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Das Weblog zur Volkskunde des Bankraubs

 
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nennt Spiegel Online (5.2. 2005) XY Zimmermann das Missgeschick des ollen Ganoven-Edes, ja der, der mit "Neppern, Schlepper, Bauernfängern " im öffentlich-rechtlichen Fernsehen begann und dann mit "Aktenzeichen XY - ungelöst" Jagd auf alles machte, was er für kriminell hielt. Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen, heisst ein altes Sprichwort. Und nun hat es ihn selbst erwischt. Diebe haben ihm seinen Koffer mit 2000 EUR Bargeld geklaut. Das sagt einem doch jede Bank, dass das unvernünftig ist ... und wie gut sind nun die Tips des Herrn Zimmermann, der ein Sicherheitsportal im Internet betreibt?

XY Zimmermann"Die einen schauten unter dem Bett nach Einbrechern, die anderen hinter dem Vorhang. Manche sperrten die Haustür zweimal ab, viele junge Frauen trauten sich nicht mehr, abends allein auszugehen. Schuld war die erste Reality-Schau des Fernsehens: Eduard Zimmermanns "Aktenzeichen XY ungelöst"."

Die Oberösterreichischen Nachrichten (15.01.2005) besprechen einen Sammelband, der sich Ede Zimmermann und seine Doku-Soap vorgenommen hat:

"Bis zu 30 Millionen Menschen saßen in den Glanzzeiten der Sendung vor dem Fernseher, auch in Österreich war oft die Hälfte der Bevölkerung dabei, um bei der Aufklärung von Verbrechen zu helfen - oder sich ganz einfach am morbiden Schauder der gezeigten Fälle satt zu sehen.

Im Romaeus-Verlag ist jetzt die erste umfassende Dokumentation über 37 Jahre Ganovenjagd im Fernsehen (370 Sendungen!) erschienen. Das Buch des Journalisten Stefan Ummenhofer und des Politikwissenschafters Michael Thaidigsmann beleuchtet das Phänomen "Aktenzeichen XY" in allen Facetten."
(...)
Eduard Zimmermann selbst erzeugte mittels seines Auftretens eine "Wohnzimmeratmosphäre". Er sprach das Publikum direkt an, die Distanz zwischen der konstruierten Realität des Fernsehstudios und der häuslichen Realität schwand.

Wirkungsvoller Stil

Den entscheidenden Beitrag zu diesem Phänomen leistete laut Schneider aber die Einspielung der Filmfälle, deren Ästhetik sich weniger an den Gepflogenheiten professioneller Fernsehproduktionen als an den Ergebnissen ambitionierter Hobbyfilmer zu orientieren schien.

Das bewirkte die holzschnittartige, amateurhafte Schauspielerführung, vor allem aber die Kameraarbeit mit langen, statischen Einstellungen statt schneller Schnittfolgen sowie häufigen Zooms statt Kamerafahrten. Diese vordergründige Verletzung der Krimi-Konventionen entpuppte sich als wirkungsvolles Stilmittel und machte das Dargestellte schockierend authentisch.


XY Zimmermann2

Stefan Ummenhofer & Michael Thaidigsmann: "Aktenzeichen XY ungelöst. Kriminalität, Kontroverse, Kult." Romaeus Verlag, 296 Seiten, 66 Abbildungen, 25,60 Euro.

Irgendwie habe sie es jetzt alle mit der Deutschen Bank. Die soll unmoralisch sein, ist sie wahrscheinlich auch. Die Frage ist nur, wer ist eigentlich krimineller, die die kapitalistische Logik exekutieren, also tatsächlich das tun, was sie müssen, oder diese Regierung, die ständig behauptet, dass das notwendig ist (wg. Standort) und dann so tut, als ob sie - wenn es jemand tut - damit nichts zu tun hätte. SPD-Generalsekretär Benneter beispielsweise, ja diese intellektuelle Stamokap-Beleidigung aus den 70ern, den sollen sie mal in den Tresorraum in einer dieser Frankfurter Türme sperren und am Besten beim Geiselaustausch gegen Standort"vorteile" vergessen und als Derivat auf die kommenden SPD-Niederlagen meistbietend (sofern das mit dem möglich ist) verzocken.

Die taz erinnert an das lange Sündenregister der Deutschen Bank:

Eine sehr deutsche Bank
Unmoralisch aus Prinzip und Tradition: Trotz glänzender Bilanzen will die Deutsche Bank 6.400 Stellen streichen

Es gibt in Frankfurt so viele Banken wie Bordelle in Berlin. Aber keines der 920 Geldinstitute ist so verhasst wie die Deutsche Bank. Bereits 1995 übertraf ihre Bilanzsumme die des Bundeshaushalts, ihr Gewinn lag bei rund 10 Milliarden Mark.

Da hatte das größte europäische Kreditinstitut gerade 7.000 Arbeitsplätze abgebaut, nun sollen wieder 6.400 Mitarbeiter entlassen werden: "Wir müssen konkurrenzfähig bleiben!"

Vorstandsvorsitzender Hilmar Kopper, der den Posten nach der Ermordung von Alfred Herrhausen durch die RAF ergattert hatte, prägte 1994 das "Unwort des Jahres", als er nach der Pleite des Immobiliensammlers Schneider die ausstehenden Forderungen der Handwerker als "Peanuts" bezeichnete. Später ehelichte Kopper die Kanzlerwitwe Brigitte Seebacher-Brandt. Der derzeitige Chef, Josef Ackermann, ließ sich 2004 im Mannesmann-Prozess zu einem ähnlichen "Kommunikations-GAU" (Spiegel) hinreißen, als er im Gerichtssaal die Hand zum Victory-Zeichen hob.

Die 1870 von Siemens eingetragene Deutsche Bank fiel seit der Gründerzeit durch ihre "robusten Geschäftspraktiken" auf, finanzierte Auschwitz und profitierte von der Arisierung jüdischer Banken und Firmen. Hermann Josef Abs, Chef der Deutschen Bank im Dritten Reich, war nebenbei auch für die belgischen Solvay-Werke verantwortlich, in deren polnischen Kalksteinbrüchen unter anderen der junge Priester Wojtyla zwangsarbeitete. Als Papst Johannes Paul II. holte Wojtyla ausgerechnet seinen früheren Peiniger Abs in die Vatikanbank, damit der den ruinierten Haushalt der Kirche saniere.

Die Frankfurter Twin-Towers der Deutschen Bank sind wahrlich ein Schandfleck in Mitteleuropa. Aber, wie Brigitte Seebacher-Brandt einmal so schön sagte: "Bankmenschen sind nicht zum Lieben da." Höchstens zum Heiraten."


Das war Helmut Höge in der taz (8.2.2005)

Angesichts der formidablen Aussicht, dass die Deutsche Bank trotz Steigerung ihrer Gewinne um 87 % gleichzeitig 6400 Arbeitsplätze abbauen will, bemüht nun auch die Junge Welt (5.2.2005) den alten Brechtspruch:

Deutsche Bank kapitalistisch

»Was ist ein Dietrich gegen eine Aktie, was ist ein Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank?« fragt Brecht. Aber die sogenannten Anständigen in diesem Land nehmen ihn, weiß der Kuckuck warum, nicht zur Kenntnis. Obwohl sie sich, schon stark beansprucht von der permanenten Ankündigung von Aufständen gegen Neonazis, nun auch noch mit dem schlechten Benehmen der Deutschen Bank auseinandersetzen müssen. Trotz eines gewaltigen Gewinnsprungs um 87 Prozent auf 2,5 Milliarden Euro will der deutsche Branchenprimus 6400 Arbeitsplätze abbauen, vermelden die Agenturen.

»Das ist eine Schweinerei«, empörte sich der SPD-Fraktionsvize Michael Müller in der Berliner Zeitung. »Die Gewinnerwartung so (!) zu Lasten der Arbeitsplätze zu überziehen, ist eine Unverschämtheit.« Die Anständigkeit der CDU allerdings, gemessen an ihrer moralischen Entrüstung, war noch größer: »Dies ist ein Zeichen, daß die Wirtschaftsethik verloren zu gehen droht«, sagte der derzeitige Vorsitzende des sogenannten Arbeitnehmerflügels der Partei, Gerald Weiß.

Wirtschaftsethik? Verstößt ein in die Luft geworfener Stein gegen die Ethik, wenn er wieder zur Erde zurückfällt? Er folgt wohl vielmehr den Gesetzen der Schwerkraft. So wie die Deutsche Bank sich nach den ökonomischen Gesetzen des Kapitalismus verhält und zu jedem Zeitpunkt genau jene Zahl von Stellen vorhält, die für die Kapitalverwertung gerade am effektivsten ist. Das ist weder anständig noch unanständig, sondern die Existenzgrundlage der kapitalistischen Gesellschaft.

Im vergangenen Jahr sind die Einkommen aus Gewinn und Vermögen um fast elf Prozent in die Höhe geschossen, während die Löhne der Beschäftigten bekanntlich stagnierten. Eines der Hauptergebnisse dieser Gewinnexplosion ist der Anstieg der offiziellen Gesamtarbeitslosenzahlen auf inzwischen über fünf Millionen. Das ist der Vorgang in der gesellschaftlichen Dimension, den die Deutsche Bank jetzt im Bereich ihres Konzerns durchsetzt. Doch darüber hat sich niemand empört. Statt dessen wurde mit »Hartz IV« eine in der Geschichte der Bundesrepublik beispiellose Hatz auf die Arbeitslosen eröffnet. Die Initiatoren sind dieselben Politiker, die sich im Fall der Deutschen Bank jetzt so entrüstet geben. Dagegen machen könne man natürlich nichts. Auf »unternehmerische Entscheidungen« habe man »nicht viel Einfluß«, ließ die Grünen-Finanzexpertin Christine Scheel die Öffentlichkeit wissen.

Wo sie recht hat, hat sie recht. Denn die Sache ist umgekehrt eingerichtet: Die Politik ist zu gar nichts anderem da, als die Interessen der Unternehmer zur Staatsräson zu machen. Damit das so bleibt, gehört ein bißchen Empörung wie das Klingeln zum Geschäft."

Thüringer Landeszeitung (7.2. 2005)
Der sanfte Druck der Olsens

Altstadt. (tlz/el/fk) Büttenreif wurden schon am Nachmittag die Karnevalisten in der Sparkasse begrüßt: Mit einer kleinen Rede übergab hier Vorstandsmitglied Hans-Georg Dorst unter sanftem Druck der Olsen-Bande zwei Schecks: Einen über 8500 Euro für den Festumzug 2006, einen über 111,11 Euro für das Tierschutz-Engagement des Prinzenpaares Ralph I. und Marion I. Seit 46 Jahren sei er Kunde der Sparkasse, bekannte GEC-Präsident Rolf Fliedner - doch nie sei er lieber in die Filiale am Anger gegangen. Denn mit ihrem Scheck hätte die Sparkasse der "denkwürdigen Entscheidung gegen das Brauchtum", gefällt im Stadtrat, etwas Hochlöbliches entgegen gesetzt.

Und weil der närrische Banküberfall nach Egon Olsens Plan zwar wie üblich nicht klappte, so war der TLZ die ausgebuffte Narretei von Egon alias Otto Göldner doch einen Orden wert, den er zum Sturm aufs Pressehaus überreicht bekam. (...)


Und die Thüringer Allgemeine (4.2. 2005) berichtet über das gleiche Ereignis:

Tresor sprang von allein auf

Die Mannen der Sparkasse wirkten alles andere als siegesgewiss, als das Gardekorps gestern um 12.11 Uhr vor dem Geldhaus am Anger anrückte. Ein Kanonenböller und grimmiger Trommelwirbel brachen die Gegenwehr, so dass die Olsen- bande eindringen konnte.

ALTSTADT. Der Banküberfall war einer der Höhepunkte eines närrischen Streifzugs durch die Innenstadt. Das Preußische Infanterieregiment hatte sich mit dem Anger-Karnevalsclub (AKC) und dem Prinzenpaar verbündet, um mehr oder weniger friedlich milde Gaben einzufordern.

Bei der Sparkasse hofften die Schar auf dicke Beute. War ihnen doch im städtischen Haushalt der Zuschuss für den Festumzug gekappt worden, 8480 Euro. Folglich besetzte das bunte Komitee die Bank in voller Stärke. An der Spitze hatte Egon Olsen sich den perfekten Plan gebastelt, doch er musste scheitern: Zuerst weigerte sich das Mikrofon, seine Forderungen mit Nachdruck zu übermitteln, dann verhaspelte sich der greise Bankräuber im Text. Der Chef, der Lange und der Dicke sangen dann aber so herzzerreißend, dass der Tresor schon aus Mitleid aufgehen musste.

Dem Geist der Zeit verpflichtet
Hier Auszüge aus einem taz-Bericht (29.1. 2005) über eine Krimi-Tagung an der Evangelischen Akademie Iserlohn (den gehen offensichtlich auch die Themen aus):

Wenn der Verbrecher von heute im Unterschied zum Bürger lediglich der ungeduldigere Kapitalist ist, bleibt dem Detektiv nur noch die Flucht in den Alkohol: "Wiederkehr des Bösen? Der Kriminalroman auf neuen Wegen", eine Tagung in der Evangelischen Akademie Iserlohn.

Und den folgenden Kalauer wollen wir mal getrost übersehen:

"Verbrechen lohnt sich - und wer immer noch Schwierigkeiten hat, diesen Allgemeinplatz zu akzeptieren, sollte in die Bestsellerlisten der letzten Jahre schauen: Dan Brown, Donna Leon, Henning Mankell oder Elizabeth George erreichen Millionenauflagen, und auch hierzulande können immer mehr Autoren von ihren Krimis leben."


Und einem Bielefelder Soziologen (Systemtheoretiker?) gelingt die Einsicht des Tages, die nun auch nicht so überraschend kommt:

"Der Bielefelder Soziologe Otthein Rammstedt glaubt auch im Krimi nicht an das Böse als anthropologische Konstante außerhalb der Definitionen einer Gesellschaft, es ist ihr mit seinen Verbrechen immanent und folgt ihrer Zweck-Mittel-Rationalität. Der Krimi zeige sich dem Geist der Zeit verpflichtet, und so sei der Verbrecher im Unterschied zum Bürger lediglich der ungeduldigere Kapitalist. Allein der Detektiv glaube noch an eine Moral jenseits dieser Systemlogik und könne sich, zunehmend desillusioniert, nur noch mit immer mehr Alkohol vor der finalen Verzweiflung retten: von Philip Marlowe zu Bella Block."

Wir empfehlen den Beitrag von Ralph Winkle in Vabanque:
Bankraub als komplexes System - Zugänge zum Kriminalroman (S. 290-299), da ist der Gag mit der Systemtheorie schon mal durchdekliniert worden.

Im Zeit-Weblog "Geldseligkeiten" fordert Jörg Stroisch seine LeserInnen auf, ihre Erfahrungen mit Banken zu berichten:

"Ratlosigkeit rund um die privaten Finanzen? Als freier Journalist Jörg Stroisch schreibt über alle Themen, die unser Geld betreffen. Im Blog Geldseligkeiten lädt er Sie zur Diskussion über aktuelle und altbekannte Fragen ein."


Am 02.02.2005 heißt es:
Wahre Profis gründen eine Bank
"Bankraub ist eine Initiative von Dilettanten. Wahre Profis gründen eine Bank." – Berholt Brecht
In letzter Zeit kommen Banken wieder ins Gerede:


Dann folgen ein paar Beispiele ... und schließlich die Frage und Aufforderung ...

"Stimmt das Zitat nach Bertholt Brecht also, berauben uns die Banken?

Schreiben Sie mir von Ihren Erlebnissen mit den Banken! Welche Produkte wurden Ihnen als Altersvorsorge empfohlen (doch nicht etwa Renten- und Kapitallebensversicherungen?) Welche Art der Immobilienfinanzierung sollten Sie abschließen (doch nicht etwa das vorfinanzierte Bauspardarlehen?). Schreiben Sie auch gute Erfahrungen, denn eine generelle Verurteilung der gesamten Branche ist ungerecht! Ich selbst mache gerade sehr gute Erfahrungen mit einer Großbank, obwohl ich als 'kleiner' Selbstständiger eigentlich zu einer sehr unattraktiven Zielgruppe gehöre."

Diverse Medien (Welt, NZZ, und Spiegel) berichten am 3.2. 2004:

Ein schwedischer Polizist hat einen bewaffneten Banküberfall gestanden, in dem er selbst die Ermittlungen führte. Nach Angaben eines Gerichts der Stadt Bollnas vom Dienstag bekannte sich der 36-Jährige für schuldig, Mitte Dezember eine Bank ausgeraubt und dabei eine „beträchtliche“ Summe erbeutet zu haben.

Nur eine Stunde nach der Tat sei der Mann an den Tatort zurückgekehrt, um die Ermittlungen in dem Fall zu leiten. Kollegen waren dem Gericht zufolge misstrauisch geworden, nachdem der Beamte sich ein neues Auto für umgerechnet rund 24.000 Euro gekauft und in bar mit Banknoten aus dem Überfall gezahlt hatte.

Im Rahmen einer kritischen Auseinandersetzung mit der Geschichte der RAF gelingt Norbert »Knofo« Kröcher, Gründungsmitglied der Bewegung 2. Juni, in der Jungle World Nr. 4 , 26.1. 2005 in einem Interview mit Ivo Bozic (»Kritiker wurden diffamiert«) anlässlich der RAF-Ausstellung in Berlin folgender Satz:

JW: Ist Kunst ein Mittel, mit dem man diese Geschichte vermitteln oder aufarbeiten kann?

NK: Im Prinzip darf Kunst fast alles. Aber ich glaube, dass in diesem Fall, also bei dieser RAF-Ausstellung, die da jetzt beginnt, nur Schwachsinn herauskommt. Abgesehen davon ist beispielsweise auch ein Banküberfall ein wirkliches Gesamtkunstwerk. Und den kann man nicht im Museum an die Wand hängen.

Hagen vom Kieler Stadtmagazin "Station" verfasste irgendwann mal eine Rezension von "Vabanque" (die Datierung ist nicht ersichtlich) aus anarchistischer Perspektive.

Etwas wirr bleibt seine Kritik:

"Nerven tun einzelne Beiträge. Warum muß die Enteignung ideologisiert werden? Die Ideologie, der Mythos von »freier Marktwirtschaft«, Geld, Bankgeschäften und entsprechenden Geheimnissen, was nicht für SozialhilfeempfängerInnen gilt, ist unerträglich genug, demokratisierenden Bestrebungen abträglich. Lotto schön und gut, für die GewinnerInnen. Das ist in erster Linie der Staat, oder? Hier wird auch wieder bestätigt, daß Filmtheorie oftmals mehr über die Schreibenden sagt, als über das, was sie »analysieren« /beschreiben. Egal, eine gelungene vielfältige Projektumsetzung, denkt Hagen."


Aber wichtig ist ja vielleicht eher, dass sich da jemand reibt ...

Hamburger Abendblatt, 22.1. 2005
"Ohne Murren ist meine Buße"
Von Alexandra zu Knyphausen

"Ulrich Tukur spielt ihn im St.-Pauli-Theater. Wer aber war der Lord von Barmbeck wirklich? Kein harmloser Kleinkrimineller, sondern der Gründer des organisierten Verbrechens in Hamburg. Er selbst nannte sich einen "bockbeinigen Mephistojünger".

Der Mann sah überzeugend aus in Bowler, schwarzem Anzug und den gewienerten Schuhen. Optisch ein Gentleman, der bei Damen gut ankam. De facto einer, dessen größter Stolz es war, Panzerknacker zu sein, und zwar ein ganz spezieller, der Tresore nicht aufbrach, sondern erst den Schlüssel stahl, um ihn dann wieder zurückzubringen. Irgendwo, das muß man zugeben, hatte er Stil.
Man gab ihm einen "Ehrennamen": Lord von Barmbeck (damals noch mit "C"). Bürgerlich hieß er Julius Adolf Petersen, wurde am 7. Oktober 1882 in einer Kellerwohnung am Borstelmannsweg in Hamm als Sohn eines Zimmermannes geboren. Später war er Kneipenwirt in einem Kellerlokal in der Bartholomäusstraße. Er wurde 51 Jahre alt."


Der ganze Text über den Lord von Barmbeck

taz, 25.1. 2005

Eigentor der IRA erleichtert neuen Anlauf zu Nordirland-Gesprächen. Sinn Féin muss mit Sanktionen rechnen

DUBLIN taz Eigentlich habe er gar keine Lust, sagte der irische Premierminister Bertie Ahern. Aber nichts zu tun sei ja auch keine Lösung. Heute trifft sich Ahern also mit dem Sinn-Féin-Präsidenten Gerry Adams. Seine Unlust rührt daher, dass die IRA, der militärische Flügel von Sinn Féin, im Dezember den größten Bankraub in der britischen Geschichte verübt haben soll.

Der ganze Artikel vom Dubliner Korrespondenten der taz

BR-Report
Die auch noch!

report MÜNCHEN am 24.01. um 21.05 Uhr
u.a. mit folgendem Thema:

Bankraub mit 65 - Rentnerbanden auf dem Vormarsch

Eine "Opa-Bande" im Alter zwischen 64 und 74 Jahren, die schwerbewaffnet 16 Banküberfälle begeht. Eine 70-jährige Oma, die mit Überfällen ihre Rente aufbessert. Immer mehr Senioren werden kriminell und müssen ihren Lebensabend im Knast verbringen. Das belegt auch eine aktuelle Studie des LKA Nordrhein-Westfalen. Wie erklärt sich diese Entwicklung und was bedeutet sie für den Strafvollzug?


Diese Studie werden wir uns noch genauer anschauen. Hier gibt es weitere Beiträge dieses Weblogs zum Thema "Seniorenbankräuber".

Was macht heute eigentlich "die eiserne FPÖ-Frau" Nationalrätin Mag. Magda Bleckmann (FPÖ), verwitwete Bleckmann-Jost?

Wir erinnern uns anno 2000:
"Am Montag, dem 29. Mai erschoss die Linzer Polizei in gewohnter Manier einen Bankraeuber. Dieser, mit einer Pistolenattrappe bewaffnet, wurde aus naechster Naehe von 7 Schuessen (von 15 abgegebenen)getoetet. Nach der Identifizierung der Leiche kam die fuer unorthoxe Geldbeschaffungsmethoden (Rosenstingl!Prinzhorn!Haider!Meischberger!) sattsam bekannte FPÖ wieder ins Gespraech. Der Tote war kein geringerer als Alexander Jost, Gatte der steirischen FPÖ-Landesraetin und Zukunftshoffnung Magda Jost-Bleckmann, in der Steiermark bekannt fuer regelmaessige rechte Aussprueche. Selbsverstaendlich meinte der FPÖ-Minister Schmid, man muesse Menschlichkeit walten lassen - unabhaengig von politischen Differenzen, die Frau Bleckmann sei ja hochschwanger. Es wuerde uns interessieren, wie weit es mit der Menschlichkeit her waere, wenn das der Gatte einer SP-Politikerin gewesen waere.

Alexander Jost, schwer verschuldet, gab auf dem Finanzamt an, er lasse sich von Frauen aushalten - ein kreativer Steuertrick, und harter Schlag fuer die Ehefrau. Sie waere ihn aber sowieso losgeworden, denn laut eines Bekannten wollte sich Jost ohnehin auf die Malediven absetzen. Warum denn nicht zur Colognia Dignidad?

Doch dank der eifrigen Linzer Polizei konnte diesem Treiben ein Ende gesetzt werden."

Quelle: (Böses Österreich 6/2000). Vgl. a. ausführlicher "FPÖ, die tun was" Vabanque, S. 139f.

Politische Biografie der Frau Abgeordneten Bleckmann:
1991 - 2000 Abgeordnete zum Steiermärkischen Landtag,
1993 - 1995 Pressesprecherin des Landesobmanns,
1995 - 2000 Klubobfrau der steirischen Freiheitlichen,
2000 - 2001 Mitglied der Steiermärkischen Landesregierung,
ab 2001 Abgeordnete zum Steiermärkischen Landtag;
ab November 2001 Obfrau der Initiative Freiheitliche Frauen Steiermark,
ab September 2002 Bundesparteiobmann-Stellvertreterin

Sie ist laut Standard (21.1.2005) in der Steiermark Wohnbaulandesrätin und galt bis zum Ableben ihres Ehemanns (der Ende Mai 2000 in Linz nach einem Bankraub erschossen ("Selbstmord durch Bankraub" - vermutete die Polizei seinerzeit) worden war als Shooting Star dieser besonderen Bagage von Kriminellen. Dann hatte ihr Mann ihr die Show gestohlen. Dieser erster Ehemann, der Serienbankräuber Alexander Jost, taucht in ihren im Internet verstreuten Biografien nicht mehr auf. Höchstens als Schicksalsschlag. That's life.

Einen überaus ausgewogenen Artikel über die steigende Zahl von Banküberfällen in der Metropole Wien liefert Christopher Wurmdobler im neuesten Wiener Falter (3/05) ab. Der Beitrag profitiert vom "Buch zum Thema" (Vabanque) und verweist auf dieses Weblog (in der Online-Ausgabe wird der Beitrag auch als Rezension inseriert).

Baba, Banküberfall
FalterCover 3/05

Der riskante Traum vom schnellen Geld: 67-mal wurden im vergangenen Jahr Wiener Banken überfallen - so oft wie noch nie und wie sonst nirgends in Europa. Wie gehen die Täter vor, was machen Geldinstitute und Polizei dagegen, und wie geht es den Opfern?
Interessant ist der konstatierte Zusammenhang zwischen Medienberichterstattung und einigen Fällen, die Ernst Geiger, "oberster Kriminalbeamter Wiens" berichtet:

"Früher diente die Fahndungssendung 'Aktenzeichen XY ungelöst' im Fernsehen als Ideengeber für Möchtegernbankräuber, heuten regen die Boulevardzeitungen Nachahmer in den Boulevardzeitungen Nachahmer an. So konnte man beobachten, dass die Serie der so genannten 'Zettelüberfälle' vergangenes Jahr mit der Berichterstattung in den Medien begann, erzählt Geiger."
Hallo Kronen-Zeitung! Zwar riecht das doch ein wenig nach einem unterkomplexen Verständnis des Verhältnisses zwischen Medienrezipient und 'Sender', aber es bestätigt zumindest den Zusammenhang zwischen populärer Kultur und Bankraub.

Ausserdem auf der gleichen Doppelseite, der Erlebnisbericht eines Bankräubers ("Ein Bankräuber ist wie ein Skispringer, der sich abstößt. Da stehst du jetzt in der Anlaufspur, und es geht nicht mehr anders".) mit aufschlussreichen Informationen über den Bankräuber in der Knasthierarchie und das Essen in Stein. Auf der Titelseite heißt es ein bisschen reisserisch: "Banküberfall?. Lohnt sich nicht. Ein Experte rät ab". Wieso in den Medien inzwischen allenthalben vom Bankraub abgeraten wird, das müsste nochmals eigens untersucht werden. Das ist auch so ein Modephänomen. Im Text ("Hinter der Maske - Ein Gespräch mit einem Bankräuber") wird dann aber nur die Geschichte des Scheiterns eines Bankräubers erzählt. Die ist allerdings exemplarisch.

Alles auch online:

Die Aachener Zeitung (11.1. 2004) berichtet über die Arbeit der Aachener Gesellschaft für Gesundheitsmanagement in Organisationen (GMO), die im Auftrag der Sparkasse Düren Bankangestellte betreut, die Opfer eines Banküberfalles wurden.

WOZ



Belfaster Bankraub
Fingerübung oder Zustupf für die Rentenkasse?
Mit einem Coup hat die IRA den Friedensprozess gestoppt - wenn sie es war.


War es wirklich die IRA? fragt Pit Wuhrer in der Zürcher WOZ (13.1.2005), dem ersten wirklich informierten Artikel der uns zu diesem Thema untergekommen ist.

"Auch in Friedenszeiten brauchen Armeen Geld, viel Geld sogar, das ist bei der IRA nicht anders. Die irische Untergrundorganisation hatte zwar vor rund acht Jahren einen Waffenstillstand erklärt und diesen auch strikt eingehalten, aber ihr dienen immer noch rund 500 Freiwillige, die bezahlt sein wollen - und das nicht zu knapp. In den siebziger und achtziger Jahren, als der Krieg zwischen den irisch-republikanischen Aufständischen und der britischen Besatzungsmacht besonders heftig tobte, hatten die IRA-Mitglieder ein Taschengeld erhalten. Sie kämpften für politische Ziele - die einen für die «Verteidigung der irisch-katholischen Bevölkerung», die anderen für «die irische Freiheit», manche sogar für eine soziale Revolution, und alle gegen «die Briten». Das änderte sich in den neunziger Jahren, als der Friedensprozess einsetzte und die politisch-parlamentarische Strategie der IRA/Sinn-Féin-Führung um Gerry Adams und Martin McGuinness die Oberhand gewann.

Bis dahin hatte die IRA ihre Kriegskasse durch Spenden aus Übersee und zahllose Bankräubereien aufgefüllt; die Waffen waren ja nicht umsonst zu haben. Die Ausserdienststellung der Armee führte dann paradoxerweise zu einem noch höheren Finanzbedarf. Um loyale Kader bei der Stange zu halten, hob die Führung den Sold auf einen durchschnittlichen Facharbeiterlohn an, der heute noch bezahlt wird: Rund 4000 Franken im Monat mal 500 Freiwillige mal 12 Monate ergibt ein beachtliches Jahresbudget. Die Regierungen in London und Dublin wussten und wissen, dass Adams und McGuinness bei ihrem politischen Kurs auf die Unterstützung der lokalen IRA-Grössen angewiesen waren und sind und haben bis kurz vor Weihnachten illegale Finanzbeschaffungsmassnahmen stillschweigend akzeptiert. Der Schmuggel von Diesel und Zigaretten und das komplexe Geflecht von legaler und illegaler Tätigkeit (Glücksspiel, Schutzgelder, Bar- und Kneipenbetrieb) hat bis auf ein paar eifrige Polizisten nur wenige aufgeregt - obwohl Sinn Féin und der IRA auf diese Weise jährlich rund 65 Millionen Franken zufliessen.

Dennoch reagierten fast alle entsetzt auf den Bankraub am 20. Dezember. Die bis heute unbekannten Täter hatten umgerechnet 58 Millionen Franken erbeutet. Die IRA-Führung weist jede Schuld von sich, obwohl alle von ihrer Urheberschaft ausgehen: Wer sonst in Nordirland wäre zu einer solchen Operation fähig? Die von Spitzeln durchsetzten loyalistisch-protestantischen Kommandos und ebenfalls scharf beobachteten irisch-republikanischen Splittergruppen wohl kaum. Aber wieso fahren IRA-Kommandos ihrer politischen Führung derart in die Parade? Diese stand immerhin kurz vor einem Deal mit Ian Paisleys protestantischer Mehrheitspartei DUP, der den seit Jahren stillstehenden Friedensprozess wieder in Gang gesetzt hätte - allerdings um den Preis einer Selbstauflösung der IRA.

Und wer sanktionierte den Raub? Eine so gross angelegte Operation mit Geiselnahme hätte ohne Zustimmung der IRA/Sinn-Féin-Führung nicht stattfinden können, argumentieren viele. Das mag sein, ist aber kein schlüssiges Argument. Es ist zwar denkbar, dass der IRA-Armeerat mit Adams und McGuinness dem Bankraub zustimmte in der Erwartung, dass dessen Beute nicht höher ausfallen würde als bei der Beraubung eines Cash-and-Carry-Unternehmens im Mai (2,2 Millionen Franken) oder bei einem Lagerdiebstahl vor drei Monaten (Zigaretten im Wert von 2,7 Millionen). Darüber wurde wenig Aufhebens gemacht, die politischen Folgen waren gleich null. Vieles deutet jedoch darauf hin, dass die Dezemberräuber eine ungefähre Ahnung davon hatten, wie viel sie aus der Zentrale der Northern Bank von Belfast holen würden (auch wenn sie die enorme Summe dann doch überrascht haben muss - zwei Stunden lang schleppten sie Geldsäcke nach draussen).

Wer also gab den Befehl? Sollte sich nachweisen lassen, dass Adams und McGuinness davon wussten, kommen sie für London, Dublin und die nordirischen ProtestantInnen auf Jahre hinaus als Verhandlungspartner nicht mehr in Frage. Der Friedensprozess wäre damit ad acta gelegt. Da die beiden Politiker bisher recht klug agierten, ist diese Variante kaum denkbar - zumal die nordirische Polizei eine IRA-Urheberschaft nur vermutet, aber bisher nicht nachweisen konnte und womöglich auch nie wird nachweisen können. In diesem Fall ist der politische Schaden erheblich, aber nicht von Dauer. Ganz anders sieht es aus, wenn der Raub die Fingerübung einer IRA-Einheit war, die wie die gesamte Armee längst überflüssig ist (da sie keine politischen Ziele mehr verfolgt), aber zeigen wollte, dass mit ihr noch zu rechnen ist. Und die auf den Friedensprozess pfeift, weil dieser ohnehin seit Jahren stagniert. Dann hätten Adams und McGuinness ein ernsthaftes Problem.

Im eigenen Lager hat das «Verbrechen des Jahrhunderts» (so die protestantische DUP) Sinn Féin eher Auftrieb verschafft. Im irisch-republikanischen Westbelfast zum Beispiel sind viele stolz darauf, dass «unsere Jungs noch so was hinkriegen». Und manche hoffen vielleicht, dass ihnen die Bankraubnoten, die die Northern Bank aus dem Verkehr ziehen will, zur Hälfte des Nennwerts angeboten werden. Dann kämen endlich auch sie in den Genuss einer Friedensdividende. "

Tv-Kritik (Die Presse, 11.1.2004):
Der Mythos des gestohlenen Geldes
VON BERNHARD BAUMGARTNER

So jede Zeitung sucht halt ihre orginelle Perspektive für die jeweilige Klientel (Die Presse gibt sich recht(s)-schaffend) :

"Was ist ein Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank?", heißt es bei Brecht in der Dreigroschenoper. Diesen Leitsatz stellte der Kultursender Arte seiner Dokumentation "Ein Ding drehen" am Sonntagabend voran. Ein Satz, dem die Macher durchaus Sympathie abgewinnen konnten, so scheint es. Denn der bemerkenswerte Film erzählte das "Phänomen Bankraub" eher aus der Sicht der Täter.

Vor allem anhand historischer Fälle aus den sechziger Jahren wurde dem "Mythos Bankraub" nachgespürt. Mythos deshalb, da der klassische Bankraub in Zeiten des bargeldlosen Zahlungsverkehr "vom Aussterben bedroht ist", wie die Macher meinten. Und so erzählte etwa Dimitri Todorov über seinen Überfall 1971, der mit Toten endete. Hochinteressant, wie nach vielen Jahren noch immer die Stimme bricht, wenn es um die Todesschüsse geht - die übrigens nicht von ihm, sondern von der Polizei (auf den Komplizen) abgegeben wurden. Lockerer sah da schon Margit Czenki im Interview ihren Überfall aus politischen Motiven - man brauchte Geld für den politischen Kampf. Dass sie dabei Menschen in Todesangst versetzen musste, habe sie vorher nicht bedacht, meinte sie. Und erklärte, schockiert über deren panische Reaktion gewesen zu sein.

Opfer der Bankräuber oder Stimmen aus der Polizei, waren im Film eher unterrepräsentiert. Das hätte schon interessiert, wie sich jene gefühlt haben, auf die die Pistole gerichtet war. Aber sie sind vermutlich eher schwer ausfindig zu machen und wenn, dann reden sie nicht gerne darüber. Dass sich manche Bankräuber, wie etwa der britische Posträuber Biggs, als Volksheld fühlen, ist dabei nur schwer nachzuvollziehen. Auch das eine Frage, die man bei Arte ruhig hätte stellen können."


Es kann einem ja stinken, dass das Publikum diese Form von Eigentumsübertretung toll findet. Und die Opfer sind manchmal hier eben nicht das Thema und das war auch gut so, weil es zu ergründen galt, wieso Bankraub die Phantasien so beflügelt.

Das ist hier die Frage. Der Millionencoup von Belfast hat ernsthafte Auswirkungen auf die politische Entwicklung in Nordirland. Interessierte protestantische Kreise versuchen der IRA die Sache in die Schuhe zu schieben, um damit den Friedensprozess aufzuhalten. In einer ausführlichen Erörterung des Londoner Korrespondenten der Frankfurter Rundschau (11.1. 2005) wird das Für und Wider abgewogen:

Das Rätsel des Millionencoups
Der Bankraub in Belfast soll auf das Konto der IRA gehen, weil sie Geld für die "Rentenkasse" braucht - nun stockt der Friedensprozess
VON PETER NONNENMACHER (LONDON)

Vor Weihnachten war es nur ein Banküberfall, wiewohl von erstaunlichen Proportionen: 26,5 Millionen Pfund (38 Millionen Euro) entwendeten nordirische Gangster in einem frechen Coup aus den Tresoren der Northern Bank in Belfast. Inzwischen ist der Raub zu einem Politikum ersten Ranges in Großbritannien und in Irland geworden - eine Aktion, die den Fortgang des nordirischen Friedensprozesses bedroht. Der Banküberfall nämlich, einer der größten der britischen Geschichte, wird der Irisch-Republikanischen Armee, der IRA, zur Last gelegt. Da die aufs engste mit der Republikaner-Partei Sinn Fein verknüpft ist, die zur Neubelebung einer Regierungskoalition mit Ulsters (protestantischen) Unionisten noch im Dezember die völlige IRA-Stilllegung anbot, sehen die Unionisten nun guten Grund, sich jeder Zusammenarbeit mit Sinn Fein auf absehbare Zeit zu verweigern.

(...)

Ein Rätsel blieb beiden Regierungschefs freilich, warum die Republikaner ein derartiges Risiko hätten eingehen sollen - angesichts ihres eigenen Interesses an einer neuen politischen Vereinbarung. Einige Kommentatoren kamen zu dem Schluss, dass möglicherweise eine Renegaten-Einheit der IRA den Überfall ausgeführt habe, um die Autorität der Führung zu untergraben. Andere spekulierten, Adams und McGuinness hätten der unzufriedenen Basis womöglich mit einem Millionenbeitrag für die "Pensionskasse" der IRA die geplante Auflösung des legendären Kampfverbandes erleichtern wollen. Ernstere Vermutungen zielten darauf, dass Sinn Fein sich Geld für Wahlkämpfe und politische Aktivitäten im Norden wie im Süden der Insel habe besorgen wollen. Und dass der IRA Gelegenheit gegeben werden sollte, auf "nicht-terroristische" Weise noch einmal ihre spezifischen Fähigkeiten unter Beweis zu stellen.

In der Tat herrschte zum Jahreswechsel in einigen republikanischen Ecken Irlands unverhohlene Bewunderung für den gelungen Millionen-Coup: Was den Polizeichef zu der Bemerkung veranlasst: "Das war keine Robin-Hood-Episode." Im Übrigen hätten sich die Bankräuber leider ganz umsonst in dieses Abenteuer gestürzt: Ihre Großtat werde wohl als "größter Diebstahl von Altpapier" in die Geschichte eingehen. Die Seriennummern der geraubten Scheine nämlich sind den Provinz-Behörden bekannt, und die Northern Bank hat angekündigt, dass alle nordirischen Banknoten umgehend in neuen Farben aufgelegt werden, was das gestohlene Geld vollends wertlos macht."

In mehreren Schweizer Zeitungen (z.B. Oltner Tagblatt) taucht nun eine Vorschau zu «Dinger drehen» auf (HEUTE ABEND auf Arte, Sonntag, 22.15 Uhr), die Thomas Palzers Filmessay als die filmische Version von "Vabanque" anpreist:

"Indem sie Bankangestellte und -kunden mit Schusswaffen in Todesangst versetzen, versuchen Bankräuber ihren Traum finanzieller Unabhängigkeit zu realisieren. Geht etwas schief, bleibt es oft nicht nur beim Schreck: Dann sind verletzte, traumatisierte oder tote Opfer die Folge. Bankräuber wandeln auf einem moralisch bedenklichen Terrain. Es gibt gute Gründe, sie auf eine Stufe mit gewöhnlichen Schwerkriminellen zu stellen. Vor vier Jahren gab der Kulturwissenschafter Klaus Schönberger das Buch «Vabanque» (dt.: «alles oder nichts») heraus, das das Handeln der Bankräuber nicht aus einer moralischen Perspektive, sondern aus dem Blickwinkel derer betrachtete, die zwar gern Millionär wären, aber dann doch lieber Lottoscheine ausfüllen – einem grossen Teil der Bevölkerung also. Die TV-Dokumentation zu Schönbergers Buch legt nun Thomas Palzer vor. Er beschränkt sich nicht nur auf den Typus des handwerklich perfekten und menschlich integren Gentleman-Gangsters. Ihm geht es um den Mehrwert, jenen Teil der Tat, der sich mit Geldgier allein nicht erklären lässt. Mal sind es linke Kinderläden der Siebziger- jahre, die finanziert werden sollen, mal schwingt ein sportiv-humoristisches Element mit, wie bei Bernhard Kimmel, der am Tag nach der Tat die Rezensionen seiner Brüche in der Zeitung genoss. Am deutlichsten aber verkörpert der französische Obergangster Jacques Mesrine die heikle Ambivalenz der Panzerknackerbranche. Brutale Überfälle, gar Mord, konnten seiner Popularität nichts anhaben, zu sehr entsprach Mesrine der existenzialistischen Bonny-and-Clyde-Romantik.
Palzer will nicht nur Heldengeschichten erzählen, nicht Tat und Täter verteidigen. Er will einfach nur einmal die «Kleine Geschichte des Bankraubs» erzählen. Vor 20 Jahren hätte diese Doku noch den Kitzel der Handlungsanleitung haben können. Aber, darauf wird hingewiesen, diese Zeiten sind vorbei. Mit dem Ende der Blockkonfrontation und der politischen Utopien kam auch Bankraub aus der Mode. Zwischen den Polen Moral und Faszination ist Palzer ein erfrischend vorurteilsfreier und zugleich hintergründiger Beitrag gelungen. (N. M.)

 

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