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Das Weblog zur Volkskunde des Bankraubs

 
Manchmal stößt man erst nach geraumer Zeit auf ein interessantes Bankraub-Projekt oder einen Dokumentarfilm wie diesen. Bereits am 6.03.2003, strahtle das schweizerische SF1
die Doku

DER JAHRHUNDERTPOSTRAUB - Gauner, Geld und grosse Träume

Am 1. September 1997 wird in Zürich die Fraumünsterpost ausgeraubt. Fünf junge Männer fahren mit dem Auto in den Posthof und laden 5 Geldkisten ein. Sie entkommen mit 53 Millionen Schweizer Franken. Nach einigen Wochen sind sie verhaftet. Nur etwas fehlt: die Hälfte der Beute ist bis heute spurlos verschwunden. Wo sind die 26 fehlenden Millionen geblieben? Wer sind diese Männer, die mit ihrem aufsehenerregenden Coup die ganze Schweiz in Atem hielten? Diesen Fragen geht DOK-Autorin Andrea Pfalzgraf nach.


Die Autorin über die Vorarbeiten zum Film

Wie wird man zum Verbrecher? Es gibt im Leben Zufälle und Begegnungen, die in kürzester Zeit die Situation eines Individuums komplett verändern und für immer beeinflussen. Davon handelt der Film.

Der sogenannte Jahrhunderpostraub hat 1997 die Gemüter nicht nur in der Schweiz bewegt. „Ich überfalle eine Bank“. Davon zu reden ist das Eine, die Tat dann wirklich durchzuführen, das Andere. Dieses Andere interessiert mich. Warum entscheidet sich ein junger Mann mit unspektakulärer Biografie, ein Verbrechen zu begehen? Was treibt ihn? Warum setzt er seine Freiheit, seine Zukunft aufs Spiel? Seine Chancen sind praktisch null. Das weiss er. Trotzdem tut er es.

Warum? Diese Frage hat mich beschäftigt seit ich verschiedene Nachrichten-Beiträge für 10v10 zum Thema Fraumünster-Postraub realisiert hatte. Ich habe den Berufungsprozess im Jahr 2000 verfolgt und dabei versucht, das Phänomen und die Hintergründe des Ueberfalls zu verstehen.

Aufgefallen ist mir damals, dass sich die Täter äusserlich kaum von den sie begleitenden Polizeibeamten unterschieden haben. Auch die Gerichtszeichnerin hatte Mühe und zeichnete prompt einen Beamten anstelle eines Gangsters. Dieser Umstand gab mir zu denken und bewog mich, der Sache nachzugehen. Ich schrieb dem Drahtzieher Marcello Di Santo in die Strafanstalt Thorberg und besuchte ihn dort. Nach langem Zögern hat er dann eingewilligt, vor der Kamera seine Geschichte zu erzählen.

Auch mit dem jüngsten der Täter, mit Zoran Veljkovic brauchte es viele Gespräche bis er sich dazu entschliessen konnte, beim Film mitzumachen.

Erstaunt hat mich der Umstand, wie schwierig es offenbar für die ehemaligen Mitarbeiter von Marcello heute noch ist. Sie können ihm die Tat, den Verrat nicht verzeihen. In diversen Telefongesprächen wogte mir eine Welle von Verachtung, Enttäuschung und Wut über Marcello entgegen. Vor allem von jenen, welche beim Ueberfall direkt mit einer Waffe bedroht wurden.

Einzelne brauchten viele Monate psychologischer Betreuung, um das Geschehene zu verdauen. Einer meinte, er sei über 40 Jahre bei der Post gewesen und hätte eher 5 Franken in die Kaffeekasse gelegt als auch nur 5 Rappen zu entwenden. Ein Anderer hat gedroht, wenn er Marcello in die Finger kriege, dann könne er für nichts garantieren. Von ihnen konnte ich leider niemanden dazu bewegen, vor der Kamera von dieser Enttäuschung zu erzählen.

Der Fraumünsterpostraub ist ein Fall der Superlative. Noch nie wurde in der Schweiz so viel Geld gestohlen. Noch nie waren so viele Räuber an einem Ueberfall beteiligt, noch nie hatten Polizei und Justiz einen so grossen Fall zu lösen und noch nie hatte ein Delikt so viel Sympathie in der Bevölkerung, mindestens solange nicht klar war, dass es sich nicht um clevere Superhirne handelte sondern um eine Handvoll ziemlich dilettantischer junger Männer. Ueber jeden dieser Aspekte hätte ein Film gemacht werden können.

Gesammelt habe ich Stoff für einen mindestens 2stündigen Film. Deshalb entsteht nebst dem DOK noch ein Spielfilm fürs Kino. Ein Drehbuchautor ist an der Arbeit, der Kinofilm wird von Cobra-Film (Valerie Fischer) produziert und soll im Jahr 2004 gedreht werden.


Autorin und Team

Andrea Pfalzgraf:
Bei SF DRS seit 1995. 6 Jahre Redaktorin beim Nachrichtenmagazin 10v10. Seither Realisation von längeren Beiträgen für SF Spezial (Jenseits von Leutschenbach) und DOK (Gekaufte Schönheit, Co-Autorin bei Doku-Soaps Airline und Zirkus).
Produzentin bei SF Spezial (Fernweh), 10stunden Reportagen (Tierischer Tag und SBB).

Begeisterter Bildmensch und menscheninteressierte Geschichtenerzählerin. Liebt Fernsehmachen weil es immer Teamwork ist. Dank dem grandiosen Team, Kameramann Emil Fischhaber, Tönler Ruedi Müller und Cutterin Therese Huber-Fässler, ist der Film überhaupt erst möglich geworden.


Als
Literaturhinweis gibt die Webseite des Senders SF1 an:

Va banque - Bankraub, Theorie, Praxis. Geschichte
von Klaus Schönberger (Hg) ISBN 3-922611-83-4

wird ein Beitrag Margrit Klingler-Clavijo für den Büchermarkt des Deutschlandfunks (06.06.2007) über die in Romanform gegossene Biographie des venezolanischen Soziologen und Guerillero Oswaldo Barreto Miliani überschrieben:

Lisa St Aubin de Terán: Deckname Otto. Roman. Aus dem Englischen von Ebba D. Drolshagen. 573 Seiten. Insel Verlag, Frankfurt am Main, 2007. 22,80 Euro


"Die Journalistin und Autorin Lisa St. Aubin hat mit "Deckname Otto" die Lebensgeschichte des venezolanischen Soziologen, Publizisten, Philosophen und Guerillero Oswaldo Barreto Miliani zu einem spannenden Roman verarbeitet. Anfang der 70er Jahre hatte sie ihn in London kennen gelernt, wo er nach einem Bankraub in Venezuela mit ein paar Freunden untergetaucht war; darunter war auch der künftige Ehemann der Autorin. Als Oswaldo Barreto Miliani Anfang der 90er Jahre an Krebs erkrankt war, hat er ihr seine bewegte Lebensgeschichte erzählt, die Lisa St. Aubin de Terán später als Rohmaterial für den Roman diente.

(...)

Oswaldo Barreto Miliani ist weit mehr als ein gesellschaftskritischer Soziologe! Praktisch veranlagt wie er ist, erkennt er im Osten Venezuelas rasch, dass gute Absichten allein rein gar nichts am Elend der Fischer ändern und beschließt, die Royal Bank of Canada in Caracas zu überfallen.

"Ich gehörte zu einer Gruppe, die merkte, dass sie, wenn sie sich tatsächlich in das Dorf eingliedern und nicht herumkommandieren wollte, eine gewisse finanzielle Unabhängigkeit benötigte und wir eine Zeitung gründen sollten. (...) Da, wo wir mit der Guerilla anfingen, bei den Fischern des Ostens - das sind die Opfer der Fischgroßhändler - und diese Fischer hatten keine Kühlhäuser, und wir wollten mit denen ein Netzwerk aufbauen, Kühlschränke beschaffen, damit sich die Fischer von den Fischgroßhändlern unabhängig machen konnten. Wir brauchten folglich Geld, das uns weder die Sowjets noch die Chinesen geben würden. Die Banken hatten Geld und ich habe nie diesen Generälen geglaubt, die sagten, bewaffnen wir uns und fahren aus. Ich gehörte zu der Gruppe, die den Überfall machte (...) Wir unterstützten damit die Befreiungsbewegungen Mittelamerikas mit mehr oder weniger Erfolg."

Doch bevor Oswaldo Barreto Milani hinter Gitter wanderte, setzte er sich mit ein paar Freunden nach London ab. Als er in den 90er Jahren in Venezuela wegen dieses Banküberfalls gerichtlich belangt werden sollte, hatte er so viele einflussreiche Fürsprecher, allen voran den Schriftsteller Miguel Otero Silva, mit dessen Tochter Mariana er damals liiert war, dass das Gerichtsverfahren vorzeitig eingestellt wurde. Schade, dass die Autorin nicht näher auf die soziologischen Schriften von Otto Barreto Miliani eingegangen ist, wichtige Werke der algerischen Befreiungsbewegung oder der lateinamerikanischen Linken referierte. Da hätte der Roman politische Kontur gewonnen, was seinen Abenteuercharakter keineswegs geschmälert hätte."


Zum Thema Banküberfall hier auch noch ein Zitat aus einem Newsletter über Literatur vom "Unkultur"-Blog (8.4. 2007):

"Packend schildert Lisa St Aubin de Terán die revolutionäre "Zum Laufbahn des Intellektuellen und Guerilla-Kämpfers Oswaldo Barreto Miliani. In den venezolanischen Anden aufgewachsen, schlittert er als rhetorisch begabter Halbwüchsiger gleichsam ungewollt in die kommunistische Bewegung hinein. Erst im Exil in Paris beschäftigt er sich mit deren Ideologien. Auch wenn er sich schon bald nicht mehr mit den Kommunisten identifizieren kann, beginnt nun eine jahrzehntelange Karriere als Revolutionär und Stratege in Algerien, Prag, Kuba, wieder Venezuela, Bolivien und vielen anderen Ländern. Ein perfekt geplanter Banküberfall, den er zur Aufstockung der revolutionären Kasse organisiert, lässt ihn im Mutterland nachhaltiger in Ungnade fallen als seine Guerilla-Aktivitäten. Parallel dazu und mit langen Unterbrüchen baut Oswaldo Barreto Miliani eine akademische Karriere auf, übersetzt Sartre ins Spanische und lehrt wiederholt an der Universität. Seine grossen Lieben, durchaus leidenschaftlich und auch mit Nachwuchs gesegnet, kommen in diesem erfüllten Leben manchmal etwas zu kurz."


Weitere Rezensionen finden sich in der Netzzeitung (23.2. 2007), im Freitag (23.3.2007), und eine Rezension Gustavo Perez-Firmat aus der Washington Post (12.3. 2006) ist überschrieben: "A Lover and a Fighter A Venezuelan revolutionary aims to set the record straight with a fictionalized version of his life."

 

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