißt es in der FR-Rezension (22.3.2006) über Inside Man.

lesen wir auf Telepolis (23.3. 2006) von Rüdiger Suchsland: "Die Bank als Laboratorium der USA", die an den taz-Artikel von Jan Distelmeyer anknüpfen kann und weitere ergänzende Informationen bereit hält:


"Wer hier drinnen, und wer draußen ist, bleibt vorerst unklar - der neue Film von Spike Lee ("Doin' the Right Thing", "Malcolm X", "25th Hour") ist ein Thriller in der ehrwürdigen Tradition des "Heist-Movies"; "Rififi" trifft "A Dog Day Afternoon". Doch der Thriller hat Tiefgang, und am Ende ist alles anders, als es schien. Mit wunderbarem Stil setzt Spike Lee seine Desillusionierungen des amerikanischen Traums fort und bietet scharfe Kritik an Rassismus und sozialen Verhältnissen.InsideMan_1
(...)
Er bleibt seinen Ursprüngen treu, indem er Macht zeigt, indem er uns ganz subtil auf die andere Seite zieht, die jenseits der Macht. Spike Lee bleibt auch hier auf der Straße, bleibt bei den normalen Menschen. Um manches hingegen geht es gar nicht. Um Psychologie etwa. Darum glaubten manche, auch kluge US-Kritiker, man könne dem Film flache Charaktere vorwerfen, oder dass die Gruppenkonstellation im Gegensatz zu Klassikern des Heist-Genres nicht auf ihre inneren Brüche hin dramatisiert sei. Aber Spike Lee will David Mamet keine Konkurrenz machen. Ihn interessieren die Probleme alter Männer nicht. Auch "Whodunnit"-Rätseleien sind ihm egal. Anstelle dessen geht es um das System und um Typisierungen. Repräsentation statt Individualität, Soziologie statt Psychologie.

"I was young and ambitious.": Bush und die Nazis

Auch darum schmiedet der Film am Ende ein klammheimliches Bündnis zwischen Polizeidetektiv und Gangster, die einander viel ähnlicher sind, als sie zunächst glauben (wollen). Sie machen sich keine Illusionen: "When there is blood on the streets, buy property." Denn die wahren Gangster, damit darf man bei diesem Regisseur rechnen, sind nicht die Bankräuber, sondern die Bankbesitzer: "It was 60 years ago, I was young and ambitious. I sold my soul and I try to buy it back ever since." Man sagt Lee gern antisemitische Neigungen nach. Hier beweist er das Gegenteil.

Ein Teil seiner - guten - Gangster entpuppen sich als Juden, die einen alten Nazi-Freund fertigmachen. "I was stealing from a man, who treated us away for a few dollars." Es dürfte keineswegs Zufall sein, dass sich diese verborgene Vergangenheit mit der von Präsidenten-Großvater Prescott Bush deckt, der als Vorstandsmitglied der Privatbank Brown Brothers Harriman von Geschäften mit Nazi-Deutschland vor und während des Zweiten Weltkriegs noch nach US-Kriegseintritt profitierte.

Und auch für einen harmlos-treffenden Joke auf Kosten von Peter Jackson und seinen Tolkinisten ist noch Zeit: - "Follow the ring!" sagt Owen und grinst. Und wir mit ihm. Spannend, dabei immer wieder auch sehr witzig, voll scharfer Dialoge, ist Spike Lee ein glänzender Film gelungen, in dem trotz einer Menge Action kein bisschen Blut fließt - auch mal angenehm unkonventionell -, voll rätselhaftem, verhaltenen Thrill, lässig, rhythmisch, cool und schön. "

Jan Distelmeyer lobt in der taz (23.3. 2005) gleichermaßen Spike Lees "Inside Man" in höchsten Tönen ...

"Nichts ist falsch am Genrefilm
Weil er es kann: Mit seinem neuen Film "Inside Man" bewegt sich Spike Lee virtuos im Genre des Caper-Movies. Seine Bankräuber arbeiten am perfekten Coup, sein Ermittler glänzt durch Schlagfertigkeit, und Jodie Foster ist besser denn je.
(...)
Es hat hier in der Tat Sinn, die Erwartungen ausnahmsweise weniger am (wie auch immer skizzierten) Image des berühmtesten afroamerikanischen Regisseurs als eben am Genre auszurichten. Caper-Movies handeln von der Durchführung spektakulärer Raubzüge. Ihre Perspektive ist von "The Asphalt Jungle" (1950) über "Rififi" (1954) bis zu "Ocean's Twelve" (2004) die der Gangster, und mit ihnen wird das Rein- und wieder Rauskommen zur Kopf- und Herzensangelegenheit. Lagepläne wollen studiert, Abläufe präzise geplant sein. Sicherheitsvorkehrungen müssen überwunden, Safes oder Schlösser geknackt und der Ort des Verbrechens möglichst spurlos wieder verlassen werden.

Wenn man so will, besteht das Wesen der Caper-Movies also in der Studie, den Geheimnissen sowie dem Beherrschen von Räumen, und genau das weiß "Inside Man". Seine Haltung als Genrefilm besteht darin, dieses Wissen nun keineswegs postklassisch doppelbödig auszuspielen, um den Schulterschluss mit allen Kennern zu suchen (und damit die Grenzen des Genres zitaten- und gestenreich zu verlassen), sondern den Rahmen so ernst wie möglich zu nehmen. There's nothing wrong with doing genre films: Für "Inside Man" wird so das Genre selbst ein Raum, in dem er sich bestens auskennt, um sich elegant und souverän darin zu bewegen."


... und wir loben wiederum Jan Distelmeyer für seine anregende Filmkritik.

Er beschreibt in überaus anregender Weise "um was es geht" in "Inside Man". Er weiss die Zusammenhänge herzustellen, den Filmablauf zu erklären und zu interpretieren. Wirklich sehr schön: Filmikritik auf Augenhöhe ...

"Jodie Foster, kalt und selbstsicher wie nie zuvor in ihrer Karriere, trägt ihr elegantes Designerkostüm wie eine Wall-Street-Nahkampfausrüstung, als sie klarstellt: "Hören Sie, Detective, worum es hier geht, das sind Dinge, die ihre Besoldungsstufe überschreiten."

"Worum es hier geht", ist natürlich mehr als ein Banküberfall - in dem Sinne, dass das Gelingen des perfekten Raubzugs schließlich auf "arisiertes" Kapital aus Nazideutschland abzielt. Doch auch jenseits dieser Plotentwicklung offeriert das Debüt von Drehbuchautor Russel Gewirtz Sinnangebote. Neben den direkten Anspielungen auf die momentane Terror-Hysterie und damit verbundenen Stigmatisierungen (eine der freigelassenen Geiseln hat das Pech, als Sikh einen Bart und Turban zu tragen. Die Polizisten drehen durch: "Scheiße, ein Araber!") wird hier der Kniff Dalton Russels interessant, Gangster und Geiseln als identisch erscheinen zu lassen. Die daraus resultierende Panik der Behörden nach der Geiselnahme, jeden der Overallträger unter Verdacht zu stellen, ja stellen zu müssen, lässt sich leicht als Karikatur der gegenwärtigen Verhältnisse lesen. In diesem Sinne wäre die Geiselnahme in der Manhattan Trust Bank tatsächlich, wie Detective Frazier sagt, "kein Banküberfall". Dass überdies die Technik des Urmisstrauens, die konkrete Paranoia von Frazier & Co, am Ende gar nichts bringt, spricht ebenso für sich."



Denn nicht nur der Filmprotagonist Dalton Russel "kann es" (eine Bank ausrauben) sowie Spike Lee (einen Caper-Movie drehen)

"Keine von diesen Deutungen drängt sich auf. Sie haben nichts mit den etwaigen Klagen über "um politische Botschaften bemühte Stoffe" zu tun, sondern ergeben sich wie in etlichen klassischen Genrefilmen von Regisseuren wie Don Siegel oder Sidney Lumet wie nebenbei. Sie sind Teilprodukte, Begleitumstände der Arbeit im Rahmen, auch darin Hollywood-Oldschool. So gibt es, wenn wir am Ende von "Inside Man" in den ominösen Raum zurückkehren, in dem Dalton Russell uns in die Geschichte eingeführt hatte, sogar noch die Chance, nachträglich Spike Lee als Autor im Film zu platzieren. Auf die rhetorische Frage nach seinem Grund für den Bankraub hatte Russell zu Beginn geantwortet: "Weil ich es kann!" Genau das könnten die Freunde der Autorentheorie nun auch als Spike Lees Antwort gelten lassen. Weshalb er sich "einer klassischen Genregeschichte" angenommen habe? Weil ich es kann, spricht aus dem Genre der Inside Man."

... auch Jan Distelmeyer kann uns einen Film schmackhaft machen.
Jetzt aber ab ins Kino ....

von der Kritik wird der neue Spike Lee-Film "Inside Man".
Insbesondere der im Mittelpunkt des Plot stehende Bankraubs sei ziemlich clever angelegt, loben ORF ("Spike Lees Gratwanderung zwischen Hollywood-Handwerk und Gesellschaftskommentar"/"Geniale Finte") aber auch die Süddeutsche Zeitung (22.03.2006) bekennt, dass es in diesem Film um "einen wirklich überraschenden Banküberfall" gehe. Der Bayrische Rundfunk (21.2. 2006) resümiert: "Spike Lee führt uns an der Nase herum: "Inside Man" ist ein diebischer Spaß, elegantes und intelligentes Unterhaltungskino."


Der Wiener Kurier (18.3. 2006) brachte am Sonntag ein kurzes Interview mit Spike Lee zu seinem Arbeitsstil, weiteren Plänen etc. Spike Lee positioniert laut dpa (22.03. 2006) seinen Film zugleich als aktuellen Kommentar gegen die rassistischen Verhältnisse in den USA:

"Lees neuer Film «Inside Man» setzt sich mit der Verschärfung des amerikanischen Rassismus nach dem 11. September 2001 auseinander. Eine funktionierende multikulturelle Gesellschaft hält er für unrealistisch: «An die Schmelztiegel-Scheiße habe ich noch nie geglaubt. Dafür muss man weiß sein.»

«99 Prozent der Amerikaner kennen den Unterschied zwischen Sikh und Muslim nicht», sagte Lee dem Blatt. «Sie nennen sie einfach Handtuch-Köpfe. Leute, die Turbane tragen, das sind Brüder von bin Laden. Taliban, El Kaida, das läuft ganz automatisch.»


In der ZEIT (16.03. 2006) findet sich gleichermaßen ein Interview, das allerdings sehr schnell den eigentlich Anlass hinter sich lässt.

Zur englischsprachigen Webseite von "Inside Man"

Zur deutschen Webseite mit Trailer ("Mein Name ist Dalton Russel. Passen Sie genau auf, was ich jetzt sage, denn ich wähle meine Worte immer sehr sorgfältig und ich wiederhole mich nie. Vor kurzem habe ich verschiedene Abläufe geplant und in die Tat umgesetzt um den perfekten Bankraub zu begehen. Warum? Weil ich das kann.") und einem ebenfalls "ziemlich abgefahrenen" "Rettet-die-Geisel"-Spiel.

- Das ist ein dankbares Thema (Davon zeugen nicht zuletzt die zahlreichen Einträge unter Bankraub in Film und Fernsehen in diesem Blog).

Neuere Versuche von Göttler und Jansen


In Vabanque wurde das Thema vom Tübinger/Stuttgarter Filmkritiker Klaus-Peter Eichele (che )(Verbrechen mit menschlichem Antlitz - Kleine Typologie des Kino-Bankraubs) aufgegriffen.

Das Sujet wurde jüngst aber auch wieder von anderer Seite wieder aufgenommen.

Etwas überraschend tauchte das Thema "Geldraub Thema vieler Kino-Filme" auf Seite 2 (Themen des Tages) der gestrigen Süddeutschen Zeitung (22.2. 2006) auf. Unter dem Titel "Fasziniert vom Verbrechen" und mit einem Photo von Schauspieler Don Sutherland gibt SZ-Filmkritiker Fritz Göttler Einblick in die Geschichte des Kino-Bankraubs.

Zunächst diagnostiziert er den Zusammenhang von Inhalt (Überfall) und Technik des Kinos sui generis:

"Bewegungsbilder, motion picture, so wird das Kino gern definiert. Es gilt die Dinge in Bewegung zu halten, und alle jene Kräfte abzuwehren, die sie zum Innehalten zu zwingen versuchen. Aus diesen beiden widerstrebenden Rhythmen entsteht die Spannung des Kinos und am einfachsten und effektivsten wird das im filmischen Überall verwirklicht uaf Züge, Postkutschen und Autos."

Wie Klaus-Peter Eichele verweist Fritz Göttler darauf, dass das Erzählkino 1903 mit einem solchen Überfall begonnen hat : The Great Train Robbery, R. Edward S. Porter. Hierzu gehören

"das Hin und Her der verschiedenen Schauplätze, das Wechselspiel von Banditen und Verfolgern, die Konfrontation im Shootout. Immer wieder hat Hollywood in seinen Western Postkutschen- und Zugüberfälle kunstvoll inszeniert, und es sind wahre Meisterstücke dabei herausgekommen."

Die Inszenierung der Geschwindigkeit wird zum Markenzeichen solcher caper movies, die insbesondere in den 40er Jahren sich als Genre in Hollywood etablierten. Interessant ist, dass Göttler ganz andere Filme als Eichele erwähnt wie er überhaupt mehr auf die Machart als auf die Rezeption eingeht. Eichele widmet sich dem Sozialkonflikt Bankraub (Vabanque, S. 285) - etwa am Beispiel des nun via Dokumentarfilm (Based on a true story) wieder thematisierten Dog Day Afternoon mit Al Pacino. Göttler sieht im caper movie eine Feier auf den amerikanischen Professionalismus:

"Es ist einfach cool, wenn Profis ihre Arbeit exakt planen und dann mit Phantasie und Lust ausführen. Wenn ein paar Leute so großartig zusammenspielen, dass sie ihre Umgebung beherrschen und die Menschen dort. In der Präzisionsarbeit der Profis vor der Kamera spielgetl sich die der Profis hinter der Kamera."

Nach dem Abfeiern von Filmen wie The Killers und The Italian Job schließt Göttler dann doch noch mit der Moral des Genres und das löst auch auf, warum Sutherland abgebildet wird:

"Die Moral der Genres liefert Donald Sutherland, der alte Mann des Teams [in der Italian Job-Version von 2003]: 'Es gibt zwei Arten von Dieben', erklärt er: 'Die einen, die stehen, um ihr Leben zu bereichern, die anderen, die steheln, um ihr Leben zu definieren."

Ein tatsächlich informativer und aufschlussreicher Text, bloss was das mit dem Heros-Betrugsfall sui generis zu tun hat, das erschließt sich nach der Lektüre immer noch nicht, weil da geht es gerade nicht um einen Überfall, sondern um Unterschlagung.

Ein weiterer Versuch über das Genre unternahm ebenso unlängst Peter W. Jansen, der zu den "führenden Köpfen der deutschen Filmpublizistik" (Perlentaucher) gezählt wird,im Katalog der Ausstellung Geld oder Leben des Frankfurter Museums für Kommunikation. Unter dem Titel "Postraub & Posträuber im Kino" (S. 116-119.). Er zieht sein Thema über die Postzug- und Postkutschüberfälle in den Western auf, den er historisch auf das Jahr 1866 datiert:

"Dieser vermutlich erste Postraub-Zugüberfall der Geschichte erfreute sich sofort der Zustimmung weiter Bevölkerungskreise. So groß war der Hass auf den räuberischen Kapitalismus der Eisenbahngesellschaften, dass nicht nur weitere Zug- und Banküberfälle von der Mehrheit des Publikums gedeckt wurden, sondern dass man sich dergleich auch gern auf den Jahrmärkten ansah, wo das Kino inzwischen den Moritaten- und Bänkelsänger verdrängt hatte. Man zahlte locker einen Nickel für das risikolose Vergnügen, den Stellvertretern der eigenen anarchischen Gelüste zuszusehen."

Peter W. Jansen betont den "Kapitalismushass der kleinen Leute" as dem Hollywood "sofort und instinktiv (...) Kapital [zu] schlagen" weiss. Auch er verweist auf Edwin S. Porters Pionierfilm. Doch nähert er sich über inhaltliche Aspekte. Sein Augenmerk liegt vor allem auf den Train-Robbery-Filmen, die "kaum zu zählen sind":

"Das Publikum hat sich nie satt genug freuen können, wenn Institutionen wie Bahn, Post und Banken in ihrer Selbstsicherheit demoliert wurden."

Schließlich wendet sich Jansen auch dem Thema Postkutschenüberfälle zu (das im übrigen im Unterschied zu Vabanque einen erklecklichen Teil des Frankfurter Katalogs ausmacht).

Und dann kommt er etwas abrupt auf "das Gesetz und Selbstzensur". wonach "niemand im Publikum (...) nämlich glauben (soll), die Raubgeschichten seinen Erfolgsgeschichten", mit wem immer man sich auch zu identifizieren wagt: "Crime doesn't pay."

Damit ist der Schluss zahlreicher Filme angesprochen. Aber warum soll es im Kino anders sein, wie im wirklich Leben, wo auch "die da oben" bestimmen, was ein richtiges Leben ist?

Der Beitrag von Jansen zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass er die Faszination des Themas für das Publikum und die Gründe hierfür anspricht. Nämlich soziale Ungleichheit.

How to Rob a Bank: Verfilmung mit Nick Stahl und Erika Christensen und Regiedebut von Andrews Jenkins

Nick Stahl und Erika Christensen werden in "How to Rob a Bank" spielen, der unabhängig finanzierten Bankraub-Komödie, mit der Andrews Jenkins sein Regiedebut geben wird.

Die Produktion soll nächste Woche in Los Angeles beginnen.

How to Rob a Bank erzählt von einem Tunichtgut Mitte 20 und einer Bank-Angestellten, die während eines Bankraubs gezwungen sind, zwischen den Bankräubern und der Polizei zu vermitteln.

Quelle: Variety (7.2. 2006):
Nick Stahl and Erika Christensen will star in "How to Rob a Bank," produced by Rick Lashbrook, Darby Parker, Arthur Sarkissian and Tim O'Hair. Indie heist comedy, written and to be directed by first-time helmer Andrews Jenkins, begins production next week in Los Angeles.

 

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