Es ist eine neue Biographie des jungen Stalin in englischer Sprache erschienen:
Simon Sebag Montefiore, "The Young Stalin", Orion Publishing, 39,39 Euro.
Die Welt (11.6. 2007) rezensiert unter der Überschrift "Die Flegeljahre des Josef Stalin. In der Einleitung heißt es:
"Simon Sebag Montefiore beschreibt in seinem neuen Buch "The Young Stalin" anekdotenreich die Jugend des Diktators. Der Autor enthüllt einen kriminellen, gewalttätigen, zynischen und rücksichtslosen Mann, der sich weder für seine Frauen noch für seine Kinder interessierte."
Natürlich ist in der Welt wenn man Stalin sagt, eigentlich immer Lenin gemeint (wobei ohne eigenen Blick auf das Buch noch nicht klar ist, ob das die Darstellung von Montefiore geschuldet ist, oder selbst zusammengebastelt wurde):
Vor hundert Jahren, im Juni 1907, machte ein spektakulärer Bankraub Schlagzeilen in ganz Europa: Im georgischen Tiflis, schräg gegenüber der blütenweißen und säulenreichen Residenz des russischen Vizekönigs, überfiel eine bewaffnete Bande trickreich, gewalttätig und überaus blutig einen Geldtransport.
Als sich der Rauch der Handgranaten verzogen hatte, war der zentrale Jerewanplatz mit Glassplittern und Pferdeleichen übersät. 40 Tote und genauso viele Verwundete waren zu beklagen – und die Staatsbank hatte etwa die Summe Geldes verloren, die sich Zar Nikolaus II. jährlich als Apanage auszahlen ließ.
Stalin beraubte für Lenin eine Bank
Auftraggeber dieses Massakers war Lenin, um seiner Partei das für den revolutionären Kampf benötigte Kleingeld zu beschaffen – geplant und ausgeführt wurde der Überfall jedoch von Josef Wissarionowitsch Dschugaschwili, besser bekannt unter dem Namen Stalin.
Mit dieser Episode beginnt die neue Biografie über die Jugend des Diktators des britischen Historikers Simon Sebag Montefiore, der mit „Young Stalin“ sozusagen die Vorgeschichte zu seinem 2004 erschienenen Bestseller „Stalin: At the Court of the Red Tsar“ nachschiebt.
(...)
Im konspirativen Jargon sportlicher Menschenverachtung nannte man diese Verbrechen „Enteignungen“, die dazu dienten, Geld zu beschaffen für den Mann, dem er sich verschrieben hatte: Lenin.
Der Führer der radikalen russischen Sozialdemokraten, der Bolschewiki, wurde auf Stalins Qualitäten aufmerksam. Hier war jemand, der die Drecksarbeit übernehmen konnte, aber durchaus fähig war, politisch zu denken.
(...)
Lenin hielt sich nicht an die Gesetze
Dies ist die entsetzliche Essenz Stalins, und Lenin bediente sich ihrer, um den Anschein eigenen Anstandes bewahren zu können. Die Tatsache, dass er mehrmals öffentlich Stalin verleugnete, hatte einen einfachen Grund: Die Partei hatte Überfälle verboten, Lenin aber keineswegs die Absicht, sich daran zu halten.
Während Montefiore die Geschichte des jungen Stalin quasi als Räuberpistole ohne sympathischen Helden erzählt, klärt er zwei wichtige Fragen. Beide gehen auf Stalinkritiker zurück, die ihn beschuldigten, selbst ein Doppelagent der Geheimpolizei gewesen zu sein und an der Oktoberrevolution von 1917 keinen besonderen Anteil gehabt zu haben.
Beide Vorwürfe werden überzeugend widerlegt, und man wird sich von Trotzkijs berühmtem Diktum über Stalin als den Mann, „der die Revolution verpasste“, doch verabschieden müssen.
Immer noch empfehlenswert, und wesentlich weniger ideologisch, die Sisyphusarbeit von Wladislaw Hedeler: Josef der Räuber - Revolutionärer Terror in Rußland. In: Schönberger, Klaus (Hg.): Vabanque. Bankraub.Theorie.Praxis. Hamburg u.a. 2000, S. 134-147.
Simon Sebag Montefiore, "The Young Stalin", Orion Publishing, 39,39 Euro.
Die Welt (11.6. 2007) rezensiert unter der Überschrift "Die Flegeljahre des Josef Stalin. In der Einleitung heißt es:
"Simon Sebag Montefiore beschreibt in seinem neuen Buch "The Young Stalin" anekdotenreich die Jugend des Diktators. Der Autor enthüllt einen kriminellen, gewalttätigen, zynischen und rücksichtslosen Mann, der sich weder für seine Frauen noch für seine Kinder interessierte."
Natürlich ist in der Welt wenn man Stalin sagt, eigentlich immer Lenin gemeint (wobei ohne eigenen Blick auf das Buch noch nicht klar ist, ob das die Darstellung von Montefiore geschuldet ist, oder selbst zusammengebastelt wurde):
Vor hundert Jahren, im Juni 1907, machte ein spektakulärer Bankraub Schlagzeilen in ganz Europa: Im georgischen Tiflis, schräg gegenüber der blütenweißen und säulenreichen Residenz des russischen Vizekönigs, überfiel eine bewaffnete Bande trickreich, gewalttätig und überaus blutig einen Geldtransport.
Als sich der Rauch der Handgranaten verzogen hatte, war der zentrale Jerewanplatz mit Glassplittern und Pferdeleichen übersät. 40 Tote und genauso viele Verwundete waren zu beklagen – und die Staatsbank hatte etwa die Summe Geldes verloren, die sich Zar Nikolaus II. jährlich als Apanage auszahlen ließ.
Stalin beraubte für Lenin eine Bank
Auftraggeber dieses Massakers war Lenin, um seiner Partei das für den revolutionären Kampf benötigte Kleingeld zu beschaffen – geplant und ausgeführt wurde der Überfall jedoch von Josef Wissarionowitsch Dschugaschwili, besser bekannt unter dem Namen Stalin.
Mit dieser Episode beginnt die neue Biografie über die Jugend des Diktators des britischen Historikers Simon Sebag Montefiore, der mit „Young Stalin“ sozusagen die Vorgeschichte zu seinem 2004 erschienenen Bestseller „Stalin: At the Court of the Red Tsar“ nachschiebt.
(...)
Im konspirativen Jargon sportlicher Menschenverachtung nannte man diese Verbrechen „Enteignungen“, die dazu dienten, Geld zu beschaffen für den Mann, dem er sich verschrieben hatte: Lenin.
Der Führer der radikalen russischen Sozialdemokraten, der Bolschewiki, wurde auf Stalins Qualitäten aufmerksam. Hier war jemand, der die Drecksarbeit übernehmen konnte, aber durchaus fähig war, politisch zu denken.
(...)
Lenin hielt sich nicht an die Gesetze
Dies ist die entsetzliche Essenz Stalins, und Lenin bediente sich ihrer, um den Anschein eigenen Anstandes bewahren zu können. Die Tatsache, dass er mehrmals öffentlich Stalin verleugnete, hatte einen einfachen Grund: Die Partei hatte Überfälle verboten, Lenin aber keineswegs die Absicht, sich daran zu halten.
Während Montefiore die Geschichte des jungen Stalin quasi als Räuberpistole ohne sympathischen Helden erzählt, klärt er zwei wichtige Fragen. Beide gehen auf Stalinkritiker zurück, die ihn beschuldigten, selbst ein Doppelagent der Geheimpolizei gewesen zu sein und an der Oktoberrevolution von 1917 keinen besonderen Anteil gehabt zu haben.
Beide Vorwürfe werden überzeugend widerlegt, und man wird sich von Trotzkijs berühmtem Diktum über Stalin als den Mann, „der die Revolution verpasste“, doch verabschieden müssen.
Immer noch empfehlenswert, und wesentlich weniger ideologisch, die Sisyphusarbeit von Wladislaw Hedeler: Josef der Räuber - Revolutionärer Terror in Rußland. In: Schönberger, Klaus (Hg.): Vabanque. Bankraub.Theorie.Praxis. Hamburg u.a. 2000, S. 134-147.
vabanque - am Dienstag, 12. Juni 2007, 10:20 - Rubrik: Politischer Bankraub