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Das Weblog zur Volkskunde des Bankraubs

 
Im ak 499 vom 21.10.2005 (leider nicht online) finden wir nun endlich ein paar vernünftige Informationen über den Aachener Prozess gegen drei anarchistische belgische und spanische Bankräuber und ihre Verurteilung zu recht hohen Haftstrafen (Hintergrundinformationen hier):

"Büttel der Exekutive. Prozess gegen die Aachener 4 endete mit hohen Haftstrafen - Interview mit Rechtsanwalt Martin Poell"

Was die taz-nrw mit ihrem Berichterstatter Michael Klarmann aufgrund offenkundiger Ressentiments gegen die SympathisantInnen-Szene nicht hinbekommen hat und nicht wollte, liefert einmal wieder das zuverlässige Monatsblatt "ak - Analyse und Kritik" (früher "Arbeiterkampf" des KB) kurz vor ihrer 500. Ausgabe (Glückwunsch!): Vernünftige Hintergrund-Informationen.


Wesentlicher Punkt des Interviews mit einem Rechtsanwalt der Angeklagten ist die Tatsache, dass seitens des Gerichts überhaupt keine Bereitschaft bestand, die Tatumstände bei der Urteilfindung heranzuziehen bzw. die langjährigen Gefängnisaufenthalte und Foltertraumata der spanischen Beteiligten nicht zu würdigen bereit war, vielmehr ein offensichtlich politischer Wille zur Verurteilung bestand.

Hier ein Auszug, der uns dankenswerter Weise von der ak-Redaktion zur Verfügung gestellt wurde:


ak: Am 28. September wurden Jose Fernandez Delgado zu 14 Jahren und Gabriel Pombo da Silva zu 13 Jahren verurteilt. Bart de Geeter erhielt drei Jahre und sechs Monate und Begoña Pombo da Silva zehn Monate auf drei Jahre Bewährung. Hat Sie das Urteil überrascht?

Martin Poell: Nach dem Gang der Hauptverhandlung kann hier nicht von einer Überraschung gesprochen werden. Es war seit längerem klar, dass das Gericht zu hohen Strafen verurteilen wird. Wenn man bedenkt, dass die Geiselnahme recht kurz war, ca. 20 Minuten, und die Geiseln wieder freigelassen wurden, fragt man sich, wie man dieses Urteil im Verhältnis zu anderen Geiselnahmen als angemessen werten soll. Das Gericht ist fast an die Höchstgrenze des Strafmaßes gegangen. Ich bewerte dies als eindeutigen Strafzuschlag dafür, dass die Angeklagten sich vor Gericht nicht devot und obrigkeitshörig verhalten haben. Die Verurteilung von Bart erfolgte zudem, ohne dass ihm irgendeine Tatbeteiligung nachgewiesen worden ist. Er wurde verurteilt, weil er mit den falschen Leuten unterwegs war. Dies lässt sich treffend mit dem Begriff der Klassenjustiz bezeichnen.

(...)

ak: In welcher Atmosphäre hat der Prozess stattgefunden?

Martin Poell: Von Anfang an herrschte eine angespannte Atmosphäre im Gerichtssaal. Dies begann schon mit den menschenunwürdigen Transportbedingungen von der JVA zum Gericht. Die Angeklagten wurden an Händen und Füssen gefesselt und noch zusätzlich mit einem Leibgurt gesichert. Ihnen wurden Säcke über den Kopf gestülpt und die Gehörgänge mit Ohrstöpseln verschlossen. Sie mussten sich pro Transport mehrfach nackt entkleiden, um immer wieder körperlich durchsucht zu werden. Hiergegen richtete sich der Protest meines Mandanten, der nur noch mit einer Unterhose bekleidet zur Verhandlung erschien. Diese ihm einzig möglich Protestform gegen die regelmäßige Demütigung der Entkleidung war mehrfach Ziel heftiger Attacken der Staatsanwaltschaft.

(...)

ak: Der Vorsitzende Richter Dr. Gerd Nohl räumte in der mündlichen Urteilsbegründung ein, dass Gabriel und Jose nach ihren Erfahrungen in spanischen Knästen, wo sie über zwanzig Jahre z.T. im berüchtigten FIES-Isolationsregime inhaftiert waren, "natürlich" anders reagieren gegenüber Polizei, Gericht und ähnlichen Institutionen. Hat sich diese Haltung des Sitzungsvorsitzenden ihrer Meinung nach an irgendeinem Punkt im Verfahren oder im Urteil niedergeschlagen?

Martin Poell: Diese Aussage kann ich nur als vorgeschoben bezeichnen, da sie sich im Verfahren und auch im Urteil nicht niedergeschlagen hat. Wir haben Anträge gestellt, um das Thema der Folter in Spanien anhand der Erlebnisse von Gabriel und Jose zu belegen. Dem wurde nicht nachgegangen. Wir haben dargelegt, dass beide durch erlittene Folter traumatisiert sind, und wollten Psychologen hören, die sich mit dieser Problematik auskennen. Auch dies wurde abgelehnt, obwohl die anwesenden Psychologen unisono erklärten, keine speziellen Kenntnisse zu folterbedingter Traumatisierung zu haben.

(...)

Dieser Prozess wurde seitens der Staatsanwaltschaft und dem Gericht von Anfang an als politisches Verfahren gegen Anarchisten geführt. Dies begann mit der Beschlagnahme von Post, die mit der Begründung erfolgte, man wolle den politischen Hintergrund der Beschuldigten aufklären, auch wurde der Verkehr zwischen Bart und seinem Verteidiger mehrfach behindert. Zudem zeigte die Inszenierung im Gerichtssaal deutlich die politische Ausrichtung seitens des Gerichts. Dabei wurde von den Angeklagten nie behauptet, dass es sich bei dieser Geiselnahme um eine politische Aktion gehandelt habe. Sie haben selber immer betont, sich falsch verhalten zu haben, und sie haben betont, das, was geschehen ist, sei politisch indiskutabel. Natürlich hat mein Mandant seine politische Einstellung, natürlich diskutiert er diese und ist auch bereit, sich mit allen Interessierten auseinander zu setzen. Uns war jedoch immer klar, dass ein Gericht kein akzeptabler Diskussionspartner ist."

 

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