In mehreren Schweizer Zeitungen (z.B. Oltner Tagblatt) taucht nun eine Vorschau zu «Dinger drehen» auf (HEUTE ABEND auf Arte, Sonntag, 22.15 Uhr), die Thomas Palzers Filmessay als die filmische Version von "Vabanque" anpreist:
"Indem sie Bankangestellte und -kunden mit Schusswaffen in Todesangst versetzen, versuchen Bankräuber ihren Traum finanzieller Unabhängigkeit zu realisieren. Geht etwas schief, bleibt es oft nicht nur beim Schreck: Dann sind verletzte, traumatisierte oder tote Opfer die Folge. Bankräuber wandeln auf einem moralisch bedenklichen Terrain. Es gibt gute Gründe, sie auf eine Stufe mit gewöhnlichen Schwerkriminellen zu stellen. Vor vier Jahren gab der Kulturwissenschafter Klaus Schönberger das Buch «Vabanque» (dt.: «alles oder nichts») heraus, das das Handeln der Bankräuber nicht aus einer moralischen Perspektive, sondern aus dem Blickwinkel derer betrachtete, die zwar gern Millionär wären, aber dann doch lieber Lottoscheine ausfüllen – einem grossen Teil der Bevölkerung also. Die TV-Dokumentation zu Schönbergers Buch legt nun Thomas Palzer vor. Er beschränkt sich nicht nur auf den Typus des handwerklich perfekten und menschlich integren Gentleman-Gangsters. Ihm geht es um den Mehrwert, jenen Teil der Tat, der sich mit Geldgier allein nicht erklären lässt. Mal sind es linke Kinderläden der Siebziger- jahre, die finanziert werden sollen, mal schwingt ein sportiv-humoristisches Element mit, wie bei Bernhard Kimmel, der am Tag nach der Tat die Rezensionen seiner Brüche in der Zeitung genoss. Am deutlichsten aber verkörpert der französische Obergangster Jacques Mesrine die heikle Ambivalenz der Panzerknackerbranche. Brutale Überfälle, gar Mord, konnten seiner Popularität nichts anhaben, zu sehr entsprach Mesrine der existenzialistischen Bonny-and-Clyde-Romantik.
Palzer will nicht nur Heldengeschichten erzählen, nicht Tat und Täter verteidigen. Er will einfach nur einmal die «Kleine Geschichte des Bankraubs» erzählen. Vor 20 Jahren hätte diese Doku noch den Kitzel der Handlungsanleitung haben können. Aber, darauf wird hingewiesen, diese Zeiten sind vorbei. Mit dem Ende der Blockkonfrontation und der politischen Utopien kam auch Bankraub aus der Mode. Zwischen den Polen Moral und Faszination ist Palzer ein erfrischend vorurteilsfreier und zugleich hintergründiger Beitrag gelungen. (N. M.)
"Indem sie Bankangestellte und -kunden mit Schusswaffen in Todesangst versetzen, versuchen Bankräuber ihren Traum finanzieller Unabhängigkeit zu realisieren. Geht etwas schief, bleibt es oft nicht nur beim Schreck: Dann sind verletzte, traumatisierte oder tote Opfer die Folge. Bankräuber wandeln auf einem moralisch bedenklichen Terrain. Es gibt gute Gründe, sie auf eine Stufe mit gewöhnlichen Schwerkriminellen zu stellen. Vor vier Jahren gab der Kulturwissenschafter Klaus Schönberger das Buch «Vabanque» (dt.: «alles oder nichts») heraus, das das Handeln der Bankräuber nicht aus einer moralischen Perspektive, sondern aus dem Blickwinkel derer betrachtete, die zwar gern Millionär wären, aber dann doch lieber Lottoscheine ausfüllen – einem grossen Teil der Bevölkerung also. Die TV-Dokumentation zu Schönbergers Buch legt nun Thomas Palzer vor. Er beschränkt sich nicht nur auf den Typus des handwerklich perfekten und menschlich integren Gentleman-Gangsters. Ihm geht es um den Mehrwert, jenen Teil der Tat, der sich mit Geldgier allein nicht erklären lässt. Mal sind es linke Kinderläden der Siebziger- jahre, die finanziert werden sollen, mal schwingt ein sportiv-humoristisches Element mit, wie bei Bernhard Kimmel, der am Tag nach der Tat die Rezensionen seiner Brüche in der Zeitung genoss. Am deutlichsten aber verkörpert der französische Obergangster Jacques Mesrine die heikle Ambivalenz der Panzerknackerbranche. Brutale Überfälle, gar Mord, konnten seiner Popularität nichts anhaben, zu sehr entsprach Mesrine der existenzialistischen Bonny-and-Clyde-Romantik.
Palzer will nicht nur Heldengeschichten erzählen, nicht Tat und Täter verteidigen. Er will einfach nur einmal die «Kleine Geschichte des Bankraubs» erzählen. Vor 20 Jahren hätte diese Doku noch den Kitzel der Handlungsanleitung haben können. Aber, darauf wird hingewiesen, diese Zeiten sind vorbei. Mit dem Ende der Blockkonfrontation und der politischen Utopien kam auch Bankraub aus der Mode. Zwischen den Polen Moral und Faszination ist Palzer ein erfrischend vorurteilsfreier und zugleich hintergründiger Beitrag gelungen. (N. M.)
vabanque - am Sonntag, 9. Januar 2005, 16:32 - Rubrik: Bankraub-Dokus - Themenabende usw.