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Das Weblog zur Volkskunde des Bankraubs

 
Wer nicht akzeptieren kann, dass Menschen jüdischer Herkunft wie Angehöriger anderer sozialer Gruppen auch, normale wie außergewöhnliche "Verbrecher" sein können, der befindet sich tendenziell selbst auf einer antisemitischen Linie, weil er dieser Gruppe von Menschen einen Sonderstatus zuschreiben will, die sie wiederum gegenüber anderen sozialen Gruppen gesellschaftlich ausgrenzt.

Im übrigen sei vielleicht darauf hingewiesen, dass Rick Cohen in seinem Buch "Murder Inc., oder Nicht ganz koschere Geschäfte in Brooklyn" das Handeln der "Jewish Mobster" auch als Gegenprogramm zu den traumatischen Erfahrungen des europäischen Judentums in der Shoah umdeutet.

"Mehr noch: Er behauptet, daß die jüdischen Gemeinden in den USA besser dran wären, treibe die jüdische Mafia der 30er Jahre noch heute ihr Unwesen, "denn", so behauptet Cohen, 'jeder braucht jemanden, der einen starken Eindruck auf ihn macht.
(...)
Dabei trauert Cohen dem hinterher, was die jüdischen Mafiosi der nachfolgenden Generation auf keinen Fall vererben wollten: sich verteidigen zu müssen, Gewalt anzuwenden. Doch Cohen und viele andere amerikanische junge Juden, schauen wehmütig zurück. "Wir sind anders als unsere Väter", gibt Cohen zu. "Israel wurde zur Identifikationsfigur für uns, so wie es die Gangster für unsere Väter waren. Da waren sie wieder, die 'tough jews'. Juden, die zurückschlugen, Aggression mit Aggression beantworten."

(Aus der Rezension von Tekla Szymanski im "Aufbau" vom 8.5.1998)

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Zur Diskussion um die Ausstellung "Kosher Nostra" des Jüdischen Museums in Wien, hier Auszüge aus dem Artikel der Süddeutsche Zeitung, 25.2.2004

Streit um finstere Gesellen aus einer finsteren Zeit
Von Michael Frank

Das Wiener Jüdische Museum zeigt eine Ausstellung über jüdische Mafiosi, Kritiker sehen das jedoch als einen Ausdruck von Antisemitismus

Wien – Besucher des Jüdischen Museums der Stadt Wien können derzeit eine besondere Schönheitengalerie heimtragen – in Gestalt eines Katalogs, zwei Bändchen im CD-Format, dennoch voluminös und von der Kompaktheit einer Schlagwaffe. „Auf dem Grabstein sind alle Juden schön“, sagt das Sprichwort, doch die Porträts im Museum sind zu Lebzeiten entstanden, und so blickt man in ziemlich verwegene Gesichter von Menschen, deren Bedeutung sowieso weniger in ihrer Schönheit liegt: Beinahe ein Publikumsrenner ist derzeit die Ausstellung „Kosher Nostra – Jüdische Gangster in Amerika 1890-1980“.
(....)
Schon bei der Vorstellung der originellen Schau ging es beinahe wie bei der Mafia zu. Konträre Interpretationen von dem, was politisch korrekt wäre, ließen einige Herren im Publikum mit geballten Fäusten auf den Ausstellungsmacher Oz Almog und die Museumsleitung losgehen: Die massenhafte Schaustellung jüdischer Verbrecher diene allein dazu, Antisemitismus zu schüren, so das Argument der Aufgebrachten.
Das Jüdische Museum will die Schau als „Konzentrat einer ganzen Epoche, gleichermaßen faszinierend und abschreckend“ verstanden wissen, „ohne romantisierende Neigung, mit dem Scharfblick des Aufklärers“ für diesen Teil „jüdischer Historie in all ihren Widersprüchlichkeiten“. Idealisierungen kommen da nicht vor, auch wenn Juden das Verbrechen als Ausweg aus dem Ghetto und oft einzige Aufstiegsmöglichkeit in der Gesellschaft begriffen.
(...)
Rich Cohen, Autor eines Buches zum selben Thema, vertritt die These, für manche Juden in der Verbrecherwelt sei Töten eine Art „Unterwelt Bar-Mizvah“, ein Mannbarkeitsritual gewesen. Almog ironisiert eher derlei religions-soziologische Tiefendeutung. Er und das Museum sehen diese Ausstellung – sie ist bis 25. April zu sehen – entgegen irritierter Kritik eher als Gegengift zum Antisemitismus: Als Darlegung nämlich, dass Juden Zeitgenossen und Mitmenschen sind, wie alle anderen auch – bis hinein in die finstersten Nischen des Seins."


Der ganze Text in der SZ

Jüdisches Museum Wien
3. Dezember 2003 - 25. April 2004
Kosher Nostra
Jüdische Gangster in Amerika 1890 - 1980


Bis 25. April 2004 präsentiert das Jüdische Museum unter dem Titel „Kosher Nostra – Jüdische Gangster in Amerika 1890-1980“ die bereits dritte Kunstinstallation des österreichisch-israelischen Künstlers Oz Almog, die sich mit einem in Europa wenig beachteten Kapitel amerikanisch-jüdischer Geschichte auseinandersetzt, der Entwicklungsgeschichte des organisierten Verbrechens in den Vereinigten Staaten, bei der jüdische Gangster eine Rolle spielten.

Darunter sind auch etliche Bankräuber und Banküberfälle zu finden

kosher_nostra

Die Entwicklungsgeschichte des organisierten Verbrechens in den Vereinigten Staaten hatte einen relevanten jüdischen Anteil. Der weit verbreitete Mythos einer Dominanz der italienischen Mafia in Amerika überlagerte vor allem für das europäische Publikum die Bedeutung der Gangster jüdischer Herkunft diesem düsteren Kapitel der amerikanischen Geschichte. Doch niemand, der sich an der Geschichte der amerikanischen Mafia versucht, kann Männer wie Meyer Lansky, Benjamin “Bugsy” Siegel, Dutch Schultz oder Louis “Lepke” Buchalter negieren, die neben den klassischen sizilianischen “Paten” die Geschicke der Unterwelt bestimmten.

In seiner neuesten Kunstinstallation “Jüdische Gangster in Amerika 1890-1980” erweitert der Künstler Oz Almog seine bisher geübte Disziplin des Porträtierens von Menschen in Bildern und Worten zum beeindruckenden dokumentarischen Konzentrat einer ganzen Epoche, das gleichermaßen faszinierend und abschreckend wirkt. Ohne romantisierende Neigung stellt sich der Künstler mit dem Scharfblick des Aufklärers diesem Teil jüdischer Historie und beleuchtet die Akteure in all ihren Widersprüchlichkeiten. Wie etwa den gnadenlosen Syndikatsboss Louis “Lepke” Buchalter, der seine Mutter über alles verehrte und deswegen auch von den traditionell familienbezogenen Sizilianern besonders respektiert wurde. Oder auch das strategische Genie Meyer Lansky, der sich neben seinen diversen Geschäften als herkunftsbewusster Jude immer für Anliegen seines Volkes einsetzte. Oz Almog zeichnet in dieser Geschichte mit gemalten Porträts und ausführlicher textlicher Begleitung nicht etwa das Bild eines “sauberen Krieges”, sondern bietet durch seine umfangreiche Fotodokumentation auch ein beklemmendes Bild vom Leben und Sterben in der Unterwelt.



Dazu gibt es auch einen Katalog:
„JÜDISCHE GANGSTER IN AMERIKA 1890 – 1980“ hrsg. von Oz Almog.
Aus der Einleitung von Erich Metz:

"Die Schwierigkeit bei der Rekonstruktion der Geschichte jüdischer Gangster in den USA liegt vor allem im Mangel an nachweisbaren, exakt dokumentierten Ereignissen. Was in der Unterwelt tatsächlich geschah, ist von zahllosen Mythen und Legenden umwoben. So kann auch die Geschichte jüdischer Gangster nur im Zusammenhang mit der gesamten Entwicklung der organisierten Kriminalität in den Vereinigten Staaten verständlich gemacht werden. Die Juden beanspruchten selbstbewusst und nicht minder skrupellos ihren Platz neben den klassischen italienischen Familienclans. Ihre berühmtesten Vertreter waren Meyer „Little Man“ Lanksy, Benjamin „Bugsy“ Siegel, Louis „Lepke“ Buchhalter und Arthur „Dutch Schultz“ Fleggenheimer. Die meisten von Ihnen unterschieden sich in ihrer Mentalität insofern von den Italienern, als sie ihre illegalen Geschäfte isoliert von familiären Bindungen betrieben und eher das Licht der Öffentlichkeit scheuten. Sie kamen und gingen wie eine Generation kommt und geht, während die italienischen Bosse ihre Einflusssphäre weiter vererbten. Die Italiener errichteten ihre Dynastien, die jüdischen Bosse begründeten ihre Imperien. Die Italiener zogen ihre eigenen Söhne als Nachfolger für das „Familiengeschäft“ heran. Sollte der Sohn für die elitäre Auslese nichts taugen, so nahm man den Sohn einer befreundeten Familie als potentiellen Nachfolger auf, indem man ihn mit einer seiner Töchter vermählte. Bei späteren Treffen italienischer Bosse nahm kaum noch einer teil, der nicht irgendwie mit einer der anderen Familien verschwägert oder verwandt war. In ihrem traditionell schwerblütigen, katholisch geprägten Hang zur Verklärung sahen sie sich selbst als „ehrenwerte Gesellschaft“."
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Vgl. auch weitere bibliographische Angaben
  • Der ORF sprach mit Oz Almog
  • Audiofile: Radio Bremen über die Wiener Ausstellung

 

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