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Das Weblog zur Volkskunde des Bankraubs

 

Die Zahl der Banküberfälle hat sich in Wien in den ersten beiden Monaten des Jahres verdoppelt
Schon 2006 war ein Rekordjahr. Mit modernerer Technik, mehr Streifen und architektonisch-psychologischen Tricks versuchen Banken und Polizei gegenzusteuern.

heißt es im Standard (28.2. 2007):

"Wie ernst die Lage auf dem Sicherheitssektor ist, zeigt sich daran, dass schon Seminare angeboten werden, um Bankangestellte darauf vorzubereiten: 2000 Euro pro Tag kostet beispielsweise ein "Sicherheitstraining", das auch Gedächtnistraining für bessere Täterbeschreibungen und einen simulierten Überfall in einer Bankfiliale beinhaltet. 14-mal hat sich in den bisherigen 58 Tagen des Jahres 2007 diese Übungsannahme in Wien schon in den Ernstfall verwandelt, durchschnittlich alle vier Tage erschien somit in der Bundeshauptstadt ein Räuber vor dem Geldschalter.

Wobei dieses Sprachbild nicht mehr ganz stimmig ist, gehen die Geldinstitute doch mehr und mehr dazu über, die Schalter abzuschaffen – auch aus Sicherheitsgründen. Stattdessen setzen einige Konzerne auf eine offene Foyergestaltung mit "Beratertischen", um Täter zu verwirren. Tatsächlich gab es Fälle, wo Verdächtige einen derart offenen Raum betraten, sich umsahen und offenbar verunsichert wurden, weil sie nicht erkennen konnten, wo das Geld zu holen ist. Die Folge: Sie verließen die Bank wieder.

Solche bauliche Maßnahmen liegen im Ermessen der einzelnen Bankgruppen und werden im Rahmen ohnehin geplanter Umbauten durchgeführt. Andere Sicherheitsmaßnahmen werden rascher umgesetzt und auch von der Polizei immer wieder propagiert. Die in Wien keinen ganz leichten Stand hat: Seit 2004 stagniert die Zahl der Delikte mit jährlich mehr als 65 Fällen auf hohem Niveau – und die ersten beiden Monate des Jahres brachten eine neuerliche Verdoppelung. Über die Hälfte aller österreichischen Bank- und Postamtsüberfälle spielen sich in Wien ab."

Über die vergeblichen Sicherungsmaßnahmen gibt's hier noch ein paar Informationen

Interessant ist dabei die lokale Wiener Entwicklung, die seit 2004 nachhaltig zu nennen ist und 2006 einen neuen Höhepunkt erreicht hat.

Über den Beitrag von Anwohnern während des heutigen Banküberfalls mit Geiselnahme in der Wiener Mariahilfer Str. erfahren wir aus der Kronenzeitung (27.02. 2007):

"Ba, Ba, Banküberfall"
Allzu fröhliche Anrainer untermalten das Geschehen musikalisch: Bewohnern eines Hauses gegenüber der Bawag-Filiale wurde polizeilich verboten, durch das offene Fenster während der Geiselnahme laut den EAV-Hit "Ba, Ba, Banküberfall" zu spielen.


Wie überhaupt offensichtlich das Publikum regen Anteil nahm:

"Es war wie im Fernsehen"
Filmreife Szenen haben sich am Dienstagvormittag in der Wiener Mariahilfer Straße abgespielt. "Es war wie im Fernsehen", schilderte eine Angestellte des Cafés "Segafredo" das Eintreffen der Einsatzkräfte nach dem Überfall auf eine Bawag-Filiale: Einsatzkräfte rannten die Einkaufsstraße entlang, immer mehr Polizeiautos fuhren vor, Absperrungen wurden errichtet, Wega-Beamte bezogen Stellung.

Auch Scharfschützen sind eingetroffen. "Eine unserer Kundinnen war fix und fertig", erzählte eine Verkäuferin. Die Dame habe sich sogar nach "Geheimverstecken" erkundigt, wo sie sich verschanzen könnte.

Café geräumt
Das nahe der Bank liegende Café "Segafredo" wurde von der Polizei geräumt. "Zu gefährlich" sei es dort laut Einsatzkräften, erzählten die Mitarbeiter. Zuvor waren Besucher und Angestellte noch wie gebannt am Fenster gesessen und hatten die Polizisten beobachtet. "Jeder hat mit Angehörigen und Freunden telefoniert und erzählt, was da passiert", so eine Kellnerin.

Freuen konnten sich die Mobilfunk-Anbieter, denn nicht wenige Passanten haben ihre Handys gezückt. Viele von ihnen teilen Freunden oder Bekannten mit, dass ihr Weg abgesperrt ist und sie nicht zum vereinbarten Zeitpunkt am vereinbarten Platz sein können, andere wollen einfach nur die aufregende Neuigkeit weiter geben.

(Kronenzeitung, 27.2. 2007)

Auch der Geiselnehmer verfolgte die mediale Darstellung seiner Aktion via Internet:

Während der Geiselnahme verfolgte der Täter die Berichterstattung im Internet und beschwerte sich bei der Polizei darüber, als "Täter", "Räuber" und "Geiselnehmer" bezeichnet zu werden. Auf Bitte der Polizei wurden daraufhin derartige Vokabeln in der Live-Berichterstattung auf Krone.at vermieden.
(Kronenzeitung 27.02. 2007)

Derzeit findet in Wien der 14. Banküberfall des Jahres noch statt. Offenbar mit Geiselnahme:

NZZ online (27.2. 2007)

"Ein Bankräuber hat am Dienstagmittag im Zentrum Wiens mehrere Geiseln genommen und später drei Geiseln wieder freigelassen. Bisher hat der Täter noch keine Forderungen gestellt. Laut Polizei verschanzte sich der Mann nach dem Überfall auf die Bank in der Wiener Innenstadt mit mehreren Angestellten in dem Gebäude. (...)
Möglicherweise handle es sich um eine Kurzschlussreaktion des Räubers, der eine Faustfeuerwaffe bei sich hatte. Die wegen des Überfalls alarmierten Polizeikräfte waren offenbar zur Stelle, ehe der Mann die Flucht ergreifen konnte. Der Geiselnehmer habe zunächst keine Forderungen gestellt und auch nicht mit Gewaltanwendung gedroht. Er verlangte lediglich Zigaretten, die ihm die Polizei gewährte."


Der Standard (27.2. 2007) liefert "Hintergrundinformationen" und titelt: "Geiselnahmen in österreichischen Kreditinstituten selten - Sicherheit von Kunden und Angestellten oberstes Gebot":

"Bei dem BAWAG-Überfall mit Geiselnahme heute, Dienstag, in Wien-Neubau handelte es sich um den 14. Bankraub in diesem Jahr in der Bundeshauptstadt. 2006 waren es zu diesem Zeitpunkt nur etwa halb so viele. Dass sich Täter mit Kunden und Angestellten in einem Kreditinstitut verschanzen, ist in Österreich "eher selten", wie Hannes Scherz, interimistischer Leiter der kriminalpolizeilichen Abteilung, der APA sagte.

"Die Sicherheit von Kunden und Angestellten ist oberstes Gebot", umschrieb der Polizeijurist die Philosophie in Österreich. Darum sind hier zu Lande die Institute - im Gegensatz zu jenen z.B. in Italien - keine Hochsicherheitstrakte, sondern "eher offen". Die Zahl der Banküberfälle mag hoch sein, Personen kamen in den vergangenen Jahren aber kaum zu Schaden. "Geiselnahmen sind Ausnahmefälle", so der Experte. "Und sie dauern in der Regel eher kurz.""


So und nun geht es um psychologische Kriegsführung:

"In der Kriminaldirektion 1 gibt es Fachleute, die auf Verhandlungen mit Geiselnehmern spezialisiert sind. Die Mitglieder der so genannte Verhandlungsgruppe haben entsprechende Schulungen, die auch auf internationalen Erkenntnissen beruhen. Im Normalfall versucht ein Beamter mit dem Täter Kontakt aufzunehmen und ein Vertrauensverhältnis aufzubauen."

In einem weiteren Beitrag des Standards (27.2. 2007) findet sich eine Liste der österreichischen Banküberfälle mit Geiselnahmen:

Spektakulärster Fall bisher im Juni 1993: Bankräuber verschanzte sich in Döblinger Kindermodengeschäft

Innsbruck/Wien - Nicht zum ersten Mal hält ein Banküberfall mit Geiselnahme die Öffentlichkeit in Atem. Einer der spektakulärsten Fälle war jener in Wien-Döbling im Jahr 1993, als sich der Täter nach dem Coup mit Geiseln in einem Kindermodengeschäft verschanzte und im Kugelhagel der Polizei schließlich selbst erschoss. Es folgt ein chronologisch gereihter Überblick der Aufsehen erregendsten Fälle der vergangenen Jahre.

# 2. August 1988: In Wien-Favoriten überfällt ein Bankräuber eine Filiale der Ersten Österreichischen Sparcasse in der Laxenburgerstraße. Der 50-Jährige nimmt eine Geisel und zwingt die Kassierin zur Herausgabe von mehr als einer halben Million Schilling (72.673 Euro). Als die Exekutive eintrifft, erkennt der Verbrecher die Ausweglosigkeit seiner Lage und erschießt sich selbst.

# 6. Oktober 1988: In Salzburg-Anif überfällt ein 19-jähriger Niederösterreicher mit einer Pistolenattrappe die Raiffeisenkasse, nimmt eine Kundin als Geisel und erbeutet rund 300.000 Schilling (21.802 Euro). Wenige Stunden später wird der Täter festgenommen.

# 30. November 1988: Bei einem Überfall auf eine Filiale der Creditanstalt in Wien-Innere Stadt erbeuten drei bewaffnete Täter rund fünf Millionen Schilling (363.364 Euro). Die maskierten Männer lauern vor Geschäftsbeginn am Hintereingang der Bank und nehmen die nach und nach eintreffenden zehn Angestellten als Geiseln.

# 24. Okotber 1990: Bei einem bereits in seinen Anfängen gescheiterten Überfall auf die Filiale der Ersten Österreichischen Sparcasse in der Gumpendorfer Straße 96 in Wien-Mariahilf wird der 41-jährige Filialleiter Willi W. niedergeschossen und schwer verletzt. Ein Täter feuert zwei Mal auf den Mann, der eine Angestellte vor den drei Gangstern warnen will, und trifft ihn in den Bauch. Die Täter flüchten zu Fuß.

# 23. Dezember 1992: Ein Räuber erbeutet bei einem Überfall auf die Raika-Filiale in der Kärnter Straße 51 in der Wiener Innenstadt knapp 150.000 Schilling (10.901 Euro) und nimmt eine Kundin als Geisel.

# 14. Juni 1993: Eine Bank Austria in der Gatterburggasse in Wien-Döbling wird überfallen. Der Täter erschießt auf der Flucht einen Polizisten und verschanzt sich mit zunächst vier Geiseln in einem "Mary"-Kindermodengeschäft auf der Döblinger Hauptstraße. Nach stundenlangem Nervenkrieg feuert der Verbrecher auf den Unterhändler der Polizei, Oberst Friedrich Maringer. Dessen Handy in der Brusttasche verhindert das Schlimmste. Während des nachfolgenden Kugelhagels der Polizei stirbt der Täter - er richtet sich selbst.

# 20. Juli 1993: Bei einem Überfall auf die Raika in Zwölfaxing (Bezirk Wien-Umgebung) wird einer der beiden Täter von einem Gendarmen erschossen. Sein Komplize nimmt kurzfristig die Kassierin als Geisel, ehe er mit einem gestohlenen Pkw flüchtet.

# 3. Oktober 1994: Schauplatz eines "atypischen Banküberfalls" ist die Volksbank-Filiale in der Feldkellergasse 16 in Wien-Hietzing. Ein bewaffneter Täter spaziert in der Mittagspause in das Geldinstitut, sperrt die Angestellten in den Keller und räumt den Tresor aus.

# 25. April 1995: Die Bank Austria auf dem Wallensteinplatz 2a in Wien-Brigittenau ist Tatort eines spektakulären Überfalls. Der Gangster nimmt die Frau des Filialleiters kurz vor 10.00 Uhr als Geisel und bugsiert diese in das Geldinstitut.

# 4. April 1996: Bei einem Überfall auf eine Filiale der Ersten Österreichischen Sparcasse in der Hainburger Straße ist nichts so, wie es zunächst scheint. Die beiden männlichen Täter entpuppen sich als eine Frau, die angeblich als Geiseln genommenen Angestellten waren vorsorglich geflüchtet. Die Stürmung des Gebäudes durch die Exekutive verläuft schließlich reibungslos.

# 30. September 1998: Ein brutaler Banküberfall mit anschließender Geiselnahme endet in der Innsbrucker Innenstadt blutig: Ein Täter wird von der Polizei erschossen, zwei Passanten werden verletzt. Ein weiterer Räuber wird gestellt.

# 11. April 2001: Ein 18-jähriger Banklehrling wird zur Geisel dreier Bankräuber: Die mit Faschingsmasken getarnten Männer bringen den Jugendlichen in ihre Gewalt und erzwingen so die Öffnung des Tresorraums. Als die Räuber die Bank verlassen, löst sich ein Schuss, der einen Täter in den Oberschenkel trifft. Ein älterer Kunde stößt mit den Räubern zusammen und erleidet einen Schambeinbruch.

# 9. Mai 2003: Nur knapp geht ein Banküberfall in Linz an einer Tragödie vorbei: Ein 37-Jähriger bringt 16 Geiseln in seine Gewalt, die er nach und nach gehen lässt. Um ein Haar wäre es zu einer Bluttat gekommen. Der Geiselnehmer setzt einem 15-jährigen Lehrmädchen die Pistole an die Brust und drückt zwei Mal ab. Wie sich später herausstellt, war der Schlagbolzen gebrochen.

# 8. Februar 2006: In Innsbruck bringt ein Bosnier seine drei Personen vorübergehend in seine Gewalt. Zunächst bringt er einen Autofahrer in seine Gewalt und fordert ihn auf, zur Bank zu fahren. Der Fahrer flüchtet, woraufhin der Täter ein zweites Auto kapert. Beim Geldinstitut nimmt er die beiden Insassen mit. Mit Beute und einem Mann in seiner Gewalt flüchtet er schließlich. Als ihn die Polizei findet, ergibt er sich ohne Widerstand.

# 25. Jänner 2007: Eine 63-Jährige wird Donnerstagmittag bei einem Banküberfall in Innermanzing (Bezirk St. Pölten) kurzfristig als Geisel genommen. Ein unbekannter Täter hält ihr ein etwa 30 Zentimeter langes Messer an die Kehle und erzwingt so die Herausgabe von Bargeld. Anschließend flüchtet er mit einem Pkw.

 

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