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Das Weblog zur Volkskunde des Bankraubs

 
Die WOZ (Marcel Elsener) vom 26.08.2004 rezenseniert eine neue Biographie über Walter Stürm

Kohler, Reto: «Stürm. Das Gesicht des Ausbrecherkönigs». Verlag: Zytglogge. Bern 2004, 320 Seiten. 36 Franken

kohler-stuerm«I bi jo dusse»

Der Basler Journalist Reto Kohler hat die Biografie des Ostschweizer «Ausbrecherkönigs» geschrieben, der im Zuge der Knastdebatte zum Idol der Linken wurde.

Stürm! Der Name ist SchweizerInnen eingebrannt, als überlebensgrosse Ikone, als einer der wenigen Stars, die dieses Land je hatte, in den achtziger Jahren so berühmt wie nur die populärsten Sportler, ein Begriff wie Regazzoni, Colombin, Odermatt. An den Mauern vieler Städte, beileibe nicht nur der grössten, prangten Sprayaufschriften wie «Hopp Stürm!» - offensichtlich genoss da ein moderner Eidgenosse Volksheldenstatus fast wie Robin Hood oder Tell (wie damals auch das Leibblatt der «Bewegung» hiess). Tatsächlich ist Walter Stürm (1942-1999) nicht nur in der Person des Einbrecherprofis und «Ausbrecherkönigs» in die Geschichte eingegangen, sondern auch mit einem legendären Satz, den noch heute alle über Dreissigjährigen im Lande mit ihm verbinden: «Bin Eier suchen gegangen», schrieb er frivol auf den Zettel, den er beim erneuten Ausbruch aus dem Zuchthaus Regensdorf kurz vor Ostern 1981 hinterliess. Stürm befand sich auf dem Gipfel seines Ruhms: Linke und Jugendbewegte, die ihn zur Leitfigur im Kampf gegen Isolationshaft und Knastwillkür erkoren hatten, applaudierten der Flucht ebenso wie zehntausende DurchschnittsbürgerInnen, denen es imponierte, wie ein Einzelner den scheinbar übermächtigen Staatsapparat foppte. In jenen Jahren glaubte nicht nur ein Enkel, der gerade die Autobiografie von Frankreichs «Staatsfeind Nr. 1», Jacques Mesrine, las, in Stürm einen Quasiverbündeten zu haben, sondern auch dessen Grossvater, der sich über Steuern und Parkbussen nervte.
(...)
Am Ende bleibt vom angeblichen Frauenhelden ebenso wenig übrig wie vom «Gentleman-Ganoven», der verklärte Rebell ist als Spiessbürger entlarvt. Stürm, eher verklemmt als enthemmt, von seinem brutalsten Komplizen und besten Freund Hugo Portmann mal als «Buchhalter Nötzli» bezeichnet, soll zumindest in zwei Fällen nicht vor Gewalt zurückgeschreckt sein - einmal bei einem frühen Banküberfall gegen eine wehrhafte Alte, ein andermal gemäss seiner damaligen Freundin auf einer Ferienreise in der Türkei, als er einen Radkappendieb auf frischer Tat ertappte und verprügelte («Der wollte mich bestehlen, dieser Vagant!»). Nicht gewusst oder verdrängt haben dürften viele LeserInnen, dass Stürm offenbar zwei Entführungen geplant, aber nicht ausgeführt hatte - in beiden Fällen milliardenschwere Promis: Paul Sacher und Marc Rich.

(...)
Trotzdem bleiben nach der Lektüre einige Fragen nach den Absichten des Autors. Das liegt weniger am Moralin, von dem er nicht lassen kann, oder an einigen Ausrutschern im Tonfall - zuweilen raunt es am Ende der Kapitel so spannungserzeugend wie in den Trailern der Hollywood-Produktionen. Bedenklicher als kleinere Ungereimtheiten allerdings ist der Beigeschmack der betonten «Ideologiefreiheit». Man wird den Verdacht nicht los, dass es Kohler auch um eine Abrechnung mit den linken Protestbewegungen ging, zumal er sein Buch mit einem in dieser Hinsicht zugespitzten Artikel im «Facts» lancierte (Titel: «Auf dem linken Auge blind»).

Die ganze Rezension


Eine weitere Rezension von Marianne Fehr "Der Vogel" in der Weltwoche Nr. 34/2004 ("Linke und Nette stilisierten ihn zu ihrem Helden – und waren seine Opfer: die Biografie des Verbrechers Walter Stürm" hält das Buch zwar für lesenswert, doch stellt sie zugleich einige Vereinfachungen und Mißverständnisse richtig:

"Mit einiger Verzweiflung stellt Reto Kohler Deutungsversuche an und kommt zu keinem Schluss: «Weshalb nur beharrte er so stur auf seinem Kurs? Über die wahren Gründe dieses Stillstands könnte man lange psychologisieren. Man könnte der Mutter die Schuld geben, oder dem Vater, oder dem materiellen Hintergrund der Familie. Und bei jedem Erklärungsansatz würde man feststellen, dass der gegenteilige Zugang ebenfalls zutrifft. [...] Einen Schuldigen für die Tragödie des Walter Stürm wird man nie überführen können. Die Gründe seines Scheiterns sind glitschiger als eine frische Forelle.» Vielleicht weil die Antwort so einfach ist? Stürm machte dasselbe wie ein braver Tischler, der den eigenen Fertigkeiten vertraut und bis zur Pensionierung Tische baut. Stürms Fertigkeiten lagen im Autoklauen, Aufschweissen von Tresoren, Sichdurchmischeln als Häftling oder meistgesuchter Flüchtiger."




Eine Auswahl verschiedenster Artikel zu Walter Stürm hat Alain Kessi beim Pressebüro Savanne zusammengestellt. Hier findet sich auch die ungekürzte Version des Kessi-Beitrags für das Vabanque-Buch von Klaus Schönberger.
 

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