AusstellungenMuseum
BankerInnen und PolizistInnen
Bankraub in Film und Fernsehen
Bankraub-Dokus - Themenabende usw.
Bankraub-Schriftsteller
Bankraub-Trends
Bibliographie der Volkskunde des Bankraubs
Biographien des Bankraubs
Blog-Review
Brecht-Zitat
Brutalisierung des Bankraubs
Buergerliches Recht
Edle Raeuber - Robin Hoods
Fluchttechniken
Geiz ist geil
GenderMainStreaming
... weitere
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren
icon
Das Weblog zur Volkskunde des Bankraubs

 
Die Steigerungsmöglichkeiten sind langsam ausgeschöpft. In Sachen Kent musste zunächst ein "Superhirn", das sich das alles ausgedacht hat, her. Ausserdem übersteigt die Summe von inzwischen amtlichen 78 Millionen Euro auch die bisherigen Phantasien der BILD-Zeitung. Und nun haben wir auch noch ein "Super-Kid":

"Englands Super-Kid: Achtjähriger befreit Geiseln

Fast eine Woche nach dem Millionenraub von England sind weitere Details des mehrstündigen Überfalls auf ein Bargeld- Lager bekannt geworden. Nach Informationen der Boulevardzeitung "Sun" (Dienstag) wurden die Geiseln vom achtjährigen Sohn des entführten Lager-Managers befreit. Der Junge konnte sich aus einem Stahlkäfig herausschlängeln, in den ihn die Täter zusammen mit seiner Mutter eingeschlossen hatten. Dann gelang es ihm, auch seine Mutter und die Angestellten aus den Käfigen herauszuholen." (n24.de )


Nun, nachdem die Polizei aufzuholen scheint, dreht sich auch der Medienwind. Nun, nachdem bald alle Details des Coups ausgebreitet wurden, geht es auf Verbrecherjagd: "Den Tätern auf der Spur - Fahndungserfolge bei britischem Millionenraub" oder „Wir ziehen das Netz immer enger“ (Welt, 26.2. 2006). Erste Anzeichen bestätigen schon, dass nun - sobald die ersten Fehler der Bande offensichtlich werden, auch die Häme der Medien nicht lange auf sich warten lassen wird: "Englische Millionenräuber machen Fehler" (Diverse Online-Zeitungen insbesondere aus der Schweiz), aber auch Süddeutsche Zeitung (27.2. 2006): "Auch Gangster machen Fehler."

Wie die BILD-Zeitung funktioniert zeigen drei Text- und Bildelemente eines Artikels (ca. 26.2. 2006):

(1) "Weitere Festnahmen nach Millionen-Raub"
(2) "Drahtzieher ist einer der Top-Verbrecher Englands"
und unter dem Bild eines Verdächtigen wird dann relativiert:
(3) "Soll hinter dem Millionen-Raub stecken: Clifford Michael Hobbs"

Zeile 1 steht über Zeile 2 und meint mitnichten den vermeintlichen "Drahtzieher", der einfach unter Verdacht geraten ist, weil er aus dem Knast abgehauen ist und bisher nicht mehr eingefangen wurde.
Zeile 2, die Hauptüberschrift über den Artikel suggeriert den Sachverhalt des Tatverdachts als gegeben und Zeile 3 (die Bildunterschrift) macht klar, dass das alles so eindeutig noch nicht ist. Sei's drum. Als ich mal einem dieser Schreiberknechte klar gemacht habe, dass ich für diese Art Journalismus keine Zuarbeit machen würde, war er ziemlich baff. Das sind sie nicht mehr gewohnt, wird Zeit dass sich das wieder ändert.

Irgendwie haben es alle gerade mit dem Bankraub. Angesichts des Kenter Millionenraubes sind die Phantasien offenbar mal wieder beflügelt. Selbst in Beiträgen zu bestimmten Heilmethoden, sind die Assoziationen gerade ziemlich eng geführt. Etwa auch im Online-Portal der Rheinischen Post (28.2. 2006):

"Reiki ist aber kein Wundermittelchen, das Dir das Ding schon schaukelt, so wie DU es Dir vorstellst. Der perfekte Bankraub wird Dir damit genausowenig gelingen, wie ein 6-er im Lotto oder dasss privates Glück dir zufliegt. Du bist nicht Ruck-Zuck von schwerer Grippe und Schlimmerem geheilt, bloß weil Du Dir Reiki gibst oder es empfängst. "

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung hat zum Thema Bankraub ein regelrechtes Dossier zusammengestellt (FAZ.NET-Spezial: Bankraub hat ein gutes Image).
Ausgehend von der bereits hier erwähnten Besprechung ("Als Bankraub noch romantisch war") der Frankfurter Ausstellung "Geld oder Leben" finden sich nun drei weitere Artikel auf den Netzseiten der FAZ, die offensichtlich auch in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (26.02. 2006) veröffentlicht wurden.

Die Themen im Einzelnen
  • Comics: Blöde Panzerknacker (wobei es dann irreführenderweise im wesentlichen um die Daltons geht - das Material stammt aus dem Katalog zur Frankfurter Ausstellung - es wird kein Autor genannt- , die diesen Aspekt wohl in Abgrenzung zu Vabanque betont haben, wenn auch Carl Barks und die Beagle-Boys am Schluss thematisiert werden. )
  • Kino: "Geld, Liebe und Pistolen" ist ebenfalls ohne Autor und die Informationen sind ebenfalls dem Katalogbeitrag von Peter W. Jansen entnommen.
Allerdings sollte auch die FAZ - selbst wenn es sich bei dem Thema anbietet zu räubern - auch bei ihren Autoren auf Qualitätsstandards achten. So hat sich Carsten Germis ganz offensichtlich bis in die Formulierungen hinein von Va Banque (vor allem bei dieser Passage aus der Einleitung - hier zitiert unter "Was soll das") inspirieren lassen, wogegen auch nichts einzuwenden wäre, wenn denn auch die Quelle genannt würde. Wir wissen, das machen viele - gerade diese Passage wird gerne von Journalisten zitiert - bei der FAZ kann man das aber nicht unerwähnt durchgehen lassen.

Vgl. ganz ähnlich Planet Wissen vom WDR.

Tja die Sitten sind rauher geworden ....

Ansonsten ist es natürlich zu begrüßen, dass die FAZ sich nach so vielen Jahre endlich hat hinreißen lassen, das Thema Populäre Kultur und Bankraub zu würdigen. Zwar nicht ganz fair. Aber aller Anfang ist schwer.

Der Bankraub wird auch als Vergleichsmatrix in der Bewertung von anderen Straftaten herangezogen. So auch von DORON RABINOVICI in der Wiener Zeitung Die Presse (25. Februar 2006). Anlässlich der Verurteilung des notorischen Holocaust-Leugners David Irving ("Märtyrer schauen anders aus") antwortet er dem Presse-Chefredakteur Michael Fleischhacker ("An den Grenzen der
Meinungsfreiheit", 22. 2. 2006):

Seit Monaten bemühen die Gegner des Verbotsgesetzes jedes noch so abstruse Argument, um gegen die gerichtliche Verfolgung von David Irving und das Wiederbetätigungsverbot in Österreich zu polemisieren. Das Verfahren gegen die britische Ikone der internationalen Nazi-Szene, lautete etwa einer der Einwände, bewirke bloß, dass er zum Märtyrer stilisiert werde. Deshalb sollte das Gesetz gleich abgeschafft werden. Mit derselben kruden Rabulistik könnte einer dafür plädieren, Bankräuber nicht mehr zu verurteilen, weil sie dann durch den Verkauf ihrer Geschichte an Hollywood Millionen scheffeln würden.

Nun ja. Ähem. Also, auch wenn ich der Meinung bin, dass das österreichische Verbotsgesetzt überhaupt nicht überflüssig ist (angesichts dessen - was hierzulande so alles öffentlich gesagt werden darf) und dass auch Irving seine drei Jahre verdient hat, erscheint mir dieser Vergleich nicht überzeugend zu sein. Vielleicht sollte man Meinungsdelikte nicht mit Raub-Delikten auf eine Ebene stellen.

Klar ist das hier nicht der Punkt. Interessant ist vielmehr, in welcher Weise der Bankraub immer wieder die Referenz für die Bewertung anderer Formen von Kriminalität darstellt.

meint jedenfalls Sicherheitstrainer, -berater, Extrem-Kampfsportler und Ex-Bankräuber (sowie österreichischer Bankraub-Chronist)
Karl Painer auf seinem T-Shirt, das er offensichtlich in der Barbara-Karlich-Show bei ORF 2 am kommenden Freitag, 3.3. 2006, 15:55 (zum Thema "Überfall") tragen wird. (Wiederholung der Talk-Show am 04.03.2006, 01:50)

Painer_Karlich

Karl Painer gemeinsam mit Mag. Barbara Karlich


Hierzu passt auch der Artikel aus dem Standard (24.2.2006) über die "Die Kriminallegende" vom Posträuber Ronnie Biggs: Der Engländer erbeutete im August 1963 2,63 Millionen Pfund aus einem Postzug. Hier ist wenigstens nur die Gewichtung falsch, die Details stimmen im wesentlichen:

Der Raubüberfall in der Grafschaft Kent könnte von der Geldsumme her der größte sein. Aber mehr als 40 Jahre lang war der "Postraub" die große britische Kriminallegende. Entscheidend beigetragen hat dazu Ronald "Ronnie" Biggs. Der Zimmermann und Familienvater aus Redhill (Südengland) verbrachte seinen 34. Geburtstag (8. August 1963) damit, zusammen mit 14 anderen Männern den Postzug von Glasgow nach London mit Signaltricks zu stoppen und auszurauben; Beute: 2,63 Millionen Pfund. Die Bande wurde gefasst, doch Biggs konnte aus dem Gefängnis entkommen.

Schwerkrank
In weiterer Folge narrte "Ronnie" Detective Chief Superintendent Jack Slipper von Scotland Yard, der ihn verfolgte, mit immer neuen Fluchtwegen; bis nach Rio de Janeiro, wo sich der Posträuber 1974 niederließ. Eine Auslieferung war unmöglich, weil eine Stripperin ein Kind von ihm erwartete. Seinen Beuteanteil (rund 148.000 Pfund, (heute wären das der Kaufkraft nach mehr als vier Millionen Euro) brachte er bald durch, am 7. Mai 2001, mit 71 Jahren, nach 35 Jahren Flucht, 30 Jahren in Rio und zwei Schlaganfällen, kehrte Biggs nach England zurück. Er wurde sofort verhaftet, um die noch ausstehenden 28 Jahre seiner Haftstrafe zu verbüßen. 2005 stellten Ärzte bei ihm eine schwere Bakterienkrankheit fest, laut seinen Anwälten steht sein Tod kurz bevor.


Insofern gibt es nur die Devise: Free Ronnie Biggs!

 

twoday.net AGB

xml version of this page

xml version of this page (summary)

powered by Antville powered by Helma

Creative Commons License
This work is licensed under a Creative Commons Attribution-NonCommercial-NoDerivs 2.0 Germany License.