Philipp Mausshardt kritisiert in der taz (26.4. 2006) ("Ein freier Mann") zwar nicht explizit das Heilbronner Urteil zum Siegelsbacher Bankraub, doch nimmt er nochmals eine Würdigung der Indizien und Fakten vor, die nahelegen, dass es sich um ein Fehlurteil handelt.

Damit befindet er sich in bester Gesellschaft. Das BILD-Blog verweist auf die BILD-Berichterstattung (24.4. 2006) und deren einseitige Darlegung des Sachstandes:
"Das Gericht hat den Angeklagten nämlich, wie uns das Landgericht Heilbronn bestätigt, wegen "erwiesener Unschuld" freigesprochen – und nicht, wie Bild.de fälschlich schreibt, "nach dem Grundsatz: im Zweifel für den Angeklagten".
BILD untertitelt diesess Photo von Richter Bender:
"Richter Wolfgang Bender fällte die Entscheidung nach dem Grundsatz: im Zweifel für den Angeklagten"
Die Heilbronner Stimme (26.4. 2006) berichtet über die Stimmung nach dem Urteil.
Inzwischen hat die Staatsanwaltschaft Revision beim Bundesgerichtshof eingereicht:
"Am Freitag hat die Schwurgerichtskammer des Landgerichts Heilbronn im Verfahren um den Banküberfall von Siegelsbach den Angeklagten freigesprochen. Noch am Freitag hat die Staatsanwaltschaft Heilbronn Revision gegen das Urteil der Schwurgerichtskammer eingelegt. Seit heute haben auch beide Nebenklägervertreter für die vier Nebenkläger Revisionen eingereicht. Dies bedeutet, dass der Bundesgerichtshof in Karlsruhe sich mit dem Fall beschäftigen und das Urteil überprüfen muss.
Mit einer alsbaldigen Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist allerdings nicht zu rechnen. Zunächst muss die Schwurgerichtskammer ihr Urteil schriftlich absetzen. Dies muss im vorliegenden Fall bis spätestens 21. Juli 2006 geschehen sein. Nach Fertigstellung des Hauptverhandlungsprotokolls wird das Urteil sodann den Verfahrensbeteiligten zugestellt werden. Anschließend muss die Revision innerhalb von ei-nem Monat schriftlich begründet werden. Zu der Begründung können die Verteidigung und der Angeklagte innerhalb einer Woche nach Zustellung eine Gegenerklärung abgeben. Erst dann werden die Akten über die Staatsanwaltschaft der Generalbundesanwaltschaft, die Stellung zu den Revisionsanträgen zu nehmen hat, und schließlich dem Bundesgerichtshof vorgelegt, der daraufhin das Urteil im Rahmen der Revisionsanträge überprüft."

Damit befindet er sich in bester Gesellschaft. Das BILD-Blog verweist auf die BILD-Berichterstattung (24.4. 2006) und deren einseitige Darlegung des Sachstandes:
"Das Gericht hat den Angeklagten nämlich, wie uns das Landgericht Heilbronn bestätigt, wegen "erwiesener Unschuld" freigesprochen – und nicht, wie Bild.de fälschlich schreibt, "nach dem Grundsatz: im Zweifel für den Angeklagten".
BILD untertitelt diesess Photo von Richter Bender:
"Richter Wolfgang Bender fällte die Entscheidung nach dem Grundsatz: im Zweifel für den Angeklagten"
Die Heilbronner Stimme (26.4. 2006) berichtet über die Stimmung nach dem Urteil.
Inzwischen hat die Staatsanwaltschaft Revision beim Bundesgerichtshof eingereicht:
"Am Freitag hat die Schwurgerichtskammer des Landgerichts Heilbronn im Verfahren um den Banküberfall von Siegelsbach den Angeklagten freigesprochen. Noch am Freitag hat die Staatsanwaltschaft Heilbronn Revision gegen das Urteil der Schwurgerichtskammer eingelegt. Seit heute haben auch beide Nebenklägervertreter für die vier Nebenkläger Revisionen eingereicht. Dies bedeutet, dass der Bundesgerichtshof in Karlsruhe sich mit dem Fall beschäftigen und das Urteil überprüfen muss.
Mit einer alsbaldigen Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist allerdings nicht zu rechnen. Zunächst muss die Schwurgerichtskammer ihr Urteil schriftlich absetzen. Dies muss im vorliegenden Fall bis spätestens 21. Juli 2006 geschehen sein. Nach Fertigstellung des Hauptverhandlungsprotokolls wird das Urteil sodann den Verfahrensbeteiligten zugestellt werden. Anschließend muss die Revision innerhalb von ei-nem Monat schriftlich begründet werden. Zu der Begründung können die Verteidigung und der Angeklagte innerhalb einer Woche nach Zustellung eine Gegenerklärung abgeben. Erst dann werden die Akten über die Staatsanwaltschaft der Generalbundesanwaltschaft, die Stellung zu den Revisionsanträgen zu nehmen hat, und schließlich dem Bundesgerichtshof vorgelegt, der daraufhin das Urteil im Rahmen der Revisionsanträge überprüft."
contributor - am Mittwoch, 26. April 2006, 09:49 - Rubrik: Brutalisierung des Bankraubs
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Morgen, Mittwoch, 26.4. 2006, 19 Uhr liest der ehemalige Bankräuber und Schriftsteller Ludwig Lugmeier im Rahmen der Hamburger Lesetage, Grundbuchhalle im Anbau des Ziviljustizgebäudes aus seinem Buch "Der Mann, der aus dem Fenster sprang - Ein Leben zwischen Flucht und Angriff".
Zu Lugmeier gibt es hier eine Vielzahl von Einträgen.
Die letze war am 18.3. 2006
Zu Lugmeier gibt es hier eine Vielzahl von Einträgen.
Die letze war am 18.3. 2006
vabanque - am Dienstag, 25. April 2006, 12:03 - Rubrik: Biographien des Bankraubs
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Der Tübinger Filmkritiker Klaus-Peter Eichele schrieb in Va Banque (S. 286):
"Die sozialarbeiterische Gesinnung der siebziger Jahre wurde im Bankraub-Film der neunziger gründlich dem Erdboden gleichgemacht. Die Neoliberalisierung der Gesellschaft, die Wiederkehr des Sozialdarwinismus, die Diskreditierung alles Gutmenschlichen entzog auch dem Bankräuber sein menschliches Antlitz."
Hierzu zieht der Autor auch "Reservoir Dogs" als Beispiel heran. Seine These wurde nun in einer Re-enactment-Version quasi materialisiert:
Reservoir Dogs in 30 Seconds
Re-enacted by bunnines. This is the Unbleeped version.
Und:
~ In memoriam...Chris Penn (1965-2006) ~
"Die sozialarbeiterische Gesinnung der siebziger Jahre wurde im Bankraub-Film der neunziger gründlich dem Erdboden gleichgemacht. Die Neoliberalisierung der Gesellschaft, die Wiederkehr des Sozialdarwinismus, die Diskreditierung alles Gutmenschlichen entzog auch dem Bankräuber sein menschliches Antlitz."
Hierzu zieht der Autor auch "Reservoir Dogs" als Beispiel heran. Seine These wurde nun in einer Re-enactment-Version quasi materialisiert:
Reservoir Dogs in 30 Seconds
Re-enacted by bunnines. This is the Unbleeped version.
Und:
~ In memoriam...Chris Penn (1965-2006) ~
vabanque - am Montag, 24. April 2006, 23:00 - Rubrik: Bankraub in Film und Fernsehen
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als sich ein Bankräuber und ein Bankkunde in einer Filiale der Dresdner Bank in Köln-Bickendorf einen Schlagabtausch lieferten.

Ein Photo im Kölner Express
zeigt einen stolz seine Wunden "leckenden" Bankkunden.
Polizeibericht: "Bei dem Versuch, den unmaskierten Täter zu
überwältigen, erlitt ein Bankkunde (30) eine Kieferfraktur."
Im Weblog des Braunschweiger Rechtsanwalt Werner Siebers "Strafprozesse und andere Ungereimtheiten"
["An dieser Stelle berichtet Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht Werner Siebers, auch Spezialist für Verkehrsunfallabwicklungen, über Strafprozesse, über das Umfeld der Strafjustiz und was sonst noch so auffällt"]
wird der Bericht des Kölner Express (21.4. 2006) aufgegriffen und dokumentiert:
"Jan Schäfer verwickelte den Bankräuber in eine bühnenreife Prügelei, bei der beide einiges einstecken mussten. „Ich konnte ihm kurz die Waffe entwinden“, erklärt der gelernte Koch. „Aber die Angestellten haben nicht geholfen.“
So gab eine Faust die andere und der Bankräuber bekam die Waffe wieder in die Finger. „Dann hat er mir die Knarre auf den Kopf geschlagen“, so Jan Schäfer. „Die Bankangestellten forderten mich immer wieder auf, aufzuhören und den Bankräuber gehen zu lassen oder mit ihm zu verschwinden.“
Schließlich kommentiert der Rechtanwalt den Verlauf der "bühnenreifen Prügelei" (auch mal eine Variante in hinsichtlich der sonst üblichen Terminologie "filmreif"), in deren Verlauf der Bankräuber unerkannt entkommen konnte und nun eine Belohnung ausgesetzt wurde, recht lakonisch:
"Hätte jemand geholfen, hätte man sich die Belohnung sparen können."
Nun, da nehmen wir aber an dieser Stelle doch recht entschieden Partei für die vernünftigen Bankangestellten, die einfach wissen, dass es für alle Beteiligten besser ist, wenn ein Bankräuber ungehindert entkommen kann.
Der seine Wunden leckende Held des Tages hätte die Pistole nicht nur auf den Kopf bekommen können, sondern bei einem Bankräuber anderen Kalibers, auch eine Kugel in den Kopf.
Der Bankkunde muss schon ziemlich bekloppt gewesen sein oder hat zuviele Filme gesehen.
"Nervenaufreibende Szenen ereigneten sich am Donnerstagmittag in der Filiale der Dresdner Bank in Kölner Stadtteil Bickendorf" berichtet koeln.de
Der Kölner Stadtanzeiger (21.4. 2006) wiederum bringt eine detaillierte Beschreibung des doch sehr lange andauernden Banküberfalls, in der die Aktion des Bankkunden nur in einem Nebensatz abgehandelt wird. Das ist wohl der Unterschied zur Boulevardpresse ....

Ein Photo im Kölner Express
zeigt einen stolz seine Wunden "leckenden" Bankkunden.
Polizeibericht: "Bei dem Versuch, den unmaskierten Täter zu
überwältigen, erlitt ein Bankkunde (30) eine Kieferfraktur."
Im Weblog des Braunschweiger Rechtsanwalt Werner Siebers "Strafprozesse und andere Ungereimtheiten"
["An dieser Stelle berichtet Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht Werner Siebers, auch Spezialist für Verkehrsunfallabwicklungen, über Strafprozesse, über das Umfeld der Strafjustiz und was sonst noch so auffällt"]
wird der Bericht des Kölner Express (21.4. 2006) aufgegriffen und dokumentiert:
"Jan Schäfer verwickelte den Bankräuber in eine bühnenreife Prügelei, bei der beide einiges einstecken mussten. „Ich konnte ihm kurz die Waffe entwinden“, erklärt der gelernte Koch. „Aber die Angestellten haben nicht geholfen.“
So gab eine Faust die andere und der Bankräuber bekam die Waffe wieder in die Finger. „Dann hat er mir die Knarre auf den Kopf geschlagen“, so Jan Schäfer. „Die Bankangestellten forderten mich immer wieder auf, aufzuhören und den Bankräuber gehen zu lassen oder mit ihm zu verschwinden.“
Schließlich kommentiert der Rechtanwalt den Verlauf der "bühnenreifen Prügelei" (auch mal eine Variante in hinsichtlich der sonst üblichen Terminologie "filmreif"), in deren Verlauf der Bankräuber unerkannt entkommen konnte und nun eine Belohnung ausgesetzt wurde, recht lakonisch:
"Hätte jemand geholfen, hätte man sich die Belohnung sparen können."
Nun, da nehmen wir aber an dieser Stelle doch recht entschieden Partei für die vernünftigen Bankangestellten, die einfach wissen, dass es für alle Beteiligten besser ist, wenn ein Bankräuber ungehindert entkommen kann.
Der seine Wunden leckende Held des Tages hätte die Pistole nicht nur auf den Kopf bekommen können, sondern bei einem Bankräuber anderen Kalibers, auch eine Kugel in den Kopf.
Der Bankkunde muss schon ziemlich bekloppt gewesen sein oder hat zuviele Filme gesehen.
"Nervenaufreibende Szenen ereigneten sich am Donnerstagmittag in der Filiale der Dresdner Bank in Kölner Stadtteil Bickendorf" berichtet koeln.de
Der Kölner Stadtanzeiger (21.4. 2006) wiederum bringt eine detaillierte Beschreibung des doch sehr lange andauernden Banküberfalls, in der die Aktion des Bankkunden nur in einem Nebensatz abgehandelt wird. Das ist wohl der Unterschied zur Boulevardpresse ....
vabanque - am Montag, 24. April 2006, 21:06 - Rubrik: Fluchttechniken
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Freispruch erster Klasse für Siegelsbacher Bäckermeister
Der in den Medien und auch in der lokalen Öffentlichkeit schon vorverurteilte Bäckermeister aus Siegelsbach, wurde vergangene Woche mit einem Freispruch erster Klasse aus dem Gefängnis entlassen.
Damit folgte das Gericht der Sichtweise des Angeklagten.
Zahlreiche Medien müssen nun ihre bereits gefasste Meinung mit den harten Realitäten des Rechtsstaates abgleichen. Wir zitieren aus Eduard Zimmermanns Online-Portal "e 110":
Vorverurteilung als «Sparkassen-Killer»
Wegen Mordes, versuchten Mordes und räuberischer Erpressung stand der 48-jährige Bäckermeister nun ein Jahr lang vor Gericht. In der Boulevardpresse wurde er schon vor dem Prozess als «Sparkassen-Killer» vorverurteilt, obwohl er die Vorwürfe von Anfang an bestritt. Und auch sonst hegte zunächst niemand Zweifel an seiner Täterschaft, gab es doch Zeugenaussagen und Spuren, die gegen ihn sprachen. Darüber hinaus war er hoch verschuldet. Selbst der Vorsitzende Richter Wolfgang Bender räumte ein, dass auch seine Kammer zu Beginn von einem «klaren Fall» ausging und die Chancen für einen Schuldspruch als «ziemlich sicher» einstufte.
Doch in der Urteilsbegründung lösten sich die Ermittlungsergebnisse der Polizei und die Beweisführung der Staatsanwaltschaft weitgehend in Luft auf. Weder eine Blutspur im Auto des Angeklagten noch verbrannte Gummistiefel im Wald ließen sich dem Gericht zufolge in Einklang mit dem Verbrechen bringen. Auch eine Tatwaffe gebe es trotz fieberhafter Suche - selbst unter Einsatz einer Wünschelrute - bis heute nicht. Und der zeitliche Tagesablauf des Bäckers am Tattag stehe im Widerspruch zum Tatablauf. «Bei allem muss klargestellt werden, dass er gar nicht der Täter sein kann», betonte Bender.
Diese Ungereimtheiten standen gegen die Zeugenaussagen der Beteiligten, die der Richter als weniger gewichtig qualifzierte.
Die Staatsanwaltschaft hat Revision eingelegt.
Zur Urteilsbegründung und den Reaktionen vgl. die Berichterstattung der Heilbronner Stimme (22.4. 2006)
Respekt vor diesem Richter, der sich nicht der (ver-)öffentlich(t)en Meinung anpasst und zumindest in diesem Fall anschaulich vor Augen führt, was die Unabhängigkeit der Justiz ausmacht.
Der in den Medien und auch in der lokalen Öffentlichkeit schon vorverurteilte Bäckermeister aus Siegelsbach, wurde vergangene Woche mit einem Freispruch erster Klasse aus dem Gefängnis entlassen.
Damit folgte das Gericht der Sichtweise des Angeklagten.
Zahlreiche Medien müssen nun ihre bereits gefasste Meinung mit den harten Realitäten des Rechtsstaates abgleichen. Wir zitieren aus Eduard Zimmermanns Online-Portal "e 110":
Vorverurteilung als «Sparkassen-Killer»
Wegen Mordes, versuchten Mordes und räuberischer Erpressung stand der 48-jährige Bäckermeister nun ein Jahr lang vor Gericht. In der Boulevardpresse wurde er schon vor dem Prozess als «Sparkassen-Killer» vorverurteilt, obwohl er die Vorwürfe von Anfang an bestritt. Und auch sonst hegte zunächst niemand Zweifel an seiner Täterschaft, gab es doch Zeugenaussagen und Spuren, die gegen ihn sprachen. Darüber hinaus war er hoch verschuldet. Selbst der Vorsitzende Richter Wolfgang Bender räumte ein, dass auch seine Kammer zu Beginn von einem «klaren Fall» ausging und die Chancen für einen Schuldspruch als «ziemlich sicher» einstufte.
Doch in der Urteilsbegründung lösten sich die Ermittlungsergebnisse der Polizei und die Beweisführung der Staatsanwaltschaft weitgehend in Luft auf. Weder eine Blutspur im Auto des Angeklagten noch verbrannte Gummistiefel im Wald ließen sich dem Gericht zufolge in Einklang mit dem Verbrechen bringen. Auch eine Tatwaffe gebe es trotz fieberhafter Suche - selbst unter Einsatz einer Wünschelrute - bis heute nicht. Und der zeitliche Tagesablauf des Bäckers am Tattag stehe im Widerspruch zum Tatablauf. «Bei allem muss klargestellt werden, dass er gar nicht der Täter sein kann», betonte Bender.
Diese Ungereimtheiten standen gegen die Zeugenaussagen der Beteiligten, die der Richter als weniger gewichtig qualifzierte.
Die Staatsanwaltschaft hat Revision eingelegt.
Zur Urteilsbegründung und den Reaktionen vgl. die Berichterstattung der Heilbronner Stimme (22.4. 2006)
Respekt vor diesem Richter, der sich nicht der (ver-)öffentlich(t)en Meinung anpasst und zumindest in diesem Fall anschaulich vor Augen führt, was die Unabhängigkeit der Justiz ausmacht.
sparkassenkunde - am Sonntag, 23. April 2006, 20:57 - Rubrik: Brutalisierung des Bankraubs
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In der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (16.4. 2006 - leider nicht online) gibt es zur Abwechslung nun einen lesenswerten Artikel in Sachen Bankraub. Während im Februar-Dossier anläßlicher der Frankfurter Postraub-Ausstellung die in das Dossier eingeflossenen Vorarbeiten der AutorInnen von Va Banque und dieses Blogs quasi verschleiert wurden, stellen sie im vorliegenden Artikel von Matthias Heine den Ausgangspunkt dar. Der Anlaß für den Artikel sind die Entwicklungen der Kriminalstatistik.
[Zum FAZ-Autor: Wegen eines anderen Artikels bekommt Matthias Heine auch im Netz schon mal Gegenwind. ]
"Der Bankraub wird im Kino zwar immer zelebriert. Aber in der Kriminalstatistik ist dieses Delikt kaum noch von Bedeutung."
Ausgehend vom Kino-Klassiker Bonnie & Clyde wird unter Berufung auf den Herausgeber von "Va Banque", Klaus Schönberger, auf den Zusammenhang zwischen der Zahl der Ersttäter und der Popularität des Bankraubs hingewiesen.
"'Das Faszinierende an dem Delikt ist ja auch, daß es hier so viele Anfänger gibt, in Österreich sind etwa 80 Ersttäter', stellt der Tübinger Kulturwissenschaftler 2001 anläßlich des von ihm herausgegebenen Standardwerks 'Va Banque! Bankraub, Theorie, Praxis, Geschichte' fest. Verschuldete Verzweiflungstäter spielten eine große Rolle und natürlich auch Beschaffungskriminalität von Drogensüchtigen, so der Experte."
Heine zitiert hier aus einem Interview mit Christian Schachinger vom Wiener "Standard" (26.4. 2001), wobei allerdings der Begriff "Drogensüchtige" von FAZ-Autor stammt. Darüber hinaus wird in diesem Interview dieser Typus von Bankräuber als einer neben anderen aufgeführt.
Abgesehen davon, dass es das Wesen eines Mythos ist, dass er mit der Realität nur wenig zu tun hat, ist es schon richtig, dass die soziale Wirklichkeit des Bankraubs und seine popkulturelle Aufbereitung nur wenig gemein haben:
"Der Mythos vom kriminellen Genie hinter dem Bankraub, den der Film 'Inside Man' gerade noch mal im Kino beschwört, entspricht also selten der Realität."
Heine zieht die Zahlen der Kriminalstatistik heran und verweist darauf, dass es bundesweit im Jahr 2005 nur 667 Banküberfälle gegeben habe. Als Ursache sieht er wie die meisten Beobachter die gestiegenen Sicherheitsvorkehrungen. Und er erweist sich als gelehriger Leser dieses Blogs:
"Wer mehr erbeuten will, muß Transporte überfallen oder gleich den ganzen Automaten mitnehmen. Als orginelle Alternative daraf auch die Gründung eines Geldtransportunternehmens gelten, bei dem man dann einfach die anvertrauten Summen unterschlägt. So machten es vor kurzem Mitarbeiter der pleite gegangenen Firma Heros."
Schließlich prognostiziert Heine die möglichen Konsequenzen für die Popukultur:
"Der Niedergang des Bankraubs wird Folgen für die Popkultur haben. Denn gerade diese Hohe Beteiligung von Anfängern, Amateuren und Spontis macht den Bankraub so populär: Anders beim Kneipenüberfall wo Unterschicht auf Unterschicht trifft, steht beim Banküberfall geradezu idealtypisch der Mann des Volkes (Frauen sind wie bei allen Schwerverbrechen in der Minderheit) einer der verhaßtesten Institutionen des Kapitalismus gegenüber."
Die Aussage im ersten Teil des Absatzes würde ich so nicht unterschreiben. Die Popularität von Banküberfällen dürfte sich weniger aus der Beteiligung der Anfänger ergeben, die waren ja nicht filmreif, sondern aus den wenigen spektakulären und gelungenen mit Stil und Format. Aber die Frage ist berechtigt: Wird der Rückgang Folgen in der Popkultur haben? Ich vermute eher nicht, weil diese Mythen ihre Nahrung sowieso aus den spektakulären Einzelfällen und Millionencoups beziehen.
Schließlich liefert der Artikel eine Reihe von interessanten (historischen) Aspekten zur Geschichte und Gegenwart des Bankraubs und zeichnete sich dadurch aus, dass er immer wieder den gesellschaftlichen Kontext herzustellen vermag. Und der Verfasser erzählt nicht einfach das nach, was überall behauptet wird ,sondern fragt sich, ob die Statistiken und gegenwärtigen Vergleiche tatsächlich das realistische Abbild der Entwicklung liefern. Schließlich bemerkt Heine als erster unter den Journalisten, dass es methodisch zweifehaft ist, die Zahlen der alten BRD mit dem wiedervereinigten Deutschland unisono gleichzusetzen [Aber das erwarten wir auch von einem FAZ-Journalisten].
Gegen Ende des Artikels liefert Heine noch ein nettes Bild:
"Doch dieser Wiedervereingigungsboom ist lange vorbei. Heute ist Bankraub gewissermaßen die Vinyl-Schallplatte unter den Verbrechen: nur noch etwas für Liebhaber, Spinner und Ewiggestrige. Bezeichnenderweise waren die populärsten Serienbankräuber des neuen Millenniums eine Gang von tradtionsbewußten alten Herren, die 1999 bis 2004 in Nordrhein-Westfalen zahlreiche Geldinstitute überielen. Zum Zeitpunkt ihrer Verhaftung waren sie 63, 72 und 74 Jahre alt."
Na ja, das ist so ein nachträglicher Medienhype gewesen, vorher wusste man nicht, dass die Burschen so alt waren. Man sollte die wirkliche Popularität von Gangstern auch nicht aus der Anzahl der über sie geschriebenen Zeitungsartikel ableiten. Aber so ein Artikel braucht natürlich elegante Übergänge und dann macht er auch Spaß zu lesen.
"Dagegen fallen junge Männer, die heute eine Bank überfallen, auf einen Mythos herein."
Stimmt schon. Das Problem ist bloß, dass es eben nicht nur junge Männer sind. Vielmehr fällt es sehr schwer, eine bestimmte Tätergruppe zu isolieren. Sprich: Jeder ist verdächtig oder um es mit den Sexpistols zu sagen: No one is innocent.
"Der bewaffnete Bankraub war von Anfang an ein besonders medienaffines Verbrechen (...)
Die Medien leiben den Bankraub vielleicht deshalb so sehr, weil er schon von seinem ganzen Ablauf einem Bühnenauftritt ähnelt [Matthias Heine ist im übrigen auch Theaterkritiker]: Aus der Unsichtbarkeit rein ins Rampenlicht, großer Monolog ('Geld oder Leben'), dann wieder der Abgang."
Hinzukommt, dass die Medien in ihrer Berichterstattung Banküberfälle genau entlang dieser Anforderung taxieren (Hierzu finden sich in diesem Blog zahlreiche Hinweise).
Und dann weist er am Ende des sehr ausführlichen Artikels noch auf einen Fall unter "Kollegen" hin:
"Manchmal wird sogar ein Medienangestellter Opfer der Fiktionen, die er mitschuf. Legendär ist die Geschichte eines Redakteurs beim Berliner Boulevardblatt 'BZ', der in den neunziger Jahren eine Bank in Neukölln überfiel. Das Fahndungsfoto, das die Polizei herausgab, ließ er seelenruhig im eigenen Blatt drucken. Geschnappt wurde er nur, weil ihn eine Freundin verriet. Ansonsten war er in jeder Beziehung ein klassischer Bankräuber, wie ihn Klaus Schönberger beschreibt: Ersttäter, hoch verschuldet und wegen seiner Heroinsucht in Geldnot."
Das sagt vielleicht auch mehr über das BILD-Zeitungs-Milieu aus, in dem diese Schreiberlinge verkehren.
Unabhängig von einzelnen hier kritisch vermerkten Aspekten: insgesamt ein Artikel, der sich positiv abhebt.
[Zum FAZ-Autor: Wegen eines anderen Artikels bekommt Matthias Heine auch im Netz schon mal Gegenwind. ]
"Der Bankraub wird im Kino zwar immer zelebriert. Aber in der Kriminalstatistik ist dieses Delikt kaum noch von Bedeutung."
Ausgehend vom Kino-Klassiker Bonnie & Clyde wird unter Berufung auf den Herausgeber von "Va Banque", Klaus Schönberger, auf den Zusammenhang zwischen der Zahl der Ersttäter und der Popularität des Bankraubs hingewiesen.
"'Das Faszinierende an dem Delikt ist ja auch, daß es hier so viele Anfänger gibt, in Österreich sind etwa 80 Ersttäter', stellt der Tübinger Kulturwissenschaftler 2001 anläßlich des von ihm herausgegebenen Standardwerks 'Va Banque! Bankraub, Theorie, Praxis, Geschichte' fest. Verschuldete Verzweiflungstäter spielten eine große Rolle und natürlich auch Beschaffungskriminalität von Drogensüchtigen, so der Experte."
Heine zitiert hier aus einem Interview mit Christian Schachinger vom Wiener "Standard" (26.4. 2001), wobei allerdings der Begriff "Drogensüchtige" von FAZ-Autor stammt. Darüber hinaus wird in diesem Interview dieser Typus von Bankräuber als einer neben anderen aufgeführt.
Abgesehen davon, dass es das Wesen eines Mythos ist, dass er mit der Realität nur wenig zu tun hat, ist es schon richtig, dass die soziale Wirklichkeit des Bankraubs und seine popkulturelle Aufbereitung nur wenig gemein haben:
"Der Mythos vom kriminellen Genie hinter dem Bankraub, den der Film 'Inside Man' gerade noch mal im Kino beschwört, entspricht also selten der Realität."
Heine zieht die Zahlen der Kriminalstatistik heran und verweist darauf, dass es bundesweit im Jahr 2005 nur 667 Banküberfälle gegeben habe. Als Ursache sieht er wie die meisten Beobachter die gestiegenen Sicherheitsvorkehrungen. Und er erweist sich als gelehriger Leser dieses Blogs:
"Wer mehr erbeuten will, muß Transporte überfallen oder gleich den ganzen Automaten mitnehmen. Als orginelle Alternative daraf auch die Gründung eines Geldtransportunternehmens gelten, bei dem man dann einfach die anvertrauten Summen unterschlägt. So machten es vor kurzem Mitarbeiter der pleite gegangenen Firma Heros."
Schließlich prognostiziert Heine die möglichen Konsequenzen für die Popukultur:
"Der Niedergang des Bankraubs wird Folgen für die Popkultur haben. Denn gerade diese Hohe Beteiligung von Anfängern, Amateuren und Spontis macht den Bankraub so populär: Anders beim Kneipenüberfall wo Unterschicht auf Unterschicht trifft, steht beim Banküberfall geradezu idealtypisch der Mann des Volkes (Frauen sind wie bei allen Schwerverbrechen in der Minderheit) einer der verhaßtesten Institutionen des Kapitalismus gegenüber."
Die Aussage im ersten Teil des Absatzes würde ich so nicht unterschreiben. Die Popularität von Banküberfällen dürfte sich weniger aus der Beteiligung der Anfänger ergeben, die waren ja nicht filmreif, sondern aus den wenigen spektakulären und gelungenen mit Stil und Format. Aber die Frage ist berechtigt: Wird der Rückgang Folgen in der Popkultur haben? Ich vermute eher nicht, weil diese Mythen ihre Nahrung sowieso aus den spektakulären Einzelfällen und Millionencoups beziehen.
Schließlich liefert der Artikel eine Reihe von interessanten (historischen) Aspekten zur Geschichte und Gegenwart des Bankraubs und zeichnete sich dadurch aus, dass er immer wieder den gesellschaftlichen Kontext herzustellen vermag. Und der Verfasser erzählt nicht einfach das nach, was überall behauptet wird ,sondern fragt sich, ob die Statistiken und gegenwärtigen Vergleiche tatsächlich das realistische Abbild der Entwicklung liefern. Schließlich bemerkt Heine als erster unter den Journalisten, dass es methodisch zweifehaft ist, die Zahlen der alten BRD mit dem wiedervereinigten Deutschland unisono gleichzusetzen [Aber das erwarten wir auch von einem FAZ-Journalisten].
Gegen Ende des Artikels liefert Heine noch ein nettes Bild:
"Doch dieser Wiedervereingigungsboom ist lange vorbei. Heute ist Bankraub gewissermaßen die Vinyl-Schallplatte unter den Verbrechen: nur noch etwas für Liebhaber, Spinner und Ewiggestrige. Bezeichnenderweise waren die populärsten Serienbankräuber des neuen Millenniums eine Gang von tradtionsbewußten alten Herren, die 1999 bis 2004 in Nordrhein-Westfalen zahlreiche Geldinstitute überielen. Zum Zeitpunkt ihrer Verhaftung waren sie 63, 72 und 74 Jahre alt."
Na ja, das ist so ein nachträglicher Medienhype gewesen, vorher wusste man nicht, dass die Burschen so alt waren. Man sollte die wirkliche Popularität von Gangstern auch nicht aus der Anzahl der über sie geschriebenen Zeitungsartikel ableiten. Aber so ein Artikel braucht natürlich elegante Übergänge und dann macht er auch Spaß zu lesen.
"Dagegen fallen junge Männer, die heute eine Bank überfallen, auf einen Mythos herein."
Stimmt schon. Das Problem ist bloß, dass es eben nicht nur junge Männer sind. Vielmehr fällt es sehr schwer, eine bestimmte Tätergruppe zu isolieren. Sprich: Jeder ist verdächtig oder um es mit den Sexpistols zu sagen: No one is innocent.
"Der bewaffnete Bankraub war von Anfang an ein besonders medienaffines Verbrechen (...)
Die Medien leiben den Bankraub vielleicht deshalb so sehr, weil er schon von seinem ganzen Ablauf einem Bühnenauftritt ähnelt [Matthias Heine ist im übrigen auch Theaterkritiker]: Aus der Unsichtbarkeit rein ins Rampenlicht, großer Monolog ('Geld oder Leben'), dann wieder der Abgang."
Hinzukommt, dass die Medien in ihrer Berichterstattung Banküberfälle genau entlang dieser Anforderung taxieren (Hierzu finden sich in diesem Blog zahlreiche Hinweise).
Und dann weist er am Ende des sehr ausführlichen Artikels noch auf einen Fall unter "Kollegen" hin:
"Manchmal wird sogar ein Medienangestellter Opfer der Fiktionen, die er mitschuf. Legendär ist die Geschichte eines Redakteurs beim Berliner Boulevardblatt 'BZ', der in den neunziger Jahren eine Bank in Neukölln überfiel. Das Fahndungsfoto, das die Polizei herausgab, ließ er seelenruhig im eigenen Blatt drucken. Geschnappt wurde er nur, weil ihn eine Freundin verriet. Ansonsten war er in jeder Beziehung ein klassischer Bankräuber, wie ihn Klaus Schönberger beschreibt: Ersttäter, hoch verschuldet und wegen seiner Heroinsucht in Geldnot."
Das sagt vielleicht auch mehr über das BILD-Zeitungs-Milieu aus, in dem diese Schreiberlinge verkehren.
Unabhängig von einzelnen hier kritisch vermerkten Aspekten: insgesamt ein Artikel, der sich positiv abhebt.
vabanque - am Mittwoch, 19. April 2006, 11:37 - Rubrik: Populaere Kultur Musik
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Neulich fragte die Jungle World bei verschiedenen AutorInnen, LeserInnen und linken Promis nach deren Lieblingswitzen und veröffentlichte dann tatsächlich - neben einigen Texten zum Thema "Die Linke und der Humor. Lachen können sie woanders" - 31 Witze von Diedrich Diedrichsen und anderen. "Analyse und Kritik" (17.3. 2006, S. 35 "Aufgeblättert") lobte den Mut, das Thema angepackt zu haben, bemerkte aber auch, dass es gerade die Jungle World sei, die nicht gerade durch die Fähigkeit aufgefallen sei, sich selbst nicht ganz so ernst zu nehmen. Wohl wahr. Zumal man diese Redaktion offenbar auch nicht ernst nehmen kann.
Denn bestimmte redaktionelle Leistungen in dieser Zeitung sind selbst eine Lachnummer beziehungsweise zum Davonlaufen ("Lachen können sie woanders"). Wenn etwa in der Ausgabe Nr. 14 (5.4. 2004) im Feuilleton unter dem Kürzel (AHA) - vermutlich Andreas Hartmann - eine neue Verschwörungstheorie in Sachen Spike Lee ("Inside Man") zum Besten gegeben wird.
Niemand hatte es bisher gesehen. Aber ein Jungleworld-Feuilleton-Redakteur muss wieder eine anti-deutsche Befindlichkeit zum Besten geben (LeserInnen, die mit den Verwerfungen innerhalb der linksradikalen Szene nicht so vertraut sind, können sich bei Gerhard Hanloser (Hg.): „Sie warn die Antideutschesten der deutschen Linken“. Zu Geschichte, Kritik und Zukunft antideutscher Politik. Unrast, Münster 2004 informieren - wobei der Titel eigentlich heißen müsste: "Sie sind die deutschesten der deutschen Linken"). Unter der Überschrift "Die besseren Nazis" wird behauptet, dass der neue Film von Spike Lee, "Inside Man" durch "die dauernde Verwendung plumper antisemitischer Klischees" auffalle.
Was sonst noch keinem aufgefallen, das verkündet die Jungle World (wobei das für solche Leute natürlich kein Gegenargument, sondern die Bestätigung ihrer Wahnvorstellung ist) der gläubigen Gemeinde:
"Der Direktor der überfallenen Bank, so stellt sich schon bald heraus, ist Jude. Banken gehören meist Juden, das kennt man ja."
Könnte es nicht sein, dass AHA hier selbst eigenen antisemitischen Projektionen aufgesessen ist? Aus dem Film geht seine/ihre Behauptung nicht hervor, jedenfalls habe ich das nicht gesehen, gehört und bemerkt, und es wurde auch in keiner Rezension, die mir bisher zugänglich war, festgehalten:
"Aber dieser Bankdirektor hat auch noch ein dunkles Geheimnis, und das hält er in einem Safe in seiner eigenen Bank unter Verschluss. Wie sich bald herausstellt, würden die in dem Safe gelagerte Papiere beweisen, dass der Herr Bankdirektor damals mit den Nazis gemeinsame Sache gemacht hatte, dass sein ganzer unermesslicher Reichtum auf dem Verrat anderer Juden beruht. Ah ja, klar: Die besten Nazis waren also immer noch die Juden selbst, oder wie?"
Das ist immer derselbe Trick in der "Argumentation" oder sagen wir besser "Verleumdung". Die eigenen Schlussfolgerungen werden zur Tatsache erhoben. Die eigene Interpretation, das eigene Begehren wird dabei auf eine Filmhandlung projeziert. Selbst angenommen, es würde sich um einen jüdischen Bankdirektor handeln, dann wird die eigene deutsche Nazi-Geschichte auf den 'Neger' ("Das neue Werk des afroamerikanischen Regisseurs") projeziert. Die Versuche, die nazi-deutsche Geschichte zum omnipräsenten und die Weltgeschichte einzig seligmachenden Ereignis zu verklären, das ist die antideutsche (und vielleicht fieseste) Form der Entsorgung der deutschen Nazi-Geschichte. Das anti-deutsche Ticket (Adorno) vermag so en passant die eigenen Befindlichkeiten und Ressentiments in eine Form von Gutmenschentum umzumünzen, gegen die Walter Jens und der Küng noch sympathische Gestalten sind.
Man könnte außerdem dann daran zweifeln, dass der AHA den Film tatsächlich gesehen hat, wenn man sich anschaut, wie er den filmischen Widerpart des Bankdirektors der Manhattan Trust Bank beschreibt:
"Gegen so einen üblen, habgierigen und unmoralischen Juden wie den Bankdirektor müssen dann sogar der schwarze Supercop (Denzel Washington) und der smarte weiße Bankräuber (Clive Owen) zusammenhalten. Irgendjemand muss schließlich endlich mal für Ordnung sorgen in dieser verjudeten Stadt."
Hier unterschlägt uns der Autor schlicht, dass es gerade jüdische Widersacher sind, die mit dem Bankdirektor - dessen jüdische Herkunft bisher nur er bebemerkt hat - noch ein Hühnchen zu rupfen haben. Der Protagonist wird einfach zum "Weißen" gemacht. Schöne Umschreibung (weil nicht falsch, aber das entscheidende Detail einfach unterschlagen).
Insider aus der Jungle World-Leserschaft wissen natürlich, wie solche Texte dort entstehen. Aber selbst wenn der Autor diese Geschichte nur so aufgeschnappt hat und zugleich in einen beiläufigen Artikel verwurstete, ist es wohl kein Zufall, wie hier die eigene, weil deutsche Nazi-Geschichte instrumentalisiert und entsorgt wird.
Diese Form mit der Nazi-Geschichte die eigenen Befindlichkeiten zu pflegen ist aber keine Lachnummer mehr, sondern irgendwo zwischen Tragik und Farce linker Publizistik in diesem Lande anzusiedeln.
Denn bestimmte redaktionelle Leistungen in dieser Zeitung sind selbst eine Lachnummer beziehungsweise zum Davonlaufen ("Lachen können sie woanders"). Wenn etwa in der Ausgabe Nr. 14 (5.4. 2004) im Feuilleton unter dem Kürzel (AHA) - vermutlich Andreas Hartmann - eine neue Verschwörungstheorie in Sachen Spike Lee ("Inside Man") zum Besten gegeben wird.
Niemand hatte es bisher gesehen. Aber ein Jungleworld-Feuilleton-Redakteur muss wieder eine anti-deutsche Befindlichkeit zum Besten geben (LeserInnen, die mit den Verwerfungen innerhalb der linksradikalen Szene nicht so vertraut sind, können sich bei Gerhard Hanloser (Hg.): „Sie warn die Antideutschesten der deutschen Linken“. Zu Geschichte, Kritik und Zukunft antideutscher Politik. Unrast, Münster 2004 informieren - wobei der Titel eigentlich heißen müsste: "Sie sind die deutschesten der deutschen Linken"). Unter der Überschrift "Die besseren Nazis" wird behauptet, dass der neue Film von Spike Lee, "Inside Man" durch "die dauernde Verwendung plumper antisemitischer Klischees" auffalle.
Was sonst noch keinem aufgefallen, das verkündet die Jungle World (wobei das für solche Leute natürlich kein Gegenargument, sondern die Bestätigung ihrer Wahnvorstellung ist) der gläubigen Gemeinde:
"Der Direktor der überfallenen Bank, so stellt sich schon bald heraus, ist Jude. Banken gehören meist Juden, das kennt man ja."
Könnte es nicht sein, dass AHA hier selbst eigenen antisemitischen Projektionen aufgesessen ist? Aus dem Film geht seine/ihre Behauptung nicht hervor, jedenfalls habe ich das nicht gesehen, gehört und bemerkt, und es wurde auch in keiner Rezension, die mir bisher zugänglich war, festgehalten:
"Aber dieser Bankdirektor hat auch noch ein dunkles Geheimnis, und das hält er in einem Safe in seiner eigenen Bank unter Verschluss. Wie sich bald herausstellt, würden die in dem Safe gelagerte Papiere beweisen, dass der Herr Bankdirektor damals mit den Nazis gemeinsame Sache gemacht hatte, dass sein ganzer unermesslicher Reichtum auf dem Verrat anderer Juden beruht. Ah ja, klar: Die besten Nazis waren also immer noch die Juden selbst, oder wie?"
Das ist immer derselbe Trick in der "Argumentation" oder sagen wir besser "Verleumdung". Die eigenen Schlussfolgerungen werden zur Tatsache erhoben. Die eigene Interpretation, das eigene Begehren wird dabei auf eine Filmhandlung projeziert. Selbst angenommen, es würde sich um einen jüdischen Bankdirektor handeln, dann wird die eigene deutsche Nazi-Geschichte auf den 'Neger' ("Das neue Werk des afroamerikanischen Regisseurs") projeziert. Die Versuche, die nazi-deutsche Geschichte zum omnipräsenten und die Weltgeschichte einzig seligmachenden Ereignis zu verklären, das ist die antideutsche (und vielleicht fieseste) Form der Entsorgung der deutschen Nazi-Geschichte. Das anti-deutsche Ticket (Adorno) vermag so en passant die eigenen Befindlichkeiten und Ressentiments in eine Form von Gutmenschentum umzumünzen, gegen die Walter Jens und der Küng noch sympathische Gestalten sind.
Man könnte außerdem dann daran zweifeln, dass der AHA den Film tatsächlich gesehen hat, wenn man sich anschaut, wie er den filmischen Widerpart des Bankdirektors der Manhattan Trust Bank beschreibt:
"Gegen so einen üblen, habgierigen und unmoralischen Juden wie den Bankdirektor müssen dann sogar der schwarze Supercop (Denzel Washington) und der smarte weiße Bankräuber (Clive Owen) zusammenhalten. Irgendjemand muss schließlich endlich mal für Ordnung sorgen in dieser verjudeten Stadt."
Hier unterschlägt uns der Autor schlicht, dass es gerade jüdische Widersacher sind, die mit dem Bankdirektor - dessen jüdische Herkunft bisher nur er bebemerkt hat - noch ein Hühnchen zu rupfen haben. Der Protagonist wird einfach zum "Weißen" gemacht. Schöne Umschreibung (weil nicht falsch, aber das entscheidende Detail einfach unterschlagen).
Insider aus der Jungle World-Leserschaft wissen natürlich, wie solche Texte dort entstehen. Aber selbst wenn der Autor diese Geschichte nur so aufgeschnappt hat und zugleich in einen beiläufigen Artikel verwurstete, ist es wohl kein Zufall, wie hier die eigene, weil deutsche Nazi-Geschichte instrumentalisiert und entsorgt wird.
Diese Form mit der Nazi-Geschichte die eigenen Befindlichkeiten zu pflegen ist aber keine Lachnummer mehr, sondern irgendwo zwischen Tragik und Farce linker Publizistik in diesem Lande anzusiedeln.
contributor - am Sonntag, 16. April 2006, 18:24 - Rubrik: Bankraub in Film und Fernsehen
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Immer häufiger hören und lesen wir wir vom Niedergang des Bankraubs. Alljährlich, wenn die Kriminalstatistiken veröffentlicht werden, wird Bilanz gezogen.
Bereits Anfang April (3.4. 2006) berichtete die Presseagentur ddp, dass in Berlin die Zahl der Banküberfälle einen deutlichen Rückgang verzeichnet:
"Polizei und Banken verzeichnen in Berlin seit Jahren einen deutlichen Rückgang bei der Zahl der Banküberfälle. Musste die Kripo 1993 noch 96 Fälle bearbeiten, waren es im vergangenen Jahr gerade mal 13, berichtet die «Berliner Morgenpost» (Montagausgabe). Experten führen dies auf deutlich verbesserte Sicherheitsvorkehrungen zurück.
«Es ist nicht zuletzt den laufend verbesserten Sicherheitskonzepten der Kreditwirtschaft zu verdanken, dass die Zahl der Banküberfälle rückläufig ist», sagte ein Sprecher des Bundesverbandes der Deutschen Volks- und Raiffeisenbanken. Außerdem lassen sich keine großen Summen mehr erbeuten. Heutzutage sind im Schnitt nur noch 3000 bis 4000 Euro Beute möglich. «Diese vergleichsweise niedrige Summe lockt nicht mehr», sagte Kriminaloberrat Manfred Schmandra, der im Landeskriminalamt für Raubüberfälle zuständig ist.
Ähnlich lautet der Tenor in NRW ein paar Tage später. Der WDR (8.4. 2006) berichtet:
"Weniger Banküberfälle in NRW
Banküberfälle lohnen sich offenbar nicht mehr: In NRW ist die Zahl der Überfälle auf Banken und Sparkassen auf den niedrigsten Stand seit über 20 Jahren gesunken. 198 Geldinstitute und Postfilialen wurden im vergangenen Jahr überfallen, zehn Prozent weniger als im Vorjahr. Das geht aus der Kriminalstatistik des Landes hervor.
Bankenvertreter sehen die Ursache für den Rückgang in den verbesserten Sicherheitsstandards der Geldinstitute. So seien die Kassentresore inzwischen alle mit einem Mechanismus zur Zeitverzögerung ausgestattet: "Um 5.000 Euro aus der Kasse zu bekommen, muss man 30 Sekunden warten. Bei 10.000 Euro sind es schon zwei Minuten", erklärte Wolfgang Hornung, Sprecher des Westfälisch-Lippischen Sparkassen- und Giroverbandes. "Ein Bankräuber hat das Problem, dass er nicht so lange warten kann."
Auf Grund der zunehmenden Nutzung von Geldautomaten liege zudem wesentlich weniger Bargeld an den Kassenschaltern als früher. "Dadurch sind die Anreize für Bankräuber anscheinend geringer geworden", sagte Hornung."
Die Profis haben deshalb bereits ihre Aktivitäten in Richtung Geldtransporte (wie etwa in England) sowie in Bankautomatenklau verlagert. Zu befürchten ist ausserdem, dass sich diese Sicherungsmaßnahmen zu den Anfängern nicht rumgesprochen haben, und dass diese Sicherungsmaßnahmen verstärkt zu Geiselnahmen führen könnten.
Etwas anders verhält es sich in Österreich. Zwar hat nach dem Boom von 2004 und 2005 auch hier ein Rückgang eingesetzt. Dennoch wird hier nach wie vor vergleichsweise häufig, insbesondere in Wien, eine Bank ausgeraubt.
Bereits Anfang April (3.4. 2006) berichtete die Presseagentur ddp, dass in Berlin die Zahl der Banküberfälle einen deutlichen Rückgang verzeichnet:
"Polizei und Banken verzeichnen in Berlin seit Jahren einen deutlichen Rückgang bei der Zahl der Banküberfälle. Musste die Kripo 1993 noch 96 Fälle bearbeiten, waren es im vergangenen Jahr gerade mal 13, berichtet die «Berliner Morgenpost» (Montagausgabe). Experten führen dies auf deutlich verbesserte Sicherheitsvorkehrungen zurück.
«Es ist nicht zuletzt den laufend verbesserten Sicherheitskonzepten der Kreditwirtschaft zu verdanken, dass die Zahl der Banküberfälle rückläufig ist», sagte ein Sprecher des Bundesverbandes der Deutschen Volks- und Raiffeisenbanken. Außerdem lassen sich keine großen Summen mehr erbeuten. Heutzutage sind im Schnitt nur noch 3000 bis 4000 Euro Beute möglich. «Diese vergleichsweise niedrige Summe lockt nicht mehr», sagte Kriminaloberrat Manfred Schmandra, der im Landeskriminalamt für Raubüberfälle zuständig ist.
Ähnlich lautet der Tenor in NRW ein paar Tage später. Der WDR (8.4. 2006) berichtet:
"Weniger Banküberfälle in NRW
Banküberfälle lohnen sich offenbar nicht mehr: In NRW ist die Zahl der Überfälle auf Banken und Sparkassen auf den niedrigsten Stand seit über 20 Jahren gesunken. 198 Geldinstitute und Postfilialen wurden im vergangenen Jahr überfallen, zehn Prozent weniger als im Vorjahr. Das geht aus der Kriminalstatistik des Landes hervor.
Bankenvertreter sehen die Ursache für den Rückgang in den verbesserten Sicherheitsstandards der Geldinstitute. So seien die Kassentresore inzwischen alle mit einem Mechanismus zur Zeitverzögerung ausgestattet: "Um 5.000 Euro aus der Kasse zu bekommen, muss man 30 Sekunden warten. Bei 10.000 Euro sind es schon zwei Minuten", erklärte Wolfgang Hornung, Sprecher des Westfälisch-Lippischen Sparkassen- und Giroverbandes. "Ein Bankräuber hat das Problem, dass er nicht so lange warten kann."
Auf Grund der zunehmenden Nutzung von Geldautomaten liege zudem wesentlich weniger Bargeld an den Kassenschaltern als früher. "Dadurch sind die Anreize für Bankräuber anscheinend geringer geworden", sagte Hornung."
Die Profis haben deshalb bereits ihre Aktivitäten in Richtung Geldtransporte (wie etwa in England) sowie in Bankautomatenklau verlagert. Zu befürchten ist ausserdem, dass sich diese Sicherungsmaßnahmen zu den Anfängern nicht rumgesprochen haben, und dass diese Sicherungsmaßnahmen verstärkt zu Geiselnahmen führen könnten.
Etwas anders verhält es sich in Österreich. Zwar hat nach dem Boom von 2004 und 2005 auch hier ein Rückgang eingesetzt. Dennoch wird hier nach wie vor vergleichsweise häufig, insbesondere in Wien, eine Bank ausgeraubt.
sparkassenkunde - am Sonntag, 16. April 2006, 17:52 - Rubrik: Bankraub-Trends
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"Hot Latin boys want to put their spicy muscular bodies to filthy action ... " -
Wer auf schwule Ästhetik steht, der mag die folgende kleine Photogeschichte cool finden. Unsereins weiss natürlich, das Bankraub sexy macht, und daher gibt' es auch entsprechende schwule Phantasien hierzu:

"Klar mache ich das auf ..."

"... und natürlich auch noch mehr ..."

"... und Kohle bedeutet mir zwar nicht alles ... aber doch 'ne ganze Menge"

"...aber wer alles sehen will, der muss jetzt weiterklicken ..."
Wer auf schwule Ästhetik steht, der mag die folgende kleine Photogeschichte cool finden. Unsereins weiss natürlich, das Bankraub sexy macht, und daher gibt' es auch entsprechende schwule Phantasien hierzu:

"Klar mache ich das auf ..."

"... und natürlich auch noch mehr ..."

"... und Kohle bedeutet mir zwar nicht alles ... aber doch 'ne ganze Menge"

"...aber wer alles sehen will, der muss jetzt weiterklicken ..."
vabanque - am Freitag, 14. April 2006, 00:41 - Rubrik: Lotto und Bankraubphantasien
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Aus der Heilbronner Stimme (11.4. 2006) erfahren wir, dass sich der Angeklagte Siegelsbacher Dorfbäcker Alfred B., dem vorgeworfen wird, während eines Banküberfalls eine Frau erschossen und ihren Mann schwer verletzt zu haben, für unschuldig erklärt. Wir erfahren in diesem Artikel zugleich, dass unterschiedliche Bewertungen der vorliegenden Indizien seitens Verteidigung und Staatsanwaltschaft vorliegen. [ad Indizien]
"Der Bäcker war's" - Prozess zum Siegelsbacher Bankraubmord
Ganz hilfreich ist auch der Artikel in der Heilbronner Stimme vom 10.4. 2006, in dem es überwiegend um das Plädoyer der Verteidigung geht. Unterhalb sind aber zahlreiche weitere Artikel aus dem Archiv der Heilbronner Stimme zu diesem Fall aufgelistet.
"Der Bäcker war's" - Prozess zum Siegelsbacher Bankraubmord
Ganz hilfreich ist auch der Artikel in der Heilbronner Stimme vom 10.4. 2006, in dem es überwiegend um das Plädoyer der Verteidigung geht. Unterhalb sind aber zahlreiche weitere Artikel aus dem Archiv der Heilbronner Stimme zu diesem Fall aufgelistet.
vabanque - am Donnerstag, 13. April 2006, 23:31 - Rubrik: Brutalisierung des Bankraubs
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lautete ein zeitgenössischer Bericht der ZEIT über den Polizisten und Bankräuber Hugo Alffcke aus den 60er Jahren. 1966 verfaßte Dietrich Strothmann einen Artikel über die Urteilsverkündung in Oldenburg, der einmal mehr verdeutlicht, was die Titelzeile des Song der Sexpistols mit Ronnie Biggs "No one is innocent" eigentlich meint:
"Der Mann steht schon seit zwei Stunden an seinem Platz, kaum daß er sich rührt, seine Hände, die Schultern bewegt. Er ist schlank, hält sich gerade in sturer "Habt-acht"-Stellung. Fast eine hölzerne Figur. Der Mann ist 51 Jahre alt, das schüttere weiße Haar ist sorgfältig nach hinten gekämmt, akkurat sitzt der mitternachtsblaue Einreiher, korrekt das weiße Kavalierstuch; die sorgfältig gebundene Krawatte ist mit der Anzugsfarbe harmonisch abgestimmt. Auf den ersten Blick ein "Normalbürger", einer von Millionen, unauffällig, adrett, freundlich. Nur die Augenlider zucken nervös. Anspannung verraten die zusammengekniffenen Lippen, das energisch vorgeschobene Kinn. Sonst bleibt der Mann steif. Karg ist auch seine Rede, seine Antworten sind spröde, von stumpfer Zurückhaltung, kaum daß er einmal mehr als ein "Ja", ein "Nein" sagt. In den zwei Stunden geht er nicht ein einziges Mal aus sich heraus - in den zwei Stunden seines Prozesses vor der 1. Strafkammer des Oldenburger Landgerichtes."
Sprich, jeder ist verdächtig.
"Es ist ein langweiliger Prozeß, der Mann ein langweiliger Angeklagter. Dabei ist es der Prozeß gegen den "größten Bankräuber seit der Nachkriegszeit in der Bundesrepublik", dabei gilt der Angeklagte als ein "gefährlicher Gewohnheitsverbrecher", der bei elf Bankeinbrüchen in rund fünf Jahren 232 898,60 Mark erbeutete - ein Mann mit einem Doppelleben, im Dienst Polizeimeister, in der Freizeit Bandit: Hugo Hans Wilhelm Alffcke. Doch so, wie er da steht und aussagt, ein Biedermann vom Scheitel bis zur Sohle, stumpfsinnig und gleichgültig, ist er kein "Fall" mehr, ist um ihn keine Gloriole, weder im Guten, noch im Bösen. Er ist erschreckend normal, ein Alltagsmensch, ein Statist höchstens für das "Fernsehgericht", kein "Held" in einem Kriminalfilm."
Aha, schon 1966 wurde Bankräuber auf ihre Filmfähigkeit hin bewertet.
"Hugo Alffcke, für den die Zuhörerinnen im überfüllten Gerichtssaal mitleidige Sympathie empfinden, hat keine Geschichte zu erzählen. Er wollte Schlosser werden, aber das "Betriebsklima war schlecht", so lernte er bei seinem Vater die Weinküferei, bis er Soldat wurde und es zum Feldwebel brachte. Nach dem Krieg verkaufte er Heißgetränke; das langweilte ihn, so ging er zur Polizei, machte Streifendienst, schnappte einmal sogar einen Kirchenräuber, wurde selber erwischt, als er, um sein Taschengeld aufzufrischen, Autos für den "grauen Markt" von Süddeutschland zum Hamburger Hafen überführte, ließ sich zum Dienstjubiläum mit einer Urkunde "in Anerkennung treuer Dienste" und einem Zuschuß auszeichnen, wechselte als Pförtner in das Polizeipräsidium über und lebte unauffällig und bescheiden in einer Dachwohnung mit seiner Familie. Er lebte vor allem für seine drei Töchter und seine Hobbys, bastelte im Keller, fuhr mit dem Motorrad herum, ging auf Camping-Urlaub und half seiner Frau beim Abwaschen, holte ihr Kohlen und Kartoffeln. Einer von Millionen, brav, hausbacken, mit Familiensinn."
Nun, auch der Biedermann hat Träume, und in den 60er Jahren sind es Konsumträume, die sich andere erfüllen können, bloss ein kleiner Polizist eben nicht.
"Nach dem Urteil des medizinischen Sachverständigen ist Hugo Alffcke farblos, ohne Temperament. Als er bei seinem letzten Einbruchsversuch am 3. Januar 1966 bei der Oldenburger Landesbank in Delmenhorst überwältigt wurde, zuckte er nur mit den Schultern, wie einer, dem alles egal ist: Es mußte ja so kommen, eines Tages ... Und der nun büßen will, nachdem er alles zugab und auch einsah, daß er dem "Ansehen der Polizei" geschadet hat; der ergeben ist, ohne mit seinem Los zu hadern, in das Schicksal eines Kleinbürgers; der immer unbedeutend bleiben wird, nun für zwölf Jahre hinter Zuchthausmauern verschwinden muß und Zeit seines Lebens unter Polizeiaufsicht stehen wird."
Tja, gegenüber Abtrünnigen aus den eigenen Reihen ist der Staat eben schon damals gnadenlos gewesen.
"Hugo Alffcke, der sich schon als Polizist abkapselte - er hatte keine Freunde - und auch als Durchschnittsgangster ein Einzelgänger blieb - in der Untersuchungshaft trug er, um nicht aufzufallen, Sträflingskleidung -, ist kein gebrochener Mann. Tränen kennt er nicht, seine innere Not um die Zukunft zeigt er mit keiner Gebärde. Nur einmal, so berichtete der Gutachter, weinte Alffcke: als er nach seiner Frau fragte und wissen wollte, ob sie zu ihm halte, als er sich nach seiner neunjährigen Tochter erkundigte. Und daß er sich heute seiner Verbrechen schämt, gestand er nur mit der Bitte an seine Familie ein, ihn nicht im Zuchthaus zu besuchen."
Auch dort wird er, wie schon in der Oldenburger Untersuchungshaft, ein "idealer Gefangener" sein, unauffällig, bescheiden, devot. Nicht bei den Vernehmungen durch die Kriminalpolizei nicht während der Verhandlung brüstete er sich mit seinen Taten. In seinen kurzen Antworten war kein Anflug von Stolz, ein gewiegter Bandit gewesen zu sein. Auch später, wenn er seine Zeit abgesessen hat, wird er sich nicht rühmen wollen, elfmal "alles riskiert" zu haben.
Solche Texte sagen doch mehr über ihre Autoren, als über den beschriebenen Bankräuber aus. Jedenfalls eine Menge darüber, wie ein richtiger Verbrecher auszusehen hat:
Denn Hugo Alffcke, der geheimnislose Bankräuber, ist nicht einmal ein sonderlich couragierter Verbrecher gewesen. Er hatte Glück, kaum mehr. Glück, daß die Geldinstitute nicht ausreichend gesichert waren, daß die Angestellten angewiesen waren, keinen Widerstand zu leisten, daß die alarmierte Polizei immer zu spät kam. Einfach war sein Rezept: er kundschaftete die Banken vorher genau aus, zeichnete sich seinen Fluchtweg in eine Karte ein, suchte sich einen günstigen Zeitpunkt für den Überfall aus, sprang mit einem gewandten Satz über den Tresen, zwang die völlig verdutzten Kassierer an die Wand, rief ihnen kurz zu: "raus", "weg", griff sich das Geld und war auch schon verschwunden. Alffcke brauchte nur ein, zwei Minuten, dann war seine Tasche voll und er über alle Berge.
Aah, wenigstens ist er sportlich gewesen ...
"Bei den ersten Malen, so berichtete er stockend, mußte er noch seinen ganzen Mut zusammennehmen. Damals stülpte er sich auch noch Damenstrümpfe über das Gesicht und fuhr mit dem Fahrrad los. Bald aber, als alles wie am Schnürchen klappte. wurde er leichtsinnig und dreist: "Da bin ich in die Garage gegangen", das heißt, er brach sie auf. "Da habe ich mich nach einem Wagen umgesehen", das heißt, er stahl ihn und schraubte falsche Nummernschilder vor die Kennzeichen. Masken trug er bald auch nicht mehr, so schnodderig wurde Alffcke. Er fürchtete nicht mehr, erkannt zu werden. Sogar seinen Polizeiausweis hatte er manchmal bei sich."
Die eigentlich interessierende Frage, wird aber im ganzen Artikel nicht gestellt. Nämlich was Bankräuber und Polizisten gemeinsam haben könnten. Demgegenüber wird der Bursche als harmlos konstruiert, um das strukturell vergleichbare Moment in der jeweiligen Tätigkeit nicht benennen zu müssen. Und dann geht es natürlich um Autos:
"Raub wurde für den räuberischen Polizeimeister Alffcke zu einem Kinderspiel. Der Richter wunderte sich, wie er so schnell die gestohlenen Wagen aufbrechen und in Fahrt bringen konnte. Völlig grundlos: Alffcke, der Autonarr, brauchte dazu nur einen Schraubenzieher; mit einer Zange schloß er die Zündung kurz. "Das dauerte nur ein paar Minuten, ja." Der Richter wollte wissen, warum er nicht davor zurückgeschreckt sei, die Bankangestellten mit einer geladenen und entsicherten Pistole zu bedrohen; wie leicht hätte sie einmal losgehen können. Eine deplacierte Frage: Alffcke, der Revolverliebhaber und geübte Schütze, hätte im Ernstfall nur so zum Schreck in die Decke geschossen. Die Kugel wäre nicht etwa abgeprallt. "Die Decken sind ja aus Gips, da bleiben Kugeln stecken." "
Und das Motiv: Schulden und Konsum - ganz gewöhnliche Probleme und Wünsche
"Verwunderlicher waren da schon die Erklärungen des Angeklagten, warum er auf die Idee kam, auf Raubzüge zu gehen; erstaunlicher seine Beteuerungen, das meiste Geld - über 100 000 Mark - habe er ausgegeben (für Kleidung, Möbel, Werkzeuge, Urlaubsreisen, Gebrauchtwagen, den Kauf eines Reihenhauses); unglaubwürdiger für den Staatsanwalt seine Behauptungen, seine Frau habe nichts geahnt, sie habe ihm die Ausrede geglaubt, er verdiene sich in den dienstfreien Stunden bei Gemüsefahrten für einen Freund nebenbei etwas dazu.
Anfangs seien es Schulden gewesen, die sich angehäuft hätten; die eine Tochter sei krank geworden, die Frau zur Kur gefahren. Er mußte Geld herbeischaffen. Und dann, nach einem Einbruch, sei das Geld bald "wieder alle" gewesen. Alffcke suchte sich eine neue Bank aus. Einmal, nachdem er seinen größten Coup gelandet hatte - 118 000 Mark in Bad Oeynhausen -, wollte er "das nicht mehr weiter machen". Doch da las er eines Tages in den Zeitungen, die Banken würden in Zukunft besser gesichert. Rechtzeitig wollte sich Alffcke noch eine Reserve anlegen. Er ging nach Delmenhorst, suchte sich ein geeignetes Objekt aus, ließ sich in der Landesbank-Zweigstelle einen Tausendmarkschein wechseln, hechtete plötzlich über den Schaltertresen, zog seine Pistole, raffte 100 000 Mark zusammen, wollte noch mehr in die umgehängte Aktentasche einstecken, wurde von dem beherzten Kassierer niedergeschlagen, wehrte sich verzweifelt, biß einem Angestellten ins Bein - und wurde von der Polizei abgeführt."
Der Bankräuber ist immer der Buchhalter ....
"Der fügsame Hugo Alffcke, auch darin ist er ein ganz "gewöhnlicher" Bandit, trank nie, rauchte nicht und hatte keine Freundin. Er lebte für seine Familie, ein stilles, sonst gleichförmiges Leben. Nichts setzte ihn je in Erstaunen, nicht einmal sein Mißgeschick an jenem 3. Januar 1966 in Delmenhorst. Auf die letzte Frage des Richters, was er denn mit seiner Beute gemacht habe, gab der Angeklagte zur Antwort: "Ich hab' mir das alles noch mal so durchgerechnet, und da hab' ich festgestellt, wie schnell und unauffällig man Geld ausgeben kann." Es war das einzige Mal in seinem Prozeß, daß Hugo Alffcke sich wunderte."
"Der Mann steht schon seit zwei Stunden an seinem Platz, kaum daß er sich rührt, seine Hände, die Schultern bewegt. Er ist schlank, hält sich gerade in sturer "Habt-acht"-Stellung. Fast eine hölzerne Figur. Der Mann ist 51 Jahre alt, das schüttere weiße Haar ist sorgfältig nach hinten gekämmt, akkurat sitzt der mitternachtsblaue Einreiher, korrekt das weiße Kavalierstuch; die sorgfältig gebundene Krawatte ist mit der Anzugsfarbe harmonisch abgestimmt. Auf den ersten Blick ein "Normalbürger", einer von Millionen, unauffällig, adrett, freundlich. Nur die Augenlider zucken nervös. Anspannung verraten die zusammengekniffenen Lippen, das energisch vorgeschobene Kinn. Sonst bleibt der Mann steif. Karg ist auch seine Rede, seine Antworten sind spröde, von stumpfer Zurückhaltung, kaum daß er einmal mehr als ein "Ja", ein "Nein" sagt. In den zwei Stunden geht er nicht ein einziges Mal aus sich heraus - in den zwei Stunden seines Prozesses vor der 1. Strafkammer des Oldenburger Landgerichtes."
Sprich, jeder ist verdächtig.
"Es ist ein langweiliger Prozeß, der Mann ein langweiliger Angeklagter. Dabei ist es der Prozeß gegen den "größten Bankräuber seit der Nachkriegszeit in der Bundesrepublik", dabei gilt der Angeklagte als ein "gefährlicher Gewohnheitsverbrecher", der bei elf Bankeinbrüchen in rund fünf Jahren 232 898,60 Mark erbeutete - ein Mann mit einem Doppelleben, im Dienst Polizeimeister, in der Freizeit Bandit: Hugo Hans Wilhelm Alffcke. Doch so, wie er da steht und aussagt, ein Biedermann vom Scheitel bis zur Sohle, stumpfsinnig und gleichgültig, ist er kein "Fall" mehr, ist um ihn keine Gloriole, weder im Guten, noch im Bösen. Er ist erschreckend normal, ein Alltagsmensch, ein Statist höchstens für das "Fernsehgericht", kein "Held" in einem Kriminalfilm."
Aha, schon 1966 wurde Bankräuber auf ihre Filmfähigkeit hin bewertet.
"Hugo Alffcke, für den die Zuhörerinnen im überfüllten Gerichtssaal mitleidige Sympathie empfinden, hat keine Geschichte zu erzählen. Er wollte Schlosser werden, aber das "Betriebsklima war schlecht", so lernte er bei seinem Vater die Weinküferei, bis er Soldat wurde und es zum Feldwebel brachte. Nach dem Krieg verkaufte er Heißgetränke; das langweilte ihn, so ging er zur Polizei, machte Streifendienst, schnappte einmal sogar einen Kirchenräuber, wurde selber erwischt, als er, um sein Taschengeld aufzufrischen, Autos für den "grauen Markt" von Süddeutschland zum Hamburger Hafen überführte, ließ sich zum Dienstjubiläum mit einer Urkunde "in Anerkennung treuer Dienste" und einem Zuschuß auszeichnen, wechselte als Pförtner in das Polizeipräsidium über und lebte unauffällig und bescheiden in einer Dachwohnung mit seiner Familie. Er lebte vor allem für seine drei Töchter und seine Hobbys, bastelte im Keller, fuhr mit dem Motorrad herum, ging auf Camping-Urlaub und half seiner Frau beim Abwaschen, holte ihr Kohlen und Kartoffeln. Einer von Millionen, brav, hausbacken, mit Familiensinn."
Nun, auch der Biedermann hat Träume, und in den 60er Jahren sind es Konsumträume, die sich andere erfüllen können, bloss ein kleiner Polizist eben nicht.
"Nach dem Urteil des medizinischen Sachverständigen ist Hugo Alffcke farblos, ohne Temperament. Als er bei seinem letzten Einbruchsversuch am 3. Januar 1966 bei der Oldenburger Landesbank in Delmenhorst überwältigt wurde, zuckte er nur mit den Schultern, wie einer, dem alles egal ist: Es mußte ja so kommen, eines Tages ... Und der nun büßen will, nachdem er alles zugab und auch einsah, daß er dem "Ansehen der Polizei" geschadet hat; der ergeben ist, ohne mit seinem Los zu hadern, in das Schicksal eines Kleinbürgers; der immer unbedeutend bleiben wird, nun für zwölf Jahre hinter Zuchthausmauern verschwinden muß und Zeit seines Lebens unter Polizeiaufsicht stehen wird."
Tja, gegenüber Abtrünnigen aus den eigenen Reihen ist der Staat eben schon damals gnadenlos gewesen.
"Hugo Alffcke, der sich schon als Polizist abkapselte - er hatte keine Freunde - und auch als Durchschnittsgangster ein Einzelgänger blieb - in der Untersuchungshaft trug er, um nicht aufzufallen, Sträflingskleidung -, ist kein gebrochener Mann. Tränen kennt er nicht, seine innere Not um die Zukunft zeigt er mit keiner Gebärde. Nur einmal, so berichtete der Gutachter, weinte Alffcke: als er nach seiner Frau fragte und wissen wollte, ob sie zu ihm halte, als er sich nach seiner neunjährigen Tochter erkundigte. Und daß er sich heute seiner Verbrechen schämt, gestand er nur mit der Bitte an seine Familie ein, ihn nicht im Zuchthaus zu besuchen."
Auch dort wird er, wie schon in der Oldenburger Untersuchungshaft, ein "idealer Gefangener" sein, unauffällig, bescheiden, devot. Nicht bei den Vernehmungen durch die Kriminalpolizei nicht während der Verhandlung brüstete er sich mit seinen Taten. In seinen kurzen Antworten war kein Anflug von Stolz, ein gewiegter Bandit gewesen zu sein. Auch später, wenn er seine Zeit abgesessen hat, wird er sich nicht rühmen wollen, elfmal "alles riskiert" zu haben.
Solche Texte sagen doch mehr über ihre Autoren, als über den beschriebenen Bankräuber aus. Jedenfalls eine Menge darüber, wie ein richtiger Verbrecher auszusehen hat:
Denn Hugo Alffcke, der geheimnislose Bankräuber, ist nicht einmal ein sonderlich couragierter Verbrecher gewesen. Er hatte Glück, kaum mehr. Glück, daß die Geldinstitute nicht ausreichend gesichert waren, daß die Angestellten angewiesen waren, keinen Widerstand zu leisten, daß die alarmierte Polizei immer zu spät kam. Einfach war sein Rezept: er kundschaftete die Banken vorher genau aus, zeichnete sich seinen Fluchtweg in eine Karte ein, suchte sich einen günstigen Zeitpunkt für den Überfall aus, sprang mit einem gewandten Satz über den Tresen, zwang die völlig verdutzten Kassierer an die Wand, rief ihnen kurz zu: "raus", "weg", griff sich das Geld und war auch schon verschwunden. Alffcke brauchte nur ein, zwei Minuten, dann war seine Tasche voll und er über alle Berge.
Aah, wenigstens ist er sportlich gewesen ...
"Bei den ersten Malen, so berichtete er stockend, mußte er noch seinen ganzen Mut zusammennehmen. Damals stülpte er sich auch noch Damenstrümpfe über das Gesicht und fuhr mit dem Fahrrad los. Bald aber, als alles wie am Schnürchen klappte. wurde er leichtsinnig und dreist: "Da bin ich in die Garage gegangen", das heißt, er brach sie auf. "Da habe ich mich nach einem Wagen umgesehen", das heißt, er stahl ihn und schraubte falsche Nummernschilder vor die Kennzeichen. Masken trug er bald auch nicht mehr, so schnodderig wurde Alffcke. Er fürchtete nicht mehr, erkannt zu werden. Sogar seinen Polizeiausweis hatte er manchmal bei sich."
Die eigentlich interessierende Frage, wird aber im ganzen Artikel nicht gestellt. Nämlich was Bankräuber und Polizisten gemeinsam haben könnten. Demgegenüber wird der Bursche als harmlos konstruiert, um das strukturell vergleichbare Moment in der jeweiligen Tätigkeit nicht benennen zu müssen. Und dann geht es natürlich um Autos:
"Raub wurde für den räuberischen Polizeimeister Alffcke zu einem Kinderspiel. Der Richter wunderte sich, wie er so schnell die gestohlenen Wagen aufbrechen und in Fahrt bringen konnte. Völlig grundlos: Alffcke, der Autonarr, brauchte dazu nur einen Schraubenzieher; mit einer Zange schloß er die Zündung kurz. "Das dauerte nur ein paar Minuten, ja." Der Richter wollte wissen, warum er nicht davor zurückgeschreckt sei, die Bankangestellten mit einer geladenen und entsicherten Pistole zu bedrohen; wie leicht hätte sie einmal losgehen können. Eine deplacierte Frage: Alffcke, der Revolverliebhaber und geübte Schütze, hätte im Ernstfall nur so zum Schreck in die Decke geschossen. Die Kugel wäre nicht etwa abgeprallt. "Die Decken sind ja aus Gips, da bleiben Kugeln stecken." "
Und das Motiv: Schulden und Konsum - ganz gewöhnliche Probleme und Wünsche
"Verwunderlicher waren da schon die Erklärungen des Angeklagten, warum er auf die Idee kam, auf Raubzüge zu gehen; erstaunlicher seine Beteuerungen, das meiste Geld - über 100 000 Mark - habe er ausgegeben (für Kleidung, Möbel, Werkzeuge, Urlaubsreisen, Gebrauchtwagen, den Kauf eines Reihenhauses); unglaubwürdiger für den Staatsanwalt seine Behauptungen, seine Frau habe nichts geahnt, sie habe ihm die Ausrede geglaubt, er verdiene sich in den dienstfreien Stunden bei Gemüsefahrten für einen Freund nebenbei etwas dazu.
Anfangs seien es Schulden gewesen, die sich angehäuft hätten; die eine Tochter sei krank geworden, die Frau zur Kur gefahren. Er mußte Geld herbeischaffen. Und dann, nach einem Einbruch, sei das Geld bald "wieder alle" gewesen. Alffcke suchte sich eine neue Bank aus. Einmal, nachdem er seinen größten Coup gelandet hatte - 118 000 Mark in Bad Oeynhausen -, wollte er "das nicht mehr weiter machen". Doch da las er eines Tages in den Zeitungen, die Banken würden in Zukunft besser gesichert. Rechtzeitig wollte sich Alffcke noch eine Reserve anlegen. Er ging nach Delmenhorst, suchte sich ein geeignetes Objekt aus, ließ sich in der Landesbank-Zweigstelle einen Tausendmarkschein wechseln, hechtete plötzlich über den Schaltertresen, zog seine Pistole, raffte 100 000 Mark zusammen, wollte noch mehr in die umgehängte Aktentasche einstecken, wurde von dem beherzten Kassierer niedergeschlagen, wehrte sich verzweifelt, biß einem Angestellten ins Bein - und wurde von der Polizei abgeführt."
Der Bankräuber ist immer der Buchhalter ....
"Der fügsame Hugo Alffcke, auch darin ist er ein ganz "gewöhnlicher" Bandit, trank nie, rauchte nicht und hatte keine Freundin. Er lebte für seine Familie, ein stilles, sonst gleichförmiges Leben. Nichts setzte ihn je in Erstaunen, nicht einmal sein Mißgeschick an jenem 3. Januar 1966 in Delmenhorst. Auf die letzte Frage des Richters, was er denn mit seiner Beute gemacht habe, gab der Angeklagte zur Antwort: "Ich hab' mir das alles noch mal so durchgerechnet, und da hab' ich festgestellt, wie schnell und unauffällig man Geld ausgeben kann." Es war das einzige Mal in seinem Prozeß, daß Hugo Alffcke sich wunderte."
vabanque - am Mittwoch, 12. April 2006, 18:22 - Rubrik: Biographien des Bankraubs
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würde ich meinen.
Die Hamburger Morgenpost (MoPo) berichtete aber anlässlich ihrer Serie über "100 JAHRE SANTA FU" auch über "berühmte Knast-Insassen", die keine andere Wahl hatten bzw. haben. Am gestrigen Dienstag (11.4. 2006) werden unter der Überschrift "Bestien und Schlitzohren" auch zwei in diesem Blog interessierende Insassen "portraitiert" (?):
"Ein Jahrhundert Santa Fu: In der Geschichte des legendären Knasts saßen eine Reihe von Verbrechern, die Kriminalgeschichte geschrieben hat. Die MOPO stellt fünf von ihnen vor:
Meisterdieb "Lord von Barmbeck": In Wirklichkeit heißt er Julius Adolf Petersen und ist das, was man einen Gentleman-Gauner nennen würde. Der stets elegant auftretende Meisterdieb gesteht 1922 der Polizei 49 "Einbrüche und Räubereien". Petersen sahnte groß ab: So etwa im Postamt 6 in der Susannenstraße (222000 Mark). 1923 wird er zu mehr als 50 Jahren Zuchthaus verurteilt. 1933 erhängt er sich in seiner Zelle.
(...)
Polizei-Bankräuber Hugo Alffcke: An der Hauswache des Polizeipräsidiums sieht der Polizist viele Bankräuber vorbeiziehen. Von 1960 bis 1966 ist er selber einer, erbeutet bei zehn Überfällen mehr als 230000 Mark. Beim elften Mal überwältigen ihn Bankangestellte."
Hugo Alffcke, das war einer jener 60er Jahre Bankräuber, der als eine Inkarnation des Wirtschaftswunderzeitalters gelten könnte. Die ZEIT berichtete Anfang 1966 über die Verurteilung.
Die Hamburger Morgenpost (MoPo) berichtete aber anlässlich ihrer Serie über "100 JAHRE SANTA FU" auch über "berühmte Knast-Insassen", die keine andere Wahl hatten bzw. haben. Am gestrigen Dienstag (11.4. 2006) werden unter der Überschrift "Bestien und Schlitzohren" auch zwei in diesem Blog interessierende Insassen "portraitiert" (?):
"Ein Jahrhundert Santa Fu: In der Geschichte des legendären Knasts saßen eine Reihe von Verbrechern, die Kriminalgeschichte geschrieben hat. Die MOPO stellt fünf von ihnen vor:
Meisterdieb "Lord von Barmbeck": In Wirklichkeit heißt er Julius Adolf Petersen und ist das, was man einen Gentleman-Gauner nennen würde. Der stets elegant auftretende Meisterdieb gesteht 1922 der Polizei 49 "Einbrüche und Räubereien". Petersen sahnte groß ab: So etwa im Postamt 6 in der Susannenstraße (222000 Mark). 1923 wird er zu mehr als 50 Jahren Zuchthaus verurteilt. 1933 erhängt er sich in seiner Zelle.
(...)
Polizei-Bankräuber Hugo Alffcke: An der Hauswache des Polizeipräsidiums sieht der Polizist viele Bankräuber vorbeiziehen. Von 1960 bis 1966 ist er selber einer, erbeutet bei zehn Überfällen mehr als 230000 Mark. Beim elften Mal überwältigen ihn Bankangestellte."
Hugo Alffcke, das war einer jener 60er Jahre Bankräuber, der als eine Inkarnation des Wirtschaftswunderzeitalters gelten könnte. Die ZEIT berichtete Anfang 1966 über die Verurteilung.
vabanque - am Mittwoch, 12. April 2006, 18:06 - Rubrik: Biographien des Bankraubs
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Peter Z., im Werler Knast und in anderen deutschen Gefängnissen bekannt als "Frikadellen-Peter" ist gestern im Allgemeinen Krankenhaus Hagen im Alter von 65 Jahren gestorben. Er war ein Bankräuber "alter Schule" und wurde erst aufgrund seiner Krebserkrankung erst im Oktober 2004 aus der Sicherungsverwahrung entlassen. Er verbrachte aufgrund von Verurteilungen wegen Bankraubs über 25 Jahren im Gefängnis und wurde noch im Alter von 63 Jahren in Sicherungsverwahrung genommen. Seine Entlassung wurde erst nach verschiedenen Interventionen möglich.
Sein Werdegang ist beschrieben in:
Schönberger Klaus: Als »Frikadellen-Peter« in Sicherheitsverwahrung. In: Schulheis, Franz/Schulz, Kristina (Hg.): Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Zumutungen und Leiden im deutschen Alltag. Konstanz 2005, S. 525-536.
Dort findet sich auch ein ausführliches Interview mit Peter Z.
Peter Z. wird auch in der K1-Reportage vom Juni 2004 über die Sicherungsverwahrung in Werl erwähnt sowie in einem Artikel in der Frankfurter Rundschau („Todsicher verwahrt. Eine Initiative von Ärzten und Anwälten erreichen, dass schwerkranke Gefangene in Würde sterben können“, 21.9. 2004) Dort heißt es:
"Als er Blut pinkelte, habe es ihn regelrecht umgehauen. ‚25 Jahre und sechs Monate habe ich an einem Stück rum. Jetzt haben die Ärzte bei mir Blasenkrebs festgestellt’, erzählt der 63-Jährige mit den muskulösen Oberarmen fassungslos. ‚Noch vor drei Wochen war ich Vierter im Gewichtheben von allen Gefangenen.’ Jetzt soll ihm die komplette Blase rausgeschnitten werden. Danach mit geringer Lebenserwartung wieder zurück in die Zelle, das will er nicht. Gierig und schnell saugt er zwischen den Sätzen Luft ein. ‚Also das geht nicht. Ich kann hier nicht in Haft bleiben, auf keinen Fall.’"
Als es Peter Z. am Wochenende zunehmend schlechter ging, versäumte das Hagener Krankenhaus seine nächsten Angehörigen in Hagen zu informieren.
In einem Nachruf seines Freundes Stefan Wisnewski heißt es:
"Es wäre so schön gewesen, wenn er diese zwielichtige Freiheit - nach all den Knastjahren - noch mehr hätte genießen können. Gute Nacht, Frikadellen-Peter"
Sein Werdegang ist beschrieben in:
Schönberger Klaus: Als »Frikadellen-Peter« in Sicherheitsverwahrung. In: Schulheis, Franz/Schulz, Kristina (Hg.): Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Zumutungen und Leiden im deutschen Alltag. Konstanz 2005, S. 525-536.
Dort findet sich auch ein ausführliches Interview mit Peter Z.
Peter Z. wird auch in der K1-Reportage vom Juni 2004 über die Sicherungsverwahrung in Werl erwähnt sowie in einem Artikel in der Frankfurter Rundschau („Todsicher verwahrt. Eine Initiative von Ärzten und Anwälten erreichen, dass schwerkranke Gefangene in Würde sterben können“, 21.9. 2004) Dort heißt es:
"Als er Blut pinkelte, habe es ihn regelrecht umgehauen. ‚25 Jahre und sechs Monate habe ich an einem Stück rum. Jetzt haben die Ärzte bei mir Blasenkrebs festgestellt’, erzählt der 63-Jährige mit den muskulösen Oberarmen fassungslos. ‚Noch vor drei Wochen war ich Vierter im Gewichtheben von allen Gefangenen.’ Jetzt soll ihm die komplette Blase rausgeschnitten werden. Danach mit geringer Lebenserwartung wieder zurück in die Zelle, das will er nicht. Gierig und schnell saugt er zwischen den Sätzen Luft ein. ‚Also das geht nicht. Ich kann hier nicht in Haft bleiben, auf keinen Fall.’"
Als es Peter Z. am Wochenende zunehmend schlechter ging, versäumte das Hagener Krankenhaus seine nächsten Angehörigen in Hagen zu informieren.
In einem Nachruf seines Freundes Stefan Wisnewski heißt es:
"Es wäre so schön gewesen, wenn er diese zwielichtige Freiheit - nach all den Knastjahren - noch mehr hätte genießen können. Gute Nacht, Frikadellen-Peter"
vabanque - am Dienstag, 11. April 2006, 11:23 - Rubrik: Biographien des Bankraubs
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